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er kU. Vie „(Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Lonnabend abends. Bezugspreis viertrljährli» , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Annahme uea Inserat« bi, »«mittag z« Uhr.^ Inserate werben mit ;o p, für bi» Spaltzeile berechn», Labellarischv^Satz nach d«s»nb«r»m Laris Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Kandel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode." Druck und Verlag vor. Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla >8 o. aller ein, ile Kev, intet eit !Sden Achsen Kälber mmen c 50 Mk. und hlacht« lewicht Mk. hlachl- gewich '8 bis 3 Mk. 't. neuer 6e bi« Mischer S 1S7 DO lrg -161 ikischer le, pro > schl- he und -142 alter ssiich-c ; netto bkornig - Buch» rdischer >00 kg to ohn -13,23 90 — lt, pro -220 No. 64. Mittwoch, den 29. Mai 1907. 6. Jahrgang. Vertliches und Sächsisches. Vttcndorf-MkrtUa, den 28. Mai M7. D Der Königliche Sächsische Militärverein Oltendorf-Okrilla veranstallete am Sonntag Abend im „Gasthof zum schwarzen Roß" eine nachträgliche Geburtstagsfeier Sr. Maj. des König, anschließend verbunden mit Gesangs« vorlrägen, Deklamationen und Tanz, welche recht gut besucht war. Vor der Bühne war ein einfach, geschmackvolles Blumenarangement «richtet, links davon die Büsten Sr. Mos. des Kaisers und Sr. Mas, des Königs aufgestelli. Dir Festrede hielt Herr Schuldirektor Endler. Sämtliche Darbietungen wurden freundlichst Mit Beifall ausgenommen, ebenfalls verdient die umsichtige Leitung derselben die dankbarste Anerkenung. Im dritten Teile gelangte die humoristisch militärische Ensemble Szene von Oskar Junghähnel „Der verweigerte Kirmes- Uklaub" zur Aufführung, welche dilledantisch- dramatisch nichts zu wünscheu übrig li-ß und allgemeine Heiterkeit erregte. Hervoragend in einer echt militärischen straffen Haltung fiel besonders der Herr Feldwebel auf, das war wirklich militärisch excentrice. Der Herr Unteroffizier hätte sich dementsprechend vor bildlich einer ebensolchen Haltung bedienen sollen, sonst war er im Spiel gut. Der Gefreite und die beiden Rekruten trugen zum Gelingen des Ganzen ihr BesNS bei. Und nun die Hauptperson, der Herr Hauptmann hätte entschieden den Kopf freier halten sollen, störend wirkte daö öftere hin und her laufen, im allgemeinen aber hielt er sich recht tapfer durch sein sicheres Spiel, sodaß die Aufführung glatt von statten ging. Rieke, al» verliebte Köchin war frei und sicher im Spiel, zu schön und schade aber für ihrem Schatz Trömmel, der, wie sie selbst betonte; es recht Hintern Ohren hätte, ob sie ihm auch wirklich so gut war? — Mi! lebhaften Beifall dankte di- Zu hörerschaft den Darstellern. Sodann trat der Tanz in seine Rechte, welchen bis zum Schluß lebhaft gehuldigt wurde. —* Unzulässige Warenproben bet der Post- Versendung. Vielfach werden auf zur Ansicht verlangten Warenproben von den Bestellern handschriftlich Vermerke angebracht, die durch einfache Zahlenangoben die gewünschte Stoff- usw. Menge ersichtlich Machen sollen. Zu dieser Maßnahme glaubt man berechtigt zu sein, weil es im Postgesetz heißt, Nummern, Preise, Angaben bezüglich der Menge, des Maße» und der Ausdehnung können hand schriftlich angebracht werden, diese Bestimmung stndet jedoch nur Anwendung für die erste Persendung, ihrer darf sich also gewissermaßen Nur der Hersteller des Stoffes usw. bedienen. Seitens des zweiten Absenders haben solche Angaben die Eigenschaft einer prrsönlichen Korrespondenz rind werden postseitig als brief liche Mitteilungen angesehen und für unzulässig «rächtet. Dresden, Verschwunden ist seit etwa U> Tagen von hier der bisher an der Land hausstraße wohnende Auktionator Karl Seidel. Man nimmt an, daß Seidel sich wegen ver schiedener strafbarer Vergehen auf der Flucht in« Ausland befindet. Inzwischen ist über das Permägen Seidels der