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I für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8ges; ollene Naumzeile 20 Npfg., die ^gespaltene Zeile der amtlichen Dekonntnicchungen 40 Reichs- Pfennige, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen »Teile 1 RMK. NachmeisungsgebLhr 20 Reichspscnnige. Vor- Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmebisvorm.HOUHr. ' Für die Nichtigkeit der durch Fernruf Lbermittelter. Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt' erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— NM. sret Haus, bei Postbestellung 1,80 AW. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Pvstanffatten, Post boten und unsere Aus- cm träger und EeschiiffsMen nehmen zu jeder steil Be- 2NüchLUolü11 fUk WilSdkUff U. UMPkpLUd stellungen entgegen. ?im Falle höherer Gewalt, » ' ' Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anlpruc! an« L'-jtiung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriststückc ersolgt nur, wenn Porto beiliegt. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 337 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2tiqi> Sonnabend, den 8. Oktober 1932 Oer eiserne Ring. Der prinzliche „Handlungsreisende" — Handelspolitisch« „Krawatten" — Das Damoklesschwert. Vor dreißig Jahren hat es schon einmal eine« Prinzen von Wales gegeben, dessen häufige Reise« man in Deutschland erst mit leichtem Spott, dann aber i« steigender Besorgnis mit ansah. Er hat sie dann als „King" eifrig und zielbewußt fortgesetzt, bis er den Ring um Deutschland geschlossen hatte. Dieser „Reiseonkel" wai Eduard VII., und seines Reisens und Wirkens „Erfolgs ist der Weltkrieg geworden. Auch sein Enkel, der jetzig« Prinz von Wales, reist eifrig. Nicht in Politik, wi« ein Großvater, sondern in Wirtschaft. Und der rühere Spott über den „prinzlichen Handlungsreifenden" st heute nicht mehr angebracht. In Südamerika hat er fm >ie englische Wirtschaft mehr erreicht als den Nordamerü anern lieb sein mußte. Jetzt hat er aber das Held seiner Tätigkeit nach dem skandinavischen Norden verlegt, hat zusammen mit seinem Thronfolger- Kollegen von Dänemark die Dänisch-englische Aus stellung in Kopenhagen eröffnet und eifrigst gefördert, und der Erfolg ist schon da: der Warenaustausch »wischen Dänemark und Deut-schland hat sich im letzten Monat zu unseren Ungunsten entwickelt, denn die Dänen kauften nicht einmal mehr so viel an Waren bei uns, wie wir bei ihnen. Dann reiste der Prinz nach Stockholm weiter, wo eine schwedisch-englische Woche unter seinem Protektorat dieselben Ziele verfolgte wie die Kopenhagener Ausstellung. Als besonderer Hintergrund ist dann auch immer ein englischer Flotten besuch erfolgt. Und in Stockholm wieder dasselbe Bild: Regierung und öffentliche Körperschaften der Industrie und des Handels propagieren eifrigst und großzügig für enge handelspolitische Beziehungen mit England. Auf Kosten des bisher für uns sehr günstigen Handelsverkehrs mit Deutschland. Unsere Gegenwehr ist dadurch behindert, daß der Handelsvertrag mit Schweden gekündigt ist, — und gerade diese Zeit nutzten die Engländer aus, und für sie als repräsentativer „Handlungsreisender" der Prinz Von Wales. Der deutsche Export nach dem skandinavischen Norden ist nicht mehr bloß gefährdet, sondern ihm sind schon tiefe Wunden geschlagen worden. Unsere Handels- und Wirtschaftspolitik aber ist zwangsläufig. Die Devisenknappheit z. B. zwingt schon zu einer fortgesetzt stärkeren Einfuhrdrosselung, und — von dieser Seite aus gesehen — bedeutet die Kontingen tierung eigentlich grundsätzlich nur die Legitimierung eines Standes der Einfuhr, der doch früher oder später eintreten muß. Schließlich verlangen ja gerade die