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IlIU w t'e rfer Zeitung" ^scheint mrustag, Donners ag und Sonnabend abends. Bezugspreis vterteljährlicb I Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. „ Annahme »»« Inserat, ti, »»»mittag i« Uh». Inserat« werden mit m p für dl« Spattz«il« d«r«chn«t Tabellarisch«» Satz nach d,s»nd«rem Tarts Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 57. Sonntag, den 10. Mai 1908. 7. Jahrgang. c 2 M°i> rx. IS«! nis. B hör ist Urrilla- stachnah^ t. Sprtl- Ürill«. pr. ellbar und lampe. U sen Kaffet/ sür 2 Per- Eier usn> Wegesperrung. Der von Cunnensäonk nach der DsUekteNe Lunnersclork führende Kommunikations weg wird in der Flur Cunnersdorf wegen Massenschüttung vom ir. bis mit 16. s^lsi ä. I. sür den öffentlichen Fährverkehr gesperrt. Letzterer wird über Ottendorf verwiesen. Zuwiderhandlungen werden nach tz 1 der Verordnung vom 9. Juli 1872, den Ver kehr auf den öffentlichen Wegen betr., bis zu 30 Mark bestraft. Ounnersäork, am 6. Mai 1908. Stein, Gemeindevorstand. Oertliches und Sächsisches. Mtendorf-Vkrilla, den 9. Mai 190s. —* Am ersten Pfingstfeiertage sind nach 8 8 des Gesetzes vom 10. September 1870 über Sonn-, Fest- und Bußtagfeier in Sachsen öffentliche Versammlungen aller Art, ingleichen Versammlungen der Gemeindevertreter, der Innungen und anderer Genossenschaften, wie auch die öffentlichen Versammlungen solcher religiöser Vereinigungen, die die staatlichen Anerkennung nicht besitzen und die ministerielle Genehmigung zu gemeinsamer öffentlicher Uebung besonderen Kultus nicht erlangt haben, auch wenn diese Versammlungen gottes-' dienstliche Zwecke verfolgen, gänzlich verboten. Am zweiten Feiertage dagegen find Ver sammlungen nach beendigtem Vormittags- gottesdienst gestattet. Weiter sind Tanz belustigungen an öffentlichen Orten,, sowie Privatbälle, auch wenn diese in Privathäusern oder in Räumen geschloffener Gesellschaften abgehalten werden, am ersten Pfingstfeiertage und am vorausgehenden Sonnabend untersagt. 8.L. Krankheit oder Sünde? Tie am 5. Mai vormittags im Vereinshaus zu Dresden abgehaltene öffentliche Haupt-Versammlung des Landesvereins für innere Mission, die aus allen Teilen des Landes sehr zahlreich besucht war, und welcher Vertreter des König!. Kultus ministeriums. des ev. luth. LandeSkonsistoriums Und des Zcntralausschusses für innere Mission beiwohnten, brachte, wie der Vorsitzende. Herr D. Graf Vitzthum einleitend ausführte, diesmal nicht eine Erörterung über eine Einzelarbeit der inneren Mission, sondern eine Aussprache über eine die Gegenwart tief bewegende Welt anschauungsfrage, die Frage, ob die so er schreckend sich häufenden sittlichen Verfehlungen aller Art als Krankheit oder als Sünde an- jusehen seien. Ersteres geschieht vielfach aus dem an sich berechtigten Bestreben heraus, un glückliche Menschen nicht zu hart zu beurteilen, aber in übertriebener Weise und führt in seinen Konsequenzen zur Leugnung aller sittlichen Ver antwortung vor Gott und Menschen. Letzteres wird demgegenüber gern als pharisäisches Richten bezeichnet, das gerade einem Christen übel anstehe. In sehr feiner Abwägung des Für und Wider referierten über die schwierige Frage ein Arzt und ein Geistlicher, die beide durch ihren jahrelangen Dienst an Anstalten für Geisteskranke, bez. Strafgefangene viel Gelegenheit zu eigenen Beobachtungen Studien über diese Frage gehabt haben, Herr Oberarzt Dr. G. Jlberg aus Großschweidnitz bei Löbau und Herr Strafanstaltspfarrer Or. pkii. Jäger aus Amberg in Bayern Ersterer gab ein ausführliches statistisches Material über