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Tharandt, Men, Ärbrnlkhn md die Umgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. No. 122. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. Sonnabend, den 16. Oktober 1897. Bekanntmachung. Nachersichtliche Bekanntmachung »ud. D — iv. 728 U. — wird hierdurch zur öffentlichenMenntniß gebracht. Königliche Amtshauptmannschaft Meißen, am 13 Oktober 1897. 1238 L. I. B. »r. Gottschalck. D Bekanntmachung, die Beförderung von Sprengstoffe« durch Dresdeu betreffend. 1. Die Beförderung von Sprengstoffen durch Dresden mittels Fuhrwerkes ist nur unter der Bedingung zulässig, daß hierzu Fuhrwerke verwendet werden, welche mit festen, dichtschließenden und feuersicher hergestellten, während der Beförderung unter Verschluß gehaltenen Wagenkasten versehen sind. 2. Sollen Transporte der in Ziffer 1 bezeichneten Art dnrch Dresden geführt werden, so hat der Transportführer dies der Königlichen Polizeidirektion anzuzeigen und die Bestimmungen derselben und des städtischen Feuerpolizeiamtes vor? der Einfahrt in das Stadtgebiet abzuwarten. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Vorschriften werden nach 8 367 Nr. 5 des Strafgesetzbuchs bestraft, soweit nicht härtere Strafen nach dem Reichsgesetze vom 9. Jimi 1884 verwirkt sind. Dresden, am 27. September 1897. Die Königliche Uotizei-Direkiion. 9er Uath zu Dresden. IV. 728 1°. L.« Alslstr«. Bekanntmachung. Der diesjährige Herbstjahrmarkt wird Donnerstag, ven 21. und Freitag, den 22. d. M. abgehalten. Wilsdruff, ani 13. Oktober 1897. Vor welchen Gefahren ist der Unterricht und die Erziehung der Volksschule in unseren Tagen besonders zu schuhen? Wahrhaft beherzigenswerthe, goldene Worte über obiges Thema sprach in geistvoller Weise der Schulrath Eichenberg in der Hauptkonferenz des Schulinspektions- bezirkes Dresden l. Redner warnte vor Verfrühung, Zersplitterung und Verflachung. Für weitere Erziehungs- kreise dürften die Ausführungen von besonderem Interesse sein und sei deshalb daraus folgendes hervorgehoben: Es ward zunächst darauf hingewiesen, daß viele Eltern ihr ost nur mäßig begabtes Kind nicht schnell und nicht hoch genug treiben können. „Sobald der Eintritt in die Volks schule nur möglich ist, wird es dahingebracht und nach drei Jahren muß es, allen Warnungen und Vorstellungen zum Trotz in die höhere Schule, und wenn es dort beim besten Willen den hohen Anforderungen solcher Anstalten nicht genügen vermag, so betrachtet man es wie halb ver loren zu und vernachlässigt es. Das ist die ungeschriebene Leidensgeschichte so manches hoffnungsvollen Kindes, tue don vielen trüben Stunden, bangen Erwartungen, <ÄAi^raukungen und bitteren Thränen erzählt, weil ? ^geduld der Eltern alles verfrühte und eine Hölle schuf." Nachdem er md L^ besprochen, denen Schule können, gedachte er noch einer ^fwhung des Lebensgenusses, und führte wörtlich folgendes aus: „Unserer fügend wird lm allgememen zu viel geboten, namentlich m den Oroßstadten. Dav geben die Eltern ohne weiteres zu; nur sehen he mcht alle ein, daß dieser verfrühte Lebens- genutz für die Klnder kem Vortheil, sondern eine ernste Gefahr ist. Frühreife Urtheile, die man ebenso gnt beklagen könnte, wie man ffe belächelt, Unlust zu ernster Arbeit, träumerisches und glerchglltiges Wesen der Kinder sind oft genug die Folgen solcher Thorheit, und zu spät wird es den Erziehern klar, daß man nicht durch Genuß und Zerstreuung, sondern durch Entsagung tüchtige Menschen erzieht. Man verurtheilt es mil Recht, wenn der Arbeiter seine Kinder mit allerhand Abzeichen zu seinen Parteifesten führt; aber ist es viel besser, wenn man rn den vornehmsten Kreisen 9—10jährige Knaben und Mädchen zu Kinderbüllen und Maskenfesten ladet, oder wenn man schulpflichtigen Kindern auch aus dem Mittelstände in Gemäldeausstellungen »nd vor Bildern begegnet, die sicher nicht für sie hin gehängt worden sind? Man beklagt unsere Kinder, wenn sie, in den längsten Sommertagen früh 7 Uhr zur Schule müssen; sollte man nicht vielmehr die beklagen, die in Vegleitung unverständiger Eltern bis in die spaten Abend stunden in Konzerten und Restaurants sich umhertummeln Der Stadtrat h. Bursian, Brgmstr. oder betäubt von Lärm und Rauch in einer Ecke schlummern. Wenn sich daun blasiertes, frühreifes Wesen bei solchen Kindern zeigt, wenn die Nervosität, diese Geißel unserer Kulturepoche, sie zu geordnetem Denken und Arbeiten un fähig macht, dann soll vie Schule die Schuld tragen: denn es ist ja leichter, öffentliche Einrichtungen für solche Uebel verantwortlich zu machen, als die Eltern über ihre Grund sätze zu belehren und ihr Gewissen zu schärfen. „Laßt uns unsern Kindern leben!" war die Losung Fr. Fröbels, als er