KnnkmS eröffnet worden. — Zum Mord in Zöllmen wird weiter ge weidet: Als Mörder kommt der 1877 in Kaminski, Kreitz Amslockau (Oberfchlesien), ge borene Ober schweizer P-ter Nitzpon in Frage der als Raufbold bekannter Mensch. Am Nachmittag hatte er gefeiert und verlangte an- Üktrunken von dem Besitzer des Freigutes, wo der bedienstet war, 30 Mk. rückständigen Lohn der ihm jedoch verweigert wurde. Daraus zog rr schon sein Dolchmesser, um den Besitzer Herrn Kühl, zu bedrohen. Mit dem Knech Friedricch Bruno Kunath, 1882 in Dölzschen geboren, war Nitzpon verfeindet. Schon am zweiten Pfingstfeiertage stieß letzterer auf dem Steinbacher Tanzboden die Worte aus: „Paßt auf, den „Lanzer" steche ich nächstens nieder!" Ein Mädchen scheint dabei im Spiele zu sein. n der Knechtekammer begann abens alsdann >er Mörder seinen Kollegen zu hänseln, und ls sie handgemein wurden, holte Nitzpon seinen Dolch hinzu und stach auf Kunath blindlings öS. Letzterer erhielt tiefe Stiche in die Seite und brach zusammen. Alle Anwesenden flüchteten vor dem Rasenden. Die herbueilende Magd, sie den Verblutenden verbinden wollte, drohte er niederzustechen, wenn sie dem mit dem 'ode ringenden Manne Helsen würde. Darauf wollte er auf seinem ihm gehörigen Fah-rade luchten, doch hatte man, um das zu ver- sindern, die Gummireifen zerschnitten. Nachts gelang eg, ihn zu fesseln und den sehr starken llenschen an das Dresdner Amtsgericht ein zuliefern. Die Leiche deö ermordeten Kunath wurde nach dem Friedhose in KefselSdorf ge bracht. Königsbrück. Aus dem Gesechtsschießplatz bei Königsbrück hält vom 30 Mai bis mit 10. Juni das Königliche 3. Infanterie-Regiment Nr. 102 täglich von 7 Uhr Vormittag bis 3 Uhr Nachmittags Gruppen- und Abteilungs chießen ab. Radeburg. Zum Besten des Heimatfestes indet hier Mittwoch, den 29. d M. abends 8*/, Uhr im Saale deS Schießhauses ein großes Künstlerkonzert statt, in welchem hervor ragende Künstler aus Leipzig, Solisten des Hewandhausorchesterö, sowie Herr Kapellmeister W. Henze aus Hamburg wirken werden, während der orchestriale Teil von der städtischen Kapelle, hier, unter Leitung ihres Direktors, Herrn Stabstromp-ter a. D. Wachsmuth, aus geführt werden wird. Meißen. Dem einzigen Kinde des Bau meisters Justschen Ehepaar wurde am Sonn abend von einem Güterwagen der Straßenbahn der rechte Fuß oberhalb des Knöchelgelenks vollständig abgeschnitten. Der Knabe soll sich, während der Güterzug gehalten hat, unbemerkt auf die VerbiNdungvstange gesetzt haben, von der er bei Beginn der Fahrt herabgefallsn ist. Meißen' Eine schöne Tat hat am Sonnabend vormittag der RevisionSausseher Blase vom Hauptzollamt Meißen vollbracht. Herr Blase befand sich zwischen 9 und 10 Uhr mit dem Rade auf dem Wege nach der Gävernitzer Heide. Zwischen Ockrilla und der Heide nahm er an dem dortigen, links von der Straße befindlichen Teiche schon aus der Ent fernung einige Kinder wahr, die um Hilf- riefen. Er fuhr hinzu und bemerkte, daß drei Kinder im Wasser veischwunven waren, Ftur von einem tauchten noch Kopf und Hände wiederholt aus. Herr Blase sprang vom Rode, warf den Rock ab und sprang in dle Flut. Er packte schwimmend einen Knaben, den er auf die Schulter nahm. Zurufe der Kinder am Ufer wiesen ihn nach den Stellen hin, wo die anderen unt-rgegangen waren Es gelang dem Retter, mit der noch freien Hand ein zweites der Kinder zu ersoffen und an die Oberfläche zu bringen. Das dritte, mit dem tastenden Fuße aufgespürt, hatte noch so viel Kraft, sich an dem einen Bein des Retters anzuklammern und etwas aufzurichten. Mit dreifacher Last kehrte der Retter ans Ufer zmück, wo es ihm gelang, nach kurzer Zeit die bereits bewußtlosen Kinder wieder ins Leben zurückzurufen, worauf er sie nach Hause brachte. — In der Nacht zum Sonntag ist in unserer Stadt eine Einbrecherbande an der Arbeit gewesen. In derLigarr-nhandlung von Otto