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Vie „Gtlendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Lonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „öpiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahm« »sn Inserat« bi» »»»mittag w Uhr. Inserate werden mit ;v p für di» Spaltzetl« berechne LabellarischeriSatz nach besonderem Tarif Druck und Verlag vv». ^ermann Rüdt« in GroA-GkriLu. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühls in Groß-Dkrilla No. ^0. Mittwoch, den 3. April 1907. 6. Jahrgang. Schuldirektor Endler. Besser Wassernot im manns Sachen. der eine dies den hier wandte Leibesübungen in freier Luft körperlichen Erziehung der Jugend wesentlich höhere Beachtung schenken, als bis jetzt der Fall ist. Bisher ist in Schulen meistens nur durch Turnen und Volks- und Jugendspiele. EinsichtSvoolle deutsche Männer haben schon vor vielen Jahren eingesehen, daß das heutige Kulturleben und die Schnelllebigkeit unserer Zeit in unserm Volksleben einen wesentlich höhern Krastverbrauch zur Folge haben als früher, denn unbedingt Maßnahmen zu neuer Krasterzeugung entgegengestellt werden müssen, wenn nicht im Haushalte der Volkskraft das Gleichgewicht mit der Zeit zerstört werden soll- Diese Männer haben sich zusammengeschlossen zu dem sich über ganz Deutschland und Oesterreich-Ungarn erstreckenden „Verein für Volks- und Jugendspiele". Wie der Name sagt, will man also durch Spiele und ver Lehnr verabredet, die „Käfer-Getreuen" nicht mehr auf dem Schulwege oder im Schul gebäude zu grüßen, resp. ihren Gruß zu er- wiedern. Direktor Käfer ging gegen die Gruß- vcrweigerer vor und beantragte gegen drei von ihnen die Disziplinierung, die auch von der Königlichen Sch'llinspekiion zu Leipzig I aus gesprochen wurde. Die drei Lehrer führten zegen den Entscheid der Königlichen Bezirks- chulinspsktion beim Kultusministerium Be> chwerde durch Rechtsanwalt Dr. Mothes. Außerdem reichten sie noch eine Beschwerde- chrift ein, die über die Amtsführung des Direktors sich beklagte. Jetzt sind nun die ministeriellen Entscheide dem Rate der Stadt Leipzig zugegangen. Beidr Beschwerden sind zurückgewiesen worden. Der Entscheid betreffs ter Grußverweigerung lautet: „Wenn die ge nannten Lehrer einigen ihren älteren Kollegen zugestandenermaßen den üblichen Gruß auch im Schulhause und teilweise sogar in Gegenwart der Schulkinder verweigert haben, so muß hierin ein die Wirksamkeit im Berufe beeinträchtigendes Verhalten im Sinne von H 23 Ziffer 3 Abs. 1 des Gesetzes vom 26. April 1873 erblickt werden, ohne daß es einer Erörterung der Frage bedarf, ob die eben dort zu Absatz 2 unter o und ä aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Zschopau. Ein schwerer Unglücksfakl trug ich im nahen Weißbach zu, Der Geschirr- ührer Schubert vom Einsiedler Brauhaus türzte während der Fahrt von seinem Wagen und erlitt schwere Verletzungen, außerdem hat er die Beine und Arme mehrere Male ge brochen. Das Unglück geschah dadurch, daß die Pferde auf dem Heimwege scheu wurden und auch ein großes Stück führerlos dahinrasten. Schließlich stürzten auch beide Pferde, wovon eins starb. Der bedauernswerte Kutscher lag sie ganze Nacht an der Unfallstelle und wurde rüh von Arbeitern gefunden. Reichenbach i. V. Beim Fensterputzen 'türzte am Karfreitag früh ein Dienstmädchen )rei Stock hoch ab und blieb tot auf dem Trottoirplatten liegen. — Bei der Karfreitagsfeier abends 7 Uhr geriet in der hiesigen katholischen Kapelle durch die