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O>c „Vticndvlser Zeiliulg" erjchemt Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährig t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöcbentlicb erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", "„Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahmr von Inserat» bi» »»»mittag za Uhr.' Inserat» werdrn mit io p für dir Spaltzktl» berechn» LabellartscherZSatz nach besondtrem Laris Druck und Verlag von ^ermann Rühle in Kroß-VkriLa. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in iöroß-Gkrilla No. 29. Freitag, den 8. Mär; 1907. 6. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. MUendorf-Okrilla, den 7. März M7. —* Herrliche Vorfrühlingstage haben sich eingestellt. Der Himmel lacht in wolkenloser Bläue, es weht ein schwacher Ostwind und die Sonnenstrahlen entfalten bereits eine recht energische Wirkung, die sich insbesondere in dem Hervorbrcchrn der ersten grünen Knospen äußert. Ein barometrisches Hochdruckgebiet von großer Ausdehnung bedeckt den größten Teil von Europa mit einem 775 Millimeter übersteigenden Kern über Nordd-utschland, Jüt land und Südschwedcn. Die Wetterlage läßt auf längeres Anhalten der schönen Tage schließen, wobei die Mittagstemperatur von Tag zu Tag höher steigen dürften. Noch sind die Nächte kalt, wie eS bei dem klaren Himmel un^ der sehr starken Wärmeausstrahlung der Erde nutürlich ist, und Frost und Reif sind daher noch -ine alltägliche Erscheinung Am Tage hebt sich das Thermomet r auch im Schatten zu lange entbehrten Höhen, die uns den Frühling künden. Die merkwürdig starken Temperaturgegensätze zwischen Tag und Nacht sind übrigens für die gegenwärtige Jahreszeit in unserem Klima ungemein charakteristisch — sie erreichen in Deutschland niemals sonst einen so hohen (Arad wie zu Anfang des Monats März bei heiterem, schönen Wetter. Aber wenn die Sonne höher kommt, so verschafft sie sich auch schnell Hoh ren Respekt. Die Mode dame fürchtet den Einfluß der Märzsonne auf ihren Teint, die Hausfrau denkt sorgend an das AuSblasen ihre Teppiche und Plüschmöbel, wenn die von den Sonnerstrahlen getroffen werden. Aber man soll nur nicht zu ängstlich sein, ein ordentliches Sonnenbad für unsere Wobmäume, die gerade reichlich lange im winterlichen kalten (Krau gelegen haben bringt Licht und Leben, es sieht alles noch einmal so schön au«. —* Neue Bestimmungen über Fleischbe- sörderung. Zur Behebung von Zweifeln über die Anwendbarkeit des Ausnahmetarifs für Fleisch von frisch geschlachteten Vieh hat die StaatSeisenbahnverwaltung jetzt folgende Be stimmung getroffen: Unter den genannten AuSnahmciarif fallen: 1. ganze, noch nicht ab- gehäuiete, frisch geschlachtete Tiere der im Ausnahmctaris genannten Tiergattungen. 2. alle Bestandteile des SchlachtiereS, soweit sie für den menschlichen Genuß in Betracht kommen. Hierzu sind zu rechnen nicht nur alle genieß baren Eingeweide, Euter, Gekröse, Geschlinge, Herz, Leber, Lunge, Milz, Zunge, Hammel kram, ferner frischer ungeräucherter Schweine schinken, sogenannter grüner Speck, sondern auch frisches Schweinefett. Bauch- und Nieren fett (Fliesen. Flomen, Liesen, Lunte, Schmeer), frischer Rinder- und Hammeltalg, Gedärme, ganz gleich, ob sie im Zusammenhang mit den übrigen Fleisch des SchlachttiereS oder getrennt und als besondere Sendung aufgegeben werden. Bedingung bleibt, das alle diese Teile in frischem Zustand aufgclicsrrt werden, 3. frisches Fleisch, das, lediglich um den Transport besser zu bestehen, leicht mit Salz bestreut ist, wei und soweit es hierdurch noch nicht den Charakter des frischen Fleisches einbüßt. Ge pökeltes, geräuchertes oder sonst zubereitetes Fletsch ist ausgeschloffen. Um zu verhüten, daß auch Fleisch von anderen als den im Ausnahmetarif genannten Tieren zur B- sörderung