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Ottendorfer Zeitung. D e ,M! ndrfer Zeitung" scheint o>cnstag, Donners, »g und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen l,2v Mark. Lokalzeitung mr dw Orticbaften Gttendorf-Gkrilla mit Moritzdors und Umgegend. rMt wöchentlich erlchemender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode,„ A»nahmt »»» Inserat« bis »»»mittag i« Uhr. Inserat» wrrden intt p für di» Spaltz»il« berechnet lab»ll,rischer Satz nach d»s»nd«r«m Lartf Druck und Verlag vc,u .^ermann Rühir n Kroß-Dkrilla. ,§ür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 90. Sonntag, den 26. Juli 1908. 7. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, den 25. Juli igos. — * Die HundSlage nahmen am Donners tag, ihren Anfang und währen genau einen Monat, bis zum 23. August. Plan rechnet die Zeit der Hundstage, im Kalender von dem Uebertritt der Sonne in das Zeichen des Löwen bis zu dem am 23. August erfolgt n Eintritt in das Zeichen der Jungfrau. Die Hundstage fallen also immer in die heißem Zeit des Jahres. Sie haben Schillers Won: „Von der Stirne heiß rinnen muß der Schweiß" auf ihr Panier geschrieben. Die Bezeichnung Hundstage ist nicht, wie wohl Manche glauben, auf den Umstand zurück- zuführen drß während jener Periode die Meisten Hunde toll werden, sie hat mit unseren irdischen Hunden gar nichts zu tun. sondern verdankt ihre Entstehung vielmehr tum um diese Zeit stattfindenden Aufgange eines himmlischen Hundes, des Sirius oaer Hunds sterns. Dieser Stern wird für uns am südlichen Himmel sichtbar, sobald die Sonne in das Zeichen des Löwen tritt also mit dem 23. Juli. Ein alter deutscher Bauernspruch sagt: Wenn die Sonne in den Lown, geht, Die große Hitze im Jahr anfäht In früheren Jahrhunderten wurde, wie mittel alterliche Chroniken melden, in manchen Gegenden während der Hundstage kein Gottes dienst abgehallen, auch hütete man sich ein Bad zu nehmen oder zur Ader zu lasten. Bezüglich dec Witterung sagen alte Bauern regeln : H ndstagc hell und ktm, bringen uns ein fruchtbar Jahr, oder: Wie die Hundstage eingehen, so gehen sie auch aus. Hoffen wir, daß sie sich namentlich für alle diejenigen, d e sich m den Ferien auf N isen, in den Sommerfri'che be enden, recht freundlich gestalten! —* D:e Aenderung der Frachtbriefe. Mit der für den 1. April ISOS in Aussicht g - nommenen Einführung einer neuen Eisenbahn- VerkehrSürdnuNg gelangen jedenfalls auch neue deutsche Frachtbriefe zur AuSgübe. Für den Äusbrauch des alten Musters soll zwar eine angemessene Frist gewährt werden, trotzdem werden aber Käufer von Frachtbriefen gut, tun, sich von dem alten Muster k ine großen Vorräte zu beschaffen —* Ein schriftlicher Jnseratcnaustraa an eine Zeitung ist als ein-' Privaturkunde anzusehen und als solche zu behandeln. So hat die Strafkammer O des Land nichts Leipzig in einer Anklagesache entschieden, die sich gegen zwei Arbeiter aus Geithain richtete. Die beiden Leute hatte» im August vergangenen Jahr-s sich den dummen Scherz geleistet, auf eine Postkarte die Verlobungsanzeige eines Bekannten, der sich ober garnicht verlobt hatte, zu schreiben und di se Postkarte an das „Bornaer Tageblatt" zu schicken, das die Annonce denn auch ausnahm und obdruckte. Der Unfug kam natürlich schnell ans Tageslicht und das Land gericht veru teilte den einen „Witzbold" d r den Streich auSgehcckt hatte, weg n Fälschung einer Heiratsurkunde zu drei Wochen und den anderen, der aus Austastung seines Fieunde'S die Karte geschrieben hatte, zu einer Woche Gesängnisstrafe. I» dec Begründung des Urteils hieß es, daß du Voraussetzungen des § 268 Z ffer 1 des Neichsstrofgesetzbuchs all m- halocn erfüllt s-ien, die beiden >)!» eklagten haben die Urkundenfälschung begangen, um einem