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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, G» ,öR!^drsfter Tageblatt- erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den folgende« Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in Geschäftsstelle und den Lusgabeftrlle« 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Bote« 2.LV Wk., bei Postbestellung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P-ftkotn, ^dun"kr7AÜ^ oud Geschäftsstellen — : nehmen zu jeder Zeit Br» ARrrnge« e»»sege«. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung E Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. - Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt uur, wenn Porto beiliegt. A« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmaunschast Meißen, des für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die Sgespaltene Raumzeile MGoldpfennig, die 2gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- pfenmg d,e Z gespalteneAeklamezeNe im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgebühr M Goldpfennige. Bo^. Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmt bisvorm.wUhr — Mr die Richt^ktil kn durch Frrnrus adtim«!lel,en«n,tiarn übernehmen mir keine »aranlic. Jeder «abatianspruch erlisch«. wenn der Betrag durch «läge ein,ejogen werden muh oder der «ustraggeber in Konkur» g-räi. Anzeigen nehmen alle DermiNiungsstcUen entgegen. Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Noffe« Nr. 26. 84. Jahrgang. Telcyr.-Adr.: „Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 31. Januar 1925 Nachwehen des Ruhrkampfes. Das alte Lied. Tag um Tag hält Herriot seine Reden, und es ist jedesmal nur ein neuer Vers mit der alten Melodie. Dies mal war es eine ganze Reihe von Versen, aber der Kehr reim ist immer wieder derselbe: Deutschland ist nicht ent waffnet und zielt mit dem Dolch nach dem Herzen des friedensbereiten Frankreichs. Immerhin konnte man wenigstens einiges Neue erfahren, das nämlich, was an scheinend die Entente als „Begründung- für die Nichträumung der Kölner Zone Vorbringen will. Was Herriot darüber erzählte, kann nur die erstaunte Frage Hervorrufen: Ist das alles? Denn es ist nicht ein mal alles wirkliches Material, es sind nicht einmal lauter Tatsachen, für die man einen Beweis antreten will, sondern es sind nur teilweise unbegründete Behauptungen, wie aus den Ausführungeu Herriots selbst hervorgeht. Da sind zunächst die Zeitfreiwilligen. Ein Märchen: es war ein mal. Längst sind die Zeitfreiwilligen abgeschafft. Herriot freilich bestreitet es, und zwar deswegen, weil eine Zü richer sozialistische Zeitung festgestellt haben soll, daß eine große Anzahl deutscher Studenten in der Reichswehr aus gebildet worden sei. Noch Schlimmeres ist geschehen: auf »en Universitäten seien Einschreibebureaus für die Reichs wehr eingerichtet worden. Was daran geheim sein soll, bleibt der — „Pfälzischen Presse- zu sagen Vorbehalten: »enn diese ist Herrn Herriots Quelle. Ganz schlimm ist die Geschichte mit der Schutzpolizei: Ke sei eine vollkommen militärisch organisierte Streit macht also wieder ein Verstoß gegen den Versailler Vertrag! Das nichtsahnende Frankreich sei zunächst in Boulogne Opfer eines deutschen Manövers geworden, in dem es die Erhöhung der Ordnungspolizei auf 150 000 Mann genehmigt habe. Zum Dank dafür habe Deutschland die Schutzpolizei nur dem Namen nach geändert, habe sie such weiterhin zentralisiert und mit — beweglichen Ma schinengewehren ausgerüstet. Dadurch wird offenbar die Sicherheit Frankreichs mit seinen Tankregimentern und Bombcnflugzeuggeschwadern aufs fürchterlichste bedroht. Und nun gar erst das Kriegsmaterial, das Deutschland teils versteckt halte, teils ständig neu produziere ! Nie habe Deutschland die Bestandslisten des Kriegsmaterials vor legen wollen, oder es habe ihre Vorlegung erschwert. „Es ist deshalb mit Sicherheit anzunehmen, daß noch viel Mu nition versteckt ist.