Volltext Seite (XML)
Mit für Wilsdruff ThurM DD, Menlehn md die UmgkMdeu. — Imtsblutl für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M. 55 Pf Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — JnsertionspreiS 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 70 Donnerstag, den 17. Juni 18»7. BckKMttmKchmrg. "Ä, die Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern, die Namensaugaben Gcwerbtreibender au offenen Läden, Gast- und Schankwirthschaften betr., vom 21. Mai id.i7 (Gesetz- und Verordnungsblatt S. 83) werden die Ortsbehörden hiesigen Bezirks hiermit darauf aufmerksam gemacht, daß von obiger Verordnung abweichende^rt-voilzclricl'e^V „iit dem Tage des Inkrafttretens der obengenannten Verordnung außer Wirksamkeit zu treten haben. 2599 7V Königliche Amtshauptmannschaft. vsn Schroeter. Bekanntmachung. Donnerstag, den 17. d. M., Abends 7 Uhr öffentliche Stadtgemei nderathsfitznng. Wilsdruff, 15. Juni 1897. Bursian, Bgmstr. Gefunden wurde ein Geldtäschchen mit Inhalt. Abzuholen in der Rathsexpedition. Wilsdruff, den 14. Juni 1897. Der Bürgermeister. Bursian. Schutz -es Mittelstandes im Handel und Gewerbe durch eine Sonderbesteuerung der Großbetriebe und deren Filialen. Wenn man die erdrückende, übermächtige Konkurrenz der Großbetriebe gegenüber den mittleren und kleineren Geschäften im Handel und Gewerbe kennt, wird man sich nicht wundern, wenn die Vertreter des Mittelstandes unermüdlich bei der Arbeit sind, um in dieser Hinsicht einen gewissen Damm für die Erhaltung ihrer wirthschaftlichen Existenz aufzuführen. Im Königreiche Sachsen, wo Groß- und Kleinbetriebe in ganz be sonderen scharfen Gegensatz zu einander gcrathen sind, beschäftigt man sich bereits seit Jahren in interessirten Kreisen einen ent sprechenden Ausgleich hcrbeizuführen und gilt in dieser Hinsicht als besonders wirksam die Einführung einer besonderen Steuer für Großbetriebe und deren Filialen. Da diese Frage bereits die zweite sächsische Kammer beschäftigt hat, ist es von Wichtig keit die Anschauung der königlich sächsischen Regierung in der schwierigen Angelegenheit kennen zu lernen. Die Antragsteller waren von dem Standpunkte ausgegangen, daß die Gemeinden zur Erhebung der betreffenden Sondersteuer ermächtigt werden iollten. Es ist nun so> alpolitisch und wirthschaftlich sehr wichtig, daß die sächsische Regierung sich keineswegs ablehnend gegen die Erhebung einer solchen Sondersteuer verhält,, aber vor Erhebung einer solchen Steuer stets das örtliche Bedürfniß nachgewiesen sehen will. In der betreffenden Ministerialent- scheidung heißt es dann: E>n örtliches Bedürfniß wird nur im Allgemeinen dann angenommen werden können, wenn der Großbetrieb in einer Gemeinde des Kleinhandels sich derart bemächtigt hat, daß dadurch in augenfälliger Weise daS Fort bestehen eines, auch im Allgemeinen und namentlich im Interesse jeder Gemeinde zu erhaltenden Mittelstandes im Kleinhandel und Kleingewerbe erheblich erschwert oder gar un- 3" dem durch die Eondergewerbesteuer beabsichtigten und zu schaffenden Ausgleiche zwischen den denk- s°wi- oft in unverhältnißmäßiger und erdrückender Weste zur Seite stehenden wesentlichen Vor theilen und der durch s-m Bestehen den Kleinhandel- und Kleingewerbetreibenden verursachten Schädigung hat die Sonder- gewerbesteuer ihre Berechtigung, zugleich aber auch ihre Grenze zu finden. Ersolgt dann die weitere Regelung der Steuer innerhalb dieser Grenzen und nach Maaßgabe der örtlichen Verhältnisse, so wird auch dem nach den Vorschriften der Gemeindeordnung sowie an sich für jede Besteuerung auf;u- stellenden Erford-rniß der Verhältnißmähigkeit Rechnung ge tragen sein. Wenn bisher zumeist nur die großcapitalistischen Vereinigungen als zu besteuernde Subjekte ins Auge gefaßt wurden, so