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MsdmfferTageM Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Das .Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei tzaus, bei Postbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Atte Postanstalten, Post- LVm S-L Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Falle höherer Gewalt, ' Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilir-i. für Bürgertum/ Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 2V Rpsg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweifungsgebühr 2V Reichspsennige. Vor geschriebeneErfcheinungs- « tage und Platzvorsü riften werden nach Möglichkeit AbkN fPkbÜ)bk. ÄMt Ä5il9ukUsi v berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.10Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Radonansprua erlischt, wenn der Betrag dmü 1 Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs ^rröt. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 159 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdrufs-DreSden Posticheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 9. Juli 1932 Vas Lnae aer Lausanner Konferenz 3 Milliarden Schlußzahlung — keine politische Entlastung. Der Film von Lausanne. Durch die Erklärung des französischen Ministerpräsi denten Herriot, daß er die politischen Forderungen der deutschen Delegation glatt ablehne, war am Freitag ein vollkommener Umschwung in den Verhandlungen der Lausanner Konferenz eingc^eten. Um die Entwicklung zu verstehen, ist es notwendig, sich den bisherigen Verlaus der Lausanner Konferenz von Anfang an vor Augen zu halten. Zu Beginn der Lausanner Konferenz, am 16. Juni, haben die Vertreter Deutschlands erklärt, daß Deutschland weitere Tribute nicht mehr zahlen könne. Um diese Erklärung der deutschen Delegation drehte sich in der ersten Woche die Diskussion. Die französischen Ver treter hielten immer wieder dieser Erklärung entgegen, es sei für Frankreich unmöglich, einfach einen Strich durch die Reparationen zu machen. Immer wieder tauchte von französischer Seite die Forderung nach einer sogenannten A b s ch l u ß z a h l u n g aus. Die deutschen Delegierten dagegen beharrten auf ihrem Standpunkt, daß es im Interesse der gesamten Weltwirtschaft liege, mit den Re parationen endgültig Schluß zu machen. Deshalb sei auch eine Abschlutzzahlung für Deutschland unmöglich. Ans diesem Punkte befand sich die Konferenz noch bis zum 28. Juni. Bei der Unterhaltung mit dem eng lischen Ministerpräsidenten wurde an diesem Tage an den deutschen Reichskanzler die Frage gestellt, ob Deutschland nicht irgend etwas tun könne, um dem französischen Wunsch nach einer Abschlußzahlung entgegenzukommen. Diese Unterhaltung wurde dann der Ausgangspunkt für eine neue Entwicklung der Konferenz. Bekanntlich haben die deutschen Delegier ten damals erklärt, eine Abschlußzahlung könne Deutsch land nur leisten, wenn man ihm die völlige Gleich berechtigung mit den anderen Völkern wiedergebe, wenn die K r i e g s s ch u l d l ü g e verschwinde und wenn auch in der A b r ü st u n g s f r a g e die Rechte Deutsch lands erfüllt werden. Mit dieser Erklärung der deutschen Delegierten verschoben sich die Verhandlungen der Lau sanner Konferenz auf das Gebiet der politischen Forderungen. Die Höhe der Zahlungen trat in den Hintergrund. Bei der Aufstellung ihrer Forderungen verwies die deut sche Delegation auf die verschiedenen Sachverständigen- Gutachten, wo immer wieder betont wurde, daß eine Wiedererholung Deutschlands nur durch die Bereini gung der politischen Atmosphäre möglich sei, nur dann wäre Deutschland imstande, noch eine Abschluß zahlung zu leisten. Eine ganze Woche lang hat man über die deutschen Forderungen verhandelt. Mit Ausnahme Frankreichs hat das ganze übrige Ausland mehr und mehr Verständnis für die deutschön Forderungen aufgebracht. Man hat anerkannt, daß ohne die Lösung dieser Fragen die Wirtschaftskrise nicht überwunden werden könne. Und es wurde auch anerkannt, daß, selbst wenn in Lausanne keine Lösung gefunden werde, diese deutschen Forderungen auch weiterhin bestehen und behandelt werden müßten. Die Diskussion dreht sich zu nächst um die K r i e g s s ch u l d l ü g e. Frankreich lehnte aber die Streichung des Artikels 231 aus dem Versailler Vertrag ab, weil ja dieser Artikel für Frankreich die moralische und rechtliche Grundlage für die Unter drückungsbestimmungen des Versailler Vertrages gegen über Deutschland bildet. Frankreich