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MsdnifferTageblatt W Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadlrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt ii. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die »gespaltene Raumzelle 20 Rpsg., die 4gespaltene Zeil- der amtlichen Bekanntmachungen «»Reichs- Pfennige, die »gespaltene R-Klamezeil- im textlichen Teile l AM. Nachweisungsgebühr 2» Aeichspfennige. Borge, werden nach Mögl'^it Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 b»llchsichN°An?e^ annahme bisvorm.lOUHr. Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen ubern. wir keine Garantie. Jeder Nabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muff oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das .Wilsdruffer Tageblatt' erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. 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November!"- wenn vor jedem Zusammentritt des englischen Unterhauses die Keller des Parlaments polizeilich durch sucht werden — heute natürlich nur noch eine Forma lität —- so geht das alles zurück auf die im Jahre 1604 stattgefundeue Vorbereitung zu einem Versuch- mittels einer riesigen, in den Kellern des Parlamentsgebäudes untergebrachten Pulvermengedas ganze Ge- bäudezusammenmit dem König, dem Oberhaus und dem „Haus der Gemeinen" bei einer Sitzung in die Luft zu sprengen. Die damaligen Religionskämpfe hatten den wahnwitzigen Plan entstehen lassen, der vielleicht auch ge glückt wäre, wenn nicht einer der Mitverschworenen einen Freund gewarnt hätte, an der Sitzung teilzunehmen, weil an diesem Tage das Parlament „einen Schlag erhalten werde". Dadurch wurde das Vorhaben noch rechtzeitig entdeckt und es ging als die „Pulververschwörung" in die Geschichte ein, — und in das Gedächtnis des traditions stolzen Engländers. Das am 5. November noch vielfach übliche Verbrennen einer Puppe symbolisiert das Ende der damaligen Verschworenen. Das Ziel jenes Attentats aber waren dieMenschen im Parlament. Sie waren es auch, als 1906 im Sitzungs saal der jungen ruf fischen Reichsduma plötzlich die Decke über den Fraktionen der Rechten einbrach. Der Zu fall wollte es, daß dies in einer Pause geschah und niemand von den Abgeordneten verletzt wurde; ebenso wie die Pulververschwörung war es ein Attentat, denn die Tragbalken der Decke waren durchsägt. Von den Atten tätern aber fand man keine Spur. Jetzt ist der 27. Februar 1933 in die Geschichte ein gegangen als der Tag, an dem ruchloseVerbrecher- Hände aus politischen Beweggründen Feuer legten an jenes Gebäude, das dem ganzen deutschen Volke gehört, wie die Giebeliuschrift sagt, — als jener Tag, an dem Flammen aus dem deutschen Reichstag zum nächtlichen Winterhimmel emporloderten, der Sitzungssaal und andere Teile des Gebäudes diesen Flammen zum Opfer fielen. Nur den Flammen? Nein, auch dem politischen Wahnsinn. Als die Kunde davon mit Sturmesflügeln durch die Hauptstadt raste, als alle Mittel der modernen Nachrichten übermittlung in die Welt hinausschreien: „Der Reichstag brennt!", da war es wohl für jeden, als ob auch er „einen Schlag erhalten" habe. Aber diesmal ist das Attentat nur allzu gut geglückt, denn man hat das Herz dieses Ge bäudes ausgebrannt. Nur die feste Konstruktion der riesigen, allen Deutschen wohlbekannten Goldkuppel hat verhindert, daß nicht dieses Wahrzeichen Berlins und des deutschen politischen Lebens niederbrach. Wer weiß heute noch, daß einst vor 43 Jahren, nach dem schon geben Jahre an dem neuen Haus für die Volks vertretung gebaut worden war, gerade die Form dieser ^„.geretteten Kuppel immer noch heiß genug umstritten Denn über ihre endgültige Gestalt wurde erst 1890 entschieden und am Sedantage des Jahres 1891 konnte die . ieichskrone doch droben auf der gewaltigen Kuppel- latcrne enthüllt werden. Aber erst drei Jahre später war das Rerchstagsgebaude außen und innen fertiggestellt und wurde am 5. Dezember 1894 mit großer Feierlichkeit seiner Bestimmung übergeben. Mehr als zehn Jahre hat man Riesenwerk gearbeitet, zu dem der Frankfurter Architekt Paul Wallot die Pläne entworfen und das über 26 Millionen Mark gekostet hat. Prunkvoll außen und innen, war dieser Parlamentspalast für ein großes, mäch tig gewordenes Volk bestimmt. Wohl war in dem Saale, der jetzt ein Opfer der Brandstiftung geworden ist, viel zu selten jenem Spruch Rechnung getragen, der oberhalb jeder Eintrittstür von