niederbrennenden Lichter der künstliche Fels des Grabes Christi in Flammen. Um Beschädigungen des Altars zu verhüten, mußte oforl alles hecuntergerissen werden. Und starkem Wohlbehagen tut, Das tut man nicht vergebens." Der Dichter meint mit Recht, daß Lust am Schaffen und Streben das Kennzeichen der gesunden Jugend ist. Leider ist das frische, fröhliche Mesen zum großen Teil unserer heutigen Jugend verloren gegangen. Die Ursachen davon suchen manche in der zu großen einseitigen Geistesbildung. Sie behaupten, die Kinder seien gezwungen, 20 und noch mehr Stunden in der Schule geistig tätig zu sein, ohne daß man ihnen, mit Ausnahme der einen Turnstunde, einen Ersatz an körp rlicher Uebung gäbe Andere meinen, der Grund lüge an >en Eltern selbst, indem sie ihren Kindern den Alkoholgenuß und das Tabakrauchen ge statten und sie im Begehen geheimer Jugend sünden viel zu wenig kontrollierten. Viele schieben alles auf die moderne nervös machende Zeit. In der Behauptung, daß unserer Jugend die Frische, die urwüchsige Kraft und trotzdem die ihr zukommende Zierde leider mangelt stimmen die meisten Freunde des Vaterlandes über-in. Es muß zugegeben werden, daß der mit dem siebenten Lebensjahre beginnende Schul unterricht für die Gesundheit der Jugend mancherlei Gefahren mit sich bringt. Das Kind, das bis dahin nach Herzenslust im Freien h-rumgetollt ist, wird auf einmal vom Staate gezwungen, jeden Wochentag mehrere Stunden in der schlechten Schulstubenluft zu sitzen, ohne sich groß bewegen zu dürfen. Mit jedem neuen Schuljahre soll es sich in der Schule und zu Hause immermehr geistig an- strengen. Das Stillesitzen aber ist nach den Aussprüchen vieler berühmter Aerzte die er müdendste Körperhaltung. Kein Wunder, wenn den Kindern, wie Prof. Lorenz sagt, das Blut in den Adern schwindet, die Knochen erweicht und zermalmt werden und so die sogenannten Schulkrankheiten wie Kopfschmerz, Kurzsichtigkeit, Verkrümmung der Wirbelsäule, gestörte Ver dauung, Unruhe, Reizbarkeit und verschiedene andere nervöse Uebelstände entstehen. Sie alle werden durch den Mangel an Bewegung hervorgerufen; denn nur durch kräftige Be wegung kann der Blutlauf flott erhalten und die Blutbildung gefördert werden. Der schwedische Arzt Axel Key hat durch vieljährige tatistische Untersuchungen festgestellt, daß nach einjährigen Schulbesuch jedes 13., nach zwei- ährigem jedes 6.-7. und nach dreijährigem edes 5. Kind blutarm wird. Die Deutschen Aerzte bestätigen nach zahlreichen Untersuchungen daß mit den zunehmenden Schuljahren die Blutarmut immer größer und andere gesund heitliche Schäden immer häufiger werden. Man sehe sich daraufhin einmal unsere hiesigen Schulkinder, besonders die Mädchen an, und man wird zu derselben Ueberzeugung kommen. Nun müssen wir aber an der jetzigen Stundenzahl unbedingt festhalten, da unsere Kinder nach dem für einfache Volksschulen vorgeschriebenen Lehrplane unterrichtet werden und wir die Bildungshöhe unter keinen Um ständen herabsetzen wollen. Wir müssen viel mehr entschieden darauf zukommen, unsern Schülern noch mehr Unterrichtsstunden zu geben. Wie sollen wir dann aber der Jugend helfen können. Mit Waldschulen, Land erziehungsheimen u. s. w. ist nur wenigen ge holfen, denn derartige Einrichtungen kommen nicht fü> das ganze Volk in Betracht. Nein, wir müßen Maßnahmen treffin, die in allen Gemeinden, in allen Schulen angewendet werden können, um die erwähnten Schäden aus dem Wege zu räumen Ein solches Allheilmittel ist der Turnunterricht. Er