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Ottendorfer Zeitung. o . H Erscheint Dienstags, Donnerstags und Sonnabends abends. Bezugspreis: monatlich 40 Pfg., zweinionatlich 80 pfg., vierteljährlich 1,20 Mark. O Einzelne Nummer <0 pfg. O - Unterhaltungs- und Anzeigeblatt Wochenblatt und Anzeiger Neueste Nachrichten Bezirks- und General-Anzeiger y ————<> Annahme von Anzeigen bi» spätestens Mittags p Uhr des Erscheinungstages. Preis für die Spaltzeile zo pfg. Zeitraubender und tabellarisch« Satz nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen Preisermäßigung. 0 — Ü Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von H. Rühle, Inh.: R. Storch in Groß-Mkrilla. Für dir Redaktion verantwortlich R. Storch in Groß-Gkrilla. Vo. 12. Freitag, den 28. Januar IMO 9. Jahrgang. Gasanschlüsse betr. Mit TenehmigunqZdeS Derbandsausschuffe» wird die Gaswerksverwaltung Hausanschlüsse bis 1 w vor das Hausgrundstück noch bis zum 1. Dezember d. I. kostenlos aussühren. Nach diesem Zeitpunkte gewünschte Anschlüsse unterliegen der besonderen Genehmigung des Gemeindeoerbandes. Otlenäork-Okrill», den 26. Januar 1910. Der Gemeindrverbandsausfchutz. Gemeindevorstand Richter. Vorsitzender Sparkasse vnenaorl - MoriWrl verzinst Einlagen mit 3*/, und expediert an jedem Wochentage von 8—1, und von 3—5 Uhr, Sonnabends von 8—2 Uhr. Einlagen werden streng geheim gehalten. Einlagebücher fremder Sparassen werden kostenfrei-übertragen. Kaisers Geburtstag! Laß brausen deinen Iubelsang Mein deutsches Land mein Vaterland! Voll Liebe künde deinen Dank Am heut'gen Tag mit Herz und Hand! Denn deines Kaisers Wiegenfest Ist wahrlich auch dein Ehrentag Der lauter, heißer pochen läßt Des vollen Herzens wilden Schlag! Drum Deutschland, laß des Hubels Ton Durch deine Gauen hallen klar, Bis hin zum hehren herrscherthron, Dem Kaiser noch gar manches Jahr! Gott halte seine milde Hand Auf seinen Scheitel für und für Zum Segen für das deutsche Land! Glück auf darum! heil Kaiser dir! Vertlirhrs und Sächsisches. Vitendorf-Vkrilla, den 25. Januar wio. —* Der neue Komet war gestern Abend auch hier zu sehen. Derselbe ist noch einige Tage zu sehen mit einem nach oben gehenden Schweif. Der Komet ist zum erstenmale von südafrikanischen Sternwarten beobachtet worden und heißt „Great Komet". —* Milzbrand. Herr Fleischbeschauer Kütt- Uer stellte gestern bei einem Stück Jungvieh des Herrn Lesche in Cunnersdorf Milzbrand bst und veranlaßte die vorgeschriebene Tötung ahne Blutung. Durch den Tierarzt wurde der Befund und die getroffene Mcßregel gutgeheißen. —* Sonnabend, den 29. Januar 1910, von vormittags 9 Uhr ab werden aus dem Gelände zwischen Langebrück, Schönborn Setfersdorf, Lomnitz und Grünberg die F-ld- ortillerie-Regimenter Nr 12 und 48 mit scharfer Munition schießen. Die während des Scharfschießens gefährdeten Wegestrecken werden durch Warnungstafeln kenntlich gemacht, da» innerhalb des Gefahrenbereiches gelegene Ge lände außerdem durch Gendarmerie, Militär- Posten und Patrouillen obgesperrt sein. Das Betreten dieses Geländes wird für die Dauer de» Schießens hiermit ausdrücklich verboten. Den Anordnungen der Gendarmerie und Sicherheitspolizei ist Folge zu leisten. —* Die Verkürzung der sogen, geschloffenen Zeiten, Die Gesetzgebungsdeputation der Zweiten Kammer hat sich in einer ihrer letzten Sitzungen mit der Beratung über den Antrag der freisinnigen Fraktion unter Führung