erscheint solches ohne Weiteres erklärlich, da einmal hierauf der äußerlich als erster Anlaß zu diesem Vergehen er scheinende Antrag Rüder und Genossen sich beschränkt, sodann aber insbesondere die großcap'.talistischcn Vereinigungen es vor Allem sind, in welchen sich der Großbetrieb der gegenwärtig in Betracht kommenden Art verkörpert und in die Erscheinung inst. Indessen würde das sächsische Ministerium es nur als konsequent und dem erstrebten Zwecke dienend ansehen können, wenn unter Umständen — immer namentlich ein örtliches Bedürfniß vcrausgesetzt — die Sonderbesteuerung nicht auf "nzelne Formen und Gestaltungen des Großbetriebs beschränkt, "n auf den letzteren überhaupt erstreckt würde, ohne Rück ¬ sicht darauf ob derselbe in der Hand eines Einzelnen, einer Aktien-Gesellschaft, einer Genossenschaft oder dergleichen liegt. In den sich anschließenden Auslassungen wird dann noch be merkt, daß es nur zu billigen sei, wenn die Aufsichtsbehörde in Anbetracht des Mangls an Erfahrungen binsichtlich der Durchführung und Wirkung einer Besteuerung nach dem Um satz- die Wahl eines MaatzstabeS verlange, dessen Anwendung jedenfalls den Vorzug geringerer Schwierigkeit, sowie der Ver meidung von Belästigungen für die zu besteuernden Geschäfts betriebe habe und für die Höhe der Steuer ein Höchstmaß von 2 Proz. verschreibe, welches auch nach Ansicht des sächsischen Ministeriums, so lange nicht die gemachten Erfahrungen ein Anderes rechtfertigen würden, keinesfalls zu überschreiten sein werde. Hierbei wird nochmals ausdrücklich heroorgehoben, daß durch diese Sondersteuer ein Ausgleich in dem oben gedachten Sinne geschaffen, nicht aber da« Fortbestehen der fraglichen Betriebe unmöglich gemacht werden solle, in manchen Fällen daher, sofern die Umsatzsteuer für angezeigt erachtet und gewählt werde, schon ein niedrigerer Satz als 2 Prozent wohl als ausreichend und dem Bedürfniß entsprechend werde angesehen werden können. Wir glauben, daß diese Behandlung der schwierigen Frage von Vorsicht und Gerechtigkeit zeigt und für alle deutschen Bundesstaaten der Nachahmung werth ist. Tagesgeschichte. Die wilde Börse. Lautes Kriegsgeschrei ertönt in den Spalten der freisinnigen Organe; auf dem rechten Flügel kämpft — die .Nationalzeitung", auf der Linken schwingt Herr Sonnemann von der „Frankfurter Zeitung" dräuend den Speer, und all die Andern, Barth, Pachnicke, Rickert, die göttliche „Vossin", LevysohnS Organ, das „Berl. Tgbl.', der „Bölsencourir" — sie stürmen wuthentbrannt ein auf die Frevler, die dem Gesetze Achtung verschaffen und das Recht wahren wollen. Und allen voran streitet Eugen Richter: „Er legete den Panzer an wie ein Held und zog den Harnisch an in den Streiten und mit dem Schwerte beschirmte er die Seinigen und ihr Lager, und in seinen Thaten glich er einem Löwen und einem brüllenden jungen Löwen in der Jagd" — also heiß i es im dritten Kapitel der Maccabäer in des Johann Dietenberger Uebertragung. Es ist auch gar zu Arges geschehen. Die Obrigkeit, der wir doch Alle unterthan sind, bot sich nach langem Zögern entschlossen, das Gesetz anzu wenden und die wilde Börse, die sich in Berlin im Feenpalast häuslich niedergelassen, aus ihrer Ruhe aufzuscheuchen. Das Gesetz ist mit überwältigender Mehrheit vom Reichstage be schlossen, nachdem man durch lange Jahre sorgfältige Enqueten die Reform des Börscnwcsens als Nothwendigkeit erwiesen hatten; der Bundesrath hat zugestimmt, der Kaiser seine Sanction gegeben. Und nicht etwa eine zufällige Mehrheit in der Volksvertretung hatte sich für das Gesetz erklärt, sondern nur die Demokratie war als Trägerin manchesterlich-verrotteter Ideen als Gegnerin aufgetreten. Wenn also nach Lassalles Ausspruch die alleinige Quelle des Rechtes das gemeinsame Bewußtsein des ganzen