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Vie „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Umrahm« »o« Inserat« bl, vormittag llhr.j Inserat« werden mit >o p für di« Spaltzril« brr«chn» TabellarischrrjSatz nach b»s»nd«r«m Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 14. Freitag, den 1. Februar 1907. 6. Jahrgang. Orrtliches und Sächsisches. Dttendors-Vkrilla, den Januar >gg?. —* Januar» Abschied ist heute. Reich an Ueberraschungen war der scheidend- Monat. Mit Ei» und Schnee begann da» Jahr, doch urplötzlich wie der Winter zu Weihnachten gekommen, zog er zu Neujahr von dannen. Regen löste den Schnee ab, Tauwetter den Frost und dir winterliche Kälte. Warme Lüfte wehten draußen, und rö schien, al» ob schon Anfang Januar Meister Eishart sich für diesen Winter empfehlen wollte. Gummischuh und Regenschirm traten in ihre Rechte. Doch im Handumdrehen änderte sich die Temperatur. Deutschland und die Nachbarländer durchzog in der dritten Januar woche eine Kältewelle, die die Meteorologen noch längere Zeit beschäftigt und allen denen, die sie betroffen, wegen ihrer Heftigkeit noch lange in Erinnerung bleiben wird. Eine Januarüber raschung, wie sie uns lange Jahre nicht begegnet ist. Aber nicht nur auf meteorologischen Gebiete wollte uns der erste Monat des Jahres Ueber raschungen bringen. Auch auf politischem. Unser Volk fühlte, daß e» einmal abrechnen mußte mit jenen VaterlandSfeinden. die nur Unzufrieden heit und Haß säen. Zum zornenlflammten Protest gegen die, welche unser Vaterland wehr und ehrlos vor allen Völkern machen wollen, wurde der Gang zur Wahlurne, und klar und unzweideutig ging au» dem Wahlresultat hervor, daß dte Mehrzahl unserer Bürger auf nationalem Boden steht. Das war wieder eine neue Ueber» raschung, dte in der Geschichte aller vaterländischen Parteien unvergessen bleiben wird. Aber nicht vorübergehend soll die Freude sein. Gelobt haben die deutschdentenden und fühlenden Männer in den Tagen nationaler Begeisterung, nie wieder zu erlahmen. Die Gründung vater ländischer Vereine und Verbände ist die Frucht, dte jene Ueberraschung gezeigt hat zum Wohle de» deutschen Vaterlandes und seiner treuen Bewohner. Das ist der schönste Erfolg in der Bilanz des mit hellte scheidenden Januars. —* Für die noch statlzufinden habenden Stichwahlen sind in Sachsen die Aussichten für die Ordnungsparteien ziemlich günstig. Es stehen sich unter Zugrundelegung der bis jetzt bekannten Zahlen gegenüber sozial national Zittau 10552 13 040 Stimmen DreSden-A. 20 044 24766 Meißen 14113 16976 Döbeln 12766 14 488 Oschatz 9300 14900 V Borna 9474 16287 k» Annaberg 11852 15177 Plauen i. V. 15218 24633 Wenn die nationalen Elemente bei diesen 8 Stich- wählen, für die sie Mehrheiten von 2000 bis 9000 Stimmen haben, Mann für Mann wieder an die Urne treten, so sind diese 8 Wahlkreise für die Ordnungsparteien zurück erobert. Bei der letzten RrichStagSwahl wurden in Sachsen 441,764 sozialdemokratische Stimmen abgegeben, bei der jetzigen Wahl 399,779 Stimmen da» bedeutet einen Rückgang von 47,667 sozialdemokratischen Stimmen. Dagegen hat da» Bürgertum gegen die letzten Wahlen 115,109 Stimmen gewonnen. —* Verleihung kaiserlicher Fahnenbänber an sächsische Mililärvereine. Der deutsche Kaiser hat bestimmt, daß die bisher in Preußen für die Verleihung von Fahnenbändern an Krieger vereine maßgebenden Grundsätze in Zukunft auch auf die nichtpreußischen Krieger vereine ent sprechende Anwendung finden sollen. Hiernach würde die Verleihung kaiserlicher Fahnenbänder an sächsische Militärvereine von salzenden Voraussetzungen abhängig sein: 1. Die Vereine müssen sich während mindestens 25 Jahren einwandfrei geführt und al» Pflegestätten königstreuer Gesinnung und kameradschaftlichen Geiste« bewährt haben. 