det Adg. Brodas-Chemnitz aelchästigt, der die Ver kürzung der sogen, geschloffenen Zetten vor den hohen Festen, besonders aber vor Ollern erstrebt. Die Stellungnahme der Deputationsmehrheit war eine für den Antrag günstige, sodaß dem Plenum der Kammer die Annahme des An trages empfohlen werden wird. Daß dieser Antrag in der Kammer eine große Mehrheit ändet ist schon sicher. Die dritte Lesung des Antrags wird voraussichtlich in der kommenden Woche erfolgen. In Kreisen der Saalbesitze» und der mit dieser Erwerbsgruppe in Ver bindung stehenden Leute wird man den bis herigen Verlaus der Angelegenheit mit Genug tuung begrüßen. Dresden. Kürzlich war der zuletzt beim Gutsbesitzer Zieger in Ockerwitz bedienstet ge wesene Knecht Heinz« wegen eines Einbruchs diebstahls, bet dem er ertappt und erkannt worden war, verhaftet worden. Bald nach seiner Festnahme hat Heinze auch einen zweiten, etwas zurückliegenden Anbruch bem Unter suchungsrichter eingestanden. Nun fiel auch zufolge verschiedener Umstände der Verdacht aus Heinze, am 20. November auf der Land straße bei der Schooner Mühle in unmittel barer Nähe des Steinbruchs den beim Fleischer Schumann in der L hre stehenden jLehrttng Alfred Höch ermordet und ihn seiner Barschaf von 60 Mark beraubt zu haben. Wie nun gemeldet wird, hat Heinze am Sonntag unter dem Druck der Verdachtsmomente zweier Land- geudarmeu dahin ein Geständnis abgelegt, den Hoech am Abend des 20. November ausgelauert und ihn meuchliuga mit einem spitzen Stein getötet zu haben. Heinze war mit den dortigen Verhältnissen genau vertraut und hat auch den Lehrling gekannt. — Der in einem Bureau an der Amalien straß« beschäftigte Schreiber und ehemalige Unteroffizier Alfred Schmieder ist nach Unter schlagung von 500 Mark, di« er von einer von einer Bank abgehoben hatte, flüchtig ge worden. — Zu dem bereits gemeldeten Nutomobil- unglück bei Prohlis, bei dem der Chauffeur Lichtwark sein Leben einbüßte ist weiter zn be richten, daß die Entstehung de» Unglücks noc unaufgeklärt ist Einer der Mitfahrer, der Chauffeur Hohmann, weiß nur, daß es während der Fahrt plötzlich einen Ruck gab, und daß er im nächsten Augenblicke auf der spiegelglatt gefrorenen Landstraße unverletzt saß. Ein zweiter Mitfahrer, der Tischler Starke, war an einen Baum geworfen worden und batte Ver letzungen an den Beinen erlitten. Am schlimmsten erging es dem Wagenführer, dem Chauffeur Lichtwark. Dieser war, als der Wag«n an einen starken Apfelbaum angefahren war und diesen glatt abgebrochen hatte etwa 8 Meter weit geschleudert worden. Er fiel mit dem Kopf auf die Sandsteindasis eines eisernen Gartenzauna und zog sich einen Schädelbruc zu, der den sofortigen Tod herbeiführt«. Sach verständige meinen, der Chauffeur habe den Gleitschutz nicht genügend beachtet, der be Neuschnee und vereister Landstraße sehr ge- ährlich werden kann. Das Automobil gehörte rem General-Konsul Klemperer, bei dem Hoh mann in Diensten stand. Er hatte mit Licht wark einige Regaraturen an dem Auto vor genommen und danach eine kleine Probefahrt emacht. Ullersdorf. Am Morgen des 9. Januar wurde der 68 jährige Stellmacher August Straube in seiner Wohnung blutüberströmt mit einer furchtbaren 24 Zentimeter langen quer über die Stirn sich bis zum Unterkieferwinkel ziehenden Kopfwunde ausgefunden. Der Schädel nochen war in einer Länge von 9 Zentimeter durchgeschlagen; die Gehirnmaffe darunter sicht