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MMufferTaMatt Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitze», des Amtsgerichts «nd Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 128. Freitag, den 5 Juni 1925 84. Jahrgang. Telegr.-Adr.: »Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die »gespaltene Raumzelle rv Doldpfennig, die rgespaltencZeile der amtlichen Bekanntmachungen4»Dold- psennig, die Z gespalteneReklamezeNe im textlichen Teile IVO Doldpfennig. Nachweisungsgebühr 20 Doldpsennige. Dor- gefchri-ben-Trfcheinnngs- « tage undPlatzvoischristpr werden nach Möglichkeit Fernsprecher : Amt Wilsdruff vlr. v berücksichtigt. Anzeigen, annahmebisvorm. 10Uhr —- — — Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigenllbernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, menn derDetrag durch Klage eingezogen werden muß oder derAuftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »Vf, AllePo'ftaustall^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unser«Aus. ^»«r und Geschäftsstellen — nehmen zu jeder Zeit Be« jungen entgegen. Im Fall- höherer D-w-lt, Krieg -dm sonstige, Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. - Rücksendung eingesandter SchristMcke erfolgt nur, wenn Porto bciliegt. Krise im deutschen Versbau. Von einem Sachkundigen wird uns geschrieben: In den letzten Tagen haben sich die Meldungen von Arbeiterentlassungen im Ruhr- und Nheinkohlenbergbau geradezu gedrängt und es sind nicht immer geringe Zahlen, die dabei genannt werden, sondern Tausende und aber Tausende müssen feiern. Die Gewerkschaften Friedrich Thyssen, Lohberg und Rhein I, die auch zum Thyssen-Kon zern gehören, sehen sich veranlaßt, zum 15. Juui 3000 Beamte und Arbeiter zu entlassen, weil die Förderung be deutend eingeschränkt werden soll. Auf Zeche Neumühl »ft zum 15. Juni 1500 Bergleuten und Steigern gekündigt worden. Es ist mit völliger Stillegung der Zeche, die etwa 4000 Bergleute und Angestellte beschäftigt, zu rechnen. . Die Verhältnisse auf dem Kohlenmarkt haben sich dcr- «rtig zugespitzt, daß die Entlassungen kaum noch über raschend wirken. Im Reichstag ist vor einiger Zeit darauf hingewiesen worden, daß der Absatzmangel im deutschen Bergbau geradezu katastrophal sei, ganz be sonders im Westen. Faßt man Steinkohle und Braunkohle zusammen, wobei der Verbrauchswert der Braunkohle als etwa '/, der Steinkohle zu berechnen ist, so erhält man eine deutsche Gesamtförderung (1924) von 146 Millionen h h ^ber 91 der Kohlenproduktion 1013 ni den heutigen deutschen Grenzen. Das sind OO Mlll'^ Tonnen mehr als 1923, aber immerhin noch 14 Millionen Tonnen weniger als 192^ Überschreitet nun die deutsche Kohlenerzeuauna die Bedürfnisse der deutschen Wirtschaft? Diese Frage ist zu v-rneinen Einschließlich Zechensclbstverbrauch uud Dc- Kohlenverbrauch durch- schnittlich rund 1oO Millionen Tonnen pro Jahr, 1924 ist er allerdings ans 134 Millionen Tonnen zurückguzangen, ^^n?.^onuber 1913 allerdings schon einen Ausfall von 22 Millionen sonnen bedeutete. Die Gründe für den mucigang des deutschen Kohlenvervrauchs liegen aber Nicht nur in der sinkenden Wirtschnstskonjunktnr, sondern m dem allgemeinen R ü ck g a n g des K 0 h l e n b e d a r f s infolge stärkerer Verwendung der e I c k t r i s ch e u K r a f t, die sich zum großen Teil aus der Ausnutzung der Wasser kräfte ausbant und damit gewisse große Kohlenverdraucher wie beispielsweise die Eisenbahn zu einer Ein schränkung des Kohlenbeznges veranlaßt. Das gleiche gilt übrigens auch für den Kohlenverbrauch bei der Schiff fahrt, Wo die Ausnutzung des Heizöles einen immer größeren Umfang annimmt. Erwähnt mag auch noch werden, daß für die Verhütung des Schwedenerzes an Stelle des früher bezogenen