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WchMj ßr Mskust TharM Uchen. Menlehn und Re Umgegenden. Imlsblull für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Poft bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlast von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 10S. Dienstag, oen 7. September 1887. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Art. II 8 6 der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Juni 1887 — Reichsgesetzblatt S. 245 slgd. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktortes Meißen im Monate Juli ds. Js. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden resp. Quartierwirthen innerhalb der Amtshauptmannschaft im Monate August ds. Js. an Militär-Pferde zur Verabreichung gelangte Marschfourage beträgt 7 Ml. 56 Pf. für 50 Kilo Hafer, 3 „ 78 „ „ 50 „ Heu, 2 „ 18,4 „ „ 50 „ Stroh. . Meißen, am 2. September 1897. Königliche Amtshauptmannschaft. von Schroeter. Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche auf den Namen der «Lrnestine Lnrilke verehel. Sieber geb. Hammer eingetragene Grnndstück, bestehend aus Haus mit Garten, Folium 12 des Grundbuchs, Nr. 12 des Brandkatasters und Nr. 47a und 47b des Flurbuchs für Helbigsdorf, 5,5 Xr groß, geschätzt auf 1500,- Mk., soll im hiesigen Amtsgerichte zwangsweise versteigert werden und es ist der 22. September d. I. Vormittags 10 Uhr als Versteigerungsternrin, sowie der 2. Oktober d. I. Vormittags 10 Uhr als Termin zu Verkündung des Vertheilungsplans anberaumt worden. Eine Ueberstcht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts ein gesehen werden. Wilsdruff, am 24. Juli 1897. Königliches Amtsgericht. I>i Gangloff. in stärken und stählen. Im Uebrigen erwächst ihnen jetzt dafür eine nicht zu Die nahende Kmylerknsis. Von vorzüglich unterrichteter Seite wird unter dem 2. September geschrieben: Am morgigen Freitag kehrt Fürst Hohenlohe von seinen russischen Gütern nach Berlin zurück, und wenn man der neuerdings mit der Sicherheit eines politischen Orakels auftretenden „Köln. Volksztg." Glauben schenken will, würde unmittelbar an seine Ankunft m der Ncichshauptstadt die Exposition der Kanzlerkrisis knüpfen, wie an das Auftreten des Helden in einem Trauerspiel die Entwicklung einer dramatischen Handlung Die Frage der Militärstrafprozeßordnung, besonders die Erklärung m der „Nordd. Allgem. Ztg.", daß der Reichskanzler sich an seine dem Reichstage eröffnete Aussicht aut emm in modernem Geiste gehaltenen MilitarstrafproM fühle, habe zwischen dem Kaiser und chm einen den Konflikt geschaffen. Die „Köln. Völlig, tchmb thatsächlich vorliegenden Schwierigkeiten nn höchsten Nei^ amte denn doch ein weuiq durch eine Art von redamoneuem „Schnellseher" zu betrachten. Der Zeitpunkt, an dem die schleichende Kauzlerkrises eigentlich akut werden wird, mrv erst mit dem Wiederzusammentritt der Parlamentärs chen Körperschaften gegeben sein, lind die Ursachen dieser KnftS liegen viel tiefer begründet, als in einer bestimmten Zeit- frage. Die heraufziehenden Neuwahlen zum Reichstage sind cs vor allein, welche die heterogenen Elemente in der Neichsregierung auseinander stören, ähnlich wie etwa ein sich immer mehr zuspitzender Konfliktsfall in der aus wärtigen Politik oft schroffe Gegensätze zwischen den diplomatischen und militärischen Kreisen eines Hofes schafft. Die diplomatische Seite war bisher mehr durch die Reichs- regierung, die kriegerische mehr durch das preußische Ministerium vertreten. Seit dem Rücktritt der Herren v. Marschall und v. Bötticher fühlt der Reichskanzler sich vereinzelt und unsicher. Sein zunehmendes Alter macht es ihm schwer, Fühlung mit den neuen Männern zu nehmen, eine schleppende Empfindung von Müdigkeit und Unlust lähmt seine Arbeitsfreudigkeit. Daß die Erklärung in der „Nordd. Allgem. Ztg." dem greisen Fürsten vom Kai'er verübelt worden sein sollte, erscheint schwer glaublich. Fürst Hohenlohe nimmt dem Kaiser gegenüber eine Sonder stellung ein. Was einem anderen Minister vielleicht ver dacht werden könnte, macht bei einem Staatsmann von seiner politischen Unabhängigkeit, seinen geschichtlichen Verdiensten den Eindruck der Selbstverständlichkeit. Der Name Hohen lohe bedeutet an sich schon ein Programm, mit dem selbst an höchster Stelle gerechnet werden mußte. Andererseits ist der Reichskanzler stets ein Politiker der milderen Tonart gewesen er ist viel zn sehr praktischer Staatsmann, um in irgend einer Frage schroff und unnachgiebig auf seiner persönlichen Ansicht zu bestehen. Auch auf seiner Seite können keine unüberwindlichen Bedenken gegen ein Kompromiß in der Frage des Militärstrafprozesses vorliegen. Der Grundsatz des mündlichen Verfahrens fit angenommen, und was die Oeffentlichkeit betrifft, so soll in den Kreisen des Bun desraths ein Vermittelungsvorschlag aufgetaucht sein, vor läufig eine bedingte