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WsdrufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tstzetlalt" ericheinl aa allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— NM trei Haus, dei Poktbestellung 1,80 AW. zuzüglich Bestellgew. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten, Post! neh^u.e^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. - Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto teili^i. für Bürgertum^ Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis- die llgetpoltrn« Naumzeilr 20 Npsg., die ^gespaltene Zeile der omtli»«„ L«dannime-cl u>>k«> Ncichr« nsennige, die Sgespaltene Reklamczeile im tertlichen Teile 1 NMK. Siachweisungsgebühl 2V BeiLrpsennig«. Lor< LLn°ch^^^ Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 SchÄ^.^ annahmcb!svorm.10llhr. Für die Nic>tizt>i: »er durch Fernrus übermittelten Anzeigen über», wir keine Garantie. Jeder S alettei ,z>! r .. e ., n > > > , < S > x rich Klage eingezogen werden must oder der Buslioggklei " ^cnlrie Das Wilsdruffer Tageblatt ist das Mr Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt s", II — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: »Amtsblatt* Wilsdruff-DreSden Postscheck: Dresden 2640 Die Durchsuchung des Reichsiagsgebäudes. Ein parlamentarisches Nachspiel. Der Polizeiuntersuchungsausschuß des Preußischen Landtags behandelte am Mittwoch die polizeiliche Durch suchung des Reichsiagsgebäudes in der Nacht zum 13. Sep tember d. I. Als Zeugen sind für den Fall geladen u. a. Reichstagspräsident Göring, der Direktor beim Reichstag, Geheimrat Galle, Polizeipräsident Melcher und die be teiligten Beamten des Polizeipräsidiums. Zu Beginn der Sitzung gab ein Vertreter des Reichskommissars eine Er klärung ab, in der j die Aussagegenehmigung für die Beamten des Polizeipräsidiums verweigert wird. Der Berichterstatter, Abg. Möller-Halle (Soz.), hob hervor, daß Regierungsrat von Werder den Versuch, die Ge nehmigung des Reichstagspräsidenten für die Durch suchung des Reichstags herbeizuführen, überhaupt nicht unternommen habe. Bei den Akten des Innenmini steriums befinde sich u. a. ein Schreiben des Innen ministeriums an den Polizeipräsidenten, in dem gesagt wird, daß das Innenministerium die Rechtsauffassung des Regierungsrats von Werder nicht teile. Es werde aber lediglich die Erwartung ausgesprochen, daß Regierungs rat von Werder künftig die gesetzlichen und verfassungs mäßigen Schranken der von ihm anzuwendenden Polizei gewalt gewissenhaft beobachte. Der Berichterstatter sprach die Vermutung aus, daß das Vorgehen des Regierungs rats von Werder vorbereitet gewesen sei. In den Akten sei kein Anhaltspunkt dafür vorhanden, von wem die fern mündliche Mitteilung an Regierungsrat von Werder stamme, daß ein Sprengstoffanschlag im Neichstagsgebäude geplant sei. Wie in vielen Prozessen, so spiele also auch hier der „große Unbekannte" eine Rolle, der bei den Richtern nur ein mildes ver ständnisvolles Lächeln auslöse. Schließlich teilte der Be richterstatter aus den Akten noch eine Bekundung des Direktors beim Reichstage, Geheimrat Galle, mit, wonach gm Morgen des 13. September eine Polizeikommando Einlaß in den Reichstag begehrt Habs mit der Begrün dung, zum Schutze für die Fraktionssitzung der NSDAP, eingesetzt worden zu sein. Dem Polizeikommando sei aber der Einlaß nicht gewährt worden. Ebenso sei ihm der daraufhin nachgesuchte Zutritt zum Hause des Reichstags präsidenten versagt worden. Abg. Hamburger (Soz.) und Abg. Kasper (Komm.) erklärten, daß es nur im Interesse der Regierung und der Polizei liege, wenn die leitenden Polizeibeamten ver nommen würden. Abg. Freisler (Nat.