Minetteerzes weniger Kohlen ver braucht werden. Die Selbstkosten im Bergbau betragen bei vorsichtiger Schätzung jetzt pro Tonne fast 17 Mark, das sind 16826 der Friedensselbstkosten, die rund 10 Mark betrugen. Der Preis Von 17 Mark ist aber nicht immer zu erreichen und daher bat die Schuldenwirtschaft besonders im Bergbau eine verhängnisvolle Höhe erreicht. Still liegen auf den Halden über 12 Millionen Tonnen Kohle; diese Bestände zu finanzieren, bedarf es eines in die Hunderte von Mil- Konen gehenden Kapitals, das nur zu schweren Zinsen zn erhalten ist. Und die Lagerung auf den Halden bedeutet eine von Tag zu Tag steigende Wertverminderung. Wohl hat im Januar 1925 die arbeitstägliche Förderung die Höhe von 1913 erreicht, aber die Belegschaft im Ruhrbergbau beträgt noch immer über 60 000 Mann mehr als im Frieden. 35 Tonnen Minderleistung pro Kopf muß gegen 191S verzeichnet werden. Allerdings wurde 1913 82- Stunde gegen jetzt 8 Stunden gearbeitet. Die überaus schwierigen Kreditverhältniffe, zweifel los aber auch manche Rückständigkeit in der Kalkulation und in der Organisation des Betriebes, immer noch mangelnde Erkenntnis von den überaus großen Schärfen d<Z Wettbewerbes sind eine Reihe von Gründen, die die Herabdrückung der Selbstkosten verhindern. Allerdings steht ' -nk der anderen Seite die Verkürzung der reinen ÄrbeitS- Die Unternehmerschaft ist der Ansicht, daß die Rückkehr Kriedensarbeitszeit, also eine Mehrleistung von einer Löwen Stunde bei gleichbleibendem Schichtlohn genügen würde um den Ruhrbergbau rentabel zu machen. Leider ist mit einer Mäßigung eines der wichtigsten Faktoren »ei der Preisbildung nicht zu rechnen; das sind dw Fr acht- kosten Es ist unerträglich, daß die englische Kohle zwar ab Zeche 1,5g Mark teurer ist als die gleichwertige deutsche Kohle, daß aber trotzdem die englrs ch e Ko n kur re n z in Hamburg und bis weit in das deutsche Inland hinein unbestrittenster Sieger über die deutsche Kohle ist, weil die englische Kohle nach Hamburg nur 6 Mark pro Tonne zu nagen hat, während die Frachtkosten von Essen nach Ham- durg 11,50 Mark betragen. Dabei ist infolge der Weltüber- produktion an Kohle die Konkurrenz außerordentlich stark, »bwohl sie nunter noch mit 38 Millionen Tonnen im Nück- stand gegenüber 1913 bleibt. Für den nachlassenden Be sars sind schon die allgemeinen Gründe angeführt; dazu wmmt noch, daß der Welthandel selbst nur etwa 75—802L mner Friedensausdehnung hat. Kohleneinfuhrläader wurden zu Kohlenausfuhrländern und in den Kohlen vcr- orauchenden Ländern traten gewaltige Rückgänge ein. England hat 300 stillgelegte Zechen mit 120 000 arbeitslosen -Bergarbeitern. Und das Merkwürdige ist, daß bis vor tm Ruhrbergbau die Zahl der Arbeitslosen immer vo» «vier dem ReiLsdurchschnift blieb. Die südlichen Amerikas friedliche Mtzenpolttik. Annapolis, 3. Juni. Präsident Coolidge hielt heute vormittag in der Marineakademie eine Ansprache, die aus dem Umstand, das; er die friedlichen Grundsätze der amerikanischen Außenpolitik und die Bereitschaft der Vereinigten Staaten, an Maßnahmen sich zu beteiligen, die den Frieden sichern, gerade vor den Kreisen betonte, die als die Exponenten der militaristischen Auffassung Amerikas gelten, besondere Bedeutung gewinnt. Die Rede ist ebenso sehr an die Außenwelt wie an die jingoistischen Kreise Amerikas gerichtet, gegen die der Prä sident sehr ernste Worte sprach. , Der Präsident führte aus, daß der Friede eine Frage des Vertrauens wäre und daß dem eigenen Volk sowie den fremden Völkern gegenüber man sich immer vergegen wärtigen müsse, daß die dominierenden Kräfte der Mensch heit Wahrheit, Gerechtigkeit und Ehrlichkeit seien, und daß ein Appell an die Vernunft letzten Endes die Oberhand