besteht schon lange Zeit in unserer Schule für die Knaben. Nur die Mädchen, die ihn noch viel notwendiger als die Knaben gebrauchen könnten, müssen ihn leider noch immer ver missen. Hoffentlich kommt bald die Zeit, in der man die Mädchen den Knaben gegenüber nicht mehr so zurücksetzt. (Fortsetzung folgt.) Oertliches und Sächsisches. Vtlcndorf-Gkrilla, den r. April 1907. —* Bauernregeln für den Monat Aprck. Bleibt der April recht sonnig warm, macht es den Bauer auch nicht arm. — Gedeiht die Schnecke und die Nessel, füllt sich Speicher und Fässel. — Der April kann rasen, nur der Mat halt Maßen. — Ist der April sehr trocken, geht dann der Sommer nicht aus Socken. — Frösche zu Anfang April, bringt den Teufel ins Spiel. — Wenn die Gras mücken fleißig singen, werden sie zeitig Lenz uns bringen. — Bauen im April schon die Schwalben, gibt» viel Futter, Korn und Kalben. — Gras, das im April wächst, steht im Mai fest. — Wenn der April bläst rauh in» Horn, steht eö gut mit Heu und Korn. — So lange die Flösche vor Markus (25.) geigen, so lange sie nach Markus (25.) schweigen. — De« Aprils Lachen verdirbt des Land- April, als der Mäuse lustiges Spiel. — Ein Wind, der vm Ostern bis Pfingsten regiert, im ganzen Jahr sich wenig verliert. — Heller Mondschein Im April schad't der Blüte gar viel. — Mailäfcr, die im April schon schwirren, müssen dann im Mai erfrieren. —- April Regen bringt uns Segen. — Es ist kein April io gut, er graupelt dem Bauer auf den Hut. April dürre macht die Hoffnung irre. — Jetzt muß der Hollunder sprossen, sonst wird des Bauer« Mien verdrossen. — Dürrer April ist nicht des Bauers Will'; April naß, füllt Scheuer und Faß. — Kommt Aprilsturm schon beizeiten, ist das Ende wohl zu l-iden. — Bringt der April viel Regen, so deutet das Sus Segen. — Je früher im April der Schlehdorn biüht, desto früher der Schnitter zur Ernt» zieht. —* Der Sonntag, den 7. April von Dre»den, Hauptbahnhof, nach Leipzig ver kehrende SoNdrrzug zu ermäßigten Preisen bietet «ine günstige Gelegenheit zum Besuch der Leipziger Ostermeß«. Dieser Zug wird den Hauplbahnhof (Nordhalle) voimitiag» 5 Uhr 30 Min. Dresden, Wettinerstraße, 5 Uhr 35 Min., Dresden-Neustadt 5 Uhr 40 Min. Verlaßen und 8 Uhr l2 Min. in Leipzig, Dresdner Bahnhof eintceffen. Die Rückfahrt des SonderzugeS von Leipzig, Dresdner Bahnhof erfolgt abends 11 Uhr 35 Min. und di- Ankunsl aus hiesigem Hauptbahnhofe (Süd- Halle) 2 Uhr 5 Min. nachts. Die Fahrkarten preise für Hin- und Rückfahrt stellen sich ab Dresden 2. Klasie auf 7,50 Mk., 3 Klaße aus 4,90 Mk. Die Fahrkarten gelten zur Rück fahrt am ersten Tage nur im Sonderzug. oder vom 8. April bis mit 16. April mit ge wöhnlichen Personenzügcn. Freigepäck wird nicht gewährt. Die Benutzung der Schnellzüge Mr Rückreise ist selbst gegen Lösung von Zuschlagskarten nicht gestattet; ebenso ist die Fahrtunterbrechung nicht zulässig. Der Verkauf der Fahrkarten beginnt Freitag, den 5. April und wird Sonnabend den 6. Apri abend» 9 Uhr, geschloßen. Dresden. Als am Donnerstag vormittag II Uhr ein vierjähriger Knabe aus einem im dritten Stockwerk befindlichen Kammerfenster dem Spiel anderer Kinder zusah, verlor er lpötzlich das Gleichgewicht, stürzte in den Hof oft auch nur in sehr stiefmütterlicher Weise der Körper geübt worden. Soll eö denn aber auch durch Spiele ia freier Luft möglich sein, den Körper zu erziehen? Diese Frage soll in folgendem ausführlich beantwortet werden. Der deutsche Dichter Heinrich Voß rief einst aus: „Gesund an Leib