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Arnim, bekanntlich mit berserkerhaftem Grimm verfolgt, als er merkte, daß Arnim eigene politische Wege ging. Das wurde ganz anders, als die Gesandten Bismarcks Faust nicht mehr im Nacken spürten und im übrigen die deutsche Außenpolitik sich immer mehr komplizierte. Ein vielleicht nicht ganz unberechtigtes, aber hartes Wort Lloyd Georges hat ja einmal gesagt, die Staatsmänner aller Nationen seien in den Welt krieg „hineingeschliddert", — und wenn dieser Vorwurf zutrifst, dann tragen die Gesandten ihr gutes Päcklein Schuld daran. Im parlamentarisch regierten Deutschland mit seinen häufig wechselnden Regierungen, deren außenpolitische Ziele und Linien durchaus nicht immer übereinstimmten, hat man bald gespürt, daß der innenpolitische Wechsel nur in ganz entscheidenden Fällen auch außenpolitische Rück wirkungen haben durfte. So wurde das Außenministe rium etwa in der Mitte des vorigen Jahrzehnts zum „Fachministerium", und ganz selten sand an den wichtig sten Gesandtenposten — Paris, London, Washington, Rom — auch ein Personalwechsel statt. Der jetzt nach London versetzte Pariser Botschafter v. Hoesch z. B. — wie viele, viele Male las man in der Zeitung die über- schrift: „Hoesch bei Briand"! — stand seit 1922 auf seinem Posten, und er ist jetzt bei seinem Abschied von seinem Palais in der Rue de Lille sehr gefeiert worden. Der fran zösische Ministerpräsident Herriot widmete ihm nicht nur die üblichen Abschiedsworte, sondern riskierte sogar eine leichte Handbewegung auf das gegenwärtig nicht gerade spannungslose Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich hin. v. Hoesch konnte das erwidern durch die Überreichung der Goethe-Medaille an Herriot, der durch diese am 28. August vom Reichspräsi denten ausgesprochene Verleihung als Schriftsteller und geistig auch für die deutsche Literatur, besonders für Goethe, interessierte Mensch geehrt werden soll. übrigens hat der Abschied des bishericHn Botschafters der französischen Regierung noch ein bißchen Kopfzerbrechen gemacht, das eine recht — pikante Lösung fand. Ent sprechend bisherigem Gebrauch hätte Herr vou Hoesch als langjähriger Vertreter einer Großmacht in Paris eigentlich den Großkordon der Ehrenlegion erhalten müssen. Aber das ging nicht. Denn erstens hätte er ihn der Reichs verfassung gemäß, die das verbietet, natürlich zurückweisen müssen, und dann hätte es unter den augenblicklichen Ver- hältnissen etwas sonderbar ausgesehen, wenn man dem Vertreter Deutschlands einen Orden verliehen hätte, der du Inschrift „Ehre und Vaterland" bzw. „Französische Repu blik" trägt. Daß diesen Orden vor ein paar Jahren dei damalige österreichische Außenminister Dr. Schober er hielt, hat ihn nicht vor der schärfsten politischen Verfolgung durch Frankreich bewahrt. Man kam also auf den Ge danken, Herrn von Hoesch einen großen Tafelaufsah aus Sevres-Porzellan als Abschiedsgeschenk z« übereignen, und der Botschafter hat bei aller Freude dar über vielleicht auch einen Augenblick daran gedacht, daß nicht nur dieses künstlerisch vollendete, in Sevres her gestellte Porzellan recht zerbrechlich ist, sondern daß „poli tisches" Porzellan aus Sövres vor zehn Jahren recht gröb lich zerschlagen worden ist. Dort war nämlich das Frie densdiktat der Entente an die Türkei erfolgt, und dieses „Sövres-Porzellan" hat der Säbel des siegreichen Musta pha Kemal in