2. Die Vereine müsse» 30 Mitglieder ausschließlich der Ehrenmitglieder zählen. Mit Rücksicht auf die örtlichen Ver ¬ hältnisse können indessen Ausnahmen bezüglich der Mitgliedcrzahl zugelassen werden. 3. Die Statuten d«r Vereine dürfen zu Bedenken Zeinen Anlaß geben 4. Die Vereine müssen >em K. S. Militärvereinsbunde angehören. Beim Mangel dieser Voraussetzungen können Gesuche um Bewilligung eines kaiserlichen Fahnenschmucks keinesfalls berücksichtigt werden. Dresden. In dem ehemaligen Beyerschen Fabrikgrundstück Großenhainer Straße 9, in dem bis zum Jahre 1902 eine Maschinenfabrik untergebracht war. wurde am Dienstag vormittag urz noch 11 Uhr der etwa 35 Meter hohe Fabrikschornstein durch eine Abteilung Pioniere vom 1. Pionierbataillon unter Leitung des Herrn Hauptmann Blank gesprengt. Das Sandsteinsundament de» Schornsteins war ans ungefähr 80 Zentimeter Mauerstärke geschätzt worden, fünf Sprengherde waren vorbereitet worden. In diesen Sprengherden, die in un. gefährer Hälfte der Mauerstärke eingebracht waren, wurden 27 Sprengkörper mit Gianat- Mung eingelegt. Eine doppelte elektrische Zündung verband die Sprengherde miteinander. Nachdem die Vorarbeiten beendet und die nöligen Vorsichtsmaßregeln getroffen waren, ließ Herr Hauptmann Blank den aufgestellten Posten das Hornsignal „Achtung" geben. Ein kurzer Druck auf die Leitung, ein kurzer dumpfer Schlag und der Essenkoloß schwankte langsam ur Seite. Einen Augenblick sah es au«, als ob er nur von seinem alten Platz gehoben wäre, doch gleich darauf schlug er mit dumpfem Fall zur Erde, eine gewaltige Staubwolke auf- wirbelnd. Genau so wie es vorgesehen, legi er sich längs der Rückenmauer des Fabrik gebäudes. Das Grundstück, daö in seinem etzigen Zustand der Straße nicht gerade zur Zierde gereichte, ist von der bekannten Firma Carl Reinsch auf Abbruch angekauft worden und bald wird sich an Stelle des alten Hause« ein schmucker Neubau erheben. — Das Generalkommando des 12. (1. K. S.) Armeekorps) hat auf Grnnd einer Eingabe, >etr. die Abänderung der Aufschriften für Aur- Mgeschilder bei Abhaltung sozialdemokratischer Vergnügungen, eine Entschließung gefaßt, und ist dem Vorsitzenden des Verbandes sächsischer Saalinhaber, Herrn Fritzsche-Dresden, an Polizei- präsidiumsstelle folgendes eröffnet worden: Die Gesuchsteller sind zu bescheiden, daß nach einer bisher 'gelangten Verordnung der Königlichen Kreishauptmannschast Dresden das General kommando des 12. (K. S.) Armeekorps bei den von sozialdemokratischer Seite in Gast- oder Schankwirtschaften veranstalteten Vereinigungen geselliger Art, gegen die Weglassung des Wortes „V-rsammlung" auf den auszuhängenden Plakaten fortan nichts einzuwenden habe. — In einem Wahllokal in Löbtau war ein kleines Zimmer, das sonst Vereinszwecken dient und in dem ein Schokoladenautomat aufgestellt wor, zum Verschließen der Wahlkuverts durch den Wähler bestimmt worden. Gin ganz Schlauer ging hinein und kam nicht wieder heraus. Nach einiger Zeit ging der die Auf sicht führende Beamte in das Zimmer und fragte warum der Wähler nicht wieder herans- komme. Der aber stand vor dem Geldeinwurf zum Automaten, bemühte sich vergeblich, daS Wahlkuvert, das er sorgfältig mehrmals zu sammengebrochen hatte, in den Einwurf zu stopfen und sagte: Ich kriege daS Ding nicht rein!" — An einer andern Wahlstelle wies der unisoimierte Beamten einen Wähler, der eben sein Kuvert erhalten hatte, mit knappen Worten in die ausgestellte Wahlzelle: „Hier in dte Zelle!" Als auch dieser Folgsame nicht wieder heraus kam. sah der Beamte nach ihm. Der Wähler ober sagte mit kläglicher Stimme: „Ich weiß gar nicht, was ich gemacht haben sollen, daß Sie mich in die Zelle sperren!" Schandau. In