die Geisteszustände, die bei Selbstmördern, Alkoholikern nnd sexuell Ausschweifenden be obachtet worden sind, und über die Einwirkung namentlich des Alkoholmißbrauchs und der Uu- keuschheit auch auf die körperliche Beschaffenheit der Betreffenden sowohl als auch ihre Nach kommen. Das Resultat seiner Untersuchungen war, daß in den meisten Fällen Krankheit und Sünde so eng verknüpft seien, daß nur eine genaue Prüfung des einzelnen Falles ein ge rechtes Urteil ermögliche. Zu demselben Re sultate kam auf dem Wege mehr prinzipieller Ausführungen, die aber ebenso auf pracktlschen Erfahrungen an mehr als 8000 Strafgefangenen beruhten, der zweite Referent, Pfarrer Jäg"r- Amberg. Nachdrücklich trat er für ein Hand in Handarbeiten des Arztes und des Seelsorgers bei der Behandlung derartiger Personen ein. Vorher hatte die geschloffene Mit liederver- ammlung des Landesvereins staitgefunden bei velcher Besch'üffe über die Verteilung der diesjährigen Bußtagskolb kte (23500 Mk) an die Anstalten und Vereine der Jnneru Mission im Lande und über Aenderungen der VereinS- satzungm gefaßt wurden. Aus letzteren ist hervor zuheben, daß von jetzt an auch Frauen dem Landesverein als Mitglieder beitreten können. — * Das Ministerium des Innern Hot für den Bereich des Königreichs Sachsen die von dem Verein für Walderholungsstättcn in Dresden zugunsten der weiteren Ausgestaltung seiner Wohlfahrtseinrichtungen, insbesondere der Er richtung siner neuen Walderholungsstätte, in diesem Jahre geplante öffentliche Warenveilosung nach Maßgabe des vorgelegten Verlosungsplans und unter der Bedingung genehmigt, daß die Gewinnliste spätestens an demjenigen Tage, an dem der öffentliche Verkauf der Ziehungslisteu beginnt, auch im Dresner Journal und in der Leipziger Zeitung veröffentlicht würde. Dresden. Eine Konferenz der Landes vereine vom Roten Kreuz, wie sie in größeren Zwischenräumen stattzufinden pflegt, tritt in den Tagen vom 25. dis 39. Mm in Dresden zusammen. Am 28., 27. und 28. werden im Saale des Vereinshauses die Verhandlungen der Konferenz, und zwar voraussichtlich in der Zeit von 10 Uhr vormittags bis 3 Uhr nachmittags stattfinden. Am 28. vormittags 11 Uhr findet eine größere Kolonnenübung im Packhof statt unter Leitung des Herrn Generalarztes z. D. Dr. Appel, bei der kombinierte Uebungen zu Lande und zu Wasser vorgeführt werden solleu. — Am 25. Mai mittags 1 Uhr findet aus Anlaß des Geburtstages Sr. Majestät des Königs eine Königsparade auf dem Alaunplaj statt. An ihr nehmen das Kadettenkorps, dm 1. Lsibgrenadierregiment Nr. 100, da» 2. Grenadierregiment Nr. 101, das Infanterie regiment Nr. 177, dos Schützenregiment Nr. 108, die Maschinengewehrabteilung Nr. 12, das 2. Jägerbataillon Nr. 13, das 1. Pionier ¬ bataillon Nr. 12, das Gardereiterregiment, das 1. Feldartillerieregiment Nr. 12, dos 4. Feld artillerieregiment Nr. 48 und das 1. Train bataillon Nr. 12 teil. Der Paradeaufstellung folgen zwei Vorbeimärsche, Auf dem Platze ist Sanitätsdienst vorhanden. Mittwoch, den 13., und Freitag, den 15. Mai, nachmittags 4 Uhr haben die an d r Parade teilnehmenden. MusikkorpS und Spielmannszüge auf dem Alaunplatz zu üben, Freitag, den 22. Mai, nachmittag 4 Uhr findet auf diesem Platz eine Uebung der Musikkorps und Spielmannszüge der an der Parade teilnehmenden Fußtruppen statt. Für Sonnabend, den 23. Mai, vor mittags 9 Uhr ist die Vorparade befohlen. Den Zuschauern werden die Plätze durch den Adjutanten der 32. Kavalleriebrigade, Rittmeister Krauß, angewiesen. Großröhrsdorf. Ein schwerer Unfa ereignete sich am Sonntag nachmittag in der 