anderen einen Schad n zuzusügen und zwar durch Eh^enkränkung und durch Preisgabe zum Spotte und zur Herabsetzung dess n, aus dessen Kosten sie sich ihren schlechten Witz leisteten, außerdem hab n sie aber auch noch die Zeitung materiell geschädigt, die für das Inserat leb c Bezahlung bekommen hat Königsbrück. Trotzdem erst vor kurzem hier eine Frau duich unvorsichtiges Umgehen mit Brennspiritus verunglückte, ist aller Warnungen ungeachtet gestern wieder ein ähnlicher Unglücksfall hier passiert: Die in einem Hause an der Käbnitz mit Kinder warten b schäftigte 71 Jahre alte ledige Renten- empsän erin C E. Kommol wollte ein im Ofen angezündetes Feuer dadurch zu lebhafterem Brand bringen, daß sie direkt aus der Peirolcumkanne Petroleum ins Feuer goß. Das Petroleum entzündete sich, die Kanne explodierte und von der umherspritzenden kennenden Flüssigkeit wurden die Kleider der Frau in Brand gesetzt. Herbeieilende Hilfe löschte die F'ammen durch Uebe'gießen der Verauglückicn mit Wesser Di' Letztere hat am Ob rkörp r und bis he>ab an die Knie so schwere Brandwunden davongetragen, daß sie wenige Stunden nach dem Unfall gestorben ist. — Auf dem G.fechtSschußplatz bei Königsbrück werd-n vom 27. I li bis 1. August I908 das Garde-ReU r-Reaiment und die Unleroffiziec- Schule täglich von 7 Uhr Vorm, luv 2 Uhr 30 Nachm Schießen in größeren Abteilungen ab^ Haitw. Kamenz Dos sechsjährige Töchterchen des V zefildwebels Lehmann vom Infanterie- Regiment Nr. 178 stürzte am Donnerstag -m H nur Bismarckstraße 7 über das Geländer der Freitreppe aus der brüten Etage in die zweite Etage herab und war auf der Stelle tot Briesnitz. Aus dem Regen in der Traufe geriet nm Sontag ein aus dem Plauensch n Grunde mit Fahne und Damen kommender G sangverein bei Bries» tz auf dem Marsche nach Kötzschenbioda zum Sängerfeste. Der u - plötzliche Regenguß zwang sie, in einen engen Bahntunncl zu flüchten, welcher bald von f ohlichcn Scherzen widerhallte. Doch plötzlich übertönte di selben dumpfes B'ausen und im Nu stand alles bis über die Knöchel im w ld daherbrauscnden Master. Die Schleuse hatte sich verstopft. »Raus aus dem Tunnell" Aber o Schreck, außer dem Bindfadenregen drohten neue Gefahren. Der vorder harmlose hohe Eisenbohndamm hatte sich total verändert. Aus starken Rohren stürzten zu beiden Seilen Wasteifluten herab, die direkt auf dem schmalen Dammweg zwischen Elbe und Eisenbahn ab- stürzten und eine Entkomm » nach Cotta zu unmöglich' machten. Also: „Rinn in den Tunnell" Man raffte die Kleider, krempelte die Beinkleider auf und sang mopsfidel die Variante: „Im tiefen Master stehen wir", nachdem sich die Damen das L ed: „Wir sitzen so fröhlich beisammen" energisch verbeten hatten Kötzschenbroda ist aber schon sicher nicht erreicht wo den. Meißen. In der Beschickung des hiesigen Ferkelmarktes ist ein fortgesetzter Rückgang zu beobachten gewesen. Die Marktbesucher er blicken die Ursache des Rückganges darin. d.ch der Markt Sonnabends statlfindet. Die Markt tage der Großenhainer und Wilsdruffer Märkte (Dienstag bez. Freitag) lägen günstiger. Die Händler empfehlen eine Verlegung des Meißner Marktes auf Donnerstag, da dann die Möglichkeit gegeben sei, die am Dienstag in Groß »Hain nicht abgesetzten Tiere nach Meißen zu bringen und eventuell auch noch in Wilsdruff zum Verkauf zu stellen. Der Stadl rat Hal nach Gehör des Marktausschusses die Verlegung des Ferkelmarktes auf Donnerstag beschlosten. Die Verlegung beginnt mit dem 13. August dieses Jahres. Str eumen. Der 5jährige Knabe des Bahn- arbeit rs Walther wurde am Mittwoch mittag von d r älteren Schwester, die dem Vater das Millagesten tragen wollte, in der Wohnung eingeschlosscn. Als in der Mittagspause die Mutter, die im Orte zur Erntearbeit war, heim kehrte, sand