-Soz.) erblickte in der Aussageverweigerung eine Verfassungsverletzung. Abg. Borck (Dtn.) betonte, der Reichskommissar fühle sich nun einmal diesem Landtag nicht verantwortlich, der ja auch gar nicht arbeitsfähig sei. Ob Verfassungsbestim mungen verletzt wurden oder nicht, sei für diesen Fall, Wo es sich um Staatssicherheit handele, gleichgültig. Der Vertreter des Ministeriums des Innern hatte inzwischen den Ausschuß verlassen. Abg. Meistermann ^Ztr.) empfahl, der Regierung nahezulegen, wieder einen Vertreter zu entsenden, da die Zeugenaussagen doch auch für sie von Interesse sein dürsten. Der Vorsitzende ließ das Ministerium diesbezüglich telephonisch verständigen. Der Ausschuß trat dann in die Zeugenvernehmung ein. Der Direktor beim Reichstag, Geheimrat Galle, be tonte, daß er Einspruch gegen die polizeiliche Durchsuchung des Reichstages erhoben.hätte. Von Herrn von Werder sZ ihm ausdrücklich mitgeieilt worden, daß der Polizeiprä sident den Auftrag zur Durchsuchung gegeben habe. Neichstagspräsident Göring sagte als Zeuge aus, daß er über die Vorgänge im Reichstag erst am nächsten Vormittag unterrichtet worden sei. Er habe den Eindruck, daß diese Polizeiaktion schon am Nachmittag des 12. Sep tember im Zusammenhang mit den Vorgängen der Reichs tagssitzung beschlossen worden sei. SHenn wirklich wich tiges Material vorgelegen hätte, so hätte er auch die Er laubnis zur Durchsuchung erteilt. Es handele sich um einen krassen Übergriff der Polizei gegenüber den Rechten des Reichstagspräsidenten. Am Vormittag des 13. September sei ein Wachtmeister . mit mehrere« Schntzpolizeibramten im PrSstdv«ten- hans erschienen mit dem Auftrage, das Haus, in dem eine Fraktions sitzung der Nationalsozialisten stattgesunden habe, zu be schützen. Göring habe diesen Schutz abgelehnt und Dr. Bracht mitgeteilt, wenn noch einmal so etwas vor komme, alle technischen Gegenvorbereitungen von sich aus zu treffen. Er hätte in diesem Fälle die Schließung des Präsidentenhauses sowie die Bewaffnung der Beamten angeordnet. Inoffiziell habe er erfahren, daß Herr von Werder, den man jetzt als Karnickel herausstelle, den Auftrag zur Durchsuchung von höherer Stelle erhalten hätte. Er, Göring, habe den Eindruck, daß der Auftrag geber Dr. Bracht selbst gewesen sei. Abg. Torgler (Komm.) sagt aus, daß in den Frak tionsräumen der Kommunisten zugeschnürte Pakete, in denen man vielleicht Sprengstoff hätte annehmen können, sticht .Leöffnet worden seien, dagegen aber Papiere und JemsstrM Meise Ser AeWaußenmimfier aus Genf abgereist. Keine Unterredung mit Herriot. Noichsaußenminister Frhr. von Neurath ist in Begleitung von Legationsrat Voelkers aus Genf nach Ber lin abgereist. Im Zusammenhang mit der Abreise kann festgestellt werden, daß sachliche Verhandlungen über die Gleichberechtigungsfrage mit Neurath in Genf nicht stattgefunden haben. Die Unterredungen Neuraths mit Henderson und Simon hatten rein informatorischen Charakter. Es dürste zum ersten Male in der Geschichte der deut schen Teilnahme an Vülkerbundverhandlungen sein, daß eine Unterredung zwischen den gleichzeitig anwesenden führenden französischen und deutschen Staatsmännern nicht stattgefunden hat. Die Initiative für die Weiterbehandlung der Gleichberechtigungsfrage bleibt weiter auf der Gegenseite, da an einer Wetterführung der Gleichberechtigungsver handlungen in erster Linie die Mächte interessiert sind, die für die Abrüstungskonferenz und damit für den gesamten Völkerbund eine Gefahr aus einem Fernbleiben Deutschlands erblicken. Enttäuschung in franzöfischk« Genfer Kreise«. Genf, 28. September. Die Abreise des deutschen Außen ministers hat in hiesigen französischen Kressen völlig überrascht und großes Aufsehen erregt, da man bisher eine derartige Hal tung der Reichsregierung nicht gewohnt war. Man hatte auf französischer Seite fest damit gerechnet, daß der