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Zweites Blatt. DchmbWirMMff ThmM, Men, Siebenlehn md dir Umgegendkn. Imlsdlull für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. —— No. 74. j Sonnabend- dem 26. Ium 1897. WWW<WWWWWIWMWWMWIWWWWWMWWWlMii>WWWWWWWNWIIM1MIWWWMMWMrMMUUIIMVWIMWMUWWLMll!WIWllMAIWI ZUM 2. Sonntage nach Trinitatis. Offeub. Joh. 3, 17: Du sprichst: ich biu reich und habe gar satt und bedarf nichts; und weiß nicht, daß Du bist elend und jämmerlich, arm, blind und bloß. An Selbstzufriedene und Selbstgerechte wendet sich der Seher der Offenbarung. Zunächst gilt das Wort freilich den Christen, es trifft aber auch die Mehrheit der christloftn Menschen. Es laufen eine Menge christlicher Pharisäer im Lande umher, Mund-Christen,Kirchen- und Gewohnheits-Christen, bei denen das Herz eiskalt und die Zunge voll Galle ist. Sie verleiden mit ihrem lieblosen Wesen und ihrer süß sauren Miene, den suchenden und sehnsüchtigen Herzen leicht das ganze Christentum. Sie meinen, daß die Er- kenntls, das Wissen den Christen mache und dünken sich im Besitze solches Wissens um die göttlichen Dinge fertige, vollkommene Bürger des Reiches Gottes zu sein. Sie stehen auf der Höhe der Pyramide und schauen gering schätzig, mitleidig oder schadenfroh den Arinen zu, die es sich sauer werden lassen, um die ersten Stufen zu er klimmen. Wehe^ dem Prediger, des es wagt, dieser Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Sie sind reich und haben gar satt und bedürfen nichts. Aber wie der Herr einst über die Pharisäer unter den Juden das dreifache Wehe ruef, so IPricht er auch über diese selbstzufriedenen und selbstgerechten christlichen Pharisäer das Todesurteil. Weit entfernt, Anwärter auf die Krone des Lebens zu sein sind sie vielmehr elend und jämmerlich, arm, blind uüd bloß. — Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr. Und unter den chnstlolen Leuten giebt es gleichfalls eine ungeheure Menge selbstzufriedener und selbstgerechter Gemüter die nicht wohl Christen werden können, weil sie keines Erlösers zu bedürfen meinen. „Ich bin reich" - so sprechen die meisten unserer Kunstler, unserer Professoren und Gelehrten; was soll uns die Predigt von der Ber gebung der Sünden? Für Magdalenen, die mcht fung mehr sind, und für Leute, die nut dem Strafgesetze m Berührung gekommen sind, muß sie ganz gut sein, aber wir brauchen sie nicht. „Ich habe gar satt, so sagen die meisten unter den Aristokraten des Geldev; auch manche Staatslenker nnd Kirchenlenker, auch manche unter den Aristokraten der Geburt bis hinauf zu den Fürsten und Herren. „Denn die Flur giebt uns Weiden, und Brot das Gefild, Und den Fisch giebt der Strom, und die Forstung das Wild, Und die Harfe den Ton, und die Rebe den Schaum, Und das Weib ihren Reiz — und das andre ist Traum!" „Ich bedarf nichts", so schließt der atheistische Sozialdemokrat den Reigen, ich bedarf nichts von mmmlffchm Gütern, wenn ich nur das Gut der Erde genießen kann. „Den Himmel überlassen wir den Engeln und den Spatzen". Sie alle glanben sich hoch erhaben über die Sünder und Zöllner, die der Buße noch bedürfen, sie meinen auf der Höhe der Menschheit zu stehen und sind doch vielmehr elend lind jämmerlich, arm, blind und bloß. — Selig sind, die das Heimweh haben, denn sie werden nach Hause kommen. Chronik der Stadt Wilsdruff. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Der französische Krieg. Ereignisse von 1789-1815. Napoleon bot jetzt dem Kurfürsten von Sachsen Neu tralität an, und ihm, entblößt von Bundesgenossen, blieb juchts übrig, als diese anznnehmen. Den 18. Oktober zog Marschall Davoust mit 40,000 Mann in Leipzig ein und ^ags darauf verlangte der französische Kommandant Maeou die Auslieferung aller englischen Waaren und Gelder, aller Magazine und Pulvervorräthe. Dresden wurde von 10,000 Mann Bayern besetzt. Napoleon forderte eine Kriegssteuer von 7,385,000 Thalern, ein Theil davon übernahm der Kurfürst von Sachsen selbst. Für Ein treibung sorgten französische Intendanten in Dresden, Leipzig, Naumburg