Stücke geschlagen. Was nichts schadete, denn es war nichts wert! Der Nachfolger des jetzt nach London gehenden Bot schafters v. Hoesch wird in Paris allerdings sehr viel zu tun haben, um das dort „zerschlagene Porzellan", nämlich die Beziehungen gleichfalls politischer Art zwischen Deutschland und Frankreich, wieder zusammenzukitten. Aber selbst wenn ihm das gelingt, so dürfte doch dieses Verhältnis, wenn nicht vieles ganz anders wird, eben nur die Haltbarkeit des Porzellans besitzen. Nr. Luther über den Güteraustausch. , .Überseeklub in Hamburg sprach der Neichs- vankpräsident Dr. Luther. Er betonte in seiner Rede eingangs: Je stärker die Nation sich hinter das Re- A4 " u n g s p r o g r a m m stellt, um so größer wird der Wünsche nach Erweiterung des Programms Nellen keine Förderung des Programms dar. Dieses Pro gramm kann nicht mit einem Schlage umstürzende Lattungen auslösen. Worauf es jetzt ankommt, ist, alle Lanraft und allen Schwung darauf zu verwenden, daß schnellstens aus geführt wird, wozu durch -vetcyiusseder Reichsregierung und Reichsbank die Grund lagen geschaffen sind. seltsam, daß kürzlich in der Öffentlichkeit die ausgestellt worden ist, die Reichs bank stehe unter ausländischem Einfluß und sei kein Instrument Englische MenUm für Abrüstung England soll eine „endgültige Abrüstungspolitik" erklären. Die englischen Kirchenführer, die dem Ministerpräsi denten MacDonald und dem Außenminister Simon ihre Ansichten zur Abrüstungsfrage vortrugen, vertraten sämt liche englischen Kirchen mit Ausnahme der römisch- katholischen Kirche. Sie forderten, daß die englische Re gierung bei Wiederaufnahme der Abrüstungskonferenz so fort eine endgültige Abrüstungspolitik erklären solle, die sich auf die Durchführung des Hooverplanes und die Gleichberechtigung aller Mitglieder des Völkerbundes stütze. England sei ehrenhalber verpflichtet, die im Versailler Vertrag abgegebenen Versprechungen zu erfüllen, daß die zwangsweise Abrüstung Deutschlands der erste Schritt der allgemeinen Abrüstung der anderen Staaten sein solle. Angesichts der hervorragenden Stellung, die die kirch- 'chen Würdenträger in England einnehmen, muß das Kabinett sich notgedrungenerweise mit den von der Kirche ausgestellten Forderungen befassen. Es ist jedoch noch nicht abzusehen, bis zu welchem Grade der Schritt der Kirchenstürsten die Abrüstungspolitik des Kabinetts be einflussen wird. * Die Ansprachen Macdonalds und des Autzenmivisters Simon. London, 20. Oktober. Bei dem Empfang der englischen Kirchensürsten beim Ministerpräsidenten MacDonald erklärte der Erzbischof von Canterbury in seiner Ansprache unter ande rem, die Kirche werde MacDonald die begeisterte Unterstützung gewähren bei der Erfüllung der sooft ausgedrückten Bereit schaft, Deutschland einen ebenbürtigen Platz unter den Nati onen zu gewähren, indem ein freiwilliges Abkommen getroffen werde, aus dem sich dann eine Abrüstungsvereinbarung ergeben werde. Die Kirche unterstütze die Bestrebungen, die stufenweise Abrüstung auf den deutschen Rüstungsstand zum Grundstein der englischen Politik zu machen. Der Erzbischof von Bork drückte sein Bedauern darüber aus, daß das englische Vorgehen in der Abrüstungsfrage bisher nur Stückwerk gewesen sei. In dieser Hinsicht sei besonders die englische Note an Deutschland in der Frage der Gleichberechti gung zu bedauern. Das moralische Element sei in dieser Note dem juristischen