zum AuSnahmetarif gelangt (Fleisch vom Pferd, Wild rc). hat die Staatsbahn verwaltung die GüterabfeitigungSsüllen an gewiesen, darauf zu halten, daß im Fracht briefe stets die Ticrgattung, von der das Fleisch herrührt, angegeben wird, wie z. B. frisches Kalbfleisch, frische Rinderzungen rc. Die Güterverwaltungtn der sächs. Slauts- eisenbahnen sind in der Lage, weitere Auskunft über den genannten Ausnahmetarif zu erteilen. —* Auf der Elbe ist der Verkehr nunmehr in vollem Umfange ausgenommen. Man traut dem Wetter, daß der März als angenehme Gabe darbrochte. Dis Sächsisch-Böhmische Dampsschiffahrts-Gesellschaft gedenkt am 16. d. M. den Verkehr auf ihrer gesamten Strecke Leitmerltz—Dresden -- Mühlberg aufzunehmen. —* Die Aufbesserung de: Bezüge der ächsischen Staatsbeamten, die in Form einer Regierungsvorlage den nächsten Landtag be- chäitigen wird, stellt eine ganz bedeutende Mehrbelastung des Staatshaushaltsctats dar. Nu'' wenigen wird es klar sein, um welche Summen es sich hierbei handelt. Es sei daher estgestellt, daß allein die Regelung de» Wohnungsgeldzuschußes jährlich 3^/z Millionen Mark Mehraufwand erfordert, also ebenso viel wie die ganze königliche Zivilliste beträgt. Dazu kommen nun noch die direkten Gehalts erhöhungen für die niederen Beamten sowie die Einführung des Dicnststufenalterüsystems an Stelle des noch geltenden Beförderungs- und AufrückungSstystemS, das eine Erhöhung der Bezüge einzelner Beamten teils wesentlich angsamer eintreten läßt, teils von Zufälligkeiten abhängig macht. Man sieht, daß unsere StaatSregierung trotz der nur langsam vorwärts chreitenden Gesundung der Staatsfinanzen, die eider durch die noch bestehende Unsicherheit des Reichsfinanzwesens erh> blich beeinträchtigt wird, alles daran setzt, ihre Fürsorge für die durch ne Lebensmittelverteuerung sehr betroffene Beamtenschaft nach Möglichkeit auszvdehnen. Gewiß wird jedermann den Beamten die in Aussicht stehende Erhöhung der Bezüge von Herzen gönnen. Indessen dürfen die er forderlichen Mehrausgaben nicht über den Rahmen der sicheren und stetigen Fortentwickelung unserer Staatsfinanzen hinausgehen. Wir könnten sonst leicht wieder in die leidigen Zustände der Watzdorfschen Finanzwirlschaft zurückoersetzt werden. Davor aber muß unser Land unter allen Umständen bewahrt bleiben. Deshalb wird ebenso wie die Regierung, auch der kommende Landtag den Beamten bewähren was nach Lage der Sache jetzt möglich ist. —* Wem gehört das Rezept? Diese Frage die ein allgemeines Interesse hat, wird in der „D, Med.-Ztg." wie folgt beantwortet: Der Patient, dem der Arzt vorbehaltlos das Rezept überläßt, wird dessen Eigentümer und zwar ohne daß es darauf ankäme, welchen Inhalt das Rezept hat. Auch wenn ein Rezept in Frage kommt, dessen wiederholte Fertigung ohne ärztliche Anordnung unstatthaft ist, wird der Patient Eigentümer. Und auch wenn der Arzt das Rezept selbst in die Apotheke schickt, wird anzunehmen fein, daß er eS dem Patienten ausantworten, also ihm das Eigentum an dem Rezept übertragen will. Der Apotheker wird daher auch in solchen Fällen das Rezept dem Patienten aushändigen. —* Aus dem Bureau des Reichstags liegt die Mitteilung vor, daß gegen die Wahl des Neichtagsabgeordneten Kaden in unserm vierten Wahlkreise rechtzeitig Protest erhoben worden ist. Da die Wahlprüsungskommission entgegen dem Gebrauch in früheren Sessionen mit Rücksicht auf die Diätenzahlung diesmal die eingegangenen Wahlproteste möglichst unver züglich prüft, so dürste die Entschließung des Plenums über die Vorschläge der Kommission sehr bald zu erwarten sei. Für den Fall, daß Kommission» und Plenum die Wahl in unserm Kreise für ungültig erklären würden, würde in kurzer Zeit eine nochmalige Reichs tagswahl vorzunchmen sein. Radeburg. Zum Pfarrer von Berbis dorf und Bärwalde wurde Herr