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Wochenblatt für MW «nd Amgegenö. Fmrsprecher Nr. ü. — Telegramm-Airrff«: Amtsblatt MlSdmff. «8. Jahrg No. sz. Dienstag. Vc» 17. August 19VS Lrschrlut wöcheutlich dreimal aod zwar DlenStagS, DounerStagS und ZsuuabeudS. BezagSpr-IS vlerteljShrllch 1,35 Ml., in WilSdruff 1,30 Ml., durch dte Pos, bezogen l,54 Ml. «Ma«»ebers, Birkexhaix, Blankenstein, Braunsdorf. BurkhardtSwalde, Groitzsch, Grumbach, Grun» bet Mohorn, HelbigSdoN.Vc^ogxE «aufbach, KeffelSdorf, Kleixschöxberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen Neutanneberg, PohrSdorf, RöhrSdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Seffelsdorf, Steinbach bei Mohorn, - Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, WeiStropp, Wtldberg. , Mit der wöchentlichen Beilage „Welt im Vilö" und der monatlichen Beilage „Unsere Heimat . Druck und Verlag von Arthur Zschunk«, Wilsdruff. Für Politik und Inserate verantwortlich: Arthur Zschunke, für den übrige» Teil: Johannes Arzig, beide in Wilsdruff. Inserate werden MoutagS, Mittwochs und Freitag? bi? spStesteuS 12 Uhr angenommen. ^ulertiouSvrei» 15 Psg. pro viergespalteue KorpuSzcil«. ^"ÄußÄalb des AmtsgÄchtsbezir^ Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Aufschlag. Amtsblatt Mr die Agl. Amtsharrptmannschsst Melken, Mr das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat n- Mi-urnv. sowie für da« Kgl. Forllrentaml m Thacandr Allgemeine Lage von Industrie und Handel im Handelskammerbezirke Dresden. Aus dem Berichte der Handelskammer Dresden, n. DaS Baugewerbe, da? für viele andere Gewerbe- Weige von großen Einfluß ist und daS in Dresden nun schon so viele Jahre krankt, hat auch im Berichtsjahre noch keine wesentliche Besserung seiner Lage erfahren. Trotz der Erleichterung deS Geldmarktes hielt es schwer, 'Geld selbst auf erste Hypothek zu erhalten. Die lang anhaltende Krists hat aber wenigstens den einen Vorteil gehabt, daß die unzuverlässigen Unternehmer, die durch ihr unlauteres Geschäftsgebaren daS ganze Geue be in Mißkredit brachten, nach und nach verschwunden find. Deshalb und weil die Zahl der leerstehenden Wohnungen in Dresden am 12 Oktober 1908 auf 3517 gegenüber H179 im Oktober 1907 zurückgegangen war, ist zu hoffen, daß das Baugewerbe wieder einer besseren Zeit entgegen, geht. Das wäre um so mehr zu wünschen, als unter dem Darniederltegen dieses Gewerbes mehrere bedeutende Industriezweige des Kammerbezirks schon jahrelang zu leiden Haben, so z. B. die Ziegeleien, die Ofcnindustrte, dte Fensterglasindustrie, verschiedene Zweige der Holz« und Metallindustrie usw. In der Ziegel« und Tafelglas« industrie waren, wie wir schon in unserem vorjährigen Berichte mitteilen, nach langen Bemühungen endlich Preisveretnigungen zu stände gekommen. Diese Ver einigungen konnten im Berichtsjahre zwar die Verkaufs« preise wenigstens auf einen einigermaßen lohnenden Stand bringen und den wilden Preisunterbietungen Einhalt tun, sie konnten aber natürlich nicht, was vor der Hand noch wichtiger war, den Bedarf heben. Die Lage beider In dustrien läßt daher nach wie vor viel zu wünschen übrig. In den Vorjahren beruhte der lebhaftere Geschäfts- gang in den meisten Gewerbezwetgen, wie wir in unserem borjährtgen Berichte