der Saftsiederei des Jofef Löbl in Riegersdors bei Bodenbach stürzte der Arbeiter Adolf Fritsche infolge eines Fehl trittes in den siedenden Kessel. Fritzsche, der allein im Raume gearbeitet hatte, gelang es, ich aus dem Kessel zu retten, doch hatte er fürchterliche Verletzungen erlitten. Seine Beine nsbesondere die Füße, waren wie gekocht. Der Verunglückte hatte trotzdem noch die Kraft, sich )iö zu, seinem etwa 200 Schritte entfernten Hause zu schleppen, wo er zusammenbrach. Als man ihn entkleidete, löste sich das Fleisch von den Füßen. Es ist fraglich, ob der Ver unglückte am Leben erhalten bleiben wird. Bautzen. Die hiesige Stadtverordnetenwahl war von einigen Bürgern angefochten worden, weil der Wahlausschuß eine größere Anzahl Stimmzettel mit dem Kopfausdruck „Jnnungs- ausschuß" für gültig erklärt hatte. Der Kreiö- hauptmann hat jedoch die Auffassung des Wahl ausschusses bestätigt, sodaß die Einwendungen als unbegründet zurückgewiesen worden sind. Am Dienstag abend fand nun die Einweisung ier neu- bez. wiedergewählten Stadtverordneten durch Oberbürgermeister Dr. Kaeubler statt. Zum Stadtverordnetenvorsteher wurde Rechts anwalt Drache, Bürgermeister a. D., gewählt. Coswig. Dsr Gemeindevorstand Danowsky, früher lange Jahre Bürgermeister von Alten berg, hat am Sonnabend wegen Differenzen mit seinem Gemeindeamte sein Amt freiwillig niedergelegt. Riesa. Der Wasserstand der Elbe, welche am Mittwoch ganz frei von Treibeis ist, steht nach dem hiesigen Strompegel an der Elbbrücke aus 49 Zentimeter unter Normalnull und zeigt noch steigende Tendenz. Die Ueberladung des im Gröbaer Hafen havarierten Zuckerkahnes wurde am Mittwoch nachmittag beendet, worauf es gelang, den Kahn vom Grundeise abzu bringen und flott zu machen. Borna. Auf Aktiengesellschaft Glückaufschacht in Blumroda ist ein Häuer durch hereinbrechende Kohlen getötet worden. Dem Arbeiter war kurz vor dem Unfall von einem Beamten ver boten worden, an der gefährdeten Stelle weiter zu fördern. Leipzig. Gestohlen wurde gestern früh In der Reichsstraße ein einspänniges Milchgeschirr, bestehend aus einer Fuchsstute mit Blesse, und einem Wagen mit Kastenaufsatz, an dem sich die Firmenbezeichnung Eduard Schöppenthal, Lindenthal, befand. In dem Wagen lag u. a. ein Frauenpelz und eine Anzahl Krüge mit Milch. Der Wert des Geschirrs beträgt ca. 1100 Mark. — Von Einbrechern heimgesucht wurde nachts das an der Pleiße gelegene Pfahlbaurestaurant woselbst erst vor kurzer Zeit ein schwerer Dieb stahl zur Ausführung gekommen ist. Die un gebetenen Gäste stahlen: sechs Flaschen Rot weinpunsch, sechs Flaschen Rumessenz, drei Flaschen Kognak, drei Flaschen Arrack, ca. 250 Zigarren, einen Blechkasten mit Zigaretten, Wurst, Würfelzucker, Kaffee, ver schiedene andere Gcnußmiitel, sowie eine Anzahl Hand- und Wischtücher. Die Wäschestücke sind teils A. G. teils A. R. gezeichnet. — Diebe statteten zur Nachtzeit Visiten ab in einer Rauchwarenhandlung am Brühl 68 und in einem Partiewarengeschäft in der Nikolaistraße 32. Hier verschafften sie sich durch Aufsprengen einer Tür Eingang und eigneten sich eine goldene Herren-Remontoiruhr, 100 Mark wert, an. Ob sonst Waren ge stohlen morden sind, hat sich mit Bestimmtheit noch nicht feststellen lassen. Mar kranstädt. Aus der Landstraße nach Leipzig versuchten zwei Geschirre noch über die Gleise der Verbindungsbahn Markranstädt- Lausen zu fahren, als ein Zug angebraust kam, von dessen Lokomotive die Glockensignale zum Halten vernehmlich waren. Ein Wagen passierte den Uebergang noch. Das andere Geschirr wurde von der Maschine ersaßt, zur Seite ge schleudert und zertrümmert. Der Führer nebst Pferd kamen wunderbarerweise mit dem Schrecken davon. Dte Schuld des leichten Un falles, der