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Ottendorfer Zeitung. I § Erscheint Dienstags, Donnerstags und Sonnabends abends. Bezugspreis: monatlich HO Pfg., zweimonatlich 80 Pfg., vierteljährlich 1,20 Mark. O Einzelne Nummer w Pfg. O !> Unterhaltungs- und Anzeigeblatt Wochenblatt und Anzeiger Neueste Nachrichten Bezirks- und General-Anzeiger Annahme von Anzeigen bis spätestens Mittags 12 Uhr des Lrscheinungstages. Preis für die Spaltzeile w pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen Preisermäßigung. V Ü wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und wandet", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Ha. 149. Freitag, den 11. Dezember 1908. 7. Jahrgang. Vertliches und Sächsisches. «Vttendorf-Dkrilla, den 8. Dezember 1908. , —-* Zieh' nicht nach Berlin! 259000 Obdach- und 40000 Arbeitslose sind infolge der ^beitvlostnzählung in Berlin und der Denk- 4list des dortigen Aiylvereins für Obdachlose Rklt worden. Tie Zahl der Obdachlosen ^saßt dabei nur 10 Monate und bedeutet Verkebrözisier in den Berliner Asylen in Z it vom 1. Januar bis 31. Oktober d. I. "otzdem kommen jährlich etwa 40 000 junge Gönner mit den rosigsten Hoffnungen nach der )tichshauptstadt und denken, dort die besten Stellungen und höchsten Löhne zu bekommen. Me bringen nicht einmal so viel Geld mit, sie wieder in die Heimat zurückkehren können, vermehren so das Heer der ArbeitS- und ^dachlosen. Abgesehen von dem Schaden, dieser leichtsinnige Zuzug dem Staate und Gesellschaft zufügt, ist der moralische Schaden, den die Jugendlichen im Kreise der ^beits- und Obdachlosen nehmen, gar nicht k berechnen. Die Gesellschaft zur Fürsorge für zuzichende männliche Jugend in Berlin ^rnt darum dringend vor lejchisinnigen Zuzug 'och den Groschädten und bittet alle Vclkösreunde, Ellern, Geistliche und Jugendvereine, die Jugend ^er dm wiitschaftlichen Tiesstand und die Not den Großstädten aufzuklären und ihr den M zu geben, ohne zwingenden Grund die s'imatliche Scholle nicht zu verlassen. Wer ^ddem nach Berlin ziehen muß. wende sich ^rher um Rat nnd Auskunft an die obige 'ff-llschafl, Berlin, Sophnnstraße 19 Dresden Der gemeld le Unfall des Herrn Tierarzt Lohse in Schönfela war leichterer ^tur Er übt seine Prax ö nach wie vor — Gras Zeppelin hat die Hinterbliebenen vor einigen Tagen hier verstorbenen ^Mmerzienrats Arnhold ein in herzlichen Torten abgesaßtes Beileidsschreiben zugehen «sscn, Arnhold nistete seinerzeit für den S'ppelinsonds 100 000 Mark. — Am Dienstag vormittag stieg in einem t der Südvorstadt gctegknen Hotel ein Herr 'd, der sich als Landwirt von Normann aus Hamburg aus dem Fr-mdcnzettel eintiug. Alv sich ein Zimmer anweisen ließ, bat er. ihn ^in 4 Uhr nachmittags zu w cken. Doch sieben, als man seinem Wunsche entsprach, alle Me unbeantwortet. Nach gewaltsamer Oeffnung Fremdenzimmc S wurde der angebliche von Ermann mit einer Schußwunde am Kopse im Bett vorgefunden. Er hatte mit .inem ^«volverschuß feinem Leben ein Ende gemacht. — Nachdem auch die erste Deputation der Ersten Stündekammec in Uebereinsiimmung mit Zweiten Kammer beschlossen hat, die Legierung unerwa-tet der in Aussicht genommen n ^tksschulgesetz cform zur Ordnung der Lchul- !'rien zu ermächtigen, legt nuom hr das Kultus- ^nisterium dem Landtag einen Entwurf zu der Verordnung über die Schulferien zur Ge- ^hmigung vor. Darnach b'ginneu die Sonnm r- I'rien der höheren Lehranstalten mit dem iä. Juli und endigen mit dem 14 August, die Herbsiferien beginnen mit dem letzten Sonnabend im Sept mber und end gen mit d>m weiten darausfolg nden Sonntag. In jeder Gemeinde, in d^ren B zirk sich «ine höhere Leh- ^siall befindet, fall n d!e Ferien der Volks- 'chnle mt denen jcn, L b anstalt zusammen, nür alle überigen