Kürschner, Elbstraße, wurde die Laden- kaffe mit ta. 35 Mark Inhalt geraubt, sowie diverse Zigarren und Zigaretten, im Nebenladen dem Herren-Konfektions-G>schäft von Wilhelm Richter 10 Mk. Wechselgeld, sowie neue An züge resp. Paletots. Den drillen Besuch haben die Dube der Eisenhandlung von Wilhelm Gänzel, Neugaffe, abgestottet und dort die Ladenkaffe erbrochen und 4,91 M. entwendet- In allen drei Geschäften haben sie den Eingang von hinten genommen und nach Wegsprengung der Vorlegschlöffer mittels Nachschlüssel die betreffenden Räume geöffnet. Vermutlich sind alle drei Einbrüche von ein und derselben Diebesbande ausgeführt. Chemnitz. Beim Baue eines Taubenhauses stürzte ein 40 Jahre aller Zimmermann mit der umkippenden Leiter 5 Meter hoch herab auf den Boden. Er starb alsbald an einer schweren Verletzung der Wirbelsäule. Geyer. Durch einen Haushahn ist hier -in Kind fast um ein Auge gekommen. Das Tier flog dem Kinde auf den Kopf und Hackle ihm ein Stück Fleisch unterhalb des Auges aus der Wange. Erst hinzukommenden er wachsenen Personen gelang es, das Tier zu verscheuchen. Werdau. Seit einer Woche wurde die in einem Hause an der Reichenbacher Straße wohnhafte 74 Jah-e alte unverheirakte Auf wärterin Wilhelmine Zschendelein vermißt, was aber im allgemeinen nicht weiter ausfiel, da man der Meinung war, daß die Frau verreist sei. Schließlich machte man sich über das lange Ausbleiben der Greisin Gedanken und ließ deshalb die verschlossene Wohnung seitens der Polizei öffnen. Hier fand man nun den bereits in Verwesung übergegangenen Leichnam der Vermißten vor dem Bette liegen. Ein Herzschlag hatte dem Leben der alten Frau ein jähes Ende bereite. Reuth. Ueberfahren und getötet wurde hier das zweijährige Söhnchen eines hiesigen Webers. In dem Augenblick, als ein Milchwagen an dem Kinderwagen vorüberfuhr, richtete sich das Kind aus stürzte aus dem Wagen und kam unter die Räder. Zwickau. Beim Spielen mit einer Pistole schoß der Sohn des Arztes Dr. Kietz in Kirchberg bei Zwickau den gerade vorüber- sahrenden Handlungsgehilfen Günther aus Culitzsch eine Kugel in den Kops. Der schwer Verletzte wurde in das Königliche Krankensttft Zwickau gebracht, wo er bald nach der Ein lieferung verstarb. — Der Rat der Stadt hat vom Schlacht- hossdtrektor ein Gutachten darüber eingefordert ob und wie eS möglich sei, Schweine für die Stadt unmittelbar vom Züchter zu kaufen, sie aus Rechnung der Stadt zu schlachten und das Fleisch an die ärmere Bevölkerung abzugeben. Bad Elster. Die Abbruchsarbeiten de« abgebrannten Hotels „Wettiner Hof" sind wieder eingestellt worden, da der Riesenbau noch keinem Baumeister übertragen worden ist. Seitens der Leipziger Feuerversicherungsanstall ist ein Inspektor aus Berlin als Taxator mit der Schätzung der abgebrannten 9 verbrannten Objekte beschäftigt. Nus der Woche. Im neugeschaffenen deutschen Reichskolonial- amt herrscht seit Eintritt des Staatssekretärs Dernburg fieberhafte Tätigkeit. Eine Anzahl notwendiger Arbeiten soll noch erledigt werden, eh- der neue Minister nach Ostafrika fährt- Die Arbeit ist doppelt notwendig, da auch der UnterstaatSsekretäe v. Lindequist, der frühere Gouverneur Deutsch-Südwestafrikas, an seinen Wirkungskreis zurückkehrt, um den an seiner Stelle neuernanuten Gouverneur v. Schuckmann in den Gang der Geschäfte einzuweihen. Die ersten Stellen des neuen Ministeriums werden also monatelang verwaist sein. Das hindert nicht, daß das deutsche Volk, das ganz plötzlich durch die Debatten im Reichstage und durch die Neuwahlen zum Volksparlament mit seinen Kolonien in Verbindung getreten ist, auf das Reickskolonialamt große Hoffnungen setzt. Nich kriegerischer Mochtentfaltung soll es ja geweiht sein, sondern friedlichem Wettbewerb. Frieden, Frieden! Immer wieder sind diese Worte Gegenstand von Leitartikeln und Diplomaten- reden. Auch der preuß. Kriegsminister, der in Jüterbog