sie ihren Sohn, über und über verbrannt, tot vor der Stubentür liegen. De> Knabe war wahrscheinlich dem heißen O-en zu nahe gekommen und die Kinder hatten Feuer gefangen. Vor zwei Jahren wurde W. ein Mädchen in der Ernte totgefahren. Freiberg. Die Hinrichtung der Bürger meisterstochter Grete Beier aus Brand bei Freiberg hat am Donnerstag früh halb 7 Uhr im Gefängnikhofe des hiesigen Landgerichts gebäudes durch den sächsischen Landesscharf eichter Brandt aus Hohenlinds bei Oederan tatigefunden. Grete Beier hatte wie bekannt, hren Bräutigam, den Obe'ingenieur Preßler n Chemnitz, erschaffen, um sich in den Besitz besten Vermögens zu setzen. Nachdem der König von seinem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch gemacht hatte und die Entscheidung res Königs vor zwei Tagen bekannt geworden war, wurde unmittelbar darauf die im Dresdner Landgericht Untergkh: achten Guillotine nach Freiberg geschafft und dort im Hofe des GkrichtSgesängnisses durch den Landcsscharfrichter Brandt aufgebaut. Am vorgestrigen Nachmittag trafen der Scharfrichter mit seinen beiden Gehilfen und auch der Verteidiger Dr. Knoll aus Dresden hier ein, und um die gleiche Zeit begann auch das Landgericht Freiberg mit der Ausgabe von ZutnttSkartm zu dem traurigen Akt, deren Zahl etwa 200 betrug. Es wurden damit Vertreter der Regierung, der Staats anwaltschaft, des Landgerichts, der städtischen Behörden und der Presse bedacht. Eine Kompagnie des hier garnisrwierendcn Jäger bataillons wurde zum Postendienst beordert. Kurz vor 6 Uhr erschien der Oberstaatsanwalt Bernhardt mit dem Staatsanwalt Mandl, der die Ankiage vertreten hatte, in der Zelle der Vcrurteilten, desgleichen der Gefängnisgeistliche und der Verteidiger Knoll. Schon vorher hatte der Scharsrichter die letzte Toilette der Ver- mPilon vorgenommen, die ein schwarzes, am Halse weit ausgeschnittenes Kleid trug. Sie ließ sich von zwei Beamten in die Mitte nehmen und in den Gefängnishof führen, wo sich in zwischen die Zeugen der Hinrichtung ver sammelt hatten. Als Grete Beier den Hof betrat, ertönte das Armesünderglöcklein. Sie ging festen Schrittes auf den schwarz beschlagenen Tisch des Staatsanwalts zu, der nochmals das Todesurteil verlas und ihr die Unterschrift des Königs vorwies. Sie neigte stumm das Haupt, als der Oberstaatsanwalt sie dem Scharfrichter zur Urteilsvollstreckung übergab Dann schritt sie rasch die Stufen zu dem Gerüst hinan und brach, oben an gekommen, in die Worte aus: Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist! Dann ließ sie sich ruhig auf den Block anschnallen, der darauf unter das Fallbeil geschoben wurde. Im nächsten Moment sauste, durch den Scharf richter in Tätigkeit gesetzt, das schwere eiserne Riester von oben herab. Der ganze Vorgang, vom Augenblick, wo die Delinquentin die Zelle verließ, bis zu dem Moment, wo der Scharf richter dem Oberstaatsanwalt meldete, daß das Urteil vollstreckt sei, nahm nur 3 Minuten in Anspruch. Die ruhige Haltung der Grete Beier machte auf alle Anwesenden tiefen Eindruck. Diese wurden sofort, nachdem das Fallbeil seine Arbeit verrichtet, zum Verlassen des Hofes ausgefordert. Darauf wurde die Leiche der Grete Beier in einen Sarg gelegt und noch Dresden geschafft. — Die Beerdigung der Grete Beier aus Erbisdorf, die am Donnerstag um halb 7 Uhr abends in aller Stille auf dem Johannis friedhose in Tolkewitz erfolgen sollte mußte unterbleiben, da der Leichenwagen, der um halb 10 Uhr vormittags Freiberg verlosten hatte, erst um 8 Uhr abends, da es bereits zu dunkeln begann, auf dem Friedhose eintraf. Der mit einem Rosenkranz geschmückte gelbe Sarg wurde in die Frirdhofshalle getragen. Die Beerdigung erfolgte nun erst gestern früh halb 6 Uhr. Die Grete Beier fand mit ihrem Vater ein