- Beweis? Fehlt. Toch wozu braucht man Beweise, wenn man die Macht hat? Und dann kommt die Aufzählung der einzelnen „Fälle"; es passieren Herrn Herriot ein paar Versehen dabei, aber darauf kommt es ja gar nicht an. Und weiter der Vorwurf, daß Deutsch land die Fabriken von Kriegsmaterial nicht umgestellt, sas Arbeitszeug dafür nicht vernichtet habe. Selbst Krupp habe das nicht getan, obwohl er doch stündig von der Be satzungstruppe kontrolliert wird. Herriot merkt gar nicht, welch ein unglaubliches Armutszeugnis er Herrn Degoutte, dem Führer der Besatzungsarmee, ausstellt. Also — und »as ist der langen Rede kurzer Sinn — müßten die Al liierte!!, die Amerikaner und die Neutralen durch solches Lcweismaterial davon überzeugt werden, daß Frankreich leineswegs ein Werk des Hasses anstrebe, wenn es die Fortsetzung der militärischen Kontrolle in Deutschland verlange, sondern nur darum so handeln müsse, weil es ferne Ruhe haben will und damit die Ruhe Europas. Und nun gar erst das furchtbarste Schreckgespenst: „Ich klaube auch sagen zu dürfen, daß in Deutschland der Große Generalstab sich allmählich wieder bildet, der die »rößte Schuld an den Hekatomben des Krieges hat.- Son derbar, höchst sonderbar! Vor einigen Tagen noch hat die französische Presse, wie sie es schon seit Monaten tut, »er Welt verkündet, daß der deutsche Große Generalstab längst vorhanden sei, immer vorhanden gewesen sei trotz seiner sogenannten Auflösung. Man sieht: Lügen habe«' kurze Deine. Und nun kommt etwas, das allem bisher Gesagten die Krone aufsetzt: „Die Abrüstung wird ein leeres Wort bleiben, solange nicht der deutsche Militarismus unter drückt worden ist." Von der äußersten Linken bis zur »«ßerften Rechten applaudiert man auf das lebhafteste. Dann liest uns Herr Herriot die Leviten darüber, daß wir Misere militärische Vergangenheit noch nicht vergessen «oben. In Deutschland seien die Seelen noch nicht ent waffnet, so nimmt er die alte poincaristische Phrase wieder »uf; also dürfe auch Frankreich nicht abrüsten. Trotz l Vorhandenseins eines demokratischen Deutschlands, »essen Aufgabe gleich der der Demokratien des Westens -und er,Herriot, stehe als Vertreter aller Demokratien da— »ie Bekämpfung des Imperialismus und des alten preußischen Militarismus sei. Unerhört sei es, daß es in Deutschland Artikel, Gedichte und Theaterstücke, Reden und Broschüren gebe, in denen von Frankreich verletzend gesprochen werde. Unerhört sei, daß man, wenn man vom Rheinland spreche, immer wieder sage, daß der Rhein ein Deutscher Strom sei. Man hätte doch die Rückkehr des Kronprinzen nicht so leicht nehmen sollen; man hätte doch «icht die Kriegsschuldigen vor einem deutschen Gericht »burteilen lassen sollen; man hätte doch den Mann, der eine schwere Mitschuld an der Entstehung des Krieges trage, nicht das bequeme Leben eines Gentlemanfarmers führen lassen sollen, während vor einem Jahrhundert Na hles« aui einem einsame» Felsen hätte sterben müssen. Im Haushaltausschuß des Reichstags kam heute ein sozialdemokratischer Antrag über die an die Ruhrindustrie gezahlten E n t sch.ä d i g u n g e n fürdieMicumlasten zur Sprache. Staatssekretär Fischer vom Neichsfinanzminisierium beleuchtete die politisch-wirtschaftliche Situation, wie sie bei Abbru ch des passiven Widerstandes im Jahre 1923 sich varbot. Nach Abbruch des passiven Widerstandes sahen sich die Industrien des besetzen Gebietes, besonders die Rnhrkohlenindustrie, unter dem unmittelbaren Druck der Besatzungsmächte gezwungen, die eigentlich dem Reich ob liegenden Reparationssachlieferungen zunächst auf sich zu übernehmen und aus eigenen Kräften zu finanzieren. Das war nur möglich, wenn die spätere Erstattung dieser Lasten aus Neichsmitteln zugesagt wurde. Das ist durch die da malige Neichsregierung geschehen. In Ausführung dieser Zusage ist die Reichsregierung in dem Maße, wie sich die