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Auf breitester Front hat unter Führung der Reichs- regierung, der Länderregierungen und aller zuständigen Behörden mit Unterstützung sämtlicher privaten Organi sationen der Großkamps um die Durchführung der Winterhilfe eingesetzt. Nach dem ausdrücklichen Wunsch des Führers soll in diesem Winter niemand hungern oder srieren. Es kommt also darauf an, die Summe dessen, was das deutsche Volk in der Betätigung praktischer Nächstenliebe zu leisten vermag, so zu organi sieren und in seinem Umfang so zu steigern, daß jenes schöne Wort des Führers ohne jede Einschränkung Wirk lichkeit wird. Eine dazu notwendige Voraussetzung ist aber dieAus^chaltungdesBettelunwesens aus der Öffentlichkeit. Der bekannte Erlaß des preußischen Ministerpräsiden ten G ö r i n g hat auf diesem Gebiet schon recht nachteilig gewirkt. Es muß aber ganze Arbeit auch hier getan werden, schon aus dem einfachen Grunde, weil die un geregelte private Wohltätigkeit nur in seltenen Fällen den wirklich Bedürftigen trifft und infolgedessen viele Hilfs leistungen an Geld- und Sachwerten dem großen Liebes werk der Winterhilfe praktisch verloren gehen. Man hat sich in Vorbereitung der Winterhilfe auch sehr eingehend mit den Erscheinungsformen der Bettelei befaßt; das Ergebnis dieser Untersuchungen ist sür den, der den Einzelheiten dieser Frage seiner steht, schlechterdings erstaunlich. Es hat sich nämlich heraus gestellt, daß berufsmäßige Bettler ein höheres Ein kommen erzielen als Arbeitende. Das wäre an sich schon Grund genug, diesem unsozialen Zustand energisch zu Leibe zu gehen. Man hat aber darüber hinaus ü. a. noch folgende Beobachtungen gemacht: Viele Bettler, die ihr Gewerbe auf dem Lande be treiben, grasen dort die Dörfer in erster Linie nach Lebensmitteln ab; sie erbetteln sich Butter, Eier, Speck, und wenn sie diese und andere Lebensmittel meistens auch nur in kleinen Mengen von den einzelnen Bauern erhalten, so machen doch viele Wenig ein Viel. Die Bettler schaffen nun den Ertrag ihrer „Ernte" teils im Rucksack, teils sogar im Handwagen, ja hier und da sogar miteinemPserdegespann in die Städte und treiben dort — meistens natürlich ohne Gewerbe schein — mit den erbettelten Waren einen Handel» und das mit hundertprozentigem Verdienst! Nicht weniger interessant sind die Beobachtungen, die man in den Städten gemacht hat. Es ist ja bekannt, daß die Bettler solche Haus- oder Korridortüren, an denen sie eine Gabe erhalten haben, mit sogenannten „Zinken" versehen, kleinen dem Laien unauffälligen Zeichen ver schiedener Art, die besagen: „Gibt Geld", oder „gibt Essen", oder „alleinstehende Dame", oder „Vorsicht, bissiger Hund". Es gibt aber auch solche „Zinken" für die Kennzeichnung von Wohnungen, die tagsüber oder doch den größeren Teil des Tages unbeaufsichtigt sind. Wie viel Wohnungseinbrüche auf diese Weise durch die „Klingelfahrer" noch heute täglich „ausbaldowert" werden, brauchen wir hier nicht zu erörtern. Dazu kommt, daß die Berufsbettler vielfach einen organisierten Adressenaustausch unter sich betreiben; in Groß städten gibt es vielfach noch Bettlerorganisationen mit Büros, Karteien und regelmäßiger Verteilung bzw. Ver mietung der einträglichsten Straßenecken und Plätze. Ferner steht fest, daß Berufsbettler ihrer Übernahme in die Wohlfahrtspflege oder öffentliche Fürsorge jeden aktiven und passiven Widerstand entgegensetzen; das ist begreiflich, wenn man erfährt, daß gewandte Bettler es auf Tageseinnahmen von 10 bis 20 Marl und darüber bringen. In Berlin wurde vor etwa Jahresfrist einem Bettler endlich das Handwerk gelegt, dessen jammervolles Aussehen ihm nachweislich seit Jahren eine Tageseinnahme von 30 bis 40 Mark ein brachte — dieser selbe Bettler wurde dann abends, nach neuester Mode elegant gekleidet, immer wieder in allen möglichen Vergnügungslokalen gesehen! Weiter: das Mitleid verleitet den Gebenden oft; irgendwelche Klei- dungs- oder Wäschestücke oder alte Schuhe an Bettler zu verschenken; diese Sachwerte werden in den meisten Fällen entweder an Althändler oder in den Bettlerbörsen ver kauft! der Zweck der Gabe ist damit hinfällig. Ebenso werden oft Säcke voll Nahrungsmittel als Schweinefutter verkauft. Es ist kein Wunder, wenn unter solchen Umständen der Berufsbettler nicht nur durch gedankenloses Geben oft auf die schiefe Ebene gebracht wird und schließlich zum Verbrecher hinabsinkt, sondern