Reichsaußen minister wegen der angekündigten Rede Herriots unverzüglich seine Abreise verschieben würde und damit seine Kompromiß bereitschaft bekundet hätte. Wie zu erwarten war, wird die Ab ¬ reise von französischer Seite als eine absichtliche deutsche Geste dargestellt, die nur die Gegensätze zwilchen der deutschen und französischen Auffassung unterstreichen sollte. In englischen Kreisen beurteilt man dagegen die Abreise des Freiherrn von Neurath durchaus ruhig und sachlich uns weist darauf hin, daß der englische Außenminister bereits vor einigen Tagen abgereist sei und seine Rückkehr völlig ungewiß sei. — Auf französischer Seite bestand zweifellos die allzu offensichtliche Absicht, Herriot in Anwesenheit des deutschen Außenministers einen großen Triumph in der Völkerbundsver sammlung zu ermöglichen, um damit für die weiteren Verhand lungen der Gleichberechtigungsfrage eine den französischen Wünschen entsprechende Atmosphäre zu schaffen. Scharfe Pariser ÄrWe zur Antwort Ser Kanzler; an Herriot. Paris, 28. September. Die Pariser Abendblätter be fassen sich eingehend mit Papens Antwort an Herriot, die sie als einen recht kümmerlichen Rechtfertigungsversuch bezeichnen« Der „Intransigeant" sagt, Deutschland sei selbst dafür verant wortlich, daß man alle deutschen Waffen als Angriffswaffen bezeichne. Es habe die Krise von 1870 und 1914 vom Zaune gebrochen und Friedensverträge vernichtet. Cs habe eine adlige Militärkaste mit der Führung der Politik betraut, die noch zynischer sei als die, die den Angriff von 1914 vorbereitet habe. Der „Temps "stellt fest, daß Papen nicht die Weltöffentlichkeit werde irreführen können. Wenn der Regierungschef eines Lan des, das dauernd seine Verpflichtungen nicht erfüllt habe, sage, man müsse der Reichsregierung für das Drei-MiRarden-Opfer an die internationale Zusammenarbeit dankbar sein, so müsse, man befürchten, daß jede Verständigung mit Deutschland lm Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit von Tag z« Tag schwieriger zu verwirklichen sein werde. Schriftstücke durchgewühlt worden seien. Der Sekretär der kommunistischen Reichstagsfraktion, Kühne, hat ebenfalls den Eindruck gehabt, daß nicht nach Sprengstoff, sondern nach Akten gesucht worden sei. Nachdem noch der Hauptinspektor des Reichstages vernommen worden war, beschloß der Ausschuß, durch Rückfrage beim Reichskommiffar festzustellen, ob eine Pressemeldung, daß die politische Polizei niemals Aus sagegenehmigung erhalte, authentisch sei. Gegebenenfalls will der Ausschuß mit einer Gegenerklärung an die Öffentlichkeit treten. Der Vorsitzende brachte dem Aus schuß ein Schreiben Dr. Brachts vom 26. September an Reichstagsprästdent Göring zur Kenntnis, in dem erklärt wird, daß Angaben über die Herkunft der Nachricht wegen des angeblich beabsichtigten Anschlages nicht gemacht werden könnten, da sie die polizei lichen Maßnahmen unter Umständen gefährden würden. OLerregierungsrat Diehls von der Polizeiabteilung des Innenministeriums, Regierungsrat von Werder, und vier weitere Polizeibeamte gaben sämtlich an, keine Aussage genehmigung zu haben. Der Vorsitzende schlug vor, daß der Ausschuß gegen das Verhalten des Reichskommissars gegenüber dem Untersuchungsausschuß Stellung nehme. Es lägen bereits von den Nationalsozialisten, von den Kommunisten und vom Berichterstatter Protestentschlie- ßungen vor. Der Ausschuß beschloß die Einsetzung einer Redaktionskommission zur Ausarbeitung eines einheit lichen Entschließungsantrages. Die Deutschnationalen lehnten eine Beteiligung an der Redaktionskommission ab, da sie das Verhalten des Reichskommissars billigten. Minifierkrise in England. Seit Tagen schon gingen Gerüchte» daß es im englischen Kabinett über den künftigen Regie- rungskurS zu einem Krach kommen