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'»ul». l Ah- i fftrnla«. IL n ve" 2 vkr gebeten- nd. nd I»»' jt. nnier «MLN0, '8tr. 27. I^abrr. 19. ienst. Lokal-Anzeiger für Ottendorf-Okrilla und Umgegend. Erscheint Dienstags, Donnerstags unü Lonnzkenas Nachmittag. Bezugs-Preis: vierteljährlich beim Kbholrn von öer üeschäftsstelle Mb., frei ins Haus 1, 2 Mk. Einzelne Nummer 12 psg. Wiklhailngs- Knzeigen-Prels: Vie einspaltige Zeile oöer Seren Raum 5" Pfg., Lokalpreis v psg. keklsmen auf Ser ersten Seit» 4V psg. Nnzeigen-Knnrhm» bi« spätestens Mittags ' Uh» <»» Lrscheinungstsges. Druck unü Verlag von Hermann Kühle, Ottenöorf-Okrllla. Ninnnrer 21 Mittwoch, den 19- Februar 1919- verantwortlicher Schriftleiter Hermann Kühle, Lrotz-Okrilla. ' > 18. Jahrgang. Neuestes vom Tage. — Die Spattakistepherrschast im Rub:» jMei. Die Luge im weniichcn Jndunrie- levier ist seit Sonnabenv außerordentlich kutisch, jo r>ah schwere Ereignisse zu erwarten ßno. Neberall finden spartakistische Ruhe« kömngen statt. In Oberhausen über« rumvelicn bewaffnete Spartakisten, Pie zu« Meist von auswärts kamen, die Polizeiwachen M erzwangen mit vorgehaltenem Revolve« »nd wu'fbereiten Handgranaten die Abgabe oller Waffen seitens oer Polizeibeamten, denen jedoch gegattet wurde, waffenlos ihren Dienn weiter zu versehen. Der Oberhausener Arbeiterrat erklärt, der Sache fern zu stehen, Und ist bereit, bei ihm etwa zur Ablieferung kommenden Waffen abzugeben. Bis jetzt ist das noch nicht geschehen. Oefsentiiche Ge bäude wurden nicht besetzt. Verschiedene Ansammlungen trieb die Srcherheitswehr durch blrnde Schüsse auseinander. In Duisburg-Ruhrort drangen Hamborner Spar takisten in dre Polizeiwache 13 und nach Entwaffnung der Polizisten in die Pnvat- Vohnung des abwesenden Polizeikommissars und zwangen dessen Frau mit Gewalt aus dem BM, brachen den Schreibtisch auf und tankten daraus eure Geldtasche mit einem größeren Betrag, für mehrere hundert Mark Silberzeug und sonstige Wertgegenstände. Der Chefredakteur der Ruhrorter „Volks- leitung" wurde gewaltsam nach Hamborn Schiacht und mußte eine Erklärung unter- ichrerben, daß er kerne Artikel mehr gegen den Hamborner Arbeiter-Rat und die Hamborner StcherheitSwehr veröffentlichen u>«oe. In Duisburg selbst herrscht, nachdem Uunmehr noch zwei weitere belgische Kom panien eingerückt sind, Ruhe. Die belgischen Offiziere erklärten, daß sie gegen spartakistische Unruhen mit aller Schärfe Vorgehen würden, belgische Infanteristen versehen gemeinsam Utit der Polizei den Sicherheitsdienst. Die Spartakiuen stellten dem Oberbüigermeister An Ultimatum aus Herausgabe der be- ichlagnohmten Waffen, Freilassung der ge- !äNgengenommenen Spartakisten und Zahlung Auer Geldbuße, andernfalls würde man in Duisburg einrücken. Die Stadtverwaltung ^hnte das Annnnen ab. In Gelsenkirchen, w» die Lage gleichfalls verworren ist, ver- suchte der Pöbel mit Handgranaten die ^lmlen der Essener Kreditanstalt, der Reichs- bank und da« Gefängnis zu stürmen. Poften der Sicherheitswehr verhinderten das. Schlimm ^ht es in Hervest-Dorsten aus, wo die ^nz, Nacht hindurch heftige Schießereien ^ottfanden. Die Bürgerschaft und die auf M Boden der Regierung stehenden Arbeiter Hoben von Münster die Entsendung von puppen erbeten, da Plünderungen und Lustige Gewalttätigkeiten ftattsanden. Ueber ^lklinghausen gingen die RegierungSlruppen ^gen Hervest-Dorsten vor, wurden aber bereits vor dem Orte mit Gewehrfeuer ^pfangeu. . Da« „Berner Tagblatt" berichtet über bse Unruhen in England und betont, daß b>ese das alte England bi« in die Grund- Men erschüttern. Glasgow wurde zur Unter« brückung des Aufstande« von weiteren 1OOOO «kann besetzt. Belfast ist völlig in den Händen der Arbeiter. Die „Bürgerzeitung" Meibr hirrzu, England sei der erge Entente- ääat, der die bolschewistische Bewegung am blechen zu fürchten habe. Die Regierung hat Forderungen der Bergarbeiterverbände Großbritannien« mit dem Anerbieten einer fiteren Kriegsgratifikation von einem Schilling pro Tag wegen der erhöhten ^bensmittelpreise beantwortet Die Regierung M sich auch ferner bereit erklärt, eine Kam Wwn einzufetzen, die die Forderungen nach dem Sechsstundentage, nach 30 Prozent Lohn erhöhung und Verstaatlichung der Bergwerke erwägen solle. Der Bergarbeiterverband hat am 14. Februar dos Anerbieten der Regierung verworfen. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, >s. Februar — Im Monat Januar erfolgten bei hiesiger Sparkasse 623 Einzahlungen im Betrage 128 720 Mark, dagegen wurden 32334 Mark in 115 Fällen zurückgezahlt. — Das Wirtschaftsministerium Sachsens versendet an die Presse eine längere Er klärung über die Kartoffelabgabe, aus der wir die wichtigsten Stellen hier wiedergeben: „Auf Anordnung der Reichsstellen ist im ganzen Reiche die Kartoffelmenge vom 3. Februar 1919 ab auf 7 Pfund für die Selbstversorger und 5 Pfund für die Ver sorgungsberechtigten herabgesetzt worden. Es bat sich daher nötig gemacht, den Selbst versorgern und der auf LandcSk rtoffelkarte voll eingedeckten Personen den Unterschied zwischen der ursprünglichen slO^/z bezw 7 Pfund) und der verkürzten (7 bezw. 5 Psd) Wochenkopfmenge abzunebmen Die Landes- kartofielstelle Hot unter Berücksichtigung des Schwundes anordnen müssen, daß den Selbstversorgern 96 Pfund und den übrigen Versorgungsberechtigten von dem auf den LandeSkartoffelkuUcu-Abschnitt C bezogenen Zentner 50 Pfund Kartoffeln abgenommen werden. So hart diese Maßnahme auch im Einzelsalle erscheinen mag, läßt sie sich doch aus BtlligkeitSgründen gegenüber den in Wocheaversorgung befindlichen Personen, die nur 5 Pfund wöchentlich erhalten können, nicht vermeiden. Ohne diese Maßnahme könnte die regelmäßige Versorgung der nicht eingedeckten Bevölkerung gefährdet werden. Die auf den Anordnungen der Reichsftellen beruhende Verfügung muß daher im aanzen Lande durchgeführt werden. Die Bevölkerung kann überzeugt sein, daß nur zwingende Gründe, insbesondere die politischen Ver hältnisse in der Provinz Posen, die es zweifelhaft erscheinen lassen, ob und wann noch Kartoffeln au« Posen herankommcn, zu den angeo:dnelen Mußreaeln gefühlt haben Die vorhandenen Mengen von Frischgemüse und Sauerkraut geben die Möglichkeit, die Kartoffeln damit zu strecken." Das Wntschaflsminlsterium weißt schließlich darauf hin, daß die Kartoffelbestandsausnahme vom 15. Februar mit der Ablieferung der Kartoffeln nichts zu tun hat. Aengstlichen Gemütern kann also nur geraten werden, soweit e« noch nicht geschehen sein sollte, den Fragebogen genau auszusüllen — gerade im Interesse einer besseren Kartoffelversorgung Sachsens. Zn der ministeriellen Erklärung möchten wir bemerken, daß wir keineswegs die Gründe der Billigkeit bei den ange drohten Maßnahmen verkennen. Unsere ab lehnende Stellung beucht jedoch zunächst auf der rein praktischen Erwägung, daß die Ab gabe so gut wie undurchführbar ist und daß sie, falls doch mit Zwangsmitteln durchge setzt werden würde, ein geradezu klägliches Ergebnis haben würde. Die Ablies rung wird auch — so wenig ersreulich an und für sich diele Feststellung auch sein mag — an dem ganz natrulichen Egoismus der Menschen von heute scheitern, einem Egoismus, den die Ereignisse der letzten drei Monate ja nach Kräften gefördert haben. Abhilfe in dem Kartoffelelend unserer Tage kann nur zweierlei bringen , erstens, wie es ja auch das Wirtschafts-Ministerium andeuiet, ein kräftiger Schutz für Land und Eisenbahnen in der von den Polen bedrohten Provinz Polen, und zweitens, die allerschSrfste, rück sichtsloseste Erfassung der Kartoffelvorräte bei dem Erzeuger. — Die Nachricht, daß der Zirkus der Fünf tausend, der mit seiner eigenartigen Riesen- kuvpel dem rechten Elbufer der sächsischen Hauptstadt ihr Gepräge verleiht, vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruche steht, wird allgemeines Bedauern Hervorrufen. Der Krieg hat das Riesenunternehmen trotz des un bändigen Fleißes de« Direktor« Stosch- Sarrasani nach und nach zermürbt. Alle er denklichen Fälle betrübender Art trafen zu sammen, die Einnahmen zu verringern und die Ausgaben zu steigern: vor allem die Preissteigerung der Lebensbedürfnisse, das be deutet aber für Sarrasani übersetzt: Requisiten, Kostüme, Futtermittelpreise