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Oi «Gttendirfer Zeitung" erscheint tiicistag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen l,20 Mark. Lokalzeitung für dis Ortschaften GtLendorf-Okrilla mit Alorrtzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Untsrhaimngsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Aunahm« »su Inserat« bt« »»»mittag i» Uhr, Jnssrat« werden mit >0 Pf für di« Spaltz«il« b«rechn«t Tabellarischer Satz nach besonderem Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für di« Redaktion verantwortlich Hermann Rühls in <öroß-Vkrilla Sonntag den l3. Oktober 1907. No. 123. 6. Jahrgang. Ausfüllung der Hauslisten betr. Nachdem die Behändigung der Hautzlistensormulare für die Einschätzung zur nächstjährigen TtaatSeinkomm nsteuer im hiesigen Orte beendet ist, werden die Hausbesitzer bez. deren Stell vertreter hiermit ausgefordert, die HauSlisten nach Massgabe cler auf denselben ab- grckruckten KeKimmungen auszufüll-n und spätestens bis zum 20. Oktober dieses Jahres entweder persönlich oder durch solche Personen im hiesigen Gemeindeamt abzugeben' die über etwa noch fehlende Angaben erschöpfende Auskunft erteilen können. Die Ausfüllung der HauSlisten hat nach dem Stande NN 12. Oktober dieses Jahres ju geschehen. Diejenigen Hausbesitzer bezw. deren Stellvertreter, die nach Ablauf der obengenannten Einreichungsfrist die Hauslisten noch nicht abgegeben haben, sind nach tz 71 des Einkommen sleuer-Gesetzes in Strafe zu nehmen. Ottenäors-h4srttLäorb am 10. Oktober 1907. . Der Gemeindevorstand. Seitliches und Sächsisches. Vttcndorf-Dkrilla, den >2. Gktober M7. —* Zu den Feinden der Gesundheit, die viel mehr gefürchtet werden, als nötig ist, ge hört auch das trübe, nebelige Welter. Wir fühlen UNS bei Nebel allerdings nicht so recht behaglich. Die Ausdünstung wird bei solcher Witterung stark vermindert, da unsere Haut keine Muße hat, neben der Tätigkeit der Wäceabgabe auch noch etwas anderes zu gleicher Zeit zu vollbringen. Das sind freilich «lies unangenehme Sache, jedoch so schlimm, daß wir uns davor nicht schützen könnten, sind sie noch lange nicht. Wer sich daran gewöhnt, in kräftigem Schritt auch durch den Nebel zu gehen, der wird bald fühlen, Ivie der Körper di« schädlichen Einflüße desselben gar nicht Mehr empfindet. Leute dagegen, die sich ängstlich in ihre vier Wände verkriegen, be kommen beim geringsten Welterumschlag Er kältungen aller Art. Die Atmungsorgane haben zwar größere Anstrengungen vonnöten, Um gegen den Herbstnebel anzukämpsen, aber das tiefe Luftschöpfen bietet ja gerade große hygienische Voiteile für die Lunge, sowie für die Erneuerung der Lebenssäfte. Wohl empfinden wir jetzt nicht die Freude am Spazierengehen wie an klaren, Hellen Tagen; denn da» düstere in der Natur übt unwillkürlich ltUs die Seele seine beeinflußende Wirkung aus wir geraten leicht in melancholische Grübeleien Allein über derartige Stimmungen muß man Herr sein. Wer dir Herbstnebcl, die wie Elfenschleier über der Wiese liegen, mit Poetischen Gedanken betrachtet, der wird die feine Schönheit dieser au» Siib.rfädcn und Ungewißen Schattierungen gewebten zarten Gebilde bewundern und Sagen vom Erlkönig Und anderen fallen ihm ein, während er immer weiter schreitet mitten durch den Herbstnebel hindurch. —* Der Eisenbahnverkehr von und nach Oesterreich erleidet infolge der passiven Resistenz der österreichischen Eisenbahner an her sächsischen Grenze mannigfache Ver- iögerungen. Wie mitgeteilt wird, ist in Tetschen und Bodenbach der