ließ sich nicht über zeugen, daß ein Strich durch die Reparationsforderungen auch einen Strich durch die Kriegsschuldlüge zur logischen Folge haben müsse. Wenn es auch jetzt nicht gelingt, die Streichung der Schuldlüge durchzusetzen, so bleibt auch diese Forderung bestehen und muß von jeder deut schen Regierung weiterverfolgt werden. Die einseitige Erklärung einer deutschen Regierung, daß die Kriegs- fchuldlüge für Deutschland nicht mehr existiere, muß durch eine Anerkennung der Gegenseite ergänzt werden, um rechtliche Wirkungen zu haben. Auch die Forderung der Gleichmäßigkeit in der Abrüstung ist von allen Mächten außer Frankreich anerkannt worden. Hier liegt ja der Fall so, daß es sich nicht um eine Änderung des Versailler Vertrages handelt, sondern nur darum, daß der im Versailler Vertrag festgelegte Grundsatz: Abrüstung für alle, durchgeführt wird, und daß damit die Ungleichmäßigkeit gegenüber Deutschland aufhört. Auch diese Forderung wird weiterverfolgt wer den, auch dann, wenn sie aus den Verhandlungen der Lausanner Konferenz verschwunden ist. Eine volle Woche lang drehten sich die Verhandlungen Um diese politischen Forderungen Deutschlands. Aber die Hoffnung, damik gegenüber den französischen Wider ständen durchzudringen, war von Anfang an sehr gering. Herriot hat durch seine glatte Ablehnung der Forde rungen auch diesen Abschnitt der Verhandlungen ab geschlossen. So stand die Lausanner Konferenz wieder wie am Anfang, nämlich vor der deutschen Erklärung, daß weitere Tributzahlungen unmöglich sind, daß Deutschland nur noch die T r i b u t schulden bezahlen werde, die bis zum 1. Juli 1932 aufgelaufen sind. Das ist das Bild der Lausanner Konferenz, wie es sich aus den Verhandlungen der letzten Wochen er geben hat. * Ser Tribuwertrag von Lausanne. Die Konferenz von Lausanne ist am Freitagabend mit einem Kompromiß zu Ende gegangen. Am Sonnabend vormittag sand der offizielle Abschluß in einer feierlichen Schlußsitzung statt. Der Vertrag sieht folgende Rege lung derTributzahlungen vor: In den nächsten drei Jahren nach Abschluß des Lausanner Vertrages hat Deutschland keinerlei Zah lungen zu leisten. Als Abschlußzahlung sind 3 Milliarden Mark festgesetzt. Diese 3 Milliarden Marl werden in Schuldverschreibungen des Deutschen Reiches zum Kurs von 90 Prozent auS- gegeben. Infolgedessen beträgt die tatsächliche Restzahlung 2,7 Milliarden Mark. Die Schuldverschreibungen des Dentschen Reiches müssen mit 5 Prozent verzinst und mit 1 Prozent getilgt werden. Die Ausgabe der Schuldverschreibung erfolgt nach Ablauf des dreijährigen Zahlungsaufschubes. Die Schuldverschreibungen werde« bei der Baseler Tributbank hinterlegt. Sie haben eine Laufzeit von zwölf Jahren. Der Ausgabckurs kann nur herabgesetzt werden, wenn zwei Drittel des Berwaltungsrates der Tributbank dafür find. Die Schuldverschreibungen gründen sich ausschließlich auf den deutschen Kredit ohne Betritt- Der Kanzler über das Ergebnis von Lausanne. In seiner Rundfunkansprache aus Lausanne führte der Kanzler aus: Deutsche Frauen und Männer! Das deutsche Volk hat das Recht, von dem verantwortlichen Regierungschef auf dem schnellsten Wege über das Ergebnis der Lausanner Konferenz unterrichtet zu werden. In dieser historischen Stunde ist für Parteipolitik kein Raum, denn je größer das zu behandelnde Problem ist, um so freier, um so höher muß der Standpunkt sein, von dem aus man an die Lösung einer schweren Aufgabe herantritt. In Lausanne ging es um nicht mehr und nicht weniger als um das Schicksal des deutschen Volkes, und mit ihm um die Zukunft der abendländischen Wett. Wir gingen an die Arbeit in dem festen Bewußtsein eines geschlossenen und starken Willens der deutschen Heimat, in dem Bewußtsein, Führer eines Volkes zu sein, das um seine wirtschaftliche und nationale Freiheit einen siegreichen Kampf zu führen bereit ist. Ist dieser Kampf erfolgreich gewesen? Sie, meine deutschen Landsleute, sollen das Urteil fällen, wenn Sie meine Ausführungen gehört haben. Sie sollen das Urteil fällen, nachdem Sie gehört haben, was wir wollten und was wir erreicht haben. Unsere Aufgabe war, die Vergangenheit zu liquidieren und für die Zukunft das deutsche Volk von dem ungeheuren Druck der Reparationen zu befreien, der jede wirtschaftliche Tätigkeit lähmte, jede Aufbauarbeit störte, der den Kampf aller gegen alle bedeutete. Es galt, die Lebensgrundlagen zu schaffen, um der Nation den geistigen, kulturellen und wirtschaftlichen Wiederauf stieg