hervorhoben, in der Hauptsache auf einer starken Steigerung deS inländischer Bedarfes. Infolgedessen war das Ausfuhrgeschäft ziemlich ver nachlässigt worden. Als sich nun im Berichtsjahre der inländische Markt als sehr wenig aufnahmefähig erwies, sahen fich viele Betriebe gezwungen, im Ausland Absatz zu suchen, teils um die Warenvorräte, die sie im Jnlande nicht los werden konnten, abzustoßeo, teils um Betriebs- «inschränkungen und Arbeiterentlaflungen zu vermeiden. Fast sämtliche an der Ausfuhr beteiligte Firmen klagen aber darüber, daß das Ausfuhrgeschäft durch die trotz der Handelsverträge sehr hohen und gegen früher vielfach erhöhten Zölle des Auslandes sehr erschwert wurde. Abgesehen von den Bereinigten Staaten von Amerika, die ja schon seit langem für viele deutsche Waren völlig ver- schlossen sind, ist besonders die Ausfuhr mancher Waren nach Oesterreich durch die dortigen hohen Einfuhrzölle ganz oder fast ganz unterbunden worden, so daß wiederum einige Firmen sich zur Errichtung von Zweigniederlassungen in Oesterreich entschlossen. Wenn unter diesen Verhältnissen die Menge der ausgeführten Waren gegen frühere Jahre Loch noch zunahm, so ist das einmal darauf zurückzuführen, daß sich zahlreich- Betriebe infolge des geringen Jnland- bedarfeS eben gezwungen sahen, selbst zu unlohnenden oder gar verlustbringenden Preisen auszuführen, dann aber vor allem auf dte Tatsache, daß mehrere ausländische Staaten von der Krists überhaupt nicht oder wenigstens nicht so schwer heimgesucht wurden wie das Inland. Der Großhandel hatte nach wie vor unter den Bestrebungen auf Ausschaltung des Zwischenhandels, sowie unter der ungünstigen Lage des Kleinhandels zu leiden. Diese wurde vor allem durch den Rückgang der Kaufkraft weiter Kreise der Bevölkerung verurjacht. Namentlich ging der Verkauf von solchen Waren, die zum Lebens unterhalte nicht gerade unentbehrlich sind und von den unteren Schichten mehr als Luxusgegenstände betrachtet werben, wie Obst und Südfrüchte, Kakao, Bücher usw., zurück. Allenthalben wird geklagt, daß hauptsächlich minderwertige und billige Waren gekauft wurden. Die Klagen über den Wettbewerb der Warenhäuser, der Zweig geschäfte großer Firmen, der Konsumvereine und des Hausierhandels kehren wieder. Infolge der niedergehenden Konjuktur nahmen die Ausverkäufe von Konkursmassen in manchen Kleinhandelskreisen in bedenklichem Umfange zu Der wirtschaftliche Rückschlag konnte auf die Arbeiter- Verhältnisse nicht ohne Einfluß bleiben. Es wurde schon erwähnt, daß sich viele Industriezweige aus Mangel an Beschäftigung gezwungen sahen, ihre Betriebe einzu schränken. Die Arbeitgeber suchten dabei jedoch Arbciter- entlassungen möglichst zu vermeiden. Namentlich solche Unternehmer, die über einen Stamm bewährter und geschulter Arbeitskräfte verfügten, mußten fürchten, für die aus- schetdenden Kräfte später bet flotterem Geschäftsgänge keinen geeigneten Ersatz zu finden. Nicht selten wird uns sogar berichtet, daß dte Löhne trotz des schleppenden Geschäftsganges noch erhöht wurden, um tüchtige Arbeiter festzuhalten. Man suchte deshalb, soweit es nichtjmögllch war, die Arbeiter durch Herstellung von Vorrat zu de- schäftigen, zunächst durch Verkürzung der Arbeitszeit oder Einlegen von Feierschichten dte