untergeordnet. Außenminister Simon, der darauf das Wort nahm, erklärte u. a., die Note ziele nicht auf einen rechtlichen Vorschlag hin, sie besage im Gegenteil, daß Deutschlands Anspruch und die englischen Verpflichtungen nicht in Ausdrücken technischer Iu- ristik erörtert werden könnten. Die Note sei dazu bestimmt ge wesen, technische und rechtliche Beweisgründe beiseite zu schieben. Er freue sich, erklären zu können, daß die Note dazu geeignet sei, einige Beweisgründe, die in sich nicht stichhaltig und in jedem Falle technischer Natur wären, zu beseitigen, um das Feld zu Verhandlungen klar zu machen. Zu dem Vorwurf, nicht führend vorgegangen zu sein, er klärte Simon, die Mitglieder der Abordnung würden dem eng lischen Volke die Annahme des Wunsches nach weiterer Ab rüstung erschweren, wenn sie nicht auch sagten, daß England die einzige große Nation sei, die seit dem Waffenstillstand unge heuer große Abrüstungen vorgenommen habe. Er lehne es ab, sich bezüglich der Genfer Verhandlungen einem Gefühl der Verzweiflung oder der Niedergeschlagenheit hinzugeben. Simon verteidigte sich dann gegen Angriffe der Presse, die seine Hal tung bei der Bekanntgabe der Hoovervorschläge. falsch kritisiert habe. Ministerpräsident MacDonald erklärte, daß Sir John Simon bald nach Genf zurückkehren werde. Er, Macdonald, werde den Außenminister vielleicht begleiten, um zu sehen, ob nicht ein besseres Verhältnis zwischen den europäischen Nati onen zustandegebracht werden könne. Abrüstung sei an sich- eine beträchtliche Friedensgarantie. Trotzdem könne man sehr gut einen Abrüstungsplan aufziehen mit dem Zweck, den Krieg zu erleichtern. Die englische Regierung habe seit Februar zäh dar an gearbeitet, um nicht einen Zustand der Abrüstung,, sondern, was schwieriger sei, einen Zustand des Willens zum Frieden zu schaffen. Er wolle nicht Chef einer Regierung sein, die ledig lich Schriftstücke über die Herabsetzung der Rüstungen unter zeichne. MacDonald erklärte abschließend, er wünsche ebenso wie Simon, an der Spitze -einer Regierung zu stehen, die in Europa und in der Welt Frieden schaffe. England habe bereits ein großes Werk mit Amerika vollbracht. Er glaube, daß Eng land von Amerika nur durch- eine Art moralischer Katastrophe getrennt werden könnte. Man muffe fragen, weshalb eine ähn liche Einigung nicht auch in Europa möglich sein sollte. Der Erzbischof von Canterbury dankte den Ministern für ihre Erklärungen und sprach die Hoffnung aus, daß die Abord nung die Minister nicht niedergeschlagen, sondern ermutigt habe. Es sei befriedigend zu erkennen, daß beiderseits der Wille bestehe, etwas zum Frieden der Welt beizutragen. Japan lehnt Hoover-Abrüstungsplan ab. Das japanische Außenministerium und das Marine- Ministerium haben nach einer amtlichen Mitteilung aus Tokio beschlossen, den Vorschlag des Präsidenten Hoover zur Verminderung der Seestreitkräfte um ein Drittel „unter allen Umständen abzulehnen, und zwar im Interesse der japanischen Landesverteidigung". der Nationalwirtschaft. Wie das ganze deutsche Voll wissen sollte, gibt es einen ausländischen Einfluß in der Rclchsbank seit dem Frühjahr 1930 nicht mehr. Die für die Negierung bestehende internationale Ver pflichtung, die wesentlichsten Vorschriften des Bankgesetzes nicht abzuändern, wird mit der Ratifikation des Lau sanner Abkommens fortfallen. Daß die Neichsbank in allem, was sie tut und läßt, ein Instrument