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Zweites Blatt. NchckWrMmff ThmM Uchen, Menlehn md die Uinstgenden. Imlsblnll für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Horstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezöge« 1Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlick für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 77. Sonnabend, den 3» Juli 1897. Zum 3. Sonntage nach Trinitatis. Apostelgesch. 2, 47: Sie lobten Gott mit Freuden und einfältigem Herzen. Die zu Pfingsten unter dem Rauschen des heiligen Geistes gläubig gewordenen Christen sind in dem obigen Versausschnitte gemeint. „In Freude und Einfalt des Herzens nahmen sie Speise, Gott lobend," so heißt die Stelle wörtlich. Als Gottes liebe Kinder waren sie herzlich erfreut auch über die irdische Nahrung, die jedem mitgetheilt ward, und diese Freude verdichtete sich zu lautem Danke gegen den guten himmlischen Vater. Diese frommen Erstlinge der Christenheit erkannten die Speise als Gottes gabe und empfingen mit Danksagung ihr tägliches Brot. Sie wußten auch, daß ohne Gottes Segen weder unsere Sorgen und Arbeit, noch selbst Seine Gaben uns ge deihen, und sie freuten sich des göttlichen Segens. Den Erstlingen haben die folgenden Geschlechter in der Christenheit es nachgethan. Allmählich entstand und befestigte sich die schöne Sitte des Tischgebets. In einem Bibelspruch oder in einem Liedervers, der auch den Kleinen im Hause behältlich war, legten die frommen Väter den Dank ihres Herzens und ihres Mundes. „Der Benedey- ung nicht vergiß," so mußte erst Hans Sachs die Zeitge nossen mahnen; früher wäre schwerlich einer ohne Dank vom Tische ausgestanden. Die Reformation befestigte auch das Tischgebet im christlichen Hause wieder und gab ihm sein Recht im Fürstenschlosse, wie im engen Heim des kleinen Mannes. Es zu unterlassen, war ein Zeichen völliger Ab kehr vom Christentume. Die neue Zeit hat in zahlreichen Häusern, die noch als christliche betrachtet werden wollen, mit der Hausan dacht auch das Tischgebet fortgeschwemmt. Ich fürchte, es giebt keine einzige fürstliche Tafel mehr in Deutschland und den anderen europäischen Ländern, an der noch mit Danksagung Gottes gute Gaben genommen werden. Es machte Aufsehen, als ein Regimentskommandeur, der keiue Menschenfurcht kannte, einen Prediger an öffentlicher Fest tafel des Offizierkorps aufforderte, das Tischgebet zu halten. Und selbst Geistliche giebt es, die auf Reisen in größere Tischgesellschaft versetzt, sich schämen zu beten, oder viel mehr sich nicht schämen, nicht zu beten. Der Grund für die Unterlassung ist bei den weitaus meisten elende Menschen furcht, Angst vor einer spöttischen Miene, vor dem Rufe, ein Frommer zu sein. Und solche Leute spielen sich dann bei anderer Gelegenheit als christliche Charaktere auf. Für einen wirklichen Christen leidet es keinen Zweifel, daß das Tischgebet seinen Ehrenplatz zu behalten hat. Im fremden Hause mag es leise, im eigenen soll es laut ge sprochen werden. Auch ist es Sacke des Hausvaters oder der Hausfrau, nicht der Unmündigen im Hause. Kommen Gäste, so darf es nicht ausfallen. So lange der gute himmlische Vater Seinen Kindern Brot giebt, sollen die Kinder Gottes die Speise nehmen in Freude und Einfalt des Herzens, Gott lobend! „Wir danken Dir, HErr Jesu Christ, Daß Du unser Gast gewesen bist; Bleib Dn bei uns, so hats nicht Not: Du bist das rechte Lebensbrot!" Chronik der Stadt Wilsdruff. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Am 17. September d. 1.1838 entschlief in Wilsdruff im 24. Lebensjahre Frau von Schönberg, welche am 21. desselben Monats feierlichst in Rothschönberg bestattet wurde, bei welcher Gelegenheit Herr Diakonus Neubert an der Struth eine vortreffliche Rede hielt. Am 1. De zember desselben Jahres traten Pastor Bauer in das hiesige Pfarramt und Rektor Vorwerk in das hiesige Rektorat. . Die Jahre 1339—1841 waren billige zu nennen, kwe außerordentliche Fruchtbarkeit in diesen Jahren schaffte reichliche und wohlfeile Lebensmittel. Ain 31. Oktober 1839 fand hier eine große Erinnerungsfeier an die vor 300 Jahren durch Herzog Heinrich den Frommen ge schehene Einführung des Protestantismus statt. Den 15. März 1840 führte der damalige Kantor Kretzschmar in Verbindung mit dem Stadtmusikus Zoberbier in der hiesigen Hauptkirche zum Besten einer neuen Orgel eine große geistliche Musik auf. In der Mitte d. I. 1842 wurde die hiesige Sparkasse in Verbindung mit den Spar kassen von Döhlen und Tharandt auf Anregung des landwirthschaftlichen Vereins zn Kesielsdorf gegründet, hieraus sonderte sich später die Wilsdruffer Sparkasse ab. Am 20. Dezember fand die Einweihung der neuen Orgel statt. Auch ist die Begründung des Büraervereins (23. Dezember) bemerkenswerth. Den 30. Mai 1841 (1. Pfingstfeiertag) hielt die zweite Gemahlin des Herrn Arthur v. Schönberg, Emilie v. Marlortie, Hofdame der Königin von Hannover, ihren feierlichen Einzug in Wils druff. Die Vermählung hatte am 20. Mai in Hannover stattgefunden. Das Jahr 1842 war durchweg ein sehr trockenes, 16 Wochen lang fiel auch nicht ein Tropfen Regen, fodaß eine Familie mit Namen Schrei 2 Monate lang in Fritz'sches Steinbruch logirt:, ohne naß zu werden. In folge dieser Dürre standen alle Mühlen, man konnte daher nur mit vielen Kosten Mehl haben, eine Theuernng war daher unausbleiblich; der Scheffel Korn stieg bis auf 6 Thaler. Das Jahr 1843 war das Gründungsjahr der hiesigen Schützengilde; die ersten Schießübungen dieser neuen Vereinigung wurden zuerst auf dem Linksteine Vorgenomnien. Vom Dezember 1844 bis zum 2. Februar 1845 war ununterbrochen starker Frost zu verzeichnen, dann folgte bedeutender Schneefall. Am 3. Osterfeiertage brachte ein warmer Wind ein ganz plötzliches Thauwetter zustande. Dazu gesellte sich ein warmer Regen, der Bäche und Flüsse in kurzer Zeit so anschwellen ließ, daß inan überall mit Hochfluthen arg zu kämpfen hatte; die Elbe trat weit über ihre Ufer und richtete außerordentlichen Schaden an, das Jahr 1845 war auch das Gründungsjahr der hiesigen Liedertafel. Auch begann man Ende desselben Jahres mit den Abbruch des Grumbacher Thores. Im August 1846 kam Prinz Johann, welcher aus Leipzig hatte flüchten müssen, hier durch. Am 13. De zember Abends brach in der Dinndorf'schen Scheune vor dem Grnmbacher Thore Feuer aus; es brannten außer dieser noch die Scheunen der Besitzer Reif, Mackowsky, Knoploch und Funke nieder. In der letzteren verbrannten die für 800 Thlr. taxirten Jahrmarktsbuden, welche erst noch 2 Stunden vorher vom Markte weg hier wieder untergebracht waren. Außer den beiden städtischen Spritzen waren noch 13 auswärtige thätig, darunter auch die Dresdner Rathsspritze. Alle diese Spritzen konnten wenig Hülfe bringen, da sowohl der Mühlgraben, als auch der Saubach vollständig zugefroren waren. Der Winter von 1845 bis 46 war übrigens ein ziemlich milder, in der Kornblüthe 1846 fiel ein starker Honigthau, der das Getreide derartig verdarb, daß der Scheffel Korn im Frühjahr 1847 den sehr hohen Preis von 11 Thlr. er reichte. Im Uebrigen war das Jahr 1846 reich an Feuern; es brannten ausschließlich große Bauergüter nieder, so z. B. in Naustadt 4 große Güter, wobei auch der Thurm der Naustadter Kirche in Flammen aufging. Die 30 jüngsten Bürger unserer Stadt, welche damals die Spritzen bedienen mußten, waren besonders während des Frühjahrs infolge dieser Brände in stetem Dienste. Bis Anfang Juli d. I. 1847 hielt die oben erwähnte Theuerung an, dann fiel aber nach und nach der hohe Geireidepreis bis im Frühjahr 1848 auf 2 Thaler der Scheffel Korn hernnterging. Im Jahre 1848 fing sich der politische Himmel an zu trüben, überall hörte man von Unruhen des Volkes, in Stadt und Land rottete man sich zusammen, allerlei Freiheiten wurden gefordert und mußten auch gewährt werden. Zum Schutze dieser errungenen Freiheiten und Vylksrechte wurde eine Volksbewaffnung eingeführt, Auch hier wurden 3 Kompagnien Kommunalgarden errichtet Im Herbste gab es das erste große Manöver dieser