Oeffentlichkeit einzuführen, das heißt, jeder Militärbehörde das Recht zu crtheilen, in Fällen, wo sie das Ansehen des Heeres gefährdet glaubt, von sich aus die Oeffentlichkeit auszuschließen. Allem Anschein nach liegen die Dinge im Reichskanzleramt heute so, daß dem Fürsten Hohenlohe jeder Anlaß genehm ist, um sich mit Ehren aus dem politischen Leben zurückzuziehen. Die Worte des Kaisers in Koblenz, daß kein Minister und keine Volksvertretung ihn von seiner furchtbaren Verant wortung vor dem Schöpfer entbinden könne, werden aller dings vielfach so aufgefaßt, als ob sie in einem gewissen Zusammenhänge mit seinen persönlichen Anschauungen über den Militärstrafprozeß und der Meinungsverschieden heit mit dem Reichskanzler ständen. Selbst wenn das der Fall sein sollte, haben wir aber doch die Lösung der Krisis schwerlich vor dem Oktober oder November zu erwarten. ' Die Krisis in Oesterreich. Die kritische innere Lage, welche in Oesterreich durch die kurzsichtige Politik der Badeni'scheu Negierung gegen über dem Deutschthum heraufbeschworen worden ist, droht noch eine weitere unheilvolle Verschärfung zu erfahren. Ministerpräsident Graf Badeni hat seinen Versuch durch eine „Ausgleichskonferenz" zwischen den Deutschböhmen und den Czechcn die Hauptstreitfragc des Tages aus dem Wege zu schaffen, bereits im Keime scheitern sehen, nun mehr scheint er in ein neues Extrem verfallen und sich der klerikal-slavischen Mehrheit des österreichischen Abge ordnetenhauses gänzlich in die Arme Wersen zu wollen. Die in voriger Woche zu Wieu vou ihm mit deu Ver- trauensmänmstn der bisherigen Regierungsmehrheit ge flogenen Berathungen sollen nach den Versicherungen der Wiener offiziösen Blätter zu einem beiderseitig befriedigen den Ergebniß geführt haben, was also bedeutet, daß die Klerikalen und die verschiedenen slavischen Klubs dem Grafen Badeni ihre Unterstützung in dessen weiteren Vor gehen gegen die Deutschen zukommen lassen werden, natür lich gegen entsprechende „Honorirung" seitens der Regier ung. In letzterer Beziehung scheint allerdings hinter den Koulissen noch hin- und hergehandelt zu werden, offenbar ist aber schon dies und jenes in Richtigkeit gebracht worden. Speziell haben die Czechen bereits verschiedene werden, freilich ein höchst gewagtes Experiment in einem Staatswesen, das seinen gesammten Werdegang den Deutschen verdankt und in welchem das deutsche Element noch heute trotz aller ihm bereiteten Widrigkeiten eine Hauptrolle spielt. Daß aber ein solcher Versuch über haupt gemacht wird, das ist eben das Bezeichnende an der gegenwärtigen Lage in Oesterreich, und die Deutschen werden gut thun, ihn nicht leicht zu nehmen, sondern seine Abweisung ernsthaft zu betreiben, indem sie ihre Reihen noch fester denn bisher zusammen schließen und mit Zähig keit und Tapferkeit auch in den ungünstigsten Verhält nissen ausharren. Selbstverständlich gehören die vollsten Sympathien der Reichsdeutschen ihrer Stammcsgenoffen jenseits der schwarz-gelben Grenzpfähle in diesen für das Deutschthum in der alten Ostmark fo ersten Zeiten, und was dem deutschen Volke an moralischer Unterstützung feiner bedrängten österreichischen Volksgenossen nur irgend wie möglich ist, dies wird gewiß geleistet werden. Leider steht eine Einmischung der maßgebenden Faktoren Deutschland zu Gunsten der deutschen Sache in Oesterreich nicht zu erhoffen, da man sich dort schon mit Rücksicht auf das Bundesverhältniß des Reiches zu dem österreichi schen Kaiferstaate ängstlich hütet, sich auch nur im Ent- ferntesten in innerösterreichische Verhältnisse einzumengen. Doch wird sicherlich schon das bloße Bewußtsein, einen moralischen Rückhalt an den Brüdern „draußen" im Reiche zu haben, die Deutsch-Oesterreicher in dem bevorstehenden schweren Kampfe gegen das Badeni'sche Gewaltregime bemcrkenswerthe Zugeständnisse von ihrem Gönner Badeni erlangt, so die Uebernahme des czechischen Privatgymna siums in Troppau in die Staatsverwaltung, die Erricht ung einer czechischen Universität und einer czechischen tech nischen Hochschule iu Mähren für nächstes Jahr u. s. w. Die nächste Sorge des neuen Bundes der Badeni'schen Regierung mit den Gruppen der Rechten ist indeß darauf gerichtet, die beim bevorstehenden Wiederzusaminentritte des Reichsrathes erneut zu erwartende Obstruktion der deutschen Linken zn brechen, wozu eine geplante Abänder ung der parlamentarischen Geschäftsordnung dienen soll: voraussichtlich dürfte die deutsche Oppositon alsdann durch einen parlamentarischen Streik antworten. Jedenfalls müssen sich die Deutschen Oesterreichs klar darüber sein, daß jetzt ein neuer schwerer Sturm gegen sie heranfzieht, und daß es für sie demnach gilt, den kommenden Ereignissen mit größter Entschlossenheit, Energie und Einigkeit zu begegnen. Es soll von nun an nicht nur ohne die Deutschen, sondern auch gegen sie regiert