Schulgemeinden n e den die Sommer- und d e Heibsiserien u rer Feslutzun- »>ls irSg'samt 5^2 Wochen durch Ocküschul- srdnung in einer dem ö Üichen Bedürfnis ent- ,^rechender Weise v rteilt. Auch die Weinnachts-, Oster- und Pfingsifericn werden in der Ver ordnung entsprechend festgesetzt. § — Beim Ueberschmteo der Fahrbahn der ^Utzkowstroße wurde am Sonntag nachmittag >in sechsjähriger Knabe von einem einspännischer Lastwagen überfahren. Der schwerverletzte kleine fand Aufnahme in der städtischen Kind.r- b ilanstalt. Die Schuld an diesem Unfälle wird dem Geschirrsührer beigemessen. Wachwitz. Die seit einigen Tagen in der Berliner Schutzstation gegen Tollwut unterge- wachtm 15 Tollwutverdächtigen von hier er- rsuen sich, wie die Leipz. N. N. melden, fort- )auerd der besten Gesundheit. Sie wurden durch die Schutzimpfung immunisiert und müßen sich nur noch der vorgcschriebenen 21 tägigen Beobachtung unterziehen. Anzeichen, daß auch die Patienten, ) e übrigens von dem tollen Hunde des Wach witzer Villenbesitzers nicht gebißen wurden, andern nur mit dem Speichel des Tieres in Berührung gekommen sind, infiziert sein könnten, ind bis jetzt glücklicherweise nicht vorhanden. Der an Tollwut verstorbene Gärtner Fischer ist nickt geimpft worden Obergorbitz. Eine hier wohnende Familie, Mutter mit ihren vier Kindern, letztere im Alter von 13 bis zu 3 Jahren, ist am 7. Dez. noch dem Einnehmer: der MOtaosmahlzeit, die aus Kartoffelmus und Wuist bestand, an Ver- gislungSerscheinungen erkrankt. Bei sämtlichen Personen stellten sich nach zwei Stunden Kopf- und Ltibschmerzen, Schwindel, Krampfanfälle und Erbrechen ein, sodaß ärztlich? Hilse zu Nate gezogen werden mußte. Die Erkrankten habin sich nach einiger Zeit wieder erholt. Radeburg. Bei der am Montag hier stattgefundeuen Stadtoerordnetenwahl wurden gewählt: als Ansässige die Herren Nadlermeister Gustav Thieme mit 180, Bäckermeister Hermann Klinger mit 163, Fabrikbesitzer Paul Mitscher ling mit 148 und Kürschnermkister Richard Klatsche mit 117 Stimmen; als Ersatzmänner die Herren Gutsbesitzer Heinrich Richter mit 105 und Baugewerke Karl Schneider mit 71 Stimmen: als Unansäisiger Herr Privatus Karl Haase mit 143 Stimmen. Abgegeben wurden 231 Stimmzettel (gegen 191 im Vor jahre) von 333 (319) stimmberechtigten Bürgern. Königsbrück. Bei der am Sonntag hier stattgeiundencn Ergänzungswahl der Stadtver ordneten beziehungsweise Ersatzmänner übten von 359 stimmberechtigten Bürgern 29o ihr Stimmrecht aus. Gewählt wurden die bisherigen beiden ansässigen Stadtverordneten Herr Spediteur Hinzer (203 Stimmen) und Herr Töpfer Block (100 Stimmen); ferner der bisherige unansässige Stadtverordnete Herr AmtvgerichtSsekretär Hedrich (180 Stimmen) Zwei ansässige bürgerliche Kanditaten, die Herren Huhle und Lüttge, kämpften um das Mandat des bisherigen sozialdemokratcn Herrn Block, erreichten ober leider nur je 91 be ziehungsweise 92 Stimmen. Die Wogen der Wahlagitation gingen sehr hoch und entgleisten b dauerlick rweise am Schluffe in persönlichen Angriffen, die sicherlich für manchen noch einen bi teren Nachgeschmack haben können. — Auf dem Gefechtsschießplatz bei Glausch witz wird in der Zeit vom 14. bis mit 19. Dezember d. I. das Schützen-Regimen! Nr. 108 täglich von 9 Uhr Vorm, bis 12 Uhr mittags Scharfschießen abhalten. Kamenz. Das bei Bernsdorf gelegene Braunkohlenbergwerk Saxonia beruft eine außer ordentliche Generalversammlung ein, in der über die Veräußerung der Grube Saxonia beschloßen werden soll Bei Annahme des VorstandS- antrag.s würde die Aktiengesellschaft in Liquidation eintreten. Löbau Gegenüber der Morgensternschen Restauration war in einer Plättanstalt durch die Plättmaschine ein Brand entstanden. Auf die Hilferufe stürzte Herr Kurt Morgenstern gerade in dem Augenblick ins Zimmer als die Maschine explodierte. Man hatte unvorsichliger- weise in den mit Petroleum geheizten Apparat Wasser gegoßen. Morgenstern wurde schwer im Gesicht uud an vielen Körperteilen verbrannt. Der hilfsbereite junge Mann wollte am Sonn tag seine Hochzeit feiern, die nun aufgeschoben werden mußte. Bautzen. 