Staaten, die — wie Holland — brüsk jede Vereinbarung über eine Kontingentierung ihrer Ausfuhr nach Deutschland ab lehnen, nach wie vor die Zahlung unserer Schulden von uns! Das kann aber nur durch deutschen Warenexport ge schehen, und wenn man diesen tatsächlich absperrt oder gar offiziell den Kampf gegen ihn eröffnet, dann werden wir eben eines unschönen Tages nicht mehr zahlen können. Die Zurückweisung jeglicher Verhandlungen mit unserer Delegation in Holland ist für uns aber nicht bloß des wegen folgenschwer, weil auch hier sofort der Handelskrieg gegen uns gepredigt wird, daß auch hier schon die Eng länder auf dem Plan erschienen, sondern weil Holland 1931 unser zweitbester, im ersten Halbjahr 1932 sogar — abgesehen von Rußland — unserbe st erKunde war. Aber andererseits trifft das Ministerwort von der „Über schwemmung Deutschlands mit ausländischen Agrarpro dukten zum schweren Schaden für unsere Landwirtschaft" gerade aus den Import aus Holland zu. Und die „Mijn- hers" haben schon längst nicht mehr gezögert, selbst recht eifrig in Kontingentierungs- und erhöhter Zollpolitik zu machen, worunter auch der deutsche Export nach Holland schwer leidet; auch ohne etwa kommende Kampfmaßnahmen Hollands gegen ihn würde er 1932 bestenfalls knapp zwei Drittel des Umfangs von 1931 erreichen. Gerade aber das westdeutsche, besonders auf Veredelungs- wirtfchaft eingestellte Bauerntum wird von der hol ländischen Agrarausfuhr in unerträglicher Weife getroffen und geschädigt. Wenn wir nicht schon längst zur Kontingentierung der Agrareinfuhr umschwenkten, so deshalb, weil Holland — und unsere anderen Gläu bigerstaaten — uns einfach finanziell unter Druck nahmen, indem sie uns jedes Entgegenkommen in der Schuldenfrage >u verweigern drohten. Tenn nicht Liebe und Haß, nicht Zu- und Abneigung, sondern nur Vorteil und Nachteil legieren in der Wirtschaft. Frankreich freilich kann es sich nut seinem großen Geldsack leisten, politische Zuneigungen ourch wirtschaftlich-finanzielle Zugeständnisse zu erkaufen Ader zu pflegen. Aus politischen Gründen hat die deutsche »relchsregicrung im vergangenen Jahre Italien gegen- gewisse Bevorzugungen in der Devisenzuteilung für jA^uiport italienischer Waren eingeräumt,—das geht jetzt A'A-ZUehr! Und rücksichtslos antwortete Italien mit einer busperre gegen Importe aus Deutschland. Sofort A dort die Engländer auf. Auch bei der Kon- ^Mentierung verlangen ja alle „meistbegünstigten" Länder, oyne weiteres in den Genuß jeder Bevorzugung zu treten, oie unserseits hinsichtlich der Höhe des Kontingents irgend- e^v e.m dieser Länder gewährt wird. Wir können eben Vie Antwort an knglanck. Beschlüsse über die Londoner Konferenz. Wichtige Sitzung der Reichsregierung. Das Neichskabinett trat am Freitag zu einer Sitzung zusammen, um sich mit innen- und außenpolitischen Frage« zu beschäftigen. Im Vordergrund der Beratungen stand die Stellungnahme Deutschlands zu der von England ge planten Fünferkonfcrenz in London. Da Neichsaußcn Minister Frhr. v. Neurath fern von Berlin ist, erstattete Staatssekretär v. Bülow den Bericht, der die Grundlage der Kabinettsberatung bildete. Die Grundzüge der offi ziellen Antwort auf die englische Einladung wurden vom Kabinett beschlossen. Die Beschlüsse werden der Öffent lichkeit übergeben werden, sobald die deutsche Antwort in London überreicht sein wird. Vorher sollen allerdings noch Rückfragen in London gehalten werden. In gutunterrichteten politischen Kreisen verlautet, daß die deutsche Regierung in ihrer Antwort grundsätzlich den Vorschlag einer Aussprache gutheißen und begrüßen wird. Vor einer endgültigen Erklärung über die Beschickung der Londoner Konferenz wünscht die deutsche Regierung aber jene Vorfrage