Finanzlage allmählich festigte, an die Entschädigung dieser Micumlasten und an die Vergütung der sonstigen Schäden, wie z. B. der erpreßten Reparations lieferungen und der Regieschäden, herangcgangen. Sie hat mit den beteiligten Wirtschaftsgruppen im Laufe der Zeit Abkommen getroffen, durch welche eine Vergütung der einwandfrei nachgewiesenen Leistun- gen bzw. Schäden wenigstens zum Teil vereinbart wurde. Der Staatssekretär gab alsdann die Summen der gezahlten Beträge an. Danach hat der Ruhrbergbau für Micumleistungen und erpreßte Reparationslieferungen rund 550 Millionen erhalten, die chemische Industrie rund 50 Millionen. Der Braunkohlenbergbau, das Aachener Revier und die Rheinschiffahrt haben für die gleichen Leistungen rund 45 Millionen erhalten Als Entschädi gung auf Grund des Sonderverfahrens wurden rund 70 Millionen veranschlagt, die zum größten Teil noch nicht ausgezahlt sind. Die Sozialdemokraten und die Kommunisten erklärten, oaß alle diese Summen ohne etatsre ehrliche Grundlagen ausgezahlt worden seien und verlangten die Vorlegung einer Denkschrift über die Sache und gegebenenfalls die Einsetzung eines Untersuchungs ausschusses. Der sozialdemokratische Antrag auf Vor legung einer Regierungsdenkschrist wurde, unter Ableh nung anderer Anträge, so eines Mißtrauensantrages der Kommunisten, angenommen. Wir brechen ab. Es lolmt nicht, noch ein Wort meyr earüber zu schreiben. Nichts weiter vom Inhalt der Rede, nichts von einem Kommentar zu ihr! Diese Worte Her- ttots, beinahe hätte wir gesagt: Poincarös, sprechen so aut und schallend, daß sie wirklich keines Wortes weiterer rkläruna bedürfen. Geldaushäufung. (Don unserem volkswirtschaftlichen Mitarbeiter.) Der Stand der Reichsfinanzen am 31. Dezember 1924 war über Erwarten günstig. In den ersten neun Monaten des am 31. März 1925 endenden Finanzjahres haben di« Einnahmen bereits die Höhe des Voranschlages für das ganze Fahr überschritten. Der erwartete Fehlbetrag im Reichshaushalt 1924/25 wird also aller Voraussicht nach nicht in die Erscheinung treten. Werden dann die Er fahrungen dieses Finanzjahres bei der Aufstellung des Haushaltsplanes für das Finanzjahr 1925/26 zu grunde gelegt, so wird sich wohl auch der bisher angekün digte Fehlbetrag von 277 Millionen Mark vermeiden lassen. Man kann es den Finanzverwaltungen im Reich, in den Ländern und in den Gemeinden nach so viel mageren Jahren nicht so recht verdenken, wenn sie die Gelegenheit benutzen, um sich die Kaffen etwas zu füllen. Bekanntlich ist geplant, am 1. April wieder die vierteljährliche Voraus zahlung der Beamtengehälter aufzunehmen, wodurch zu nächst einmal von den gesamten öffentlichen Organen größere Geldmittel gebraucht würden. Trotzdem ist es nicht zu billigen, wenn z. B. zahlreiche Gemeinden durch eine plötzliche Erhöhung der Gewerbesteuer mit einem Schlage einen Fonds zu schaffen suchen, der die Auszahlung eines Dreimonatsgehalts am 1. April gewährleistet. Erhöhungen von Abgaben sind in der Regel von längerer Dauer; der Uebergang zur Vierteljahrszahlung der Veamtengehälter bedeutet aber keine verstärkte Inanspruchnahme der öffent lichen Kaffen, sondern nur eine Zusammenürängung von Zahlungen auf bestimmte Termins. Im Interesse der deut schen Wirtschaft und ihrer Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt ist dringend davor zu warnen, daß Reich, Länder oder Gemeinden eine Eeldaufhäufungspolitik trei ben. Nach den Erfahrungen mit der Preußischen Staats bank und dem Postfiskus (bei der Affäre Kutisker-Varmat) ist das Vertrauen des Volkes auf eine zweckmäßige Ver wendung überschüssiger öffentlicher Gelder nicht mehr allzu «roß. Statt daß iraendwelcke Vermittler aus der Weiter- Gegen eine höhere Aufwertung. Ein Schritt der wirtschaftlichen Spitzenverbände. Berlin, 29. Januar. Am 28. Januar sind die Spitzenverbände der Land- pirtschaft, der Industrie, des Großhandels, des Einzel handels, der