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MsdmfferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend , höherer GeuzaH, Krieg oder sonstiger Be" «i-L-siLrun,e» besteh, kein Anspruch aus Lieserunp de, Heilung »der KLrzuno de» D-MLspreijer. — LiüL-cnduno eingesandler Echriststücke erfolg, nur, wenn Porl» beiliex«. —„ -— — — . Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatts - Anzeigen»--,-: Lie 8ge»pvllene Nouwzeilc 20 Sipsg., die 4,c!poltene Zeil, der omtlichen Bek-nntmochunge» «o »eich*- psennige, Vie Sgespaltene Äcdlam-zcile im te,»lchen Teile 1 AMK. Viachweisung-gcbnhr 2l> Reich-Pscnnige. Vor- Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmcbisvorm.10Uhr. ' Für die Richtigkeit K« durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Avbananspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftragxeder in Konkurs gerat. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ sT Dn« .Wilsdruffer Tageblat," erschein, an allen Werktagen nachmittag-, S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. Ire: Hans, bei Pvstbestellung 1,80 NM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Apsg. Alle Postanstalt-U, Post. .. 1t träger und Eeschastsstellen f_WL Nr. 89 — 91. Jahrgang Tstezr.-Adr.: ^Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Sonnabend, den 16. April 1932 Postscheck: Dresden L640 Haugen und Bangen. Gedrückte Premiercnstimmung —Die Angst um das Morgen — „Die Forderung des Tages". Als Oie deutschen Börsen nach siebenmonatigem Schwelgen wieder sprechen durften, als Effektenhandel und Kursfeststellung zum erstenmal wieder vor aller Welt er folgen konnte, da hat es in den Börsensälen zwar eine Art Premiere, aber keine Premierenstimmung gegeben. Zwar wußte jeder Interessent, wie es um seinen Effekten- oder Rentenbesitz bestellt war, aber dem ganzen deutschen Volke wurde erst durch den amtlich festgestellten und veröffent lichten Kurszettel grausam genug, aber überaus deutlich vor Augen geführt, daß das „Barometerder Wirt schaft" ans „Regen und Sturm" steht, also kaum noch tiefer sinken kann —, was im allgemeinen ja eben auch nur dem Zustand unserer Wirtschaft selbst entspricht. Und der kann zwar eine „Kater-", aber wirklich keine erwartungs frohe „Premieren"stimmung erzeugen! Die allermeisten Effekten- und Rentenbesitzer mutzten diesen Kurszettel erst mal verdauen, um sich an den Gedanken allmählich zu ge wöhnen, welch große Teile ihres Besitzes sie selbst seit dem 18. September verloren haben. Jetzt hatten sie es schwarz auf weiß, und die Lektüre war trostlos. Doch ist es falsch, gegenüber der Wirklichkeit noch in irgendeiner Weise die Augen halb oder ganz verschließen zu wollen. Sie uns ganz groß und dem Widerstrebenden mit Gewalt zu öffnen —, dafür hat der Kurszettel gesorgt! Man mag diese Operation als etwas Gutes an der vollen Börseneröffnung bezeichnen; aber dann ist es auch das einzige Gute daran! Denn daß sie sonst an einem über aus ungünstigen Augenblick erfolgte, in einer Zeit, in der eine neue Sturmflut des Mißtrauens, ja der Angst vor allem, was nach Bank- und Börsengeschäften zu riechen scheint, gerade jetzt wieder einmal rings um den Erdball rollt und ganz besonders an den Börsen sich zum Ausdruck bringt —, für all dies braucht man als Beweis nur den Namen „Ivar Kreuger" auszusprechen. Da ist es und bleibt es doch mehr als zweifelhaft, ob es ge lingen wird, die wiedereröffnete Börse auch nur in einem irgendwie nennenswerten Umfang ihrer Bestim mung zuzuführen: Förderung der Kapitalsanlage. Denn es ist kein Kapital da. Und keine Gelegenheit, es anwesendenfalls zu verwerten. Und vor allem kein Ver trauen zu einer schnellen Besserung in allernächster Zu kunft. Aber