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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das „Wilsdruffer Tageblatt« erscheint an allen Werktagen nachmittags s Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. irci Haus, bei Postdestellung 1,8ü RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Poft- »oten, unsere Austräger». -- .. . Geschäftsstelle, nehmen zu jederZeiiBestellungenent- WvcheNtzlllll ssik WilsdlUss U. UMgLftLNd gegen. Im Falle höherer Gewalt,Kriegod.sonstiger ————————————————————— Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung Ler Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung cingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige, Lie :! gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. 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Es ist kein Geheimnis, daß das endgültige Ergebnis des langen Kampfes um die Formulierungen des Vier mächtepaktes in Rom dtegletcheEnttäuschung gebracht hat, mit der man in Berlin gewisse Punkte und Formeln bzw. Unterlassungen des jetzt vorliegenden Vertrages ausgenommen Hal. Bekanntlich har sich einzig und allein Frankreich dem ursprünglichen Entwucf Mussolinis hartnäckig widersetzt. Mussolinis Entwurf sah die Feststellung der deutschen Gleichberechtigung im Viererpakt vor, ferner einen Hinweis auf die bisher völlig ungelöste Kolonialfrage, an der Deutschland begreiflicherweise aus wirtschafts- und bevölkerungs politischen Gründen aufs stärkste interessiert ist, und er hatte auch versucht, eine verhältnismäßig weitgehende Auflockerung der Bindung der vier führenden europäischen Mächte an die starren und politisch wie geschichtlich längst überholten Völkerbundsatzun gen herbeizuführen. Alle drei Punkte, Gleichberechti gung, Kolonialfrage und die Beiseiteschiebung des Völker bundes, sind in dem endgültigen Text des Paktes nicht mehr enthalten. Daß das jetzt in Rom paraphierte Vertrags instrument nicht in dem Ausmaße zu einem Befriedungs faktor für Europa und damit für die ganze Welt gewor den ist, wie Italien und Deutschland aus besserer Einsicht beabsichtigten und betrieben, ist in erster Linie, wie schon angedeutet, die Schuld Frankreichs. Das Ergebnis ist zweitens auf das Schuldkonto der von Groß machtssucht befallenen, neuerdings sehr unruhigen Klei- neu Entente zu schreiben, die unter Führung des tschechischen Außenministers Benesch und unter eifriger Unterstützung durch Polen immer wieder den Abschluß mnes Paktes zu torpedieren versuchte, der nicht ausdrück lich der Kleinen Entente eine mindestens gleiche Stellung wie den Großmächten zuwies. Und drittens mutz sich die englische Negierung einen Teil der Schuld an dem jetzigen Ergebnis beimessen; das Kabinett Mac Donald hat sich von dem traditionellen Einfluß Frank reichs auf die englische Europa-Politik noch nicht in dem für Europa dringend wünschenswerten Maße zu befreien vermocht. Wenn die Reichsregierung trotz mancher Bedenken ihren Botschafter in Nom zur Zeichnung des Vertrages ermächtigte, so waren dafür so schwerwiegende Gründe maßgebend, daß die ernsten Bedenken diesen gegenüber rn den Hintergrund treten mußten. Die deutsche Außen politik hat mit der Paraphierung des Viermächtepaktes vor aller Welt und in aller diplomatischen Form erneut ein äußerst weitgehendes Bekenntnis zur Friedenspolitik und zur Rücksichtnahme auf die Lebensinteressen nicht nur der Vertragspartner, sondern ganz Europas abgelegt. Sie hat damit einer seits die große Linie fortgeführt, die bei dem Vertrag von Lausanne begann, die sich über das Fünf mächteabkommen