nach dem Thema der Besprechung ge klärt zu sehen, die bereits in den mündlichen Unter haltungen mit dem englischen Geschäftsträger gestellt worden ist. Die Londoner Besprechungen können nach deutscher Auffassung nur dann wertvoll und erfolgreich sein, wenn sie voraussetzungslos geführt werden soweit der Anspruch auf Gleichberechtigungen Betracht kommt. Die englische Regierung wird gebeten, sich darüber in Ver handlungen mit den anderen Mächten Gewißheit zu verschaffen. * England hätt am Konserenzplan fest Vor einem neuen französischen Vorstoß. Aus leitenden englischen Kreisen wird bestätigt, daß die englische Regierung uneingeschränkt an ihrem Vor schlag des^ baldigen Zusammen tretens der Fünfmächtekonferenz über die Regelung der Gleichberechtigungsfrage festhalte. Man be tont ausdrücklich, daß durchaus noch Aussichten für ein Zustandekommen vorhanden seien. Die Widerstände aussranzösischer Seite werden nicht als unüber windbar angesehen, obwohl Herriot an der Behandlung der Gleichberechtigungsfrage nur im Rahmen der Ab rüstungskonferenz festhält. Die Bereitschaft A m e- rikas und Italiens, an der Konferenz teilzunehmen, wird auf englischer Seite als eine wesentliche Stärkung der Initiative, der englischen Regierung angesehen. nicht so, wie wir wollen, können es nirgends. Denn um uns hat man den eisernen Ring geschmiedet und ver wehrt uns auf jede Weise den Versuch, ihn abzustreifen. Die scharfe Beaufsichtigung spürten wir mit schmerz hafter Deutlichkeit, am ärgsten im Westen wo das entmilitarisierte Rheinland die deutsche Schutzlosigkeit besonders hervortreten läßt. Der Duis burger Oberbürgermeister Dr. Jarres wies jetzt wieder darauf hin, daß es sich hier aber nicht bloß um eine be wußte politisch beabsichtigte, sondern auch wirtschaftlich verhängnisvolle Schutzlosigkeit von 13 Millionen Deutscher und stärkster industrieller Kraftquellen Deutschlands handelt und handeln soll. Von uns verlangt man jede Rücksichtnahme auf die Weltwirtschaft und den Welt frieden, aber hier, im entmilitarisierten Rheinland, ver ewigt man einen völkerrechtlichen Ausnahmezustand, „über der wirtschaftlichen Kraftentwicklung im Westen hängt ein Damoklesschwert." Aber nicht bloß im deutschen Westens Dr. Pr. Oer größte Zynismus -es Versailler Diktats. Der deutsche Gleichbercchtigungsanspruch in der Luftfahrt. Ministerialdirektor Dr. Brandenburg sprach kürz lich über die Frage „Der deutsche Gleichberechtigungs anspruch auf dein Gebiete der Luftfahrt" Der Friedens vertrag verbiete Deutschland schlechthin den Besitz jeglicher Luftstreitkräfte als Teil des deutschen Heerwesens. Bei ehrlicher Anerkennung des Gleichberechtigungs- Prinzips für alle Völkerbundstaaien müßten also alle Staaten auch ihre gesamte militärische Lustsahrt abschaffen, und zwar durch Zerstörung, nicht etwa durch Inter nationalisierung. In dem Verbot von Luftab weh r m i t t e l n für Deutschland liege einer der größten Zynismen des Versailler Vertrages. Man verbiete dem abgerüsteten Volke sogar die armselige Abwehr von der Erde. Es gebe ein sehr einfaches Mittel, um die zivile Luftfahrt jeder militärischen Verwendbarkeit radikal Der von Paui-Boncour ausgearbeitete neue große Plan der französischen Regierung über die Schaffung von Sicherheilsgarantien wird in der nächsten Zeit dem Büro der Abrüstungskonferenz vorgelegt werden. Offenbar bezweckt die französische Regierung mit diesem Versuch, vor einer offiziellen Behandlung der Gleichbcrechtigungsfrage die Erörterung der französischen Sichcrheitswünschc im Nahmen der Abrüstungskonferenz durchzusetzcn und damit eine Weiterführung der Ab rüstungskonferenz auch ohne Teilnahme Deutsch land 8 zu sichern. Die Lage auf der Abrüstungskonferenz wird jedoch allgemein als äußerst verworren und unsicher beurteilt, da das Fernbleiben Deutschlands die praktischen Arbeiten vollständig lahmlegt. Die deutsche Antwort. Berlin, 8. Oktober. Wie der „Lvkalanzeiger" ergänzend erfährt, erklärt sich die Reichsregierung in ihrer Antwort an England grundsätzlich bereit, an einer Besprechung über die deutsche Forderung auf Gleichberechtigung mit den europäischen Großmächten und mit einem Vertreter der Vereinigten Staaten teilzunehmen. Sie erklärt sich auch bereit, dann an solchen Ver handlungen sich zu beteiligen, wenn Vertreter kleiner Staaten hinzugezogen werden, aber auch gleichzeitig der Rüstungsstand dieser kleinen Staaten in die Erörterung einbezogen wird. Nach der „Bossischen Zeitung" ist die deutsche Antwort in die Form eines „Aide memoire" gekleidet. Amerika kommt nicht nach London. Die „Hände weg-Polilik" der Vereinigten Staaten. Die Frage, welche Haltung die Regierung der Ver einigten Staaten zu der geplanten Londoner Fünf- mächte-Konferenz einnehmcn werde, wird durch eine Erklärung hoher Beamter des Staatsdepartements klargcstcllt, die an die Presse gegeben wurde. Die Ver einigten Staaten werden sich hiernach an der Londoner Abrüstungskonferenz nicht beteiligen und eine Hal tung einnehmen, die man hier als „Hands off"-Politik bezeichnet (Händeweg-Politik). Dies geschehe, um nicht in die Intrigen Europas ver wickelt zu werden, die sich bereits jetzt, noch vor Zu sammentritt der Konferenz, bemerkbar gemacht hätten. Das Staatsdepartement erklärte, es habe das allergrößte Interesse an einer deutsch-französischen Eini gung, damit sich Hoovers Abrüstungsplan verwirklichen lasse. Es sei jedoch zu befürchten, daß die Landauer Kon ferenz eine schwere Belastungsprobe für die Politik Hoovers und Stimsons in bezug auf die Welt abrüstung und die Heiligkeit der Verträge darstellen werde. zu entziehen: Man brauche Nur allgemein diejenigen Be stimmungen einzuführen, welche man im Jahre 1926 der deutschen Zivilluftfahrt aufgezwun gen habe. Vor allem aber könne man die ganze ver meintliche Gefahr der zivilen Luftfahrt mit einem Schlage beseitigen, indem man sich auf ein allgemeines Bombenabwurfverbot einigte. Das Verbot des Bombardements der Zivilbevölkerung, wie es in der Benesch-Entschließung der Abrüstungskonferenz enthalten sei, sei völlig unzureichend. Wenn man die Flughäfen, die Verkehrsanlagen, die Kasernen, die Docks, die Fabriken, welche Heeresgut Herstellen, und ihre Unterlieferanten als militärische Ziele ansehe und diese deswegen angreife, so bleibe eigentlich k e i n e S t e l l e in den Großstädten mehr übrig, auf die nicht Bomben geworfen werden können. Die unglückliche Zivilbevölkerung wohne nun einmal an allen diesen Stellen. Einspruch gegen die Lohnsenkungs- Verordnung. Bei einem Empfang von Mitgliedern des Sozial politischen Ausschusses der deutschnationalen Reichstags- sraktion beim Reichsarbeitsminister erhoben die Abgeordneten nachdrücklich Einspruch gegen die 88 1—6 der Verordnung zur Vermehrung der Arbeitsgelegenheit. Die hier geschaffenen schematischen Lohn- und Gehalts kürzungsmöglichkeiten seien untragbar und müßten als einseitige Belastung des Arbeiter- und A n g e st e l l t e n st a n d e s wirken. Insbesondere müsse unbedingt gefordert werden, daß jeder Mißbrauch aus geschlossen werde. Der Neichsarbeitsminister Schäffer wies daraus hin, daß die Regierung mit diesen Bestim mungen nicht die Arbeitnehmerschaft belasten, sondern alles zur Minderung der Arbeitslosigkeit tun wolle. Bei dem Empfang erklärten die deutschnationalen Abgeord neten, daß sie einmütig aus der Forderung Hugenbergs aufAufhebung der Juni-Notverordnung mit ihrer Renten- und Unter st ützungskürzung be stehen müßten.