behalten müsse. Entsprechend diesen gesunden Anschauungen „begründen die Vereinigten Staaten ihr Vertrauen auf die Fähigkeit der Nation, Streitigkeiten durch Verhandlungen beizulegcn und durch Schiedssprüche von gesetzlich einge setzten Gerichtshöfen zu regeln. In dieser Auffassung wollen wir versuchen, zu entwaffnen und gegenseitige Über einkommen zu wessen, um der Ausdehnung der militärischen Vorbereitungen Grenzen zu setzen/ AMvMentlichung Sonnabend. Berlin, 3. Juni. Wie nunmehr endgültig feststeht, wird die interalliierte Komroünote an Deutschland am Donnerstag mittag vom englischen Botschafter irn Beisein der anderen alliierten Botschafter dem Reichskanzler Dr. Luther übergeben werden. Die Veröffentlichung der Note findet dann so wohl in Deutschland wie in den alliierten Lättdcru am Sonnabend früh statt. Der Reichskanzler, der sich über die Pfingstfeiertnge im Westen aufhiclt, wird jeden Augenblick zurückerwartet, ebenso Dr. Stresemann, der bei der ; Übergabe der Note mit anwesend sein wird. * Englisch-französische Einigung. Die Londoner „Times" veröffentlichen heute eine offen bar aus amtlicher Quelle stammende Mitteilung aus Paris, in der sie Angaben über den Stand der cuglisch- französischen Verhandlungen bringen. Danach sei eine Einigung zwischen den beiden Mächten auf einer viel breiteren Grundlage anzunehmeu, als wie es erst den An schein hatte. Diese Einigung umfaßt anscheinend drei Punkte, die Sicherungsfrage, die Frage der interalliierten Schulden und das russische.Problem. England sei bereit — so verlautet weiter — mit Frankreich und Deutsch land in einen Garantiepakt einzutreten und die Verpflichtung zu übernehmen, gegen einen Angreifer, der die neutralisierte Zone längs der französisch-belgischen Grenze angreifen werde, mit allen seinen Kräften einzu greifen. Wenn Frankreich durch einen Angriff auf eine vertraglich festgesetzte Grenze gezwungen wird, die neutrale Zone zu überschreiten, um in Erfüllung seiner Souderver- pftichttmgen seinen Alliierten zu Hilfe zu kommen, so würde England ihm kein Hindernis bereiten. Angesichts der Vielseitigkeit der Interessen des britischen Reiches kann aber England vorherige bestimmte Verpflichtungen mili tärischer Art nur für eine Verletzung der R h e i n g r e n z e übernehmen. Die Botschafternote formell eine Note Frankreichs. London, 4. Juni. Die Note an Deutschland wird tech nisch den Charakter einer Note Frankreichs tragen, aber gleich zeitig die Billigung sowohl Englands wie Italiens und Belgiens erhalten. Auch die englischen Dominions sind über die englische Anschauung unterrichtet worden, jedoch sind die Verhandlungen noch nicht als endgültig abgeschlossen zu bezeichnen. Gegensätze zwischen Painleve und de» Sozialisten. Paris, 4. Juni. Die Wahlresorm, die gestern auf die Tagesordnung der Kammer gesetzt werden sollte, ist wegen des Widerstandes der Sozialisten nicht zur Sprache gekommen, da diese eine Resolution annahmen, wonach sie entschiedene Gegner der Wahlreformvorlage sind. Die zur Annahme gelangte Ent schließung fordert Verschiebung der Debatte aus Oktober, da bis dahin wichtigere Probleme auf der Tagesordnung ständen. Die Regierung hat sich aber ihrerseits formell verpflichtet, den Ge setzentwurf noch vor den 17. Juni zu verabschieden. Ein Kon flikt zwischen den Sozialisten und Painleve scheint daher un vermeidlich. In den Wandelgängen der Kammer war die Hal tung der Sozialistiften Gegenstand lebhafter Kommentare. Man schreibt ihnen die Absicht zu, das Kabinett Painler^ gelegentlich der Finanzdebatte zu Fall zu bringen und die Bil dung eines neuen Kabinetts Herriot hervorzurufen. Bei der zum größten Teil ablehnenden Haltung der Sozialisten gegen über den Plänen des Finanzministers ist