Volkes, der allgemeine Geist ist, so kann das Börsengesetz zu jenen Rechtseinrichtungen gezählt werden, die in ganz besonderem Maaßc dem Empfinden der Nation entsprechen. Handelt es sich doch nicht etwa darum, einem besonderen Berufsstande unerträgliche Fesseln aufzuerlegen. Heute wie stets kann der ehrsame Kaufmann, kann der ehr ¬ same Handel fruchttragend wirken, und nur dort setzt die Scheere des Gärtners an, wo an dem Baume sich wilde Triebe zeigen, wo Schlingpflanzen und Wuchergewächse das gesunde Mark des staatlichen Lebens bedrohen. Das neue Börsengesetz, enthält vier Bestimmungen, die eine gesunde Neuerung bedeuten und darum den Zorn Eugens des Maccabäers und seine Kampf genossen erwecken: das Verbot des Terminhandels mit fictiven Welchen, die Aufsicht des Staatscommissars, die Börsenordnun g und die Vertretung der Landwirthschast im Börsenvorstande. Der Lärm des Manchesterthums gegen die Verfügung de« Ber liner Polizeipräsidenten, durch die der Versammlung im Feen palast ein Ende bereitet wird, findet dann auch außerhalb des Kreises der wilden Männer irgend ein Echo. Man fühlt, daß das Gesetz nur den Kniffen und Pfiffen gewissenloser Speku lanten auf die Spur kommen will, daß Produzenten und Kon sumenten gegen den Wucher geschützt werden sollen, daß nie und nirgends dem wahrhaft ehrbaren Kaufmann Fesseln auf erlegt werden sollen. Von der Wichtigkeit und Bedeutung de« Handels für unser ganzes wirthschastliches Leben ist die Regie rung, sind wir Alle überzeugt: aber gegen daS Hazardspiel muß eingeschritten werden, denn es kommt dem Land theurer zu stehen, wie ein Krieg, der mit Flinten und Kanonen geführt wird. Und geradezu Aberwitz ist es, wenn ein führendes freisinniges Blatt vom Börsen gesetz als einem „Kampf des Adels gegen den Bürger" spricht. Nicht der Adel schuf das Gesetz, sondern das Volk in seiner Gesammtheit, seine Fürsten an der Spitze, und nicht die Ge treidespekulanten bilden — Gott sei gedankt — das Bürger thum, sondern ganz andere, tüchtige Elemente, die mit dem Hammer und dem Hobel, mit dem Spaten und mit der Hacke arbeiten, die den Gang der Maschine lenken, die am Schreib tisch grübeln und auf dem Katheter stehen, die Wunden heilen und Recht sprechen, die Gottes Wort verkünden und mit dem Schwerte über des Vaterlandes Sicherheit wachen. Und diese« Bürgerthum stimmt der Regierung zu, eS freut sich de« Kampfes, der dem Spekulontenthum gilt, und freudig weiß es, daß in diesem Kampf Schulter an Schulter mit ihm kämpft gerade der ehrsame Kaufmann. Die freisinnige Presse aber er innern wir an einen Artikel des „Morning", eines englischen Blattes: „Es erscheint sicher, daß das neue Gesetz die deutschen Haussiers und Baissiers nach London treiben wird. Diese werden nicht sofort Mitglieder der Fondsbörse werden, aber riskante und häufig schäbige Geschäfte als Makler außerhalb der Börse betreiben. Wir können nicht behaupten, daß wir dieses Element unserer modernen Gesellschaft durch ein neues Contingent von Berlin her gern vermehrt zu sehen wünschten. Es könnte leicht eine Gefahr werden, denn das Kapitol kennt keine Vaterlands liebe." Und darum: Ein wenig Aufsicht, ob auch der Wurm „noch so dräuend sich erhebt". Berlin, 15. Juni. Anläßlich des heutigen Empfange« oes Reichskanzlers und des Ministers v. Miquel durch den Kaiser bemerkt die „National-Ztg.", es seien Gerüchte über Personalveränderungen verbreitet, die in Preußen das Finanz ministerium und die Vicepräsidentschaft des Staats Ministerium«, im Reiche da« Reichsamt de« Innern und die Stellvertretung deö Reichskanzlers betreffen. Welche Bedeutung und welchen Zusammenhang die in Aussicht gestellten Veränderungen haben sollen, lasse stch vorerst noch nicht erkennen. Auch andere Blätter zeigen eine ähnliche Auffassung.