gemeinsames Grab im neuen Teile des Johannisfriedhofes. Der Grabhügel war hisher nur mit Rasen bewachsen und kein Stein kündete welchen Toten der Hügel deckt. Des offene Grab umstanden am Donnerstag abend Hunderte vnn Menschen, die stundenlang auf die Ankunft der Leiche gewartet hatten und den Friedhof nicht eher verließen, bis ihnen Gewißheit wurde, daß die Bestattung nicht mehr erfolgen könne. Eine Anzahl Frauen übergaben dem Friedhofsinspektor Kränze mit dem Auftrage, mit ihnen den Sarg der Mörderin zu schmücken. Angehörige der Hin gerichteten Beier waren nicht erschienen. Lichten st ein-C Fast gleichzeitig mit der Ueberführung des Mörders Oeser nach dem Untersuchungsgefängnisse in Zwickau erfolgte vorgestern die Begräbnisfeier für Pastor v. Kienbusch in Gegenwart der Prinzeß Sophie von Schönburg-Waldenburg, des Amtehauptmanvs Ebmeier, der Amtsdiener der Ephorie, der Gemeinde- und Kirchenvertreter von Lichtenstein, sowie einer vielhundertköpfigen Trauergemeindee von nah und fern. Borna bei Chemnitz Gestern in früher Morgenstunde wurde auf Bornaer Flur ein Scheunengebäude eingeäschert, daß der Chemnitzer Düngerabfuhrgefillschaft gehörte und Ernte gerätschaften enthielt. In der Scheune über nachteten drei junge Handwerksburschen, die mit verbrannten. Ohne Zweifel haben die Verunglückten durch Unvorsichtigkeit selbst das F uer verursacht. Die Leichen sind derartig verkohlt, daß cs nicht gelang, ihre Personalien fistzustellen. Alle Papiere und Kleidungsstücke sind vernichtet; bei einer der Leichen läßt sich nicht einmal seststellen. ob sie Weib oder Mann war. Die eingeäscherte Scheune ist übrigens wiederholt schon abgebrannt, zum letzten Mal im Februar d. I., wobei ein darin nächtigender Handwerksbursche so schwere Brandwunden erlitt, daß er verstarb. Chemnitz. Die hiesige Krimalpolizei ver- ;aftete einen 32 jährigen, aus Limbach gebürtigen Buchhalter, der seinem Chef, einem Chemnitzer Geschäftsinhaber, 6000 Mark unterschlug. Da« Geld verwendete der ungetreue Geschäftsbeamte ür sich. Leipzig, Ein äußerst raffinierter Einbruchs diebstahl ist am Dienstag nacht in das Warenhaus von Gebr. Joske in der Wind- mühlenstraße verübt worden. Die Diebe, die offenbar Fachkenner waren, haben in allen Branchen geplündert und immer nur das Beste mitgehen heißen. Außerdem wurden fast sämtliche Ladenkasten ihres Bargeldes beraubt. Man vermutet, daß die Spitzbuben mit der Oertlichkeit vertraut waren und sich vor Geschäftsschluß haben einschließen lasten. Wie sie jedoch mit ihrer umfangreichen Beute un entdeckt entkommen sind, ist ein Rätsel. — Für nächsten Sonntag hat der Sächsische Radfahrerbund eine Fahrt Rund um Leipzig für ältere Herren eingerichtet, deren originelle Preissetzung jedenfalls von gutem Humor zeugt. Der Sieger erhält nämlich 50 Zentner Kohlen frei Keller, der zweite erhält einen Schinken von 12 Pfund, der sechste bis zehnte je einen b-atfertigen gespickten Hasen, ferner erhalten die ersten zwölf je ein prachtvolles Stammseidel von einem Gönner. Taucha. Der 12 jährige Sohn des Schloffer- meisters Lange war trotz vorherigen Verbot» auf einen hohen Vogelbeerbaum geklettert, als plötzlich ein Ast vom Stamme losbrach, wodurch der wagehalsige Junge aus einer Höhe von etwa acht Metern abstürzte und auf Stein boden ausschlug. Der Unglückliche hat außer starken Hautabschürfungen einen Beinbruch erlitten und eine Gehirnerschütterung davon tragen, ferner ist ihm das Rückgrat gebrochen. An dem Aufkommen des Leichtsinnigen wird gezweifelt. Oelsnitz i. V. Den Daumen und Zeige finger der rechten Hand eingebüßt hat am Dienstag in Bösenbrunn das zweijährige Söhnchen des Fabrikarbeiters Hüttner. Beim Spielen mit einem Beile schlug der ältere Bruder dem Kleinen eie beiden Finger voll ständig ab.