vom ll. Dezember 1932 mit der An erkennung der deutschen Gleichberechtigung fortsetzte und die sich schließlich in den großen offiziellen, staatsrechtlich bindenden Erklärungen des Reichskanzlers Hitler zu wiederholten Malen, zuletzt in der bekannten außen politischen Erklärung vor dem Reichstag, mit völlig un anzweifelbarer Klarheit und Eindeutigkeit ausdrückte. Das entscheidende Moment aber bei der Zu stimmung Deutschlands liegt darin, daß durch diesen Pakt endgültig die Pflicht des Handelns vor allem nach Frankreich verlegt ist. Vor aller Welt ist jetzt dargetan, daß bei der Führung der Verhand lungen über den Viermächtepakt gerade das Deutschland des Versailler Diktates gegenüber seinen Vertrags partnern, und da wiederum vor allem gegenüber dem Urheber und Verfechter jenes Diktates, Frankreich, ein nicht mehr überbietbares Maß an Entgegenkommen erneut gezeigt har. Ein solches Entgegenkommen konnte sich freilich nur eine Reichsregierung von der inneren Stärke des Kabinetts Hitler leisten, ein Entgegenkommen, das so weit geht, sogar die internen Schwierigkeiten der französischen Regierung bis zu einem gewissen Grade zu berücksichtigen und nun freilich dadurch wiederum einen Druck auf Frankreich auszuüben. Es will schon etwas heißen, wenn diese Haltung der Reichsregierung sogar von der Pariser Pressein aller Form anerkannt wird. Rein sachlich wäre zu dem Viermächtepakt noch zu sagen, daß er außerhalb des Versailler Diktates zum erstenmal unter den vielen internationalen Abkommen der Nachkriegszeit den Artikel 19 der Völkerbundsatzung, der bekanntlich die Revision smögiichkeit unan wendbar gewordener Verträge Vorsicht, in einem Staatsvertrag ausdrücklich an führt. Frei lich ist die Festlegung der Revisionsmöglichkeil im Vier mächtepakt andererseits auch belastet mit der von Frank reich veranlaßten Erwähnung des Artikels l» über die „territoriale Unversehrtheit" der Staaten, was au sich wiederum einen direkten Widerspruch zu den Nevi stonsmöglichkeiten des Artikels 19 der Völkcrdundsatzung darstellt. Und sie ist ferner, wiederum aus Frankreichs Betreiben, belastet mit der weiteren Erwäbnuna des be- VMWhMrÄWser Mmtmm SchMWhIuWU weiten» Reichsmrk Amtlich wird mitgeteilt: Nachdem auch die Vertreter der kurz- und langfristigen Auslandsgläubiger in der vor wöchigen Zusammenkunft mit der Reichsbanl einhellig anerkannt haben, daß bei einem weiteren Rückgang der Gold- und Devisenreserve die volle Funktion der Reichsbanl als zentrales Notenbankinstitut beeinträchtigt werde und es daher wünschenswert sei, diese Reserve schrittweise zu erhöhen, hat die Reichsbank nunmehr an die Reichsregierung ein Schreiben gerichtet, in welchem sie davon Mitteilung macht, das? sie mit Wirkung per 1. Juli d, I. für eine vorübergehende und hof fentlich kurze Zeit die Zuteil« ngvon Devisen auf alle diejenigen Zahlungen ein stellt, welche Ver pflichtungen betreffen, die vor der Julilrise 1931 ent standen sind. Ausgenommen hiervon sind die be stehenden Stillhalteabkommen. Um ganz klarzumachen, daß es sich bei der vorüber gehenden Unterbrechung des Transfers um eine rein volkswirtschaftliche Angelegenheit handelt, nämlich darum, daß die Reichsbank nicht genügend fremde Zahlungsmittel zur Verfügung hat, nicht aber um eine Zahlungsstockung privater Schuldner, hat die Reichsregierung ein Gesetz erlassen, wonach die deut schen Schuldner verpflichtet werden, ihre Zahlungen in Reichsmark weiter zu leisten. Die eingezahlten Marlbeträge werden in einer be sonderen Konversionskasse so lange verwaltet, bis wieder genügend