auch auf Grund seines tat sächlichen Einkommens schlechterdings überhaupt nicht mehr arbeiten will. Der Versuch, den Bettlern anstatt baren Geldes sogenannte Wohlfahrtsschecks zu geben, durch die ihnen der Ankauf von Nahrungsmitteln usw. ermöglicht wird, hat sich nicht bewährt, weil die Bettler mit diesen Wohlsahrtsschecks einen schwunghaften Handel treiben! Um gegenüber diesen Tatsachen ein Beispiel zu geben, was mit einer organisierten Wohlfahrts pflege und einer einheitlich ZusammenaekaüiL» »nd ae- denkt nickt an Abrüstung Wieder auf Deutschlands Rücken? Pariser „Abrüstungs"-Gespräche zwischen England und Frankreich. In Paris haben am Montag die englisch-fran zösischen Sonderbesprechungen über die Ab rüstungsfrage begonnen. Die französische Presse vermerkt dabei mit Unwillen, daß zu diesen Vorbesprechungen nicht der englische Ministerpräsident Macdonald herüber gekommen sei, sondern nur seinen Unterstaatssekretär Eden geschickt habe, obwohl Frankreich diese Verhand lungen seit langem eingehend vorbereitet und der eng lischen Negierung u. a. auch „eine Liste sämtlicher Verletzungen des Versailler Vertrages durch Deutschland" zugeleitet habe; aber die englische Negierung „hat es nicht einmal für nötig befunden, darauf zu antworten". Im übrigen gehen die Franzosen darauf aus, schon in Paris die Engländer auf die weitere gemeinsame Verschleppung der Abrüstungsverpflichtung festzu legen. Sie hoffen dabei die Engländer so weit einwickeln zu können, daß man dann in Genf ein gemeinsames „festes Angebot" an Deutschland machen kann. Wie wir hier schon mitteilten, gehen die französischen Pläne aus die erneute Verweigerung der praktischen Gleichberechtigung und eine mindestens vier jährige Rüstungskontrolle vor allem für Deutsch land aus. Daß auch dies nur wiederum ein neues Ver schiebungsmanöver ist, geht daraus hervor, daß sogar der englische Korrespondent der „Times" in Paris fernem Blatt jetzt kabelt: „Frankreich aber ist nicht bereit, ein Versprechen für eine Herabsetzung der Rüstungen zu geben, selbst wenn die Rüstungskontrolle vier Jahre lang wirksam arbeitet. Es verlangt jetzt eine sofortige vorläufige Untersuchung des deutschen Rüstungsstandes." Deutschland mutz den neuen Abrüstungsbe sprechungen selbstverständlich mit den allerernstesten Erwartungen gegenüberstehen. Es ist sowohl in der Abrüstungs- wie in der Gleichberechtigungsfrage der Gläubiger der ausgerüsteten Militärmächte. Darum wird auch Neichsautzenminister von Neurath den deutschen Standpunkt in der bevorstehenden Vollver sammlung des Völkerbundes in Genf noch einmal mit aller Klarheit darstellen. Nach Pariser Meldungen will sich der französische Ministerpräsident Daladier selbst nach Genf begeben und dem Reichsaußenminister bei seinen Aussührungen entgegentreten. Frankreich wird vor aller Welt bekennen müssen, ob es sich nun auf den Boden des Macdonaldschen Abrüstungsplanes stellen will oder nicht, der bekanntlich von Deutschland trotz mancher Bedenken als Verhandlungsgrundlage angenommen Worden ist. Es wird nun an Frankreich sein, endlich ein mal ein ähnlich weitgehendes Entgegenkommen zu zeigen. * Starres Festhalten an der Kontrollforderung. In Paris wurde von amtlicher Seite eine reichlich nichtssagende Verlautbarung über das erste Er gebnis der französisch-englischen Sonderbresprechungen zur Abrüstungsfrage herausgegeben. In ihr wird lediglich hervorgehoben, daß man den Meinungs austausch „im Geist des gegenseitigen Vertrauens" und die Verhandlungen über die verschiedenen Fragen mit dem Wunsche geführt habe, eine A n n ä h e r u n g der beiderseitigen Thesen herbcizuführen. In Kürze, wenn die englischen Vertreter ihrer Regierung über das Er- leiteten Winterhilfe erreicht werden kann, sei hier eine Berechnung mitgeteilt, die man sür die Stadt Ham burg gemacht hat. Es gibt dort insgesamt 326 000 Wohnungen, Kontore und Läden. Angenommen, es werde in jeder dieser Hausstellen nur ein einziges Mal in der Woche der kleine Betrag von fünf Pfennig an Bettler gegeben, fo macht das im Jahre 800 000 Markaus! Was mit solchen Summen erreicht werden kann, wenn sie planmäßig erfaßt und an die wirklich Bedürf tigen gegeben werden, ist klar. Deutschland ist ein zu armes Land, um heute noch Zehntausenden von Arbeitsscheuen, Trinkern und Schwindlern ein verhältnismäßig sorgenfreies Leben zu ermöglichen, während gleichzeitig noch Millionen von Volksgenossen