Garden mit den Bergleuten. Allwöchentlich wurden eine, auch zwei Volksversammlungen, gewöhnlich im Adler ab gehalten. Eine ganz besonders beregte Zeit brachte das Jahr 1849. Am 22. Januar Vormittags 9 Uhr wurde die erste öffentliche Stadtverordnetensitzung abgehalten; am 27. Fe bruar fuhr die letzte Poft, welche zwischen Tharandt und Meißen verkehrte, hier durch, da diese Postverbindung auf gehoben wurde. Nach langer Gährung brach am 3. Mai m Dresden die Revolution ans. Von der provisorischen Negierung erhielt infolgedessen auch die hiesige Stadt Befehl, ihre Kommunalgarden sofort zur Unterstützung zu stellen. Am Sonnabend, den 5. Mai Vormittags rückten alle 3 Kompagnien unter dem Kommando des Guts besitzers Häntzschel und seines Adjutanten, des Postmeisters Haase von hier nach Dresden ab. Die 1. Kompagnie war mit Lanzen bewaffnet und wurde geführt von dem pensionirten Lieutenant Kämpfe; die 2. Kompagnie hatte Flinten, ihr Führer war der Schuhmachermeister Haupt mann Geßner, die 3. Kompagnie war mit Büchsen aus gerüstet, der Nagelschmiedemeister Köhler Ivar ihr Führer. 500 Mann stark rückten diese 3 Kompagnien nach Dresden vor. In Wölfnitz wurde Halt gemacht, um nähere Ordres abzuwarten. Nachdem Ordres eingegangen und die ganze Lage der Dinge eine sehr ernste Richtung angenommen hatte, erklärte der Kommandant, daß er Niemand zwingen könne, sich in Lebensgefahr zu begeben und Niemand für Frau und Kinder sorgen würde. Er stelle es daher Jedem frei, nach Hause znrückzukehren oder zu bleiben. Hierauf lösten sich die 3 Kompagnien auf und Alle bis auf ungefähr 30 Mann, die nach Dresden gingen, kehrten nach Wilsdruff zurück. Der Kommandant Häntzschel be- stieg einen Wagen und fuhr von Insurgenten, welche ihn einen Feigling schalten, verfolgt, der Heimath zu. Von diesem Tage an mußte das Stadtgut des Kommandanten Häntzschel Tag und Nacht bewacht werden, da man die ernste Drohung ausgesprochen hatte, dasselbe in Brand zu stecken. Auch auf den Straßen vor der Stadt wurden Wachen aufgestellt. Sonntag, den 6. Mai Nachmittags in der 3. Stunde kamen die ersten Freischaaren von Nossen her in Wilsdruff an, es waren dies ein Trupp von etwa 33 zusammengelaufenen Handwerksburschen. An der Spitze dieses Zuges marschierte ein Signalist, den Rekruten marsch blasend; bewaffnet war diese Bande mit Stöcken, Säbeln und Beilen. Im Löwen hielten sie Rast, nachdem sie vorher von Lieutenant Kämpfe bewillkommnet und em pfangen worden waren. Sie wurden im Löwen mit Käse und Brot bewirthet, worauf man sie nach Dresden abführte. Am nächsten Tage (den 7. Mai) kamen Frei- fchaaren in größeren Zügen, hauptsächlich aus Leipzig kommend, die Meißner Straße herein. Um diese großen Schaaren beköstigen zu können, mußten die umliegenden Dörfer Naturalien auf das hiesige Rathhaus liefern, widrigenfalls gingen die Freischaaren selbst requiriren. An Lebensmitteln gab es nicht Mangel, große Vorräthe von Butter, Wurst, Schinken, Käse, Brot etc. waren vor handen; die Freischaaren und Wachen litten daher durchaus uicht Hunger; ja es wurde oft die Butter noch auf den Schinken geschmiert und solches verspeist. An demselben Tage kamen 2 verdächtige Reiter von Nossen her, welche von den Wachen angehalten wurden nnd auf welche einige der Freischaaren ihre geladenen Gewehre schon zum Ab feuern gerichtet hatten. Dieselben entpuppten sich als ein Lieutenant von Schröter von der Kavallerie mit seinem Diener. Beide wurden ins Rathssessionszimmer und dann mittelst Wagens nach Dresden an die provisorische Regierung überführt. Es war auch eine Schwadron Kavallerie, welche von Grimma nach Dresden wollte, in der Gegend von Tanneberg; dieselbe flößte unserer Stadt viel Furcht ein; auf einmal in der 4. Nachmittagsstunde hieß es: „Sie kommen!" Der Doppelposten auf der Nossener Straße ergriff schleunigst die Flucht. Es wurden die Wagen auf der Nossener Straße vorgeschoben, damit die Reiter dadurch verhindert würden, in die Stadt ein zufallen. Die Reiter kamen jedoch nicht, sondern hatten