und Wittenberg. Der Kurfürst von Sachsen begann jetzt Friedensunterhandlungen, welche zum Frieden von Posen am 11. Dezember 1806 führten. Demzufolge trat der Kurfürst von Sachsen dem Rhein bünde bei und führte fortan den Titel „König von Sachsen". Den katholischen Christen wurden gleiche Reckte mit den Lutheranern gestattet und Preußen tritt den Kottbusser Kreis ab. Sachsen stellt für den Fall eines Krieges künftig 20,000 Mann zum Rheinbundheere, für den gegen wärtigen Feldzug in Rücksicht auf seinen Verlust nur 4200 zu Fuß, 1500 Pferde, 200 Mann Artillerie mit 12 Kanonen. Die Kontributionen hören von Unterzeich nung des Friedens au auf. Der König von Sachsen hatte während der'Verhandlung sick ausdrücklich dahin erklärt, daß er keine Vergröberung seines Gebietes auf Kosten seines Nachbars wünsche. Am 20. Dezember verkündete ein Herold in altdeutscher Tracht der Stadt Dresden die Annahme der Königswürde. Den 8. Februar 1807 wurde das Friedeusfest gefeiert. Von jetzt an faßte Napoleon in Sachsen festen Fuß: seinen ersten Besuch stattete er in Dresden den 17. Juli unter großem Pomp ab. Vom 20. August bis 5. Dezember 1808 marschirte die aus Polen nach Frankreich und Spanien gehende fran zösische Armee durch Dresden und setzte von da über Wils druff, Freiberg ec. ihren Marsch weiter fort. Im Jahre 1809 rückten den 11. Juli 7000 Oester reicher unter dem General von Ende in Dresden ein, wes halb ^gleichzeitig die Sachfen unter Anführung des Obersten von Thielemann, der späterhin als General in russische Dienste trat, Dresden zu verlassen und über Wilsdruff, Limbach ec. sich zurückzuziehen gezwungen waren. Um ihnen den Weg zur Rückkehr zu versperren, nahmen die allgemein gefürchteten schwarzen Husaren des Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Oels in unserer Gegend Standquartier, woselbst sie bis zur Ankunft ihres strengen Kommandanten, des Herzogs, sick schändliche Be drückungen gegen die ohnehin geängsteten Einwohner unserer Ortschaften erlaubten. Am schlimmsten ging es in Birken hain und Limbach her, woselbst sie in der Nahe her Struth ihr Bivouac aufgeschlagen hatten. So z. B. sprengte ein Husar dieser Truppen gegen das damals Tammische Gut an. Da er es verschlossen fand, forderte er mit Gewalt die Eröffnung, und da ihm dieses verweigert wurde, so steckte er das Gut durch einen Schuß in das Strohdach in Brand. Noch an demselben Nachmittag drangen drei Husaren in Birkenhain auf Plünderung ein, wobei der damalige Gutsbesitzer, Richter uud Kirchenvorsteher Johann Georg 'Rülker am 12. Juni 1809 sein Leben verlor. Die Soldaten nämlich verlangten von ihm mit großem Unge stüm Geld, dessen Herausgabe aber Rülker, ein kräftiger uud beherzter Mann, furchtlos verweigerte. Sofort schoß ihn einer dieser Unmenschen unter der Pforte seines Hauses nieder. Von hier aus begaben sich diese Räuber, denn so muß man sie (die drei Husaren) nennen, nach Limbach, woselbst sie auch den damaligen Schullehrer Börner auf eine ganz abscheuliche Weise turbirten nnd unter Haltung der Pistolen ans die Brnst Geld von ihm forderten. Der eine der Husaren schrie ihm zu: „Schaff Du gleich Geld! Wo nicht, so soll es Dir gehen, wie dem Manne da drüben!", wobei er nach Birkenhain zeigte. Um das Leben zu er halten, gab Börner, was er eben hatte. Von ihm weg, kaum bis zum dritten Bauer geritten, wollten diese Husaren den Knecht des Burkhardt'schen Gutes erschießen, weil er mit zwei der besten Pferde aus dem Gute flüchtete und auf den grimmen Zuruf der Husaren: „Halt, Bnbe!" nicht achtete. Die Kugel aber, welche unmittelbar auf den Kopf gerichtet war, riß nur den Hut herab und der Knecht ent kam glücklich. — Sobald nun der in Wilsdruff stehende Herzog Wilhelm hiervon Nachricht erhielt, und bei ihm auf die Bestrafung des Thäters angetragen wurde, ließ er seine Soldaten, um dm Thäter zu entdecken, die Revue passiren. Er war aber nicht dabei. Nun wnrdensümmt- liche Posten abgelöst und siehe, man entdeckte unter Zu ziehung eines Dorfglasers (dieser Mann war nämlich gerade