50 Jahre bestand am Dienstag j die hiesige städtische Gasanstalt. Währens dieses Zeitraumes ist die Anstalt mehrfach erweitert worden. Ucber Veranstaltungen aus AMaß dieses Jubiläums wird die nächste Stadt- verordneten-Versammlung Beschluß faßen. — Aus dem hiesigen Güterbahnhofe fiel beim S okwerladen dem 62 Jahre allen Dienstknecht Schäfer aus Oberkaina der sogenannte Heubaum auf den Kopf Schäfer erlitt einen Schädel bruch, der seinen baldigen Tod he-beiführte. — Der beim Schornsteinbau auf dem Kohlen werke in Dubravka beschägtigte Maurerpolier Wü ding r aus Leskau in Böhmen ist beim Abrösten der Mörteltransportvorrichtung im Innern des Schornst-ines abgestürzt. Der Ab gestürzte war sofort tot. Zittau. Emen bösen Reinfall erlebte hier ein Spitzbube, der einem Kutscher einen Sack Hafer vom Wagen gestohlen hatte. Er bot das gestohlene Gut dem Herrn des Kutschers, also d'M Bestohlenen, zum Kaufe an. Meißen In Häusern am Lutherplatz und an der Lutherstraße sind mehrere Schaufenster scheiben vermutlich mittes scharfer Steine durch- chniiten worden. — In dem früh bei einem Einbruchs diebstahle in einem Hause an der Vorbrücker Straße überraschten und nach einer langen, aufregenden Jagd sestgenommenen 28 Jahre alten Former Börner von hier ist man des Einbrechers habhaft geworden, der seit Monaten die hiesige Einwohnerschaft durch fortgesetzte freche Einbrüche in Aufregung gehalten hat Kröbern bei Meißen. Einen regelrechten Raubzug durch unsern Ort haben Einbrecher in der Rächt zum Dienstag unternommen. N:ch! weniger als sieben Gehöfte wurden heim gesucht. Goldene Uhren, Trauringe, Sckieß- wnffen, Bargeld und anderes ist ihnen zur B ute geworden. Nachdem man jetzt einen Urheber zahlreicher Einbrüche in Meißen selbst dingfest gemacht, scheinen seine Spießgesellen ihr Operationsfeld in die Umgebung verlegen zu wollen Hoffentlich gelingt es, recht bald auf die Spur der frechen Räuber zu kommen, Großenhain. Auf einen Diebstahl hatte es wahrscheinlich ein 16 jähriger Schneiderlehrling aus Naundorf abgesehen, der abends von einer Insassin des JohanniShospitalS unter verdächtigen Umständen und in blosen Strümpfen im Hause angetroffen wurde. Auf dem Vorboden des Hospitales hatte der junge Mensch seine Stiefeletten znrückgelaßen, die ihm zum Verräter wurden. Riesa. Auf dem dem Kammerherrn v- d. Decken gehörigen, von Oekonomierat Steiger erpachteten Rittergut Raitzen bei Stauchitz brach gestern nachmittag in einer großen massiven, noch aus alter Zeit stammenden Scheune Feuer aus. Die Eretevorräte, die in der Scheune lagen, wurden ein Raub der Flammen. Den Umfassungsmauern der Scheune konnte aber das Feuer nichts anhaben, denn die Mauern waren zirka zwei Meter dick. Im Volksmunde hieß die Scheune „Teufelsscheune". Grünhainichen. Vorgestern nachmittag in der 3. Stunde ist hier eine InterimSbrücke elngestürzt. Dabei sind 12 Personen ver unglückt, eine davon ist tot, 2 wurden schwer und 9 leicht verletzt. Chemnitz. Im hiesigen Krematorium fand am Montag nachmittag die Einäscherung des bekannten Dresdner Bankiers und Philantropen, Kommerzienrats Arnhold statt- Die Ein- äscherungsfeier, an der etwa 30—40 Personen teilnehmen, verlief in einfachster Form, da be reits vorher in Dresden eine große Trauerseier stattgefunden hatte. Unter den Kranzspenden befand sich auch ein vom König von Württem berg gestifteter Kranz. - Beim Abladen von