Hilfsgeistlicher Schleinitz in Radeberg in gemeinschaftlicher Kirchenvorstandssitzung einstimmig gewählt, nach dem er vorher in Berbisdorf und Bärwalde vor sehr zahlreich versammelten Gemeinden Gastprediglen gehalten hatte. Dres den. In unserer Stadt, die bekanntlich den AuSgangspankt der Herkomerfahrt bilde, wird, werden vom Sächsischen Automobilklub große Festlichkeiten aus diesem Anlässe geplant, n denen voraussichtlich auch König Friedrich lugust teilnehmen wird. Als Startplatz ist der in der Vorstadt Löbtau gelegene Crispiplatz als besonders geeignet befunden worden. — Am Montag wurde auf der Teplitzer Straße ein Kutscher neben seinem Wagen be- mnungSloS auf der Straße liegend vorgefunden und in das Johannstädter Krankenhaus trans portiert. Der Verunglückte scheint beim An- chleisen seines Geschirrs vom Kutschersitze zerabgefallen zu sein. Pulsnitz. In der Nacht vom Sonntag zum Montag gewahrte man auf dem mit Stroh gedeckten Wohnhaufe des Steinarbeiters Herrn Ewald Kretschmar in Obersteina Feuer, das da erst im Entstehen begriffen, rechtzeitig noch gelöscht werden konnte. Es wird allgemein Brandstiftung angenommen. Kamenz. Seit dem 22. Januar wird der in einer hiesigen Tuchfabrik beschäftigt gewesene Tuchmachergeselle Ernst Pohle vermißt, Der- ülbe hat am genannten Tage seine Wohnung verlaffen, ist jedoch nicht zur Arbeit erschienen und auch nicht wieder zurückgekehrt. Der auf o rätselhafte Weise Verschwundene stand im 45. Lebensjahre, war ledig, von mittlerer Statur, hat dünnes Kopfhaar und blonden Schnurrbart; er war mit dunkler Hose und Jakctt mit übergeknöpfter Winterjoppe bekleidet trug schwarzen Hut nnd mit P. gezeichnete Leibwäsche. Da der Vermißte mittellos war und von seinem Weggange niemand Andeutung gemacht hat, vermuten seine hiesigen Angehörigen )aß ihm ein Unfall zugestoßen ist. Pohle hat ich bereits früher wiederholt anscheinend in rampshasten Zustande von hier entfernt, ohne daß er über sein Fortbleiben Ausschluß ge geben hätte, ist aber stets nach einigen Tagen wieder zurückgekehrt. ' Bad Gottl euba. Für kommenden Sommer ist hier eine Lotterie größeren Stils in Aus sicht genommen, deren Reinertrag der Be gründung einer kirchlichen Krankenpflege dienen fall. Mit dem Verkauf der Lofe wird am 1. Mai begonnen werden. Als Tag der Ver losung ist vorläufig der 1- August d. I- fest gesetzt. Die Lose sollen zu dem niedrigen Preise von 30 Pfg. verkauft werden, damit jeder die Möglichkeit hat, den guten Zweck fördern zu helfen. Freundlich zugedachte Ge- fchenke aller Art werden schon jetzt von den Mitgliedern des Ausschusses für kirchliche Krankenpflege, insbesondere auf dem Pfarramte und dem Bürgermeisteramte, dankbar entgegen genommen. Ebersbach bei Zittau. Hier fanden am Dienstag abend zwei Knaben des Maschinen- führers Lein, fünf und vier Jahre alt, den Verbrennungstod. Die Kinder hatten, während sie ohne elterliche Aufsicht gewesen waren, mit einer Petroleumkanne gespielt, mit der sie einem kleineren eisernen Ofen, einer sogenannten Kanone, zu nahe gekommen waren. Die Kanne explodierte, und ein Flammenstrom ergoß sich über die beiden aufschreienden Kinder, die fürchterliche Brandwunden am ganzen Körper erlitten. Nach etwa fünfstündigen Schmerzens lager starben beide Knaben kurz hintereinander. Zittau. Wie verlautet, soll der frühere Prokurist der Mechanischen Weberei, Dohnal, verhaftet worden sein. Er soll 135000 Mk. veruntreut haben. Meißen. Eine Lohnbewegung ist in der hiesigen Ofenindustrie, bekanntlich einem wichtigen Zentrum der deutschen Ofenbranche, im Gange. Sie geht vom Fabrikarbeiterverbande aus, der auf die gestiegenen Lebensmittelpreise verweisend, den Tarif gekündigt hat. Die Arbeitgeber verhielten sich bisher den Forderungen gegen über ablehnend. Die Arbeiter beschlossen, daß Gcwerbegericht als Einigungsamt