in der Stunde bei Rülker in Birkenhain anwesend, in welcher der Ueberfall nnd Mord geschah), der sick den Soldaten genau betrachtet hatte, und ergriff ihn. Sofort wurde ihm das Todesurtheil gesprochen, zn dessen Voll streckung einige Mitglieder des Stadtraths zu Wilsdruff als Zeugen entboten wurden, welches noch durch verkehrte Bestellung zn dem Mißverstände, als ob Jemand aus der Mitte der Bürgerschaft erschossen werden sollte, Beran- lassung gab. Die Exekution geschah auf der Anhöhe des Weges nach Hühndorf. — Als der Geistliche mit dem Delinquenten betete, versuchte derselbe Milderung seines Schicksals dadurch zu erlangen, daß er vorgab, er habe den Mord im Zustande der Betrunkenheit vollbracht, allein es wurde ihm die Antwort, daß er deshalb die Missethat im Zustande der Nüchternheit büßen müsse. Da im Jahre 1810 Sachsen dem Kontinentalsystem Napoleons beitreten mußte, wurden in allen Städten, und also auch in Wilsdruff, sämmtliche Ausschnittsgewölbe ver siegelt, in vorgeschriebener Weise untersucht und der Ver kauf der Ausschnittswaaren bis zum 7. November einge stellt. Am 14. November wurden sämmtliche vorgefundenen Artikel, die man als englisches Fabrikat erkannte und nach Dresden und Leipzig abgeliefert hatte, vor dem Löbtauer Schlage bei Dresden in einem durch Jnfanteriebataillone gebildeten Kreise verbrannt. Im Jahre 1811 wurde Torgau in eine Festung ver wandelt, wozu unsere Stände 5 Millionen bewilligten. — Das Jahr 1811 war aber auch durch die Erscheinung des allergrößten Kometen merkwürdig, den es giebt. Un aussprechlich groß und prachtvoll war sein Schweif, dessen Ausdehnung allein 22 Millionen Meilen betrug und dennoch würde er die Erde nie erreicht haben, auch wenn derselbe gegen diese gerichtet gewesen wäre, denn ain 15. Okt. 1811 stand er der Erde am nächsten und war dennoch über 23 Millionen Meilen von ihr entfernt; da nun im Sommer oie Sonne 21,512,720 Meilen über der Erde steht, so war also dieser prachtvolle Komet beinahe noch 3 Mill. Meilen von uns entfernt und schien uns dennoch so groß, wie. ungeheuer mag also sein Körper und wie undenklich groß der ganze Welten- und Himmelsranm sein, da sich in demselben 4000 Kometen bewegen sollen. An jedem Abende standen damals fast alle Bewohner der Dörfer und Städte im Freien und konnten sich nicht satt sehen än diesem großen Gestirne und prägten ihren Kindern ein, sich die Erscheinung desselben, die sie nicht wieder erleben würden, da er erst nach Verlauf von 3300 Jahren den Erdbewohnern wieder sichtbar werden soll, genau zu merken. Der Kern dieses Kometen war sehr glänzend;. es umgab ihn eine helllenchtende Atmosphäre, deren Farbe etwas in's Grünliche spielte nnd deren Durchmesser der große Astronom Herschel gegen 30,000 Meilen angab. Der Schweif hing scheinbar nicht mit dem Kometen zusammen, sondern er schien in einiger Entfernung vom Kerne als ein breiter Streifen, der sich um denselben herumbog, ohne ihn zu be rühren. Der dunkle Raum dazwischen war völlig durch sichtig und Herschel sah durch denselben mehrere kleine Sterne. Die Größe dieses dunkeln Raumes betrug nach Herschels Messungen am 6. Okt. 181l etwa 50,000 Meilen und die den Schweif bildende Lichthülle war nach den Be obachtungen dieses Mannes an eben demselben Tage 500 Meilen dick. Im Jahre 1812 begann Napoleon seinen Kampf mit Rußland, woran auch die Sachsen mit theilnehmen mußten. Am 24. Juni 1812 ging Napoleon über den Niemen, den Grenzfluß Rußlands; die Russen zogen sich fechtend in das Innere ihres Reiches zurück. Napoleon verfolgte die selben, seinem Glücke blind vertrauend, selbst bis in die ödesten und gänzlich verwüsteten Gegenden des russischen Reiches. Ihn hinderten weder der Mangel an Proviant, noch die Schlachten von Smolensk den 17. August und an der Moskwa den 7. September, sondern er schritt un aufhaltsam vorwärts und am 14. September 1812 zog Napoleon in Moskan ein, welches die Russen gleich darauf in Brand steckten. Fürchterlich war der Rückzug der Fran zosen; das stattliche Heer von 500,000 Mann war aus