Bierfäßern vom Wagen stürzte der 35 Jahre alte Geschirrführer Johann Hörat vom Wagen und schlug mit dem Kopfe auf den eisernen Reifen eines Faßes auf. wobei ec eine tödliche Schädel verletzung erhielt. — Die 20jährige Formerin Alma Else Lud ¬ wig wurde beim Wäschemangeln auf einer elektrisch betriebenen Mangel derart gegen da» Gestell gedrückt, daß da» Mädchen schwere Ver- etzungen des Brustkorbes erlitt und alsbald starb. — Die Chemnitzer Straßenbahn, die sonst alljährlich eine Zunahme der Zahl der beförterten Personen feststellen konnte, hat für 1908 mit einen Ausfall von 8000 Mk. zu rechnen. Für die nächsten Jahre ist überhaupt kaum damit zu rechnen, daß die städische Straßenbahn eine Einnahmequelle für die Stadt wird. Die Stadt hat infolge des schlechten Zustandes des übernommenen Materials bedeutende Aus- wenduugen für Reparaturen und Neuan- chaffungen machen müßen, auch für die näch ten Jahre sind große Ausgaben notwendig; dazu kommen die Zinsen für die Anleihe. Naunhof. Als Brandstiste-rin des An wesens des Gutsbesitzers Lehn wurde die Dienst magd Wetzel verhaftet. Leipzig In dem bekannten Bankhruse Frege und Ko. war seit etwa 5 Jahren der 38 Jahre alte unverheiratete Oswald Bormann als Kassierer angestellt. Bormann hatte ver schiedene noble Passionen, die mit seinem Ein kommen nickt im Einklang standen. Das mag ibn dazu getrieben haben, sich in den letzten Jahren an den durch seine Hände gehenden Geldern zu vergreifen Um das Kaffenmanko zu decken, ließ er sich dann auf Spekulationen ein und diese wurden, da er kein Glück hatte, sein Ruin. Mehr als 130000 Mark unter schlug er in den letzten Jahren. Seine Ver fehlungen wußte er durch geschickte falsche Buchungen zu verdecken. Seine Unter schlagungen wurden erst entdeckt, als ein anderer Angestellter der Firma in den von Bormann geführten Geschäftsbüchern Rasuren bemerkte, die dann eine eingehende Untersuchung im Gefolge hatten. Depots kommen bei den Veruntreuungen nicht in Frage, da diese bei der Firma ganz getrennt verwaltet werden. Die Verhaftung des ungetreuen KassiereS er folgte am Sonntag abend. Werdau. Vor kurzem kaufte sich ein 19 Jahre alter Mensch bei einem Händler Taschentesching mit Patronen Kaum in den Be sitz der Waffe gelangt, wollte er sie auf der Straße seinem Freunde zeigen. Plötzlich ent lud sich die Waffe und das Geschoß drang dem neben ihm stehenden Freund in den rechten Oberschenkel. Reichenbach. Die Arbeitsburschen Maß und Denk wurden wegen fortgesetzter Laden- kaffendiebstähte verhaftet. Falkenau. Eine rohe Tat beging ein hiesiger Waldarbeiter an seinem fünfjährigen Töchterlein,' mit dem er unter Mitnahme eines Handwagens am Freitag nachmittag in den Wald gegangen war um Holz zu holen. Der Mann befahl dem Kinde, bei dem Wagen zu bleiben, bis er zurückkomme, und ging dann ins Dorf um — zu kneipen. AIS er am Abend betrunken nach Hause kam und seine Ehefrau ihn nach dem Kinde befragte, erklärte er, es zu Verwandten gebracht zu haben. Da sich die Kleine aber am andern Lage dort nicht vorfand, so wurde der Wald abgesucht und die Kleine gegen Mittag halb verhungert und er starrt noch bei dem Wagen vorgefunden. Das Kind liegt jetzt schwer krank darnieder. Plauen. Die Wiener Universitäts-Stern warte schreibt zu der eigenartigen Himmels erscheinung, die hier am 29. November be merkt wurde, an den Plauener Seminarober lehrer Kaiser: Das beschriebene Phänomen halte ich für deu zurückgebliebenen Schweif einer großen Feuerkugel. Diese Schweife leuchten — allerdings sehr selten — bis >/„ ja selbst eine ganze Stunde, in phosphoreszierendem Lichte nach und nehmen ost die bizarrsten Formen infolge der Luftströmungen an. Prof. C. Weiß. — Auch von der Pariser Stern warte ist ein Schreiben hier eingegangen.