ausländische Zahlungsmittel zur Verfügung stehen, um den rückständigen Transfer durchzusühren. Mit dieser Lösung gibt die Reichsregierung klar zu erkennen, daß sie die Sicherheit privater Eigentumsrechte nicht antastct und daß die deutsche Wirtschaft den festen Willen hat, ihre eingegangenen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Im Einverständnis mit der Reichsbanl treten die Stillhaltegläubigcr bereits am 13. Juni d. I. zu einer Besprechung in London zusammen. Die Rcichs- bank hat an die Vertreter der langfristigen Gläubiger und an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich iu Basel das Ersuchen gerichtet, ebenfalls in der kommen den Woche in London zu einer Besprechung zusammen- zutreten. Die Reichsbank wird bei diesen Besprechungen ihr Möglichstes tun, um zu einer Lösung der seit langem er warteten und nunmehr eingetretenen Transferkrise bei zutragen. Sie wird dabei ausgehen von den beiden Grundsätzen, die die Berliner Besprechungen mit den Gläubigerver tretern als einhelliges Ergebnis festgestelli haben, nämlich 1. daß die Gold- und Devisenreserve der Rcichsbank zwecks Erhaltung ihrer Funktion als Währungs institut wieder angereichert werden muß, und 2. daß der laufende Warenhandel Deutschlands keinen Finanzierungsbeschränkun gen unterworfen wird, »veil sonst die hervor ragendste Quelle des Devisenaufkommens ver schlossen werden würde. Aus diesem Grunde sind auch alle unkontrollierbaren Zeitungsnachrichten mit größter Skepsis aufzunehmen, die von Vergeltungs- oder Gegenmaßnahmen ausländischer Kreise sprechen, wie z. B. Beschlagnahmen, Zwangs clearing und ähnlichen Dingen. ruoyngten Artikels 16 über die Sanktionsfrage. Was von der im Artikel 4 des neuen Paktes erwähnten „wirtschaftlichen Zusammenarbeit" zu halten ist, wird schon in allernächster Zeit die Londoner Weltwirtschaftskonferenz zu erweisen haben. Das Deutschland Hitlers und das Italien Mussolinis haben in einmütiger Zusammenarbeit der Welt unter tveitgehender Zurückstellung eigener Interessen den Weg aufgezeigt, aus dem die diplomatischen Einzel verhandlungen dieses Sommers und Herbstes und die am 12. Juni beginnende Weltwirtschaftskonferenz Europa endlich von dem furchtbaren Alpdruck der Gewaltherrschaft, eines überrüsteten Militärstaates einerseits und den ver heerenden Folgen des unsinnigsten Diktates der ganzen Weltgeschichte andererseits loslösen können. Die Ent scheidung darüber liegt freilich einzig und allein bei dem guten Willen Frankreichs Ob Frankreich trotz der diplomatischen Isolierung, in die es jetzr erneut ge drängt worden ist seine stnre Gewaltpolitik noch sortsetzen kann, darüber werden nicht nur Deutschland und nicht nur Italien, sondern auch Amerika nnd alle wirtschaftlich be drohten Teile der Welt Wachen. P. A. R. Die Begründung der Maßnahme. Schreiben des Reichsbankdircktoriums an den Kanzler. Das Schreiben, das das Neichsbankdirektorium zur Begründung des notwendigen Transferaufschubes an den Reichskanzler gerichtet hat, wird amtlich gleichfalls veröffentlicht. Es befagi im wesentlichen: Der Bestand der Reichsbank an eigenem Gold und deckungsfähigen Devisen, der Ende Juni 1930 init 3078 Millionen Mark seinen Höchststand nach der Währungs stabilisierung erreichte, hat infolge der Krediikündigungen des Auslandes im Anschluß an den im Mai 1931 erfolgten Zusammen bruch der Österreichischen Creditanstalt eine rasche Verminderung erfahren. Die nach der Julikrise 1931 getroffenen Stillhaltevereinbarungen und Devisen maßnahmen haben die Verminderung zwar verlangsamt, jedoch nicht verhindern