nicht zu bezweifeln, daß die Regierung Painleve tatsächlich in die Minderheit ver seht wird, wenn die Sozialisten es ernsthaft wollen. Painleve persönlich ist der Ansicht, daß Neuwahlen aus Grund des Listen wahlrechtes eine Stärkung der radikalen und gemäßigten Grup pen auf Kosten der Sozialisten ergeben würden. Neuwahlen seien aber unvermeidlich, da ein zweites Kabinett Herriot vor dem Senat nicht bestehen würde. Spanien plant Truppenlandungen in Marokko. Paris, 4. Juni. Der Matin meldet aus Madrid, die spanische Regierung habe Abd el Krim ein Ultimatum ge stellt, worin der marokkanische Führer aufgefordert wird, sich der Landung spanischer Truppen an der Küste von Alhucemas nicht zu widersetzen. Das Ultimatum läuft in den nächsten Tagen ab, woraus die spanischen Geschwader in See stechen werden. Die Landungstruppen sind 18 000 Mann stark. Die Landungsoperationen sollen noch vor dem 15. Juni bewerk stelligt werden. Angriff -er Nifleute auf die französische Front. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 4. Juni. Nach einer Havasmeldung aus Tanger hat Abd el Krim den Djedallas in der westlichen Zone den Be seh! zum Angriff auf di» französischen Truppen erteilt. Randzechen sind zum großen Teil stillgelegt, dafür aber die Arbeitskräfte nach Norden abgewandert. Soweit wie irgend möglich vermeidet man im Bergbau Arbeiior»nt- lasfungen und legt statt dessen lieber Feierschichten ein, mlls die Absatzschwierigkeiten überwältigender werden Aber auch das läßt sich nur eine Zeitlang durchhalten. -^5*" - U ssch» darauf hinzuweisen, wie außerordent- nch wichtig es rst, den deutschen Bergbau wieder konkurrenz fähig, Deutschland wieder zu einem Kohlenausfuhrland zu machen; deun einer dec wenigen Rohstoffe, die wir aus führen können, rst die deutsche Kohle. 1)4 Milliarden Frank anfweiscn wird, obgleich Patulevo vor einiger Zeit erklärt hatte, daß kein Sou Defizit entstehen werde. Schließlich spricht man neuerdings von In- f l a t i 0 n sa b s i ch t e u der Regierung. Die Ge rüchte, wonach der Banknotenumlauf von 45 auf 50 Mil lionen erhöht werden soll, sind trotz aller Dementis nicht ganz verstummt. Ein letzter Grund wird schließlich in der verlangsamten Wirtschaftstätigkeit gesucht, da zum eJten Male seit Kriegsende verschiedene große Industrien Ar beitslosigkeit zu verzeichnen haben Oer neue Giurz des Frank. Jnflationsabsichten der französischen Regierung. Der französische Frank ist in den letzten Tagen aber mals ins Nutschen gekommen und hat einen neuen Rekordtief st and erreicht. Für diese neue Frankbaisse werden von den französischen Blättern verschiedene Gründe angegeben. Einzelne Blätter erblicken in den» neuen Frankenfturz Absichten des Auslandes, Frankreich aus diese Weise in der Sicherheitssrage zum Nachgeben zu zwingen. Auch die energischere Haltung des Präsident n Coolidge in der Kriegsschuldfrage wird angeführt, sou schließlich die Tatsache, daß das Budget auch dieses Jo!:r nicht ins Gleichgewicht gebracht, sondern ein Defizit von Nemdenseindliche Bewegung in China. Eine chinesische Protestnote. Die Lage in Schanghai ist noch immer überaus er« st. Infolgedessen haben die Konsularvcrtreter der Großmächte beschlossen, Truppeneinheiten in einer Stärke von 2000 Mann zu landen, um die Interessen und das Leben ihrer Staatsangehörigen zu schützen. Die Zahl der streikenden Baumwollarbviter wird auf 25 000 geschätzt. Die Angehörigen der anderen Bcrufskategoricn beginnen sich anzuschlicßcn, so daß jetzt auch die Wasser- "nd Elckttl- zitütsversorgung, der Telephon- und Straßenbahndicnst eine Unterbrechung zu erleiden drohen. Teilweise wird auch Knappheit an Nahrungsmitteln im Fremdenviertel bc- fittcl'tct. Jcüt schon lind die Ausländer aukerstandc.