werde. Der Krach ist nun da. Die liberalen englischen Minister Samuel und Sinclair und der frühere Arbeiterpartciler Snowden, der mit Macdonald aus der Arbeiterpartei ausgetreten ist, haben ihre Ministerpostcn verlassen und sind mit ihren Anhängern im Parlament wieder zur Opposition gegen die Regierung übergegangen. Der jetzige Ministerpräsident Macdonald, der frühere Führer der englischen Arbeiterpartei, hat be kanntlich nach dem Zusammenbruch der Ärbeiterregierung diese Regierung aus Konservativen, Liberalen und alten Freunden aus seiner früheren Partei ge bildet. Er hatte von Anfang an einen schweren Kampf, um die sehr widerstrebenden Meinungen unter einen Hut zu bringen. Die Macht der Verhältnisse und die alten Gegen sätze waren überstärker als alle Verhandlungskunst des alten Arbeiterführers, und so kam es zum Krach. Die Minister- krise hat verschiedene Ur l_a.ch e n. Der Hauvtarund ist allerdings die Wirtschaftspolitik mit ihren alten Gegen sätzen zwischen den Zollgegnern und den Zollanhängern. Darüber hat es schon oft Ministerkrisen in England ge geben. Die englischen Liberalen waren von jeher die Vor kämpfer für den freien Handel, die Konservativen sind die alten Zollfreunde. In der jetzigen Negierung, die sich Negierung der „nationalen Konzentration" nannte, saßen Anhänger beider Richtungen, es hat sich gezeigt, daß sie auf die Dauer doch nicht zusammen regieren können. Wie bei uns spielt auch in England die Frage der Arbeitsbeschaffung die Hauptrolle in der Politik. Die bisherige Regierung ist schon vor einem Jahr dazu übergegangen, durch Zölle und andere Einfuhr erschwerungen die sremde Konkurrenz von Eng land fernzuhalten, die liberalen Minister haben wohl oder übel mitmachen müssen. Aber die Maßnahmen reichten zur Wirtschaftsbelebung nicht aus. Vor allem entstanden durch die Zollpolitik schwere Konflikte mit den großen englischen, in ihrer Wirtschafts politik selbständigen Kolonien Kanada, Australien, Südafrika. Diese Kolonien wollen vor allem ihre land wirtschaftlichen Produkte in England absetzen, haben aber keine Lust, sich durch die englische Konkurrenz ihre eigenen Industrien schädigen zu lassen, sie wollten die englische Einfuhr nicht anders behandeln als die jedes anderen Landes. Um diese verschiedenen Wünsche irgendwie mit den Interessen aller in Einklang zu bringen, hat di«! Londoner Regierung bekanntlich die große Konferenz in der kanadischen Hauptstadt Ottawa veranstaltet. Nach wochenlangen Verhandlungen hat sich London mit den Vertretern der Kolonien auf einen Vertrag über diei gegenseitige Behandlung des Warenverkehrs geeinigt.- Der Vertrag sollte nun in London dem Parlament zur Billigung vorgelegt werden. Da verloren aber die libera len Minister den Mut, mit diesem Vertrag vor ihre Freunde im Parlament zu treten, und haben die Regie rung verlassen. Es scheint in diesem Vertrag doch einiges drinzustehen, was ein echter englischer Liberaler nicht an nehmen kann. Die Liberalen find nun wieder zur Opposition übergegangen; ein Teil der Liberalen, die Anhänger des alten aus dem Krieg bekannten Ministers Lloyd George, sind auch nach den letzten Wahlen in der Opposition ge blieben. Jetzt werden sich diese beiden Gruppen wohl wieder versöhnen. Parlamentarisch bedeutet der Abgang der liberalen Minister keine Schwierigkeit, solange die Konservativen für die jetzige Regierung Mac donald sind, denn die konservative Partei hat die absolute Mehrheit im Parlament. Ob der Regierungswechsel auch Einfluß auf die Außenpolitik Englands hat, besonders auf seine Politik gegenüber Deutschland, wird erst die Zukunft zeigen. Die Pariser Blätter meinen ja, daß die letzte scharfe Note an Deutschland nicht von allen englischen Ministern gebilligt Warden sei, und daß es möalickerweise