Anschluß der Ptrsonenzüge besonders in der Richtung nach Oesterreich bisher notdürftig aufrecht erhallen worden. In der Richtung nach Sachen warten die Anschlußzüge der sächsischen Staatsbahnen die Ankunft der österreichischen Züge ab, wenn deren Eintreffen bis zur fahrplanmäßigen Abfahrtszeit der sächsischen Züge zu erwarten ficht. Der Uebcrgang der Durchgangswag.n Wird besonders in Tetschen in der Regel möglich sein. Dresden. Entsprungen ist am Donnerstag »bind aus dem Landgerichtsgebäude ein von Freiberg eingeliescrter Gelungener. Derselbe sollte in einer sogenannten Perwahrungszelle dem Staatsanwalt vorgcführt werden Der Au-reißer konnte noch nicht wieder eingefangen werden. — In letzter Zeit, hauptsächlich in den Abend- tunden, sind hier zwei unbekannte Betrüger ausgetreten, welche hauptsächlich Geschäfte schädigen, in denen weibliche Personen bedienen. Einer der Unbekannten kommt gewöhnlich in den Luden, kaust eine Kleinigkeit und gibt ein größeres Geldstück in Zahlung. Vor Heraus gabe des Geldes bezahlt er jedoch mit dem -ntsprechenden Geldbeträge, läßt sich aber trotz dem das größere Geldstück wechseln. Während des Wechselgeschäfts kommt der andere Un bekannte dazu, lenkt die Aufmerksamkeit der bedienenden Frauensperson aus einen anderen Gegenstand, während der erstere das erhaltene Kleingeld mit dem größeren Geldstück einsteckt und verschwindet. — Der Stadtrat zu Dresden hat den in Blasewitz, Tolkewitz und Laubegast wohnenden Straßenbahnern aufgegeben, am 1. April ihren Wohnsitz im Stadtgebiet zu nehmen. Der Gemeinderat von Blasewitz hat infolgedessen den Beschluß gefaßt, die dort angestellten Lehrer, die aber in Dresden wohnen, zu ver anlaßen, ihren Wohnsitz nunmehr möglichst in Blasewitz zu nehmen. - - Die Badegäste des bekannten Bilz'schen Naturheilbades in der Lößnitz veranstalteten am Freitag Abend in Meinholds Sälen eine Protestversammlung weil, die Amtshaupt- mannschast die Schließung des Familienbades an Sonn« und Festtagen angeordnet hatte. In einer Resolution wurde gegen die behördliche Anordnung protestiert und derln Zurücknahme gefordert. — Der Neubau der Augustusbrücke mit 9 Oeffnungen hat nun auch die Genehmigung bes Finanzministeriums gefunden, und zwar unter der Bedingung, daß zur Erweiterung des Flutquerschnittes der rechtsufrige gepflasterte Uferleitdamm auf Kosten der Stadt um sieben Meter landeinwärts verschoben wird- Liegau. Eine trübe Erfahrung mußte am Sonntag bei der hier stattfindenden Kirmes- feier die Bedienung eines hiesigen Restaurants machen. Indem ein fein gekleideter Gast sich durch Speise und Trank gelabt hatte, gab er als Zahlung eines 20 Mart Stückes einen neuen Zweipfenniger hin. Derselbe wurde nichts ahnend von der Bedienung gewechselt, wo sich jedoch am Abend bei Abrechnung der Schaden herausstellte. Radeberg. Durch die Unsitte mancher Geschirrsührer ohne Licht zu fahren, konnte am Dienstag abend auf der Leppersdorfer Straße Herrn Dr Kirchner leicht ein größeres Unglück passieren. Herr Dr. Kirchner kam am ge nannten Abend mit seinem hell erleuchteten Motorrad auf der vorschriftsmäßigen Seite ge fahren, als er plötzlich mit einen nicht er leuchteten Ziegelwagen zusammenstieß. Nur einem glücklichen Zufall ist es zu danken, daß Herr Kirchner selbst ohne Schaden davonkam. Sein Motorrad erlitt allerdings erhebliche Defekte. — Dies ist wieder ein Beweis, daß derartige Unglücke nur durch arge Nachlässigkeit der Wagenführ«! herbeigesührt werden. Wilsdruff. Die Einfühlung der revidierten Städ-ordnung und Einsetzung eines