Warenerzeugung einzuschränken. Dabei mußten sich natürlich die Arbeiter meist mit einem geringeren Wochenverdienste begnügen. In anderen Betrieben wurden nur die freiwillig oder durch Tod auSscheideaden Arbeiter nicht wieder ersetzt und dadurch eine Verringerung der Arbeiterzahl erzielt. Immerhin dürften die Acbeiterentlaffungen auch im Kammerbezirk einen ziemlich bedeutenden Umfang angenommen haben. Denn cS wird uns von allen Seiten berichtet, daß das Angebot von Arbeiter« außerordentlich stark war. Gleichwohl herrschte jedoch an wirklich tüchtigen, geübten Arbeitern fast allenthalben Mangel, da die Arbeitgeber natürlich zunächst nur die ungelernten und minderwertigen Kräfte entließe«. Das Verhalten der Arbeiter gab jedenfalls wegen des großen Angebots an Arbeitskräften weniger Anlaß zu Klagen als im Vorjahre; dte Arbeiter wußten eben sehr wohl, daß sie leicht zu ersetzen gewesen sein würden. Streike und Lohnbewegungen gehörten deshalb zu den Seltenheiten. Wo solche vorkamen, endeten sie fast durchweg bald mit einem Mißerfolge der Arbeitnehmer. Nach allem trägt das Wirtschaftsjahr 1908 den ausgesprochenen Charakter eines Kcisenjahres. Wea« es jedoch in verschiedenen Berichten sogar mit dem Jahre 1901 verglichen wird, so dürfte der Vergleich in dieser Allgemeinheit doch nicht zutreffrn. Jene Krisis war vor allem durch den Zusammenbruch mehrerer bedeutender Unternehmungen gekennzeichnet, die wieder andere mit ihnen eng verbundene Firmen nach sich zogen. Durch diese Zusammenbrüche wurde daS Vertrauen im ganzen Ge schäftsleben aufs schwerste erschüttert. Vor solchen folgeschweren Zusammenbrüchen blieb die Geschäftswelt unseres Bezirks tm Berichtsjahre erfreulicherweise verschont. Während die Zahl der Anträge auf KonkurSerössnung bei dem Amtsgerichte Dresden von 1900 bis 1901 von 326 auf 378 stieg, betrugen die entsprechenden Zahlen in den Jahren 1906 bis 1908: 362, 382 und 377. Von 1907 auf 1908 ging also die Zahl der beantragten Konkurse sogar zurück. Von vielen Berichterstattern wird ausdrücklich bestätigt, daß die Zahlungen zwar schleppend eingingen, daß aber größere Verluste nicht zu beklagen waren. Die Hoffnung scheint deshalb berechtigt, daß eS der Geschäftswelt bald gelingen wird, die Krists ohne größere Verluste zu überwinden. Aus verschiedenen Industriezweigen wird uns schon berichtet, daß sich die überfüllten Lager bereits gegen Ende des Berichtsjahres zu leeren begannen. Die Kunden, die bisher mit ihren Bestellungen zurückhielten, werden bald daran denken müssen, dte abgcstoßenen Lagerbestände zu ersetzen. Voraussetzung für eine baldige Gesundung des Geschäfts- lebens wird freilich sein, daß die Robstoffoerbände in ihrer Preispolitik mehr als bisher auf die Geschäftslage der weiterverarbeitenden Industrien Rücksicht nehmen und daß es der Regierung gelingt, weitere Verschlechterungen der ausländischen Handelsbeziehungen, wie sie neuerdings von Frankreich nnd den Vereinigten Staaten von Amerika drohen, hiotanzuhalten. Lslitische Rundschau. Wilsdruff, den 16. August. Deutsches Reich. Die Einberufung des Reichstages ist nach einer Korrespondenz frühestens für den 23. No vember d. I. zu erwarten. Flnanznot ohne Ende. Wie offiziös angeküodigt wird, steht wieder ein überaus trübseliger