8. Stuude ans der etwas abschüssigen Dorf- iraße in Großröhrsdorf. Der 21 Jahre alte beiter Otto Albert Höfer aus Dresden hatte men Ausflug mit dem Rade nach Großröhrs- orf unternommen und wohl etwas zu lange Hast gemacht. Dazu mag er so manchen Schoppen geleert haben. In nicht ganz nüchterner Verfassung trat er den Heimweg an und begann übermäßig schnell zu fahren. Auf der Straße stürzte er vom Rade herab und brach das Genick Der Tod muß auf der Stelle eingetreten sein. Bautzen. Der Eintrag in die Liste für aule Schuldner des Vereins Kreditresorm respektive der Antrag auf Eintragung durch ein Mitglied des Vereins ist als Ehrverletzung des eingetragenen Schuldners aufzufaffen, und die Drohung mit dem Antrag zum Zwecke der Erlangung einer Zahlung ist ein Nötigungsversuch — so entschied die erste Strafkammer des hiesigen Landgericht in der Verhandlung gegen den Mechaniker Johann Jakobi in Sebnitz. Dieser hatte eine Forderung an eine Gesellschaft in Kopenhagen. Nach mehrfachen, erfolglosen Mahnungen schrieb er im Februar dieses Jahres an besagte Ge sellschaft einen Brief und drohte ihr, er werde sie, falls Zahlung nicht bald geleistet werde, in die Liste für faule Schuldner des Vereins Kreditreform, dem er als Mitglied angehöre, eintragen lassen. Die Kopenhagener Firma erstattete gegen Jakobi Anzeige wegen ver suchter Erpressung. Es wurde aber nur ver suchte Nötigung als vorliegend erachtet und Jakobi in Rücksicht auf die Milde des Falles zu nur 5 Mark Geldstrafe und den Kosten des Verfahrens verurteilt. Meißen. Ein schwerer Unfall ereignete sich am Dienstag nachmittag in einem Hausgrund stücke an der unteren Elbgaffe. Die Gäste eines dortigen Cafes wurden durch plötzliches Geschrei auf ein im Hause bedienstetes Mädchen aufmerksam, das, zwischen Himmel und Erde schwebend, sich an einer eisernen Vorrichtung festhielt, die zum Wäschetrocknen an einem Fenster des zweiten Stockwerkes angebracht worden ist. Ehe es noch den zu Hilfe eilenden Personen gelang, das in der Gefahr des Abstürzens schwebende Mädchen zu erreichen, stürzte dieses ab zwischen einige im Hofe stehende Fässer. Ein sofort herbei geholter Arzt stellte an der Verunglückten einen Bruch des linken Unterschenkels fest und ordnete ihre Ueberführung in das städtische Krankenhaus an. Noffen. Großen Schaden richtere hier ein Wolkenbruch an, der Mittwoch nachmittag gegen 4 Uhr in der Gegend von Deutschenbora und Hirschfeld niederging. Der durch Eula führende kleine Eulabach schwoll binnen kurzem so an, daß die umliegenden Felder und Wiesen meter hoch unter Wasser standen. In den anliegenden Gütern konnte ost nur mit Mühe das Vieh in Sicherheit gebracht werden. Bei seinem Eintritt in Noffen suchte sich das Wasser einen Weg durch den Seminargarten, überschwemmte diesen vollständig und setzte auch die unteren Räume des nördlichen Seminargebäudes unter Wasser Von hier brach sich das Wasser, Zäune und Mauern mit sich fortreißend, einen Weg nach der Obermühle, wo es die Mahlräume, die Niederlagsräume und die Ställe unter Wasser setzte. Auch die am Mühlgraben liegenden Gärten und Keller^wurden völlig unter Wasser gesetzt. Freiber.g. Im Zirkus E. Blumenfel Witwe, der in den letzten Tagen hier seine Vor stellungen gab, kam eine der drei akrobatischen Tänzerinnen so schwer zu Fall daß sie schwer krank darniederliegt und jedenfalls in mehreren Wochen erst ihre Tätigkeit wieder aufnehmen wird. Frohburg. Beim Kartoffellegen wurde im benachbarten Neukirchen der Schmiedemeister Berger sen. von einem Schaganfall betroffen. Bald darauf trat der Tod ein. Leipzig. Ein in