immer nur gestärktes und begründetes Miß trauen ist da, gesteigert bis zur — Angst. q- Diese Angst ist aber nur allzu verständlich. Nicht etwa, weil es sich dabei um ein bißchen Geld handelt, sondern weil die Ungewißheit um das Morgen nun schon seit Jahren und immer stärker an den Nerven des einzelnen Menschen sowie ganzer Völker herumbohrt. Eigentlich ist es doch zum Erstaunen, daß es auf diesem Boden der Zer mürbung und des Grauens vor dem Morgen noch nicht zu starken äußeren Massenexplosionen gekommen ist. Revolutionen sind nicht immer bloß Vorstöße einer im Aufstieg befindlichen Volksschicht, sondern auch Ausbrüche der Verzweiflung. Und nicht nach „Brot!" schreien heute in allen großen Industrieländern und kleinen Agrar staaten die Massen in Millionenzahl, sondern nach „Arbei t!". Daß diese nicht ein Fluch, sondern ein Segen für den Menschen ist, spüren gerade jene, die die Arbeit entbehren müssen. Die innere Angst vor dieser Art „Ent behrung" ist nicht minder groß als die vor der rein mate riellen Art. Und so weit sind wir in Deutschland vor allem, daß wir innerlich der Regierung eine „Ermächtigung" von vornherein zu all und jedem erteilt haben, was immer nur von ihr unternommen wird, um Arbeit zu beschaffen. Es ist im Laufe der Jahre ein gewisser Unfug mit dem Worte „Sofortprogramm" getrieben worden. Aber das allernotwendigste ist jetzt wirklich ein solches Sofort programm der Arbeit und für die Arbeitslosen. Nein, etwas anderes ist noch notwendiger: die Inangriff nahme eines solchen Programms, an denen kein Mangel ist. Auch wenn es an solchen Sofortprogrammen Noch Mängel gibt. Aber die Verhandlungen auf der Tagung der Freien Gewerkschaften, auf der als Reichs arbeitsminister der Führer der Christlichen Gewerkschaften, Dr. Stegerwald, die Ansichten der Neichsregierung dar legte, haben leider wieder gezeigt, daß man im Kabinett vor allem auf die Mängel des Vorgeschlagenen sieht und darum zögert. Mögen die anderen innenpolitischen Auf gaben wie Haushaltsauf st ellung usw. unstreitig von Bedeutung sein, — am vordringlichsten ist, daß mit der Arbeitsbeschaffung irgendwo und irgendwie wenigstens ein ordentlicher Anfang gemacht wird, damit die arbeitslosen Menschen wenigstens wieder hoffeü lernen und hoffen können. Ob Handels- oder Außenpolitik, — alle anderen Fragen stehen an volkswirtschaftlicher und menschlicher Wichtigkeit hinter der Inangriffnahme jenes „Sofort programms" zurück! * „Was aber ist deine Pflicht? — die Forderung des Tages", sagt einmal der heute so oft zitierte Goethe, der ja „im Nebenberuf" auch Staatsmann und ein wcht einmal schlechter Politiker war. Wenn die von be rechtigter Angst zergnälte Volksstimme und Volksstimmung vach einem umfassenderen Ein- und Zugreifcn der Reichs- Eil MMMiWWsg AiOnr Die BerhanöLungen in der Abrüstungskonferenz. Das Präsidium der Abrüstungskonferenz, dem vier zehn Mächte, darunter sämtliche Großmächte, angehören, beschloß, daß eine allgemeine Aussprache nicht mehr statt- sinden soll. Es nahm ein von Benesch ausgearbeitetes Verhandlungsprogramm an, wobei die auf diesem fest gelegten grundsätzlichen Fragen der Reihe nach behandelt werden sollen. Dieses Programm umfaßt an erster Stelle ven Grundsatz der Herabsetzung der Rüstungen, sodann die Methode der Berechnung der Effektivstärke, die gleichzeitige Anwendung der qualitativen und quantitativen Herab setzung, die politischen und juristischen Bedingungen einer Organisation des Friedens, die Verwendung der durch Vie Friedensverträge aufgezwungenen Entwaffnung als Richtlinie der Rechtsgleichheit aller Staaten, Regional- rbkommen, Errichtung entmilitarisierter Zonen, Regelung ser Blockade-Frage. Der französische Versuch, den