können, daß a m 3 1. Mai 1 9 3 3 nur noch rund 280 Millionen Mark eigen es Gold und deckungsfähige Devisen in der Reichsbank vorhanden waren. Wenn auch für den inneren Zahlungsverkehr bei Aufrechterhaltung der Devisenzwangswirtschaft die Höhe der Golddeckung sür die Stabilerhaltung der Reichsmark nicht die frühere aus schlaggebende Rolle spielt, so führt doch der dauernde Gold- und Devisenschwund bei der Reichsbank zu der schweren Gefahr, daß nicht einmal mehr für die ordnungsmäßige Bezah lung der täglich im deutschen Außenhandelsver kehr benötigten Millionen die vorhandenen Deviscn- beträge ausreichen. Diese Gefahr wird um so größer, als mit dem ständigen Rückgang der Devisenreserven der Außen handel eine immer stärkere Schrumpfung erleidet. Das Schreiben verweist dann weiter ans die Ent wicklung der deutschen Handelsbilanz und die willkürlichen Währungsmatznahmen anderer Länder sowie die drohende Gefahr einer weiteren Handels- schrumpfung, die nicht abgewartet werden darf, wenn die Bezahlung der Einfuhr besonders von Rohstoffen und Halbfabrikaten nicht aufs Spiel gesetzt werden soll, deren Veredelung die Grundlage für die Beschäftigung einer hochqualifizierten deutschen Arbeiterschaft bildet. Am deutschen Außenhandel sind aber ebensodieKredit- geber D e u t s l o n d s interessiert. Aus dieser Lage ergeben sich mit zwingender Not wendigkeit unverzüglich wirksame Maßnahmen. Diese Notwendigkeit ist auch von den Auslandsgläubigern so in den Stillhalteverhandlungen wie in der kürzlichen Aussprache der Vertreter der Auslandsgläubigerschaft mit uns anerkannt worden. Die Lage hat sich so zu gespitzt, daß sich die Reichsbank genötigt' sicht, in der Devisenbewirtschaftung zum 1. Juli d. I. für den Trans fer aller derjenigen Verpflichtungen» die bei der Banken- krisc am 15. Juli 1931 bestanden, soweit sie nicht in den sogenannten Stillhalteabkommen besonders geregelt sind, Devisen für eine vorübergehende Zeit nicht mehr zur Verfüg» ngzu st eklen. Diese Maßnahme soll die Reichsbank in den Stand setzen, ihre noch vorhande nen Währungsreserven wirksam zu verteidigen und schritt weise in einem angemessenen Ausmaß wieder aufzufüllen sowie gleichzeitig ausreichend Devisen zur Verfügung zu stelle» für alle Bedürfnisse des la »senden Kredii- und Handelsverkehrs mit dem Auslande. Als endgültiges Ziel ihrer Maßnahmen hat die Reichsbank im Auge, die deutsche Währung in den freien internationalen Zahlungsverkehr ehestens wieder einzu fügen und die zukünftige Zahlungsfähigkeit Deutschlands seinen Gläubigern gegenüber baldmöglichst wieder voll wirksam werden zu lassen. Es liege im Interesse der Gläubiger, ein solches vor übergehendes Opfer zu bringen, um nicht die Ge fahr einer dauernden Zahlungsstockung zu laufen, die die Reichsbank unbedingt vermieden zu sehen wünsche. In diesem Sinne regt die Reichsbank das nunmehr erlassene Reichsgesetz an. Die Neichsbank wird dabei ge leitet von dein Wunsche, so rasch wie möglich zu einer Wiederbelebung des Welthandels beizutragen. Sie erhofft davon das möglichst baldige Eintreten des Zeit punktes, in dem sie wieder ausreichend Devisen auch für den Dienst der langfristigen Schulden zur Verfügung stellen kann. Sie möchte damit zugleich eine Initiative ergreifen, um auch die übrigen Staaten und Notenbanken zu Maß nahmen zur Belebung des Welthandelsverkehrs zu veranlassen, und empfiehlt deshalb, dieses Problem auf der Weltwirt schaftskonferenz vordringlich zu behandeln, um eine Zusammenarbeit aller interessierten Länder für eine be- schleuniate Lösung des Problems herbeizusühren.