juristischen Sladtrats ist von den hiesigen städtischen Be- jörden in Aussicht genommen worden. Brand. Am Mittwoch abend wurde aus Antrag der Königlichen Staatsanwaltschaft Freiberg die bisherige Bezirkshebamme von Brand Frau Kunze verhaftet. Die 62 Jahre alte Frau wohnte im Hause des Bürgermeisters und leistete der Tochter Grete Beier Beihilfe zum Verbrechen gegen das keimende Leben. Frau Kunze wurde, da sie krank ist, nicht'ins Gefängnis, sondern ins Krankenhaus gebracht' Pirna. In der Herrenmühle bei Liebstadt hat sich am Mittwoch ein schwerer Unfall er eignet, der den Tod des im 63. Lebensjahre gehenden Mühlenpächters Traugott Leberecht Tittel zur Folge hatte. Derselbe wollte an der Schrotmühle nachsehen, ob eine tags zuvor eingetretene Betriebsstörung ordnungmäßig be- 'eitigt sei. Dabei hielt er sich wahrscheinlich am Stirnrad an und wurde ins Getriebe ge rißen. Hierbei wurde er tödlich verletzt. Eibau. Ein die hiesige Hauptstraße am Donnerstag Abend nach 7 Uhr passierender Radfahrer rannte den 77 jährigen Hausweber Christoph derart heftig an, daß dieser stürzte, eine klaffende Wunde am Kopfe davontrug und aus Mund und Nass blutete. Der alte Mann 'tarb gegen 11 Uhr abends, ohne das Bewußt em wiedererlangt zu haben. Der unvorsichtige Radler konnte nicht ermittelt werden. Zittau. Am 10. Februar 1903 verschwand plötzlich der im benachbarten Waltersdorf amtierende Pfarrer Agsten, ohne daß jemals wieder etwas von ihm gehört wurde. Jetzt macht nun der Vater des Verschollenen, der in Dresden-Striesen (Bergmannstraße 20) wohnende Oberlehrer i. R- Friedrich Wilhelm Agsten bekannt, daß derjenige 100 Mark Be- ohnung erhält, der ihm bestimmte Angaben über den Verbleib seines Sohnes machen kann. Weißenborn bei Freiberg. Das 2jährige Töchterchen des hiesigen Fleischermeisters Bartzsch rel in einem unbewachten Augenblick in einen Waßcrtrog und ertrank darin. Chemnitz. Bei der Explosion eines Feuerwerkskörpers, mit dem einige Knaben im Stadtteil Bernsdorf spielten, erlitten 4 Knaben im Alter von 8 —11 Jahren schwere Brand wunden im Gesicht und Armen. Leipzig. Nach einem Stadtverordneten beschlusse ist jetzt das Spielenlaßen von Grammophonen, Phonographen und ähnlichen Apparaten bei offenen Fenstern, auf der Straße oder an Orten, von wo aus es auf der Straße in überlauter Weise hörbar ist, sowie das an haltende Klavierspielen bei offenen Fenster ver boten. Ausnahmen sollen nur noch mit be sonderer Genehmigung des Rates zulässig sein, wenn durch das Spielenlaßen Reklame für die betreffenden Apparate gemacht werden soll. — Am Donnerstag Abend stritten sich in Plagwitz zwei galizische Arbeiter um ein Mädchen. Der eine zog sein Meßer und stach seinen Freund in die Brust. In bewußtlosem Zustande wurde der Schwerverletzte nach dem Krankenhause geschafft, wo er hoffnungslos darnisderliegt. — Ein Unfall, der sehr leicht verhängnisvoll werden konnte, aber noch glücklich ablief, er eignete sich am Uebergange der Magdeburger Bahn in der Lindenthaler Straße in L.