fünften Punkt, der die deutsche Forderung auf Anerkennung der Rechtsgleichheit aller Staaten behandelt, von der Tages- srdnung abzusetzen, mißlang. Der Hauptausschutz der Konferenz ist zu Montag nach mittag einberufen worden. An diesen Verhandlungen wer den Brüning, Tardieu, Stimson, Grandi sowie Ende der Woche auch MacDonald teilnehmen. Sanktionen vschmdem niemals öen Krieg. Staatssekretär Stimson gab der französischen Presse bei seiner Durchreise in Paris eine Erklärung ab, in der er betonte, datz er alles tun wolle, was zum Erfolg der Abrüstungskonferenz beitragen könnte. Der Vorschlag Gibsons sei keineswegs ein rein amerikanischer Plan, es handele sich vielmehr um eine logische Schlußfol gerung aus den bereits von verschiedenen anderen Staaten gemachten Vorschlägen. Auf die Frage, ob Stimson beabsichtige, den Kel- logg-Pakt durch Sanktionsbestimmungen zu ver stärken, antwortete er, daß er feit drei Jahren alles getan habe, um den Kellogg-Pakt zu befestigen und gemeinsam mit Briand am Friedenswerk zu arbeiten. Kellogg betonte, daß eine Ergänzung des Ab kommens durch militärische, wirtschaftliche oder finanzielle Sanktionsklauseln ein großer Fehler wäre. Sanktionen würden den Krieg niemals verhindern und derartige Maßnahmen könnten nur dazu beitragen, einen glimmenden Konflikt aufflammen zu lassen. In der Verknüpfung des bestehenden Kellogg-Paktes mit Sank tionsbestimmungen würde eine große Gefahr liegen. Er sehe hoffnungsvoll in die Zukunft und fei überzeugt davon, daß die Abrüstungskonferenz zu positiven Ergeb nissen führen müsse. Reichskanzler Brüning in Genf. Reichskanzler Brüning ist von Lausanne aus im Automobil in Genf eingetroffen. Staatssekretär von Bülow war dem Reichskanzler im Automobil bis Lau sanne entgegengefahren. Vor dem Eintreffen des Reichs kanzlers in Lausanne besichtigte Staatssekretär von Bülow das Hotel Savoy in Ouchy, in dem die Vertreter Deutsch lands auf der Reparationskonferenz Mitte Juni wohnen werden. Die Dauer des Aufenthaltes des Reichskanzlers in Genf wird von deutscher Seite auf zehn bis vierzehn Tage geschätzt. Anfang nächster Woche wird der Reichskanzler mit den zur Abrüstungskonferenz anwesenden führenden Staatsmännern der Großmächte Gelegenheit zu eingehen den Verhandlungen haben. Der Reichskanzler beabsichtigt, in jedem Falle bis zum Eintreffen des englischen Ministerpräsidenten Mac donald in Genf zu bleiben. Nach Mitteilung von eng lischer Seite wird Macdonald sogleich nach der am 20. April stattfindenden Haushaltsaussprache im Unter haus nach Genf abreisen und einige Zeit an den Ver handlungen der Abrüstungskonferenz teilnehmen. Wsrie, nicht Hilse. Bedingungen der Völkerbundhilfe. Der Völkerbundsrat nahm in öffentlicher Sitzung die Vorschläge des Finanzausschusses über die Hilfsmaßnahmen für Ost erreich, Ungarn und Bul garien ohne weitere Aussprache zur Kenntnis. Für Österreich verlangt der Finanzausschuß, daß keine weiteren Investionen bei den Eisenbahnen vorge nommen werden, daß der Ergänzungshaushalt durch neue Herabsetzung der Ausgaben bei der Eisenbahn und durch Ersparnisse ins Gleichgewicht gebracht wird, datz ferner die Lage bei der Kreditanstalt schleunigst geregelt und datz eine strenge Devisen-Kontrolle und im Zusammenhang damit Beschränkung der Ein fuhr nach Österreich durchgeführt wird. Der öster reichische Gesandte erklärte, daß die österreichische Negie rung die entsprechenden Maßnahmen durchführen werde. Er machte aber den grundsätzlichen Vorbehalt, daß Öster reich die vom Finanzausschuß geforderten Maßnahmen nur in dem Sinne des vom Völkerbnndsrat am 12. April beschlossenen gemeinsamen Vorgehens der Großmächte und der allgemeinen Aktion zur wirt schaftlichen