bar. Straube lebt, wenn auch sein Zustand immer noch nicht unbedenklich ist. Ec erinnert sich, in der Nacht vom 7. zum 8. während des Schlafes einen gewaltigen Schlag bekommen zu haben. Er hat dann anscheinend längere Zeit bewußtlos gelegen und dürfte auch den folgenden Tag bis zu seiner Auffindung in einem Zustand halber Betäubung sich befunden haben, denn in einer anders schwer erklärlichen Weise hat er es Unterlasten, Hilfe bei den Nachbarn zu suchen, so daß die Tat erst nach zirka 34 Stunden entdeckt wurde. Man hatte ihn offenbar während des Schlafes mit einer seitdem verschwundenen Holzaxt zu ermorden versucht, und ihn für iot liegen lasten. Der Täter Hal dann seinem Opfer drei Sparkasten bücher der Oberlausitzer Sparkaste (Neben sparkaffe Niesky) lautend aus Oswald Straube, Karl August Straube, Ernestine Zickert geb Straube gestohlen. Der Tat verdächtig ist der kurze Zeit nach der Tot flüchtig gewordene Neffe deS Verletzten, der Glasmacher oder Glasschleifer, auch Schweizer Ernst Straube aus Görlitz. Leider sind die Nachforschungen nach ihm bisher vergeblich gewesen. Brand. Der Bäckermeister Corsa engagierte aus der Hochzeitsfeier seiner Schwester in Brand in bester Stimmung zum Tanz, doch schon bei der ersten Runde stürzte der erst 32 Jahre alte Mann tüt zu den Füßen seiner Tänzerin nieder. Ein Herzschlag hatte seinem Leben ein Ende gemacht. Leipzig. Die Mutmaßung, daß der Ueberfall im neuen Rathause eine Finte sei, hat sich nun doch bestätigt. Jetzt Hal Bret schneider, der übrigens nur Aktenlräger, uich etwa RatSdiener ist, vor der Behörde endlich sein Leugnen aufgegeben und sich zum Ge- ständnis bequemt, daß er den Ueberfall und setue Nebenumstände erdichtet hat. Schon das hartnäckige Ableugnen des frechen Menschen, daß den Behörden eine große Arbeit auf gebürdet hat, zeigt, mit welch Geisteskind man es in Bretschneider zu tun hat. Vor dem Beamten, dem er da» Geständnis gemacht hat, schützte Bretschneider vor, die Scheu vor seiner Familie hätte ihn abgehalien, die Wahrheit zu sagen. Daß diese Rolle dem ehemaligen Akten- träger Bretschneider durchaus nicht liegt, läßt sich schon au» seinem Benehmen während der vorletzten zwei Tage entnehmen. Im Rathause hatte sich der Mensch nach der Tat ganz ent rüstet gezeigt und auf den „Uebeltäter sehr eifrig mit gefahndet." Seiner Logiswirtin gegenüber sagte er am vorigen Sonntag noch, daß man unbegrelflicherweise ihn im Verdacht des Diebstahls habe. „Wahrscheinlich könnte man keinen andern finden und nun solle er unschuldig leiden." Durch seine unglaubliche Verlogenheit vervollständigt sich duS Bild von dem Charakter des Menschen. Ec hat den Leuten, die mit ihm in Berührung kamen, Lügen bei allen paffenden Gelegenheiten auf gebunden. Seiner Wirtin gegenüber war er Hausbesitzer; er hatte große Erbschaften gemacht und was sonst alles. Was Bretschneider außer diesem „Ueberfall" noch auf dem Gewissen haben mag, läßt sich jetzt noch gar nicht alles festesten. Es kann aber mit Sicherheit an genommen werden, daß er neben dem Dieb stahl im Rathaus noch andere auf dem Kerb holz hat. In seiner Wohnung, König-Johann- Straße 6, fand man noch einige Gegenstände vor, die er nach allem, was man jetzt von ihm weiß schwerlich gekauft hat. Es kamen auch )ei Behörden, mit denen der Mensch zu tun hatte rätselhafte Diebstähle vor, die heute noch nicht aufgeklärt werden konnten. Der Verdacht rel auch schon früher