zwei Figürchen dem Abgeordneten gleichsam vor Augen gehalten wird, wenn er eine dieser Türen durchschreitet: „Erst das Vaterland, dann die Partei." Aber auch würdige Stunden größter weltgeschichtlicher Be deutung hat dieser Saal gesehen. Er mußte die wüsten Tage der Revolution über sich ergehen lassen, sah Deutsch lands Ruhm und Deutschlands Vergeh'». Er hörte Kluges und Törichtes, Worte der Versöhnung und der Feindschaft, bis zum wilden Haß gesteigert. In ihm ent standen Beschlüsse heroischer Kraft und ängstlicher Feigheit. In ihm klang das Deutschlandlied und die Internationale, kani es über wilden Reden bisweilen zum - Faustkampf. Tu ibm vollzog sich ein hochbedeutsamer Teil der deut schen Reichs geschichte.. Fast 40 Jahre hindurch. Jetzt ist er ein wüster Trümmerhaufen. Bubenhände ^^^Und"doch M^etwas gerettet, was einst für diesen Saal bestimmt wÄ, aber in ihm nicht Platz gefunden hat. Es sind drei große Gemälde, die »der dem Prasidentensttze angebracht werden sollten Da r ft el l u n g e n d r e^e r Givlelvunkte deutscher Geschichte. Das größten i^ über das MSAtzemMundStM Reichsregierung greift mit schärfsten Mitteln durch. Oie neue Verordnung zum Schutze von Volk und Staat. Weitgehende Vollmachten zur Abwehr kommuni st i scher Gewaltakte. Die Reichsregierung hat am Dienstag eine Not verordnung zum Schutze von Volk und Staat be schlossen, die der Reichsregierung weitgehende Vollmachten gibt. Die Verordnung, die sich auf Artikel 48 Absatz 2 stützt, wurde vom Reichspräsidenten bereits unter zeichnet. Die Verordnung tritt damit sofort in Kraft. Zur Abwehr kommunistischer staatsgcfährlichcr Ge waltakte wird zunächst die Außerkraftsetzung der Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 der Ver fassung des Deutschen Reiches angeordnct. Es sind daher Beschränkungen der persönlichen Freiheit, der Pressefrei heit, der Versammlungsfreiheit, weiter Anordnungen von Haussuchungen und Beschlagnahmen auch außerhalb der gesetzlichen Grenze bis auf weiteres zulässig. Oie Exekutivgewalt in den Ländern. In einem weiteren Kapitel der Verordnung heißt cs: Werden in einem Land die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen nichtgetroffen, so kann die Reichsregierung inso weit die Befugnis der obersten Landesbchördcn vor übergehend wahrnehmen. Wenn also die Kom munisten beispielsweise ihre Zentrale von Berlin nach der Hauptstadt irgendeines deutschen Landes verlegen sollten, und dieses Land sollte nicht die nötigen polizei lichen Maßnahmen zur Bekämpfung der kommunistischen Zentrale treffen, so würde die Reichsregierung ihrerseits die erforderlichen Schritte tun. Die Behörden der Länder und Gemeinden haben aus Grund dieses Ab satzes den Anordnungen im Nahmen ihrer Zuständigkeiten Folge zu leisten. An zuständiger Stelle wird hierzu aus drücklich erklärt, daß dieser Passus nichts mit der Frage der Entsendung eines Reichskom mis s a r s zu tun habe. Es handele sich hierbei ledig- l i ch um die Ausübung einer Funktion gegen die kom munistische Gefahr. Wer den von den obersten Landesbehörden erlassenen Anordnungen oder den von der Reichsregierung gemäß Absatz 2 erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt, oder zu Zuwiderhandlungen auffordcrt oder anrcizt, wird mit Gefängnis nicht unter einem Monat oder einer Geldstrafe von 15» bis 15 00V Mark bestraft, sofern nicht eine schärfere Strafe verwirkt ist. Mit dem Tode wird bestraft: Sollte eine Zuwiderhandlung gegen die eingangs genannten Vorschriften zumTode einer Person führen, so kann auf die Todesstrafe erkannt werden. In anderen Fällen wird auf Zuchthaus erkannt. Daneben kann auch auf Vermögenseinziehung erkannt werden. Ein weiterer Paragraph der Verordnung sieht Todesstrafe vor für Vergehen gegen eine Reihe von Paragraphen des Strafgesetzbuches, so den Paragraphen über Hoch verrat, den Paragraphen über Brandstiftung, Überschwemmungen, Explosionen, Beschädi gung von Eisenbahn« nlagen usw. Gemeingefähr liche Vergiftungen werden mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. Dieser Passus ist deshalb in die Verordnung eingcfügt worden, weil die Kommunisten, nach dem Vorgefundenen Material zu urteilen, weit gehende Vergiftungen vorhatten. Mit dem Tode oder mit Zuchthaus wird bestrast: Wer es unternimmt, den Reichspräsidenten oder ein Mitglied oder einen Kommissar der Reichs regierung oder einer Landesregierung zu töten oder dazu aufsordert oder sich