anzurufen. Döbeln. Mit einem Betrage von 300 M. den er auf der Post einzahlen sollte, ist am 4. d. M. der 17 jährige Lehrling eines Zigarrenfabrikkontors in Döbeln, der Sohn eines dortigen Beamten, flüchtig geworden. Von Dresden aus telegraphierte er seinem Lehrherrn, daß er nicht wiederkommen werde. Der unterschlagene Betrag ist vom Vater de« eichtsinnigen Burschen gedeckt worden. Borna. Zu einer Messerstecherei kam e« in Blumroda zwischen einem deutschen und einem italienischen Bergarbeiter, die in Streit geraten waren. Letzterer brachte dem Deutschen gefährliche Stiche bei, so daß dieser in» Krankenhaus gebracht werden mußte. Der Italiener floh, wurde aber bald verhaftet. Der Deutsche machte vom Messer keinen Gebrauch. Stauchitz. Der Kantor Hofmann in Bloßwitz ist einstweilen seines Dienstes enthoben worden. Es haben sich Unregelmäßigkeiten in der Konfirmandenkasse ergeben. Der fehlende getrog wurde von anderer Seite ersetzt. Oschatz. In einer Feldscheune des Guts besitzers Schreiber in Nieder-Gesseln wurde der Arbeiter Krupp aus Sitzenroda tot ausgefunden Man nimmt an, daß der Tote schon vor ängerer Zeit in der Scheune erfroren ist. Die Leiche war bereits in Verwesung übergegangen und von Krähen angehackt. Sie wurde nach der Leichenhalle in Mügeln gebracht. Leipzig. Der Schlaffer Otto, der im April vorigen Jahres seine Ehefrau mit dem Beile erschlug und auf deren vermeintlichen Liebhaber, den Schlaffer Nägler, einen Mord versuch verübte, ist als geisteskrank erklärt worden. Es ist nunmehr erwiesen, daß er die Bluttat im Zustande geistiger Umnachtung verübt hat, er ist bereits einer LandeSirren- anstalt überwiesen und das Strafverfahren gegen ihn ist eingestellt worden. Bösdorf. Einem Rauchwarenfärbereibefitzer waren 30 Stück wertvolle sibirische RotsuchS- elle, über 1000 M. wert, gestohlen worden. Zehn dieser Felle wurden wiedererlangt. Inter dem Verdachte des Diebstahls wurde ein junger Bursche aus Kotzschbar dem Gericht u Zwenckau zugeführt. Pegau. Veranlaßt durch den Boykott der Sozialdemokraten beabsichtigen die hiesigen Geschäftsleute, eine Interessengemeinschaft zu gründen. Auch soll eine gemeintliche Be teuerung der Konsumvereine angestrebt werden. Aue. Wie berichtet, war von Aue der Malermeister E- mit einer Frau W., welcht ihm in spiritistischen Sitzungen des öfteren als Medium diente, durchgebrannt. Jetzt hat da« saubere Pärchen ein Lebenszeichen von sich ge geben und zwar aus Aewyork, woselbst E. bei einem Malermeister Stellung gefunden hat. Die treulose Frau hat in dem Schreiben die Bitte ausgedrückt, ihr ihre Kinder in da» „Land der Freiheit" nachzusenden. Dieser Wuusch wird ihr natürlich nicht erfüllt werden. WeigS darf. Beim Zerteilen eines ge schlachteten Schweines rutschte der Fleischer- geselle Ernst Offermann in Weigsdorf mit dem scharfen Fleischermesser ab, und diese» fuhr ihm mit solcher Gewalt in den rechten Ober schenkel, daß er zu Boden sank; das Messer hatte die Schlagader durchschnitten. Offermann starb nach kurzer Zeit. Der Verunglückte war erst im vorigen Herbst von Militär nach Hause gekommen; er hatte beim Husaren regiment in Großenhain gedient. Plauen t. V. Am Dienstag früh stürzte sich die aus Stünz gebürtige Verkäuferin Frieda Zschau, die in einem Leipziger Geschäfte tätig war, von einem Hause auf die Straße herab. Sie blieb mit zerschmetterten Gliedern auf der Straße tot liegen. Markneukirchen. In der bekannten strittigen Eisenbahnbau-Angelegenheit haben die städtischen Kollegien nunmehr beschlossen, zu den bisher gebrachten Opfern noch ein solches von 30000 M. zu leisten. Angesichts dieses neuen erheblichen Opfers, welches die Stadt bringt, und das weit über ihre Verpflichtungen hinaus geht, hofft man, daß Finanzministerium werde nunmehr die schleunige Fortführung des Bahn baues anordnen.