Wiederherstellung Mitteleuro pas annehmen könne. Bezüglich Ungarn verlangt der Finanzausschuß eine wesentliche Herabsetzung des unga rischen Haushalts und weitere Stillhalteabkommen Un garns mit seinen Gläubigern. Für Bulgarien wird die Übertragung der Zahlungen aus den Auslands schulden auf sechs Monate bis zum September 1932 auf 50 Prozent herabgesetzt. Der Völkerbundrat verhandelte sodann über Hilfs maßnahmen für Griechenland. Der Rat nahm eine Entschließung an, in der der griechischen Regierung empfohlen wird, sich über die Auslandsschulden mit ihren Auslandsgläubigern direkt zu verständigen. Der Rat ge nehmigte eine zweijährige EinstellungdesZinsen- d i e n st e s. In der Aussprache betonte der griechische Minister präsident Venizelos, datz die Vorschläge des Finanz ausschusses keineswegs ausreichend seien, daß Griechen land eine Anleihe von 50 Millionen Dollar brauche und der Zinsendienst für die Auslandsschulden auf fünf Jahre eingestellt werden müsse. Unter anderen Bedingungen könne Griechenland die Völkerbundhilfe nicht annehmen. * DonMonserenz am 2Z. Mil. In den diplomatischen Verhandlungen zwischen den »ier Mächten der Londoner Konferenz ist jetzt vereinbart ivorden, daß am 23. April gemäß dem Beschluß der Lon soner Konferenz die Sachverständigen der vier Regierun gen zur Prüfung der Donaufrage zusammentreten werden. regierung ruft und stöhnt, weit über das an sich durchaus notwendig gewesene Einsetzen der öffentlichen Kräfte an einzelnen Stellenhinaus, — dann ist diesem nachzugehen und nachzugeben gerade „die Forderung des Tages". Diese macht sich ja doch immer wieder geltend, auch wenn sie eine Art zwangsmäßiger Dämpfung erführt, wie dies jetzt in dem Kampf zwischen Regierung und Rechtsopposition durch das Verbotdernationalsozialistifchen Kampftruppe erfolgte. Auch ein Nichtmediziner, so gar ein Nichtpolitiker, weiß es, daß weder eine physische noch eine politische Funktionsstörung, von denen Deutsch land infolge der Krise immer st ä r k e r e r g r i f f e n ist, allein nnn etwa dadurch beseitigt werden kann, daß man an ihren Symptomen herumküriert. Dr. Pr. Gier nach Gold. Die Verbrechen des Zündholzkönigs. Als der Revolvers ch u ß, mit dem der Weltfinan zier und Milliardär Ivar Kreuger seinem Leben ein Ende machte, die Welt aufhorchen ließ, erfuhr man, datz das Leben dieses Reichen arm und freudelos gewesen war. Die Jagd nach dem Geld hetzte ihn ruhelos von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent. Von seinem Reichtum hatte er nichts als das Bewußtsein seiner Größe. Das Geld war ihm Selbstzweck, nicht, wie es vernünftigerweise sein sollte, Mittel zum Zweck einer sorgenlosen Lebensführung. Man nahm an, daß Überdruß mit diesem Spiel mit Zahlen und das zer schmetternde Gefühl der inneren Hohlheit seines Lebens ziels ihm den Revolver in die Hand gedrückt hatte. Jetzt aber erfährt man, daß dieser Geldgewaltige, in dessen Vorzimmer sich die Finanzminister der größten Länder drängten, nicht vor Manipulationen zurückgeschreckt ist, wie man sie sonst nur kleinen Schiebern und gewöhnlichen Verbrechern zutraut. Nachdem die Untersuchungskom mission des Kreuger-Konzerns Bilanzfälschungen festgestellt hatte, kommt jetzt aus Schweden die Nachricht, daß Ivar Kreuger italienische Staatsobliga- tionen im Werte von weit über 300 Millionen Kronen hat drucken lassen. Die Obligationen wurden in einem geheimen Gewölbe gefunden und sind auf schwedi schem Papier gedruckt. Ihre eigentliche Aufgabe soll darin bestanden haben, bei den Kreditverhandlungen als stille Reserve zu dienen. Kreuger soll bei Gesprächen und Ver handlungen darauf hingewiefen haben, aber stets unter dem Siegel strengster Verschwiegenheit, die er mit den