erbietet, ein Schlachtfeld von Sedan; vor dem König senkt ein Soldat eine eroberte französische Fahne. Aus übertriebener Rück sichtnahme wurde dieses Bild mit den beiden anderen an die Wand eines Ausschußsitzungssaales verbannt. Dort hängen sie noch heute. Wenn aber der neue Sitzungssaal ersteht, dann sollten pe dort ihren Platz finden, wohin sie ursprünglich bestimmt waren, um den künftigen Volksver tretern immer vor Augen zu stellen: „Gedenke, daß du ein Deutscher bist! Und dich der Taten deiner Väter würdig erweisen mußt! solches Erbieten annimmt oder mit einem anderen ver abredet; wer bei schwerem Aufruhr und schwerem Land friedensbruch die Tat mit Waffen begeht. Weiter wird mit dem Tode bestraft, wer eine Frei heitsberaubung in der Absicht begeht, sich der der Freiheit beraubten Persone« als Geisel für den poli tischen Kampf zu bedienen. „Mr In der Erkenntnis höchster Gefahr für Volk und Staat." Die Reichsregierung zur Schutz verordnung. An zuständiger Stelle in Berlin wird erklärt, daß die Reichsregierung nur in der Erkenntnis der höchsten Gefahr sich zu der Verordnung zum Schutze von Volk und Staat entschlossen habe. Im Reichskabinett habe völlige Einmütigkeit darüber bestanden, daß diese Verordnung umgehend erlassen werden müsse. Der Wahlkampf als solcher solle dadurch nicht be hindert werden. Die Regierung sei aber der Meinung, daß trotz der Wahlen diese Verordnung erlassen werden müsse, weil tatsächlich Gefahr für Volk und Staat be- standen habe und noch bestehe. Es sei begründeter Verdacht vorhanden, daß die kom munistische Aktion fortgesetzt werde. Die Zentrale dieser Aktion sei möglicherweise bereits von Berlin fort verlegt worden. Man habe weiter begründeten Anlaß zu der Annahme, daß auch an anderen Stellen als im Karl-Liebknecht-Haus sich unterirdische Gewölbe und G ä n g e befänden, durch die es den Kommunisten immer wieder möglich fei, zu verschwinden. An den Grenzen seien die nötigen Vorkehrungen bereits ge troffen worden. Die Regierung sei entschlossen, mit aller Brutalität gegen die Kommunisten vorzu gehen. Auch diejenigen, die mit den Kommunisten zu- sammenarbeiteten, würden ebenso rücksichtslos von der neuen Verordnung getroffen wie die Kommu nisten selbst. Nachdem der Angriff gegen die Reichs regierung, wie es scheine, ins Ausland verlegt worden sei, würde dafür gesorgt, daß -"ich diese Angriffe unterbunden würden. * Muer KPD.-GewMplan ausgedeüt. Terroraktionen gegen nationale Ver bände und Polizei beabsichtigt. Wie der Politischen Polizei bekannt geworden ist, beabsichtigt die Kommunistische Partei, am Tage der Reichstagswahl bzw. an den Tagen vor- und nachher planmäßig angelegte Überfälle aus Angehörige der nationalen Verbände, insbesondere der SA. und SS., durchzuführen und hierbei etwaige be waffnete Angehörige dieser Organisationen cücksichtS- l o s unter Anwendung von Waffengewalt uns ch ä dlich zu machen. Die gesamte Aktion soll derart durchgeführt werden, daß die Urheber nach Möglichkeit nicht als Kommunisten erkannt werden. Auf StreifgSngen befindliche Polizeibeamte sollen durch vorgchaltene Pistolen zur Abgabe der Schußwaffen gezwungen werden. Polizeilichcrscits sind die nötigen Maßnahmen getroffen. * Gegen bolschewistische Revolution. Ein Erlaß Görings. Das Reichskabinett ist am Dienstag zusammen- getreten, um zu der politischen Lage Stellung zu nehmen. Das Rcichskabinett hat zunächst einen ausführlichen Be richt des kommissarischen preußischen Innenministers Göring cntgcgengenommen, und zwar über die Vorgänge bei der Brandstiftung im Reichstag sowie im Königlichen Schloß. Ferner nahm das Kabinett Mitteilungen über das in den unterirdischen Gewölben des Karl-Licbknecht- Hauses gefundene Material entgegen. Das Kabinett wird auf Grund dieser Tatsachen de« Reichspräsidenten den Erlaß einer Verordnung zum Schutze des Volkes gegen die kommuni- stifche Gefahr vorschlagen. Diese Verordnung wird weitgehende Eingriffe in die persönliche Freiheit zulasten. Im Amtlichen Preußischen Pressedienst wird ein Er laß des Reichskommissars Göring veröffentlicht, der sich mit der gegenwärtigen politischen Lage beschäftigt. Sn diesem Erlaß wird gesagt: Die Brandstiftung im Reichstag M der bisher «ngv- heuerlichste Terrorakt des Bolschewismus in Deutschland. Unter den Hunderten von Zentnern Zersetzungsmaterial, das die Polizei bei der Durchsuchung des Karl-Liebknecht- HaufxL entdeckt Lat, sanden.-Sch die Auweikunaen -mr