Leipzig- Reudnitz wohn- after 35 jähriger Buchhalter hat in der Druckerei der Leipz. Volksztg., wo er angestellt var, etwa 2000 Mk. unterschlagen und wurde eit Montag vermißt. Am Ufer der Mulde m Dorfe Schmölen bei Wurzen wurde jetzt n Zettel aufgefunden, auf dem der Vermißte angab, sich ertränken zu wollen. Ob wirklich Selbstmord vorliegt, ist noch nicht festgestillt. Leipzig. Vor dem Schwurgericht be gannen am Mittwoch unter großem Andrange >es Publikums die Verhandlungen in dem iiesen-Meineidsprozesse gegen den früheren Gastwirt, späteren Agenten Reichert und Genossen. Der Herr Vorsitzende bemerkte, daß ein Prozeß gleichen Umfangs in der ächsischen Rechtsflege bisher noch nicht mgewesen fei, die Verhandlungen hätten deshalb in drei Teile zerlegt werden müssen. Hinter dem Schranke türmten sich in einem großen Schranke untergebrachte Akten, 70 steineidsfälle in 14 Prozessen betreffend! Täglich soll von 10 bis 3 Uhr verhandelt werden; 70 Zeugen und 6 Sachverständige ind geladen, 11 Verteidiger vertreten die lngeklagten. Reichert hatte sich ein eigenes System zurechtgelegt: seine Helfershelfer be- chworen immer nur Teile der betreffenden Vorkommnisse, die dann, vom Richter zu- ammengehalten, das von ihm gewünschte Gesamtbild zum Schaden der Betrogenen ergeben. In der zwei Jahre dauernden Untersuchungshaft hat Reichert den „wilden Mann" gespielt. Waldenburg. Wie noch erinnerlich ein dürfte, wurde am 2. November vorigen Jahres der 7 Jahre alte Knabe Richard Paul Schubert in Altstadtwaldenburg tot in )er Mulde aufgefunden. Unter dem Verdacht, den Knaben vorsätzlich ertränkt zu haben, wurden bald darauf die Mutter des Knaben, die 28 Jahre alte Fabrikarbeitersehefrau Anna verehel. Möbius und deren Ehemann verhaftet und nach Zwickau ins Untersuchungs gefängnis gebracht. Der Verdacht lenkte sich deshalb auf die Eltern des Knaben, weil sie von dem ca. 4000 Mk. betragenden Vermögen des Kindes, das ihm au» dem Nachlasse seiner Großmutter in Weidensdorf zugefallen war, eine erhebliche Summe für sich verwendet hatten. Der Tod des Kindes scheint aber wegen mangelnder Beweise keine Aufklärung zu finden. Die Mutter des Knaben ist jetzt von der Zwickauer Strafkammer wegen Unter schlagung und Untreue, begangen an dem Vermögen des unglücklichen Knaben, zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Sie hat im Laufe der letzten Zeit von den 4000 Mk. mintesten» 1200 Mk teil« für sich, teils im Interesse ihre» Mannes verbraucht. Zur Hergabe des Geldes an ihren Mann ist die Möbius teils durch Zureden, teils durch Drohungen desselben bestimmt worden. Er selbst hat mindestens 800 Mk. erhalten. Der Ehemann verbüßt in der Zwickauer Sraf- anstalt eine ihm wegen Rückfallsdiebstahl auferlegte Strafe. Falkenstein i. V. Der Selbstmord de» Eisenbahnassistenten D'Alinge im nahen Jägers grün hat eine recht tragische Vorgeschichte. Wie schon mitgeteilt, war der junge, lebens lustige Beamte in Schulden von beträchtlicher Höhe geraten.. Am Tage seiner Abreise von der Station Jägersgrün hatte er vergeblich auf Nachricht gewartet, daß Deckung für fällige Wechsel, die von ihm in Umlauf waren, be schafft worden sei. Erst als er abgereist war, lief eine Depesche ein mit der Meldung: „Deckung vorhanden!" Sie erreichte den Beamten nicht mehr, der sein Reiseziel ver heimlicht hatte. Von Altenburg aus sandte D'Alinge einen Brief an seinen Stations vorstand, in dem er die Absicht, sich das Leben zu nehmen, kundgab, und sich für alle ihm bewiesene Freundlichkeit bedankte. In Berlin, wohin er von Altenburg aus weiter gefahren war, erschoß er sich dann.