viel schwerere Folgen haben konnte, trifft lediglich den Geschirrführer, der den Zug ah und die warnenden Haltesignale hörte, aber )ennoch weiterfuhr. Leutzsch. Polizeilich festgenommen und der Staatsanwaltschaft zugeführt wurde der hier wohnhafte Maurerlehrling Zschörntg, er hatte unter erschwerenden Umständen seinem Schlaf- ollegen 40 Mk. sowie verschiedene Kleidungs tücke gestohlen. Z-, der geständig ist, wurde rereits wegen anderwärts verübten Diebstahl» leckbrieflich verfolgt. Taucha. Mehrere Arbeiter aus Dewitz und Taucha führten am Sonntag abend im Gasthofe des nahen Sehlis absichtlich Streitig eiten herbei, die schließlich in eine arge Schlägerei ausarteten. Die Rowdies griffen zu Flaschen und Biergläsern und brachten dem Wirte erhebliche Verletzungen bei, so daß er ich in ärztliche Behandlung begeben mußte. Auch der Gemeindediener wurde angegriffen und gewürgt; einer Dienstperson wurde eine nicht unerhebliche Verletzung im Gesicht bet- grbracht. Die Haupträdelssührer wurden noch an demselben Abend in Hast genommen vor- äufig aber wieder auf freien Fuß gesetzt, ! Hermsdorf b Hohenstein-Ernstthal. Durch Explosion einer Lötlampe, welche zum Auftauen von Waffeileitungsrohren verwandt wurde, ent- tand am Montag gegen mittag in der chemischen Bleicherei und Färberei von Herrn Otto Putscher ein Schadenfeuer, wodurch ein großes Seitengebäude, enthaltend Trockenraum und Pferdestall, vollständig eingeäschert wurde. Durch das schnelle Eingreifen der Feuerwehren wurden die anstoßenden Arbeitsräume, sowie das Wohnhaus gerettet. Leider sind dem Feuer viele Vorräte an Garn zum Opfer gefallen, so daß Herrn Putscher, trotzdem er versichert hat, ein empfindlicher Schaden trifft. Hohentanne. Unweit unseres Orte» wurde vergangene Woche ein 70 jähriger, unbekannter Greis auf freier Landstraße halb erfroren auf gefunden. Der Bedauernswerte wurde von mitleidigen Leuten in» hiesige Gemeindehaus gebracht, wo er trotz sorgsamer Pflegt nach einigen Stunden starb. Es war der Tuchweber August Heilig aus Crimmitschau. Er war erst am 18. Januar aus dem Krankenhause zu Siebenlehn auf seinen Wunsch entlasten worden und befand sich seit dieser Zeit wieder auf Wanderschaft. Reinsdorf. Infolge plötzlichen Zusammen bruchs eines Abbauortes ist in einem Zwickauer Schacht der verheiratete 30 Jahre alte Berg arbeiter Albin Eidner von gewaltigen Kohlen- masten verschüttet worden. Der Verunglückte konnte erst nach 16 Stunden ausgegraben werden und war natürlich tot. Ein Mitarbeiter vermochte zu fliehen und ist nur leicht verletzt. Chemnitz. Zur allgemeinen Lebensmittel verteuerung kommt nun hier auch noch eine Erhöhung des Brotpreises. Wie die hiesige Bäckerinnung bekannt gibt, sieht sie sich infolge der andauernd gestiegenen Preise für Roggen mehl genötigt, den Brotpreis zu erhöhen, und zwar für 3 Kilogramm 1. Sorte auf 75 Pfg. für 3 Kilogramm 2. Sorte auf 69 Pfg. Schneeberg. Der hiesige ErzgebirgSzweigS- verein, bei dem die Mitgliederzahl von 262 auf 304 gestiegen ist, hat im vorigen Jahre hier eine Schülerherberge errichtet, die 32 Be suche, darunter zwei aus Oesterreich, aufwies. Unter den Gästen, die eine gute Aufnahme fanden, waren sieben Hochschüler. DaS Unterkunft haus auf dem Keilberge hat Fernsprechanschluß erhalten. Im BiSmarcktvrme, der jetzt voll ständig bezahlt ist, machen sich Heuer umfängliche Reparaturen nötig. Als neuer Vorsitzender ward Herr Gewerbelehrer Lorenz gewählt. Zwickau. Ein erhebliches Wintergewitter, heftiges fortgesetzeS Donnern und Blitzen mit gewaltigem Schneesturm, der vielen Schaden anrichtete, trat Dienstag nachmittag 3 Uhr hier auf. Der Tag wurde dabei zur Nacht, sodaß Licht in den Zimmern gebrannt werden mußte. Das Unwetter dauerte eine halbe Stunde,