und Gehälter. Wieviel Dere hatte Sarrasani und was kosten siel Er verfügte über ein halbes Tausend Artisten, Reiter, Tänzer und Tänzerinnen und Beamte. Wie in einem Märchen aus Tausendundeiner Nacht gab es bei ihm Herden von Elefanten, Tigern und Löwen, Schimpansen und Pavianen aus dem dunkelsten Afrika, kupferfarbige Indianer, Mexikaner, dunkelhäuiige Aethiopier und Busch leute in ihren sonderbaren Gebräuchen und Künsten, Araber und Beduinenstümme. Sarra- sanis Tiergruppen und Darbietungen waren bis zur möglichsten Vollendung eingearbeitet. Dabei war Zirkus Sarrasani keineswegs nur ein Vergnügungsunternehmen. Wir sahen bei ihm Indianer Wigwams bauen, konnten sie in ihrem Kult beobachten, ebenso verpfianzte er die Japaner, die Inder, die Araber und Beduinen naturgetreu samt ihren Weibern, Tieren und Zelten zu uns. Wieviel groß zügiges Anschauungsmaterial allein barg er sür die, die etwa« lernen wollten. Und be hördlicherseits hatte man sehr wohl den zoologischen und ethnographischen Wert der Schau erkannt. Da kam der Krieg. Sarra- sani war damals in Essen; sofort wurden ihm alle Leute von 500 auf 40 genommen, die Deutschen eingezogen, die Ausländer interniert. Noch mehr, kein Mensch ließ sich in den Vorstellungen blicken. Die Einnahme quellen waren auf einmal gänzlich versiegt. Seine sämtlichen Ersparnisse steckten in dem großen Dresdner Riesenbau, der viermal teurer geworden war, als er sein sollte. Was nun? Seine Tiere mußten doch Futter haben. Das letzte Geld ging so ziemlich für die Reise nach Dresden daraus. In seiner Not wandte er sich mit der Bitte an die Stadt ihm eine Hypothek aus den Zirkusbau zu gewähren. Aber so höflich die Bitte auch erfolgte, sie wurde ebenso höflich abgelehnt Da war er das erstemal in seinem Leben gezwungen, Tiere zu verkaufen, um sein Dasein zu fristen. Dann erst konnte er langsam daran denken, in Dresden zu spielen. Aber es kam schlimmer. Als die grobe Hungerszeit anfing, begann unter den Tieren ein grobes Sterben. Eine Zeit lang ließ er gesunde Kamele schlachten, um die wertvollen Löwen und Tiger zu erhalten. Ein Löwe kostet jetzt 25000 Mark. In den vier Kriegsjahren starben dem Zirkus 30 dänische Doggen und sibirische Windhunde, ein Elesant mußte erschossen werden, dem der andauernde Personenwechsel so auf die Nerven fiel, daß er bösartig wurde. Der afrikanische Zwergelefant, 80 Zentimeier groß, der einzige seiner Art in Europa (20000 Mk. Wert), ging ebenfalls durch Hunger ein. Ferner starben noch drei Nilpferde, die ganze grobe Herde von Affen, Pavianen und Mandrills, 3 Känguruh«, 2 Taviere, 24 Kamele, 4 Zebras, 44 Rennliere, Seehunde, Seelöwen und über 30 Strauße. Alle starben sie oder mußten aus Futtermangel weit unter ihrem Dressurwert verkauft werden. Ein Kapitel für sich waren Sarrasanis 300 Pferde. Mit Ausnahme der auffallend ge färbten, wie Schimmel und Schecken, sowie der älteren Tiere waren die besten für Militärdienste ausgehoben. Für die übrig, gebliebenen gab es eines Tage« nur noch Ersatzfutter. Ueber hundert edle Voll- und Halbblüter gingen zugrunde. Ein Zirkuspferd bedeutet saber einen unersetzlichen Verlust, wenn es mit mehreren gleichartigen in einer Gruppe gearbeitet hat vnd so die Nummer zerstört ist. Ferner sind alle 36 Löwen und 24 Tiger gestorben. Für deren Fütterung durfte nur noch Kadaverfleisch verwendet werden, das für menschlichen Genuß gesund heitsschädlich ist. Die Abdeckereien unter suchten die Kadaver, ob das betreffende Fleisch auch frei von Rotz und anderen an steckenden Krankheiten war. Plötzlich fingen die Raubtiere an zu sterben. Die Direktion dachte erst, die Todesursache fei Leichen- vergistung oder eine Katzenseuche, jedenfalls bestätigte das der BszirkStierarzt, der die umgestandenen Tiere untersucht hatte. Al« aber der letzte der Löwen starb, bat die Direktion das Pathologische Institut der Tierärztlichen Hochschule um eine nochmalige Untersuchung, um vielleicht für die Zukunft ein Heilmittel gegen solch eine verheerende Seuche zu finden. Da wurde Rotz festge gellt. Die Offenbarung kam zu spät. Also scheinen sämtliche Raubtiere durch da« