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MlsdmfferNgeblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtliche« Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitze», des Amtsgerichts und Stadtrats zn Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen An,<Mlsdr>qfkr Ta-rdt«»" erscheint täglich nach«, s Uhr fik »en folgen»«« r»g. Ne,u,sprri,: Bki Abholung in »M *«tchLst,prS« -Nb de« «»og--bestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Bote» 2,so Mb., bei Postbestellung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend >»«e ««» »-schästs^lleu — ! 2 nehmen ,u jeder Zeit Pe. Falle höherer GewaU, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung ^euung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr.22. — 84 Jahrgang Telcgr.-Adr.: .Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2840 Dienstag den27. Januar 1925 für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die Sgespalteue Naumzeile 2V Goldpfennig, die 2gespalteneZeile der amtlichen Bekanntmachungen 4VGold pfennig, die 3 gefpalteneRcklamezeve im textlichen Teile !00 Goldpfennig. Nachweisungsgebühr 20 Goldpfennige. Bor- wndrn n'ach^Msgllchbeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 ounahm-bis vorur. lvuhr —— Mr dir RichUzdtil drr durchFernruf übermittelten Anzeigeuübernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag dnrch Klage eingezogen werde« muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Der Kampf in Preußen. Zu der in Preußen durch den Rücktritt des Kabinetts Braun alsbald nach der Abstimmung im Landtag ent standenen Regierungskrise wird uns von parlamentarischer Seite geschrieben: Nun ist auch in Preußen die Regierungskrise ein- l getreten, die im Reich erst vor einigen Tagen überwunden wurde und dort Monate gedauert hat. Es kann sein, daß die preußische Regierungskrise noch schwerer zu lösen ist ' als die im Reich. Der Angelpunkt, um den herum sich die Krise drehte, ist im Reich das Zentrum ge wesen, ohne dessen Unterstützung eine parlamentarische Mehrheit für das Kabinett Luther nicht herzustellen war. Genau so liegt es inPreußen. Das bewies die Abstimmung im Landtag; denn mit einer Mehrheit von ein oder zwei Stimmen läßt sich nicht regieren. Zum andern bewiesen diese Abstimmungen aber auch, daß die Weimarer Koalition auch tatsächlich nicht mehr die Mehr heit hat; denn bei fast allen Anträgen blichen Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten in der Minderheit Es nützt ja nichts, wenn schließlich auch bei der Neuwahl des Ministerpräsidenten sich eine Mehrheit von diesen drei Parteien für die Wiederwahl Brauns, des bis herigen Ministerpräsidenten, ergeben würde, weil die Kom munisten wohl kaum einen Kandidaten der Rechten unter stützen würden —, aber der neue Ministerpräsident müßte regieren. Und das kann er nur mit einer parlamen tarischen Mehrheit, die ihm aber, wie gesagt, von diesen drei Parteien nicht gestellt werden kann, so daß er jeden Augenblick durch eine Mehrheitsbildung im Parlament gestürzt werden kann. Also bleibt beim Zentrumdie Entscheidung, ob die Ministerkrise in Preußen überhaupt lösbar erscheint. Ob es sich ebenso entschließen kann, etwa einem volkspartei- lichen Ministerpräsidenten seine Unterstützung zu geben, . wie es das im Reiche tut. Ein solches Kabinett hätte die Mehrheit, weil auch die Wirtschaftspartei damit einverstanden wäre. Freilich könnte man einem solchen Kabinett keinesfalls den Namen eines überparteilichen Kabinetts geben, weil schließlich Kardorff, den man nennt, zwar nicht Mitglied des Landtages, Wohl aber des Reichstages, jedoch „Nur-Parlamentarier" ist. Aber man kann vielleicht an einen anderen Mann den ken, dessen Name ein überparteiliches Programm bedeutet. Das ist Adam Stegerwald, der erste Vorsitzende der Christlichen Gewerkschaften. Schon einmal war er preu ßischer Ministerpräsident, als 1921 Neuwahlen zum Land- <ag die Verhältnisse änderten. Damals bildete er ein Kabi nett von der Volkspartei bis zu den Demokraten, das die wohlwollende Unterstützung der Deutschnationalen hatte. Damals erscholl sein Wort, das wie eine Helle Fanfare durch den Lärm des Parteigezänks hindurchklang: „Ich bin erst Deutscher und dann Parteimanu; , ich bin erst Deutscher und dann Arbeiter." Das war damals wie ein frischer Lufthauch in der stickigen 1 j Atmosphäre des gegenseitigen Hasses. Seit seiner Novcm- Z berredc in Essen 1920 hat er an seinem Gedanken des - christlich-sozialen und nationalen Staates der deutschen Volksgemeinschaft festgehalten und immer wieder dafür > zu werben gesucht. Freilich bedeutet sein Name ein K a m p f p r o g r a m m auch gegen die Sozialdemokratie und man mnß sich ohne weiteres darüber klar sein, daß die Aufgabe des Bündnisses dieser Partei für das Zentrum, das mit ihr über drei Jahre gearbeitet hat, doch Wohl nicht ganz leicht sein wird. Aber was bleibt schließlich übrig? Will man nicht zu irgendwelchen außerparlamentarischen Mitteln greisen — — so ist, wie die Mehrheitsverhältnisse im Landtage nun einmal liegen, dort nur eine gleiche Ent wicklung möglich wie im Reich. Das schlimmste wäre ein Gegeneinander. Selbst wenn in irgendeiner Form in Preußen ein Kabinett der Wei - marer Koalition, also ein ausgesprochenes Linkska binett zu regieren versuchte, so stände es damit im stärksten Hgcnsatz zum R e i ch s k a b i ne tt. In einem noch viel stärkeren, als beispielsweise das Kabinett Cuno damals , im Jahre 1K23 zur preußischen Regierung gestanden Hal, die sich doch damals auch noch auf die Deutsche Volkspar ! tei stützte. Zweifellos wird der Kampf um Preußen noch viel er bitterter werden wie der um das Reich. Mit Ausnahme einiger Monate hat seit dem November 1918 dort die Sozialdemokratie die maßgebenden Ministerien besetzt; dadurch sind Gegensätze entstanden, die viel tiefer und schroffer sind als im Reich. Darum wird man wohl auch mit einer längeren Mini; crkrise in Preußen rechnen, Zur Preußischen Regierungskrise. Berlin, 25. Januar. Die Fraktionen des Preußischen Land- wge^ werden erst am Donnerstag im Landtage zu Be- rarungcn über die Muttsterpräsidentenwahl zusammentretcn. Fisher sind Sitzungen von den Deutschnatioualen, der Tcut- Noen Volkspartei, den Demokraten, dem Zentrum und der ^lrtscyaftspartei für diesen Lag ««gesetzt worden. Die Sozial- ^motraten haben erst zum «reitag eine Fraktionssitzung gekeim-Mobililierunginpolen? lMsrmberrMckisN in Polen unck Oborn. Posen, 25. Januar. In der Bevölkerung von Pomme- rellen ist Beunruhigung entstanden, da begründete Gerüchte ver breitet worden sind, daß die dort stehenden Teile der Posener und Thorner Armeekorps (das 7. und 8.) in Alarmbereitschaft versetzt worden sind. Es wird angenommen, daß sich diese Maß nahme gegen Danzig richtet. Berlin, 25. Januar. In Berliner unterrichteten Kreisen ist man der Auffassung, daß die aus Posen und den deutsch-pol nischen Grenzgebieten kommenden Meldungen Wer polnische Mobilmachungsvorbereitungen nicht unbegründet sind. Eine Be stätigung an Berliner amtlichen Stellen konnte bis jetzt darüber nicht erlangt werden, jedoch die deutsche Regierung verfolgt diese Vorgnäge selbstverständlich mit größter Aufmerksamkeit. Schon seit einigen Tagen lagen in Berlin Nachrichten vor, die über ähn liche Erscheinungen in Polen berichteten. Es ist anzuehmen, daß von deutscher Seite in den nächsten Tagen bei der Warschauer Regierung auf dem amtlichen Wege Rückfragen «»gestellt werden, um festzustellen, was an diesen Gerüchten Wer angebliche An nexionsabsichten nicht nur gegen Danzig, sondern auch gegen deutsche Grenzgebiete richtig ist. ZeuWands Antwort an FrammH. Die Wirtschaftsverhandlungen. über den Inhalt der am 23. Januar überreichte!: Deutschen Antwort auf die französischen Vorschläge in der Frage der Wirtschastsverhandlungen verlautet fol gendes: Die französischen Vorschläge sehen ein Über gangsregime bis zum 1. Dezember 1925 und von da ab die Unterzeichnung eines Handelsvertrages vor. Die Deutsche Delegation hat nun um genaue Mitteilung der ^TarifsätzefürdasendgültigeWirtschafts- Oer grichskanxler vw Luther sn ckie presse. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Berlin, 25. Januar. Die Vertreter der Presse waren gestern abend zu .mein Bierabend in die Reichskanzlei eingeladen worden. An der Spitze der neuen Reichsregierung erschien dazu Reichskanzler Dr. Luthe r. Er hielt eine bemerkenswerte Rede über das Verhältnis der Presse zur Negierung. Im großen politischen Körper der Demokratie, sagte oer Kanzler, bestehe die Tatsache, daß die Beziehungen des einzelnen zu den großen Dingen des Staates indirekt seien. Wir müßten, um in unseren Verhältnissen zu ge sunden, dahin kommen, das Verhältnis des einzelnen zum Staatswesen so direkt zu gestalten wie v. ui irgend möglich, und diese Aufgabe könne überhaupt nur die Presse lösen. Die Presse sei in der Lage, den großen Massen der Menschen die großen Dinge des öffent lichen Lebens wirklich nahe zu bringen und deshalb trage die Presse auch die schwere Verantwortung dafür, in weicher Weise diese Nahebringung der Dinge des öffent lichen Lebens erfolgt. Die Presse müsse ihre Leser immer wieder vor die Tatsachen stellen, wie sie sind. Dann werde erreich:, daß jeder ungeachtet seines Standpunktes auch in der Lage sei, dem Standpunkt des andern Ge rechtigkeit widerfahren zu lassen; dann werde erreicht, daß man im politischen Gegner nicht den Feind, sondern den Volksgenossen sehe, der von einem anderen Gesichtspunkte aus an dieselben Dinge herangehe. Wenn man z. B. von Wirtschaft und Sozialpolitik sprechen höre, so erscheine es manchmal so, als wäre die Wirtschaft der Standpunkt der Arbeitgeber und die Sozial politik der der Arbeitnehmer. Das sei aber einUnding: Wirtschaft fei nicht möglich ohne die lebendigen Kräfte der Arbeiter, die man nicht auspumpen dürfe bis zum letzten. Der Kanzler hoffte, daß er in immer steigendem Maße di« Möglichkeit haben werde, mit der Presse zusammen an dem Ziele zu arbeiten, das Trennende zu überwinden und das Einigende, ungeachtet der selbstverständlichen politischen Verschiedenheiten, zu betonen. Dr. Luther endete unter lebhaftem Beifall mit einem Hoch auf die Presse. regime ersucht, wobei sie betonte, daß die wahrend der Übergangsperiode geplanten Zölle sie nur soweit inter essierten, als völlige Klarheit über die Bestimmungen des endgültige" Handelsabkommens geschaffen werde. Am den Nachfolger Brauns. WM HO preußischen MmfierpMenten 39. Mnar. n. Berlin, 24. Januar. Der Ältestenansschuß des Preußischen Landtages be schloß, die nächste Plenarsitzung des Landtags aus Freitag, den 30. Januar nachmittags 2 Uhr einzuberufcn. Als einziger Punkt steht auf der Tagesordnung die Wahl des Ministerpräsidenten. Damit wird die Lösung der in Preußen ausgebrochenen Regierungskrise in verhältnismäßig kurzer Zeit in Aus sicht gestellt. Ob sie gleich an dem genannten Tage aller dings gelingen wird, ist