arbeitslos sind und viele andere Not leidende hinter diesen berufsmäßigen Bettlern zurück stehen müssen. Jeder mache sich klar, wieviel mehr er dem wirklich notleidenden Volksgenossen helfen kann, wenn er Bettlern und anderen unkontrollierbaren Elementen grundfätzlich jede Gabe verweigert und alles das, was er nur irgend geben kann, dem großen, wahrhaft sozialen Werk der W - nterhilfe zuleitet! gebnis berichtet hätten, werde eine neue Zusammen kunft stattfinden. In politischen französischen Kreisen erklärt man dagegen etwas deutlicher als das Kommunique, daß Außenminister Paul-Boncour im Verlauf der Aus sprache vor allem darauf hingewiesen habe, daß die fran zösische Regierung „unter den gegenwärtigen Umständen'' nicht an eine sofortige Abrüstung denken könne. Der „Paris-Soir" glaubt zu wissen, daß Paul- Boncour sich bereit erklärt habe, einem gestaffelten Abrüstungsprogramm zuzustimmen. Voraussetzung für dieses „Zugeständnis" sei jedoch die Durchführung einer (natürlich nur gegen Deutsch land gerichteten) automatischen und mit Sanktionen verbundenen Kontrolle, deren Wirksamkeit einige Jahre er probt werden müsse! Englischerseits, so schreibt das „Journal", habe man noch einmal auf die Not wendigkeit der Abschaffung der Angriffswaffen hingewiesen, aber es sei wahrscheinlich, daß Paul-Bon cour die englischen Unterhändler darauf hingewiesen habe, daß ihre These sich schlecht mit den Seerüstun« gen Englands vereinbaren lasse. Inzwischen ist Amerikas Sonderdelegierter Nor man Davis, von London kommend, in Paris ein- getroffen, um an den weiteren englisch-französischen Be sprechungen teilzunehmen. Vor seiner Abreise aus London erklärte er, daß der Meinungsaustausch zwischen den verschiedenen Regierungen bis zum Vorabend der Konferenz, d. h. bis zum 15. Oktober, ausgedehnt werde, ehe man positive Ergebnisse erhoffen könne. Auch Henderson äußerle sich in London wenig optimistisch und betonte, daß die Lage seit der letzten Sitzung der Abrüstungskonferenz Viet gespannter geworden sei. Englands Ministerpräsident Macdonald soll Nor man Davis zu verstehen gegeben haben, daß England keinen Wert darauf lege, die französischen „Vor schläge zur Untersuchung geheimer Rüstungen in Deutsch land" und zu einer strafferen Rüstungskontrolle zu er mutigen. Der französische Ministerpräsident Dala dier, der an den Sonderbesprechungen in Paris teil- genommen hatte, erklärte dagegen, daß er mit be sonderer Befriedigung das Verständnis fest gestellt habe, das man englischerseits der fran zösischen Auffassung entgegenbringe. London: Deuischlands Forderungen durchaus berechiigi. Guter Eindruck der Neurath-Erklärung. Die Mitteilungen des deutschen Reichsaußen ministers Freiherrn von Neurath an die aus ländischen Pressevertreter in Berlin über die Ziele der deutschen Politik haben in amtlichen Kreisen Londons einen guten Eindruck gemacht. Man erkennt an, daß er Forderungen vertreten habe, zu denen Deutschland moralisch durchaus berechtigt sei. Wenn der Reichsaußenminister die Ausflüchte der anderen, schwerbewaffneten Staaten, die ihre eigene Ab rüstung nur vermeiden wollten, kritisiere, so brachte er hiermit sehr gute und schwerwiegende Gründe vor. Seine Forderung, daß Deutschland d i -- selben Verteidigungsmittel haben sollte wie andere Staaten, sei an sich weder ungerecht fertigt noch unbegründet. Oie Oanzig-polnischen Abkommen unierzeichnei. In Warschau erfolgte die endgültige Unterzeichnung der am 5. August d. I. paraphierten Danzig-polnischen Abkommen über den Danziger Hafen und die Frage der polnischen Minderheit in Danzig. Die Unterzeichnung stellt einen entscheidenden Abschnitt in der Geschichte des Danziger Freistaates sowie in der politischen Entwicklung im Osten überhaupt dar. Es handelt sich bei diesen beiden Abkommen um eine kurzfristige Lösung. Die Abkommen sind jederzeit kündbar. Die Fragen können also jederzeit wieder vor den Völkerbundinstanzen aufgerollt werden. Dem Danziger Hafen ist durch das Abkommen zunächst ein Umschlagsniveau gesichert, das, wertmäßig gesehen etwas über dem Umschlagsniveau im Gdinger Hafen (nach dem heutigen Stande gerechnet) steht. Das Ab kommen bedeutet einen vollen Erfolg der Danziger Regierung, der angesichts der Schwierigkeiten der Arbcitsloscnfragtz in Danzig gar nicht hoch genug veranschlagt werden kaum In einer Besprechung zwischen dem Prastdenten des Senats. Dr. Raulcknina. und dem diplomatischem