zu Anfang dieses Jahrhunderts die Jugend ganz verlassen sah; heute möchten wir rufen: „Laßt uns unsere Kinder wie Kinder erziehen!" Tagesgeschichte. Die Nachricht von der am Sonntag angeblich er folgten Wiederabreise des Kaiserpaares aus Jagdschloß Hubertusstock erweist sich als verfrüht. Der Kaiser hat unter Abänderung seiner ursprünglichen Reisedisposi tionen noch einige Tage länger in Hnbertusstock verweilt und daselbst am Montag den kommandirenden Admiral v. Knorr, den Marinestaatssekretär Tirpitz, sowie die Chefs des Marinekabinets, v. Bibran-Senden, und des Civil- kabinets, Dr. v. Lucanus, am Dienstag den Kriegsminister v. Goßler und wiederum Herrn v. Lucanus und außerdem den Chef des Militärkabinets, General v. Hahnke, behufs Entgegennahme von Vorträgen empfangen. Die Audien zen der Herren v. Knorr, Tirpitz und v. Senden-Bibran beim Kaiser in Schloß Hubertusstock scheinen darauf hin zudeuten, daß daselbst wenigstens in der Angelegenheit der angekündigten Marine-Vorlage doch wohl wichtige Ent schließungen gefaßt worden sind. Berlin, 14. Oktober. Der Kaiser hielt heute Vor mittag 11 Uhr im Neuen Palais einen Kronrath ab. Dem Kronrathe wohnten auch die Staatssekretäre der Reichsämter bei. Berlin, 13. Oktober. Die „Nordd. Allgem. Ztg." meldet: Die Konferenz der Oberpostdirektoreu beginnt morgen ini Reichspostamte und wird ausschließlich die Portotariffrage erörtern, wofür besonders aus Handels und Jndustriekreiseu Anregungen und Vorschläge in letzter Zeit erfolgten. Falls die Vorschläge angenommen werden, dürften die entsprechenden Aenderungen zur Vor lage an den Bundesrath und den Reichstag formulirt werden. Im Anschluß au obige Berathungen werden in nächster Woche Vertreter der Handels- und Landwirth- schaftskammern im Reichspostamte zur Konferenz zusam mentreten zur gutachtlichen Vernehmung über postalische Angelegenheiten und Wünsche. Personenreformen, welche naturgemäß den Schlußstein bilden können, bleiben even tuell einer späteren Zeit Vorbehalten. lieber den Zeitpunkt für die Eröffnung des Reichs tages wie des preußischen Landtages laufen bereits aller Hand Mittheilungen durch die Tagespresse. Dem gegen' über erfährt jedoch die „Post" von unterrichteter Seite, daß über den Tag des Zusammentrittes beider parlamen tarischer Körperschaften noch keine Entscheidnng getroffen worden sei. Das russische Kaiserpaar stattete am Dienstag Nachmittag, begleitet vom Großherzog und der Großher- zogm von Hessen, der Kaiserin Friedrich, sowie dem Prinzen Heinrich von Preußen nebst Gemahlin und dem Prinzen und der Prinzessin Friedrich Karl von Hessen emeu Besuch in Cronberg ab. Nm 3 Uhr Nachmittags reisten die beiden Herrscherpaare von dort wieder nach Darmstadt zurück. Der Beschluß des in Hamburg versammelt gewesenen sozialdemokratischen Parteitages wegen Betheilig ung der „Genossen" an den kommenden Landtags«,' Ren in Preußen hat in der Presse der bürgerlichen P:.... ..'n mehr oder minder eingehende Betrachtungen über die Tragweite dieses Beschlusses gezeitigt. Ob derselbe in dessen wirklich so wichtig ist, um wiederholte spaltenlange Artikel in manchen Zeitungen nicht sozialistischer Richtung zu veranlassen, das möchte denn doch einigermaßen frag lich erscheinen. Wohl läßt sich nicht läugnen, daß m t der in Aussicht stehenden Theilnahme der Sozialdemo kratie an den preußischen Landtagswahlen ein frischerer, lebendigerer Zug in dieselben kommen würde, und dieses neue Moment könnte der Wahlbewegung in Preußen ge wiß nicht schaden. Aber daß die Unisturzpartei bei den preußischen Wahlen größere praktische Erfolge erzielen sollte, daß ist bei den für die Sozialdemokratie so un- günstigen Bedingungen, unter denen sie sich zu vollziehen haben, schwerlich anzunehmen, außerdem Hal sich ja der Hamburger Sozialistentag gegen jedes Wahlbündniß oder Kompromiß mit bürgerlichen Parteien erklärt. Wenn es hoch kommt, werden vielleicht ein halbes Dutzend Sozial demokraten in das künftige preußische Abgeordnetenhaus einziehen, unermüdliche Agitation, große Opferwilligkeit und energische Wahlbetheiligung sozialdemokratischerseits vorausgesetzt, bei diesem Tropfen „sozialistischen Oels" in. der preußischen Volksvertretung dürfte es dann aber auch bleiben. Dem Hamburger Parteitage der Sozialdemokraten ist der Parteitag der deutsch-sozialen Reformpartei in Nordhausen auf dem Fuße nachgefolgt. Unter den von letzterem Parteitage gefaßten Beschlüssen sind die aus die Arbeiterfrage und aus die Neichstagswahlen bezüglichen Resolutionen zu erwähne». Die in der Arbeiterfrage ge faßte Resolution spricht sich für eine nationale Wirth- schaftspolitik, für Zwangsorganisation der Fabrikindustrie, größeren Schutz der in der Hausindustrie beschäftigten