Schiffahrt, des Handwerks und des Bank- vescns bei dem Neichswirtschaftsministerium vorstellig ge- porden, um dessen Aufmerksamkeit auf die wirtschafts ind währungspolitischen Wirkungen zu lenken, die sich ms einer über die dritte Steuernotverordnung hinaus- sshenden Aufwertung von Hypotheken, Jndustrie- ibligationen und sonstigen privaten Forderungen sowie ins der uferlosen Erweiterung des Kreises der aufwer- ungsfähigen Privatforderungcn ergeben müsse. Unter Zustimmung des Vertreters des Reichsbank- nrektoriums wurde von allen Verbänden betont, daß eine frweitcrnng der Auswertung die Grundlagen der Wäh- nugsstabilisierung sowie die i» oen Goldbilanzcn vor- sandencn Unterlagen des Kredits der Wirtschaft im Jn- md Ausland ernstlich gefährden mutz, nnd daß im weite ren Verfolg solcher Maßnahmen die. Steuerkraft der Be- wlkerung vor unerfüllbare Ansprüche gestellt werden >ürfte. Es wurde dargelegt, daß die Aufwertungsmöglichkeit ür die meisten der hier in Betracht kommenden Rechts- lerhältnisse an der für den Schuldner bestehenden recht-- ichen, wirtschaftlichen und technischen Unmöglichkeit, von einen privatrechtlichcn oder öffentlich-rechtlichen Schuld- rcrn Aufwertung zu erlangen, scheitern muß. Die Verbände teilten die Forderung, daß dieser Gegenstand ausschließlich som Standpunkt der Interessen der Gesamtwirt- chaft und der Gesamtbevölkerung behandelt vird. Sie verlangten ferner alsbaldige Schaffung einer laren, alle Zweifel ausschließenden Rechtslage, die diese Verhältnisse den Zufälligkeiten des richterlichen Ermessens m Einzelfall entzieht und namentlich davon absieht, durch ückwirkendes Eingreifen in erledigte und abgcwickelte ^chuldverhältnisse Verwirrung und Unordnung in das iesamte Wirtschaftsleben zu tragen veneiyung von öffentlichem Gelbe große Profite yeraus- fchiagen, sollten sich alle öffentlichen Organe in Deutsch land in ihren Finanzanfprüchen äußerste Beschränkung auf erlegen. Sonst würde der unnormale Zustand eintreten, daß der Staat im Geld schwimmt, während die Wirtschaft teures Leihgeld im Auslands aufnehmen muß. Ueber- spannen Reich. Länder und Gemeinden ihre finanziellen Forderungen, so kann die Spartätigkeit nicht wieder in Gang kommen. Wirtschaftserträge, die nicht verzehrt werden, müssen auf dem Wege über die Sparkassen, Banken oder Kreditgenossenschaften neuer Produktion zugeführt werden. Am allerwenigsten dürfen sie m öffentlichen Kaffen auf. gehäuft werden, wo sie früher oder später von unerfahrenen oder „großzügigen" Ministern oder Stadträten vertan werden können. Was wir- in Preußen? n. Berlin, 29. Januar. Was wir wochenlang im Reiche erlebten, das wieder holt sich jetzt in Preußen: Hangen und Bangen in schwe bender Pein. Morgen soll der neue Ministerpräsident ge wählt werden und heute weiß noch niemand, auf wen die Wahl fallen wird. Gewiß: Die „Weimarer Koalition", d. h. Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten, könnte einen Mann ihrer Wahl durchsetzen, da doch mit Sicher heit anzunehmen ist, daß die Kommunisten keinen Kandi- oaten der Rechtsparteien wählen werden. Aber was wäre oamit erreicht? Ein Kabinett aus Mitgliedern der Wei marer Koalition wäre nicht imstande, irgendein Gesetz durchzubringen, weder den Etat noch irgendein anderes Gesetz, sobald die Rechtsparteien auf dem Posten sind. Denn in solchen Fällen würden die Kommunisten gegen die Regierung stimmen, ob sie nun von den schwarz-weiß- roten oder von den schwarz-rot-goldenen Parteien gestellt wird. Wir stehen heute, wo wir vor Tagen standen. Alles hängt vom Zentrum ab, ob es bei der Ablehnung eines Zusammengehens mit den Rechtsparteien beharrt oder nicht. Heute haben die Beratungen der Fraktionen be gonnen. Daß schon morgen die Würfel fallen, ist nicht wahrscheinlich, da die Rechtsparteien den Wunsch geäußert haben, die Wahl des Ministerpräsidenten um einige Tage, man spricht vom Dienstag, hinauszuichrebcn.