-Gohlis. Daselbst durchbrach ein Motorwagen der Straßenbahn die wegen eines nahenden Güterzuges geschloßene Schranke. Dadurch, daß der Bahnwärter mit großer Geistes gegenwart die andere Schranke schnell öffnete, so daß der Wagen durchfahren konnte, wurde ein Unglück verhütet. — Im Hochverratsprozcß gegen den sozial demokratischen Rechtsanwalt Dr. Liebknecht vor dem Reichsgericht beantragte Oberreichsanwalt Dr. Olshausen gegen den Angeklagten wegen Vorbereitung zum Hochverrat 2 Jahre Zucht haus, weil die Veröffentlichung des Angeklagten aus ehrloser Gesinnung herrühre, ferner Ver ¬ lust der bürgerlichen Ehrenrechte auf 5 Jahre Unbrauchbarmachung der Schrift „Militarismus und Antimilitarismus" und die sofortige Ver haftung des Angeklagten, falls das Gericht eine schwere Strafe erkennen sollte. Die Ver handlung am Freitag dauerte bis abends acht Uhr, die Urteilsverkündung wurde auf heute Sonnabend, vormittag 11 Uhr angesetzt. — Eine 63 jährige schwerhörige Klempner meisters Ehefrau von hier überhörte das Hupensignal eines Automobils und wurde von den Kraftwagen überfahren. Sie erlitt einen schweren Schädelbruch sowie mehrere Knochen brüche, so daß sie alsbald im Krankenhaus verstarb. H ohenstein-Ernstthal. In einem Tob suchtsanfall zerschlug die Frau eines Monteurs plötzlich alle Wirtschaftsgegenstände und begoß sich dann mit Petroleum. Von letzterem trank sie auch ein beträchtliches Quantum. Schließlich wollte sie das Petroleum anzünden und sich so verbrennen. Auf die Hilferufe der Kinder eilten Hausbewohner herbei und vereitelten den grausigen Selbstmord. Werdau. Ein größeres Schadenfeuer wurde am Donnerstag Abend in unserer Stadt bemerkt. Auf dem Güterbahnhof war jedenfalls durch Selbstentzündung oder Funken- flug einer Lokomotive ein Eisenbahnwagen mit Heu in Brand geraten. Der Brand teilte sich alsbald einem andern Waggon mit einer Baumwollsendung sowie dem Dache des Güterschuppengebäudcs mit. Durch Isolierung der brennenden Wagen und dem tatkräftigen Eingreifen der Feuerwehr gelang es schließlich, weiteres Brandunglück zu verhüten. Der Schaden ist trotzdem ein beträchtlicher. Aue. Der Wagenrücker Tröger aus Alberoda, verheiratet und Vater eines Kindes verunglückte Dienstag auf hiesigem Bahnhofe dadurch tödlich, daß er beim Rangieren von einem Bremsknittel gegen die Brust getroffen wurde. Lugau. In die unter dem Schaufenster des Kaufhauses Schocken befindlichen Zuglöcher wurde Petroleum gegoßen und dann ang«- zündet, so daß die daselbst ausgestellten Pelz- und anderen Modewaren verbrannten. Infolge der Hitze zersprang auch noch eine große Fensterscheibe. Limbach. Von einem mit Ziegeln be ladenen Wagen wurde am Freitag Nachmittag um 3 Uhr das Ziehkind Alfred Max Thoma» überfahren. Der Junge, der aus einem Hand wagen gestürzt war, war mit dem Kopfe unter die Räder des Lastwagens geraten, der ihn den Kopf zerquetschte. Zwickau. Zigeuner ließen sich bei einem hiesigen Goldschmied ein Paar goldene Huf eisen, ein Armband und einen Aufsteckkamm zum Preise von 1000 M. fertigen. Penzig. Im Glashüttenwerk Phönix fanden Maßenkündigungen statt. Die Glas macher kündigten, weil die sofortige Lohn erhöhung um 10 Prozent abgeschlagen worden war. Die Leitung kündigte daraui allen andern Arbeitern. Senftenberg. Die von den Agitatoren angefachte böse Leidenschaftlichkeit im Berg arbeiter-Streik hat in Senftenberg nun auch nock ein junges Menschenleben gefordert. Der am Montag von Ausständigen überfallene, schwer mißhandelte und nach dem Krankenhaus überführte Arbeiter Franz Kucza ist infolge der erhaltenen schweren Verletzungen gestorben. Damit ist ein 19 jähriges hoffnungsvolles Leben vernichtet, aber auch den tief zu be dauernden Eltern eine Stütze genommen worden. Gutem Vernehmen nach haben di« Bluttat Ausständige des Werks Meurostolln verübt und sind außer dem bereits verhafteten Arbeiter Kühn aus Hörlitz noch 5 weitere Teilnehmer ermittelt. Die überaus rohe Tat wirft einen dauernden Schandfleck auf den 'Streik, welchen alle Beschönigungen der Agitatoren nicht werden verwischen können.