zu ermöglichen. Die Welt war sich seit langem darüber klar geworden, daß jeder Gedanke zur Wieder herstellung normaler wirtschaftlicher und politischer Be ziehungen unter den Völkern Europas und der Welt so lange nicht zu verwirklichen sein würde, solange in irgend einer Form die destruktiven Tendenzen einseitiger Tribut zahlungen ohne Gegenleistung fortbeständen. Trotzdem gung Lies Auslandes. In einem besonderen Teil des Ver trages wird davon gesprochen, daß mit diesem Vertrag das Reparationssystem abgeschlossen sei, und daß damit ein neues Kapitel der Be ziehungen zwischen den Völkern begonnen Habs. Dem Vertrag wird eine Erklärung allgemeinen Charakters vorausgeschickt. Es findet sich in dieser Er klärung jedoch kein Hinweis darauf, daß die Kriegs- schuldlüge gestrichen sei, und daß Deutschlands Gleich berechtigung in der Abrüstungsfrage hergcstcllt werden soll. Künftige Belastung jährlich 414 Millionen. Die bisherigen Abmachungen und Verträge über die Reparationszahlungen Deutschlands kommen durch den Lausanner Vertrag in Fortfall. Das Golddepot der Reichsbank bei der Basler Tributbank in Höhe von 65 Millionen Mark sowie die von der Reichsbahn in Basel hinterlegten Obligationen in Höhe von 460 Mil lionen Reichsmark werden frei. Die zukünftigen Verpflichtungen Deutschlands bestehen aus der Ver zinsung und Tilgung der Schuldverschreibungen des Deut schen Reiches in Höhe von drei Milliarden Mark und wür den damit theoretisch 180 Millionen Mark jähr- l i ch ausmachen. Die gesamten Schuldverschreibungen im Falle der normalen Tilgung werden nach 37 Jahren getilgt. Weiter bestehen bleiben die Verpflichtungen, die auch von dem Hoover-Moratorium nicht berührt waren, also He Verzinsung und Tilgung der Dawes - und Noung-Anlcihcn in Höhe von insgesamt 150 Millionen Mark, die jährlichen Besatzungskosten in Höhe von 21 Millionen Mark, das belgische Mark- abkomme n von 22 Millionen Mark und die sogenann ten mixeck eimm8 in Höhe von 41 Millionen Mark jährlich. Diese Belastungen in einer Gesamthöhe von 234 Millionen Mark jährlich werden somit von dem Lausanner Repara- tionsabkommcn nicht berührt. Zuzüglich der rechnungs mäßig vorgesehenen 180 Millionen würde sich künftig eine rechnerische Belastung von 414 Millionen jährlich ergeben. zeigte sich sehr bald während der Lausanner Verhand lungen, daß der Weg von der Erkenntnis dieser Tatsache bis zu dem klaren Entschluß, sie zu beseitigen, sehrlang undsehrschwer war. Die Wiederherstellung der Welt erfordert die restlose Beseitigung von Reparationszah lungen. Darüber hinaus aber galt es einen Weg zu suchen, der das Vertrauen der Völker auch von den Schlacken befreite, die Ursache der politischen und schweren wirtschaftlichen Lasten sind, die Deutschland bedrücken. Für die Wiederherstellung eines solchen Ver trauens in der weitesten Form waren wir bereit, eine allerletzte Krastanstrengung zu machen. Für dieses Ziel haben wir drei Wochen lang schwer gekämpft. Wir sind hart und unnachgiebig gewesen, weil wir die große Not in Deutschland kannten, weil wir von dem bangen Hoffen so vieler Arbeitsloser wußten, weil wir die Verantwortung fühlten für 65 Millionen Menschen, und weil wir uns darüber klar waren, daß jedes Ab weichen von dieser Linie Deutschland und die Welt noch tiefer ins Unglück bringen würde. Die schwersten Krisen waren in Lausanne zu überstehen. Oft schien kaum ein Ausweg möglich. Die Folgen eines Scheiterns dieser Konferenz, die völlige hoffnungslose Zerstörung des letzten Vertrauens in den gesunden Sinn der Staats männer wären furchtbar gewesen. Diese Folgen waren aber so groß und so unübersehbar, daß immerwieder zerrisseneFäden neugeknüpft werden mußten. Es ist mir an dieser Stelle ein Bedürfnis, der Heimat den Dank der deutschen Regierung auszusprechen. Das muster gültige Verhalten des gesamten deutschen Polks in diesen schweren Wochen hat uns die Kraft und den Mut ge geben, unser Ziel vor Angen, zn kämpfen. Wie schon so oft in der dentschen Geschichte hat der feste Glaube an die bessere Zukunft sich bewährt. Das Lausanner Ergebnis macht eine kurze Be trachtung der Folgen eines möglichen Scheiterns der Konferenz notwendig. Der Bruch der Konferenz würde jeden wirt schaftlichen Aufschwung in Deutschland unmöglich gemacht haben. Es bestand die Gefahr weitergehendcr Schrumpfung des deutschen Wirtschaftslebens, weiter steigender Arbeits losigkeit mit allen ihren Folgen für die finanzielle Laae in von Papen SN ckss ckeutlche Oolk