eine schwer zu beantwortende Frage. Der Rücktritt des Kabinetts Braun erfolgte als bald nach den Freitag im Landtage stattgefundenen Ab stimmungen durch ein Schreiben Brauns an den Landtagspräsidenten Bartels, in dem es hieß, wenn auch das Ergebnis der Abstimmungen das Kabinett ver fassungsrechtlich nicht zwang, zurückzutreten, habe es gleich wohl den Rücktritt beschlossen, da die Haltung der Parteien ein ersprießliches Arbeiten für das Wohl des Landes nicht mehr gewährleistet hätte. Bis zur Neuwahl des Minister präsidenten führt das Kabinett die Geschäfte weiter. Abstimmungszweifel. Die im Preußischen Landtag entstandenen gcschästsord nungsmäßigen Zweifel über die Auslegung der Stimme-- gebnisse in der Abstimmungssitzung sollen vom Geschäft: ordnungsansschuß uachgeprüft werden. Die acht Aba ordneten, die im Landtag bei der Abstimmung fehlten, waren folgende: vom Zentrum Dr. Eismann, Köthen bürger, Krug, von den Kommunisten Menzel, Epp stein, Gladung, von der Deutschen Volkspartei Jöns und von den Deutschnationalen Dr. Negeu born. Bei der Abstimmung über den deutschnationalen Mißtranensantrag enthielten sich die Z e ntr u m s a b g e- ordnetenv. Papen, Roeingh und Loenartz der Stimme. Zentrumsbesprechungen. Im Reichstage trat der Neichsparteivorstand des Zen irums mit den Vorsitzenden der Landes- und Provingül- gamjatwuen des Zentrums zu einer Beratung zusam men, in der es sich um eine Besprechung dergesamtPo li 1 i s ch e n Lage im Reiche und in Preußen und u. a. auch um die Besprechung der verschiedenen persön lichen Angelegenheiten handelt, die im Zusammenhang mit einigen Mitgliedern des Zentrums in letzter Zeit in der Öffentlichkeit viel erörtert wurden. Die Sitzung war vertraulich. * * » DaZ jetzt zurückgetretene Ministerium Braun besteht in Preußen seit dem 5. November 1921. Bei der Wahl des Mini sterpräsidenten erhielt damals der Sozialdemokrat Braun 197 stimmen. Ein Teil der ÄolkSpartei hatte Weiße Stimmzettel abgegeben. Den; Ministerium Braun war in dem im Februar 1921 gewählten Preußischen Landtag das Ministerium Ste ger Wald vorangegangen. Braun war bereits seit dem 30. Mürz 1929 nach dem Kapp-Putsch preußischer Minister präsident. Nach den: Ergebnis der Landtagswahlen vom Februar 1921, die den Parteien der Weimarer Koalition nur noch eine knappe Mehrheit gaben, erklärten Demokraten und Zentrum, eine neue Regierung nur mit Einschluß der Volks partei bilden zu können. Infolgedessen wurde der Zentrumsad- geordnele Stegerwaldamb. April mit 352 gegen 56 Stim men gewählt. Stegerwald trat zurück, als es ihm nicht gelang, eine nach seiner Ansicht genügende Mehrheit für sich zu bilden, wurde aber am 21. April wiedergewählt. Doch trat sein Kabi nett am 1. November 1921 zurück und ihm folgte dann das Ministerium Braun als Kabinett der Großen Koali tion. In dieser Zusammensetzung mit den Ministern Severing (Inneres), Siering (Handel), Dr. Wendorff (Land wirtschaft), Am Zehnhosf (Justiz), Hiertsiefer (Wohlfahrt), v. Richter (Finanzen) und Boelitz (Unterricht) blieb es bis zu den Wahlen am 7. Dezember zusammen. Kurz vor dem Zu sammentritt des neugewähiten Landtags legten die beiden volkspartcilichcn Minister Richter und Boelitz ihre Ämter nieder und der Ministerpräsident Braun übernahm provisorisch die üeigewordcncu Ministerien für Finanzen uud Unterricht. Das Land Preußen hat verhältnismäßig nur selten einen Re gierungswechsel gehabt, im ganzen vier Ministerien nach oer Revolution: Ministerium Hirsch vom November 1918 bis Ende 1920, Braun März 1920 bis April 1921, Stegcrwabd S vril 1921 bis November 1921 und wieder Braun November 1921 bis 23. Januar 1925.