auf Bretschneider. ^ein freunck Emil u. cker Meltuntergsng. Wie schon gesagt, träumen tat Emil auch etzt noch leicht und wie nun am vorigen Sonn abend die Ottendorfer Zeitung mit dem Gedicht vom Weltuntergang kam und Emil sich de Brille zerecht gesetzt hatte und ganz allen« in )er warmen Stube saß, da hattn das Träumen einn bösen Streich gespielt. Emil war ganz alleene ze Hause, denn seine Frau war in Me dingen bei der Tochter, weil und es ist immer reffer, wenn eine Mutter derbei iS und wenn die jungen Ehemänner, was der Medinger Oskar och war, noch so gescheit tun, in der Sache ver gehn sie herzlich wenig. Na, ich kanns ja er« zähln, acht bis 10 Tage sollte se dribn bleim, denn so lange bleibt mer gewehnlich, wenn de Einwohnerzahl sich vergrößern tut. Also Emil aß ganz allene, denn de Mielchen, was de Magd war, die hatte „Kommab-nd" oder, wie mer vornehm sagt, „Rangtewuh". Weil nu Emil wußte, daß das och sein muß. denn der chnnte de merschten Wissenschaften und sei Satz war immer, „was der Mensch braucht, das muß er haben" und darum hatte er och de Miele ortgelaffen. Wie er nu io de Inserate in der Ottendorfer Zeitung nachgesehen hatte, ob viel leicht Jemand gestorben war oder ob Kenner eine Kalbe kaufen wollte, fing er nachher vorne an. Und da machte ersch genau so, wie di« Weiber. Er las och zeerscht da» Gedicht. Aber er mußte gleich wieder uffhören und die Mieze naus lassen, weil die sich uff emal och besonnen haben mochte, daß se mit Nachbars Petern „Kommabend" verabredet hatte. Nu hatte Emil Ruhe und sterzte sich nu in'n „Welt untergang" nein. Wie er so weit war, wo von „entzweizerschmettert" die Rede war, da kam'n so der Gedanke, daß es eigentlich schade wäre um die scheene groß« Flasche alten Korn, und daderbei hatte er schon ein große» Gläs chen gefüllt und laü wieder weiter. Beim Satz von der Geographie schenkte er neu ein und wies gegen das Ende zu ging, war er wohl beim vierten oder fünften Gläschen. Na, und spät warS och schon und Emil fing an zu nicken. Weil nu Emiln die Sache mit dem Weltuntergang im Kopfe rum ging, fing er och bald an zu träumen: Er wollte grade Futter schütten in seinem Traum, da merkte er, daß aus einmal Alles ganz hell wurde und dann rochs so nach Ruß und Qualm und eh er sich» versah, saß er in der Röser drinn und die war ganz groß und die ganzen Menschen aus dem Dorfe saßen drinn« und sausend ging» fort. Zuletzt ging» ins Meer und da saßen lauter Menschen und in der Mitte drinne stand der alte Petrus mil'n großen Buche. Und egal mehr tats nach Ruß stinken. Petrus la» aus dem Sündenregister vor und da kam auch gleich ein Ottendorfer dran. Der wurde aber ange nommen, der hatte seinen richtigen Namen vcr« geffen, weil se den im Dorfe „Murmur" nann ten. Den packt der Teufel gleich und wie Emil uff de Seile rücken wollte, denn das stank un heimlich nach Nuß, da schuku'n Einer und Emil flog mit einem mächtgen Bogen runter und uff harte Bretter. Der Kopf tat Emiln sehre weh und es roch noch schlimmer nach Ruß wie erst. Und Emil merkte, daß er unter seinem Tische lag und daß es nicht nach Höllenqualm roch, sondern daß das von der Zimmerlampe kam, die ein par Stunden gerußt hatte. Daß Emiln nu vorm Weltuntergänge nicht mehr bange ist, weiß ich nun. Aber lieber wär» ihm gewesen, die Sache wäre vorüber, denn wenn seine Frau kommt und die Gardinen sieht, und die Zimmerdecke und die Möbel! Na, guten Abend!