der National wirtschaft war, ist und sein wird, diese Selbst verständlichkeit auch nur des näheren zu begrün den, lehne ich ab. Dr. Luther betonte dann weiter: Die besondere Be fähigung unserer industriellen Arbeiterschaft besteht in der Herstellung von Qualitätswaren, für die das Ausland Bedarf hat. Diese Bedürfnisse des Auslandes zu befrie digen, ist ein nationaler Weg, um das deutsche Volk am Leben zu erhalten. Für die praktisch übersehbare Zukunft muß damit gerechnet werden, daß weiteres Absinken der Ausfuhr neue Erwerbslosigkeit und neue Entwertung deutschen Volks vermögens bedeutet. Mit der Beseitigung von Einfuhr beseitigt man im Endergebnis auch immer ebensoviel Ausfuhr. Wenn Unternehmungen infolge Fortfalls ihres Ausfuhrgeschäfts schließen müssen, weil ihr Jnlandsgeschäft allein eine nutz bringende Produktion nicht ermöglicht, so ist damit auch die Nachfrage nach Jnlandserzeugnissen vernichtet und eine neue Schrumpfung herbeigeführt. Dr. Luther ging dann auf die Frage eines freien Güteraustausches und die Frage der eingefrorenen Aus landskredite ein: In der Wirtschaftsentwicklung hat es immer nur ein Mittel gegeben, um den Unterschied zwischen Gläubiger- und Schuldnerland allmählich aus zugleichen, das ist der freie Warenverkehr. Des halb werden alle anderen Erörterungen, z. B. über Auf hebung der Devisenordnungen, über Konsolidierung der kurzfristigen Schulden, sozusagen im Technischen stecken bleiben, solange nicht durch Herabsetzung der Zölle und Beseitigung der sonstigen internationalen Handelshemmnisse die Bahn für den Warenverkehr wieder frei gemacht wird. Zur Kreditwirtschaft übergehend, sagte Dr. Luther: Die Kreditbegehrenden er warten Hilfe vom Staat. Dem muß entgegengehalten werden, daß es keinen anderen objektiven Maßstab für die Kreditzuteilung im großen gibt als die privatgeschäft liche Prüfung der Rentabilität. Die von der Reichsbank immer für richtig gehaltene Forderung, man solle die Banken reprivatisieren, bedeutet deshalb, daß Reich und Golddiskontbank keine Maßregeln ergreifen dürfen, die die Unabhängigkeit der Entscheidungen über Kreditgewährung und die Anwendung privatgeschäftlicher Vorsicht auf diese Entscheidungen in Frage stellen. Einigung über die Buttereinfuhr. Die in Berlin zwischen Dänemark, Finnland und Deutschland geführten Besprechungen über die Neurege lung der Buttereinfuhr nach Deutschland haben zu einer Verständigung geführt. Deutschland wird künftig Butter bis zu einer Gesamt menge von 55 000 Tonnen im Kalenderjahr zur Einfuhr zulassen. Dieses Kontingent wird auf die in Betracht kommenden Länder nach ihrem prozentualen Anteil ari der gesamten deutschen Buttereinfuhr im Durchschnitt der Jahre 1929 bis 1931 verteilt. Mit Finnland ist für Butter ein einheitlicher Zollsatz von 75 Mark vereinbart worden, der den meistbegünstigten Ländern zusteht. Es ist in Aus sicht genommen, diese Regelung vom 15. November d. I an in Kraft zu setzen. Schwer bedrohtes Grenzgebiet. Abschluß der bayerischen Reise des ReichSinncnministers. Reichsinnenminister von Gayl kehrte von seiner bayerischen Ostmarkenreise nach Berlin zurück. In einer Unterredung betonte der Reichsrnnenminister, er habe auf seiner dreitägigen Reise erkannt, daß es sich bei der baye rischen Ostmark um ein schwer bedrohtes Gr e n z - gebiet handele, das die Fürsorge des Reiches benötig« und verdiene. Er Hosse, daß es gelinge, im kommende«