den Artillerieschießplatz besichtigte, hat rort geäußert: „Ich werde bestimmt die Probe m Ernstfälle nicht mehr erleben und glaube nie und nimmer an einen baldigen Krieg. An« greifen wird man uns sicherlich nicht, und warum sollten wir wohl loSschlagen?" hoffentlich erweist sich diese Zuversicht de» kriegsministeriums als berechtigt. — In Oesterreich-Ungarn haben die Stichwahlen zum Reichsrat den Sozialdemokraten einen weiteren Erfolg gebracht. Sie werden in einer Stärke von über 80 Mann in das neue Parlament das seine Sitzungen in den ersten Junilagen aufnimmt, einzichen. Wird eS dem Volke falten, was man sehnsüchtig von der Volks vertretung des allgemeinen Wahlrechts erwartet? Oder sollen jene Bauern in Galizien recht be halten, die in der Hauptwahl und in der Stich wahl den Kaiser Franz Joseph wählten, well er der einzige Kandidat sei, der seine Ver- prechungen halte? — Die französische Regierung sie aus den Kammcrdebatten der Pfingstwoche wch mit leidlichem Ansehen hervorgegangen ist, >at mit neuen unerwarteten Schwierigkeiten zu ämpfen. In Südfrankreich ist ein Winzer aufstand ausgebrochen, der täglich wächst und bedrohlicher wird. Die Weinbauern sind dort in großer Notlage, weil sie mit ihren Natur weinen den durch das Gesetz nicht verbotenen Weinpantschereien keinen erfolgreichen Wett- rewerb bieten können. Sie haben die Steuer zahlung verweigert und mit Polizei und Militär rereits blutige Zusammenstöße gehabt. Wieder muß die Regierung in aller Hast eine Gesetzes vorlage schaffen, die die ärgsten Mißstände be- eitigt und es scheint fast, daß die Gegner der Regierung recht haben, die behaupten, das Kabinett Clemenceau sei verurteilt, fortwährend „Flickarbeit" zu leisten. — In einer be achtenswerten Rede wandte sich der englische kriegsminister Haldane gegen die Zeitungen, die gewerbsmäßig eine Verhetzung Deutschlands und Englands betreiben. Mit Recht wie- er darauf hin, daß dieselben Blätter, die heute unaufhörlich gegen Deutschland putschen, vor einigen Jahren (gelegentlich des Dreysusskandal») England zum Krieg« mit Frankreich treiben, wollten. Ob freilich die ernsten Worte deS Ministers etwas fruchten werden, muß dahin gestellt bleiben. Deutschland als Prügelknabe m benutzen, ist jenseits des Kanals wie jenseits der Vogesen schon zu einer zu lieben Gewohnheit geworden, als daß sie sich so leicht aufgeben ließe. — Aus dem Zarenpalast kamen in den letzten Lagen aufregende Nachrichten. Dort ist man einer weitverzweigten Verschwörung auf die Spur gekommen, die sich gegen den Zaren und seinen Sohn, sowie gegen den Minister präsidenten Stolyphin und den Großfürsten Michael richtete. Wie durch ein Wunder ward der Zar gerettet; denn in seiner unmittelbaren Umgebung hatten sich schon 36 Verschwör»! eingenistet. — In Marokko scheinen die Dinge noch immer unverändert schlimm zu stehen, wenngleich man die aus französischen Quellen stammenden Nachrichten über Gewaltmaßregeln der Eingeborenen gegen die Europäer mit äußerster Vorsicht aufnehmen muß. Wenn nicht alles trügt, so bereitet Frankreich gegen Marrakesch, wo seine Interessen angeblich aber mals verletzt worden sind, eine gleiche Expedition vor, wie gegen Udjtda, wo es sich häuslich niedergelaffen hat. — In Indien sieht sich die englische Regierung vor eine schwere Aufgabe gestellt. Wider Erwarten hat der bengalische Aufstand an Ausdehnung gewonnen und man spricht allgemein von einem Vernichtungskriege der Inder gegen die Engländer. Wenn sich die englisch-indische Regierung nicht zu Zuge ständnissen an die Eingeborenen entschließt, so dürften aus dem indischen Kaiserreich, der stärksten Stütze englischer Macht, bald die Flammen die Aufruhrs emporlodern, denn der Inder glaubt seinen uralten Weisen, nach denen ihm gesagt wird: „Wo Gesittung, da gibt «S keine Raffen, kämpfe aber alleweile ohne Rücksicht für deine Raffe und jür deinen Besitz."