und Seele sein, Das ist der Quell des Lebens, Es strömet Lust durch Mark und Bein, Die Lust des tapfern Strebens, Was man mit frischem Herzensblut und von da die zum Waschhause führende Freitreppe hinab. Der Kleine wurde sogleich in die Diakonissenanstalt übergeführt, in der er kurze Zeit darauf seinen schweren Ver letzungen erlag. Zittau. In der Zieg<lei des Baumeisters Fritsche in Zittau war der 30jährige, in Bertsdorf wohnhafte Zimmermann Tannert mit der Reparatur des Fahrstuhls beschäftigt. Durch einen noch nicht aufgeklärten Umstand etzte sich der Fahrstuhl in Bewegung. Tannert konnte sich nicht mehr retten und wurde im Fahrstuhlschachte erdrückt. Der Tod trat sofort ein Waldkirchen b. Augustusburg. Ein rälsel- jaster Fund wurde im niederen Teile von Waldkirchen bei Augustusburg gemacht. In einem ziemlich waßerleeren Graben am Dors- bache sanden spielende Kinder den Kopf eines Kindes. Da tm vorigen Jahre dort das etwa weijährige Mädchen Gläser verschwand, so vird dieser Fund hiermit in Verbindung ge- wacht. Die Untersuchung ist im Gange. Leipzig. In der Holzarbeiterbranche ist der neue Tarif nicht zustande gekommen, Die Aussperrung, von welcher hier voraussichtlich 4500 Arbeitskräfte betroffen werden, ist nun mehr erfolgt. — Ein 20 Jahre alter Arbeiter aus Bad Stöben ward verhaftet. In dessen Filz- chuhen versteckt fand man vier Einhundert marknoten, die er dadurch erlangt haben will, daß er Ungesehener Zeuge eines Einbruchs ge wesen sei, und dann eine Zigarrenkiste gehoben habe, welche die Einbrecher vergraben hätten. Die Kiste habe 600 Mark enthalten. — Traurige Ostcrfeiertage sind der Familie der in L.-Lindenau wohnhaften Formerswitwe Mayer beschieden worden. Am Sonnabend nachmittag in der ersten Stunde wurde in ge nannter Straße der im sechsten Lebensjahre stehende Sohn Hans Walter Mayer beim Ueberschreiten der Fahrbahn von einem Motor wagen der Straßenbahn erfaßt und unter dem Vorderperron liegend, eine Strecke mitgeschleift. Man brachte das tödlich verletzte Kind nach der Wohnung, wo es alsbald starb. Das Kind war plötzlich hinter einem Möbelwagen vor- gekommcn und von dem aus entgegengesetzter Richtung kommenden Wagen umgerannt worden. — Zur Familientragöde in der Dufour- straße. Der Schneider Motschmann aus der Dusourstraße, der vor kurzem aus Gram über den Tod seiner Frau sein sechstägiges Kind durch Revolverschüße tötete und darauf sich selbst zu erschießen versuchte, ist Sonnabend vormittag als geheilt aus dem Krankenhause entlaßen und alsbald der Königlichen Staats anwaltschaft zugesührt worden. —* Müßen Lehrer sich untereinander grüßen? In Leipzig hat der „Fall Käfer" lange Zeil großen Staub aufgewirbelt. Käfer ist Direktor an der VI. Bürgerschule in Leipzig-Gohlis. Er erfreut sich bei einer Anzahl seiner Lehrer, namentlich bei den jüngeren, keiner besonderen Beliebtheit, da er ihnen als zu streng und pedantisch erscheint. Eine Reihe von An klagen wurden von diesen Lehre: n erhoben, die in Zeitungsangriffen ihren öffentlichen Ausdruck fanden. Einige ältere Lehrer aber hielten treu zu ihrem Vorgesetzten. Nun hatten sich die ihrem Direktor feindlich gesinnten schule zu Gttendorf-Okrilla. Obwohl, die Verteilung von Zuckertüten beim Eintritt der Kleinen in die Schule nicht mehr reitzemüss ist, so soll diese Sitte dennoch beibehalten werden. Die Größe der Tüten soll 50 Zentimeter, von der Spitze bis zum Rande gemeßen, betragen. Tüten von anderer Größe werden zurückgewtesen. Ottenäork, den 26. März 1907.