Finanzabschluß im Reiche für daS Rechnungsjahr vom 1. April 1908 biS 81. März 1909 zu erwarten. Die Reichskasse selbst wird einen Fehl betrag von über 100 Millionen Mark aufweisen, wozu noch 76 Millionen ungedeckter Matrikularbetträge kommen, die auf Anleihe übernommen werden müssen. Der Finanzabschluß wird, wie die offiziöse Note selbst hervor hebt, der schlechteste werden, den eS bisher überhaupt im deutschen Reiche gegeben hat. — Wie weit wird da die Fiuanzreform reichen? Wann wird die nächste kommen? Dte Belastung des Eiuzelnen durch die neuen Verbrauchssteuern. Eine recht verständige Bemerkung über finanzielle Belastung des Einzelnen in Folge der neuen Verbrauchs steuern finden wir in den Leipziger .Grenzboteu". Sie sagen: „Selbst wenn man es ganz außer acht läßt, daß die Schaumweinsteuer nur die bemittelten Klassen und die Tabaksteuer infolge ihres sozialen Charakters als konsequent durchgeführte Wertsteuer die Raucher billiger Sorten nur unmerklich treffen werden, bringen trotzdem dte beschlossenen Verbrauchssteuern von insgesamt rund 300 Millionen Mark eine jährliche Durchschntttsbelastung von noch nicht 5 Mark auf den Kopf der Bevölkerung. Für eine sünfköpfige Familie, die sich Kinerlet, sei es quantitative oder qualitative Beeinträchtigung ihrer Ge nüsse an Bier, Branntwein, Sekt, Tabak und Kaffee und keinerlei Verengerung ihres Gebrauchs von Glühkörpern und Streichhölzern auferlegen will, bedeutet das eine durchschnittliche wöchentliche Mehrausgabe von rund 50 Pfennigen oder für jedes einzelne Familienmitglied eine wöchentliche Mehrausgabe von 10 Pfennigen. Welchem unbefangenen Betrachter möchte sich nicht dem gegenüber die Frage aufdrängen, ob damit die langersehnte Gesundung der Reichsfinanzen zu teuer erkauft worden ist!" Graf Zeppelin hat die Mitglieder des Bundesrats zum 3. September, dem Tage vor dem Besuch der Reichstagsabgeordneten, zu einer Besichtigung des Luftschiffes und der Werst anlagen in Friedrichshafen eingeladen. Eine überraschende Aenderung tm Programm des Zeppelin-Besuches in Berlin wird vorbereitet. Der Graf soll, wie im Laufe einer Konferenz besprochen wurde, nicht auf dem Tempelhofer Felde landen, sondern außerhalb von Berlin, in der Nähe von Johannistal auf freiem Gelände. Diese Aenderung des Programms wird angestrebt, weil bet dem Massen- andrang bei dec Landung auf dem Tempelhofer Felde die Behörden, insbesondere das Polizeipräsidium dte Ver antwortlichkeit für etwaige Folgen nicht übernehmen will. Vou einem Zwischenfall bei dem Kaiserbesuch in Schwerte meldet der „Lok. Anz.": „Die Unstimmigkeiten im deutschen Kriegerbund — eine Folge der bikannten Kieler Beschlüsse — haben während des Katserbesuches in Schwerte zu einem Zwischenfall geführt. Der alte Schwerter Krieger- verein und der Kavallerieveretn, die beioe den Kieler Be schlüssen nicht beigetreten sind, hatten für die Spalier- bildung auf dem Plan ihren Platz bereits angewiesen erhalten, als kurz vor dem Abmarsch beiden Vereinen bedeutet wurde, daß sie nur hinter den Spalier bildenden Vereinen Platz finden könnten. Darauf marschierten die beiden Vereine mit der von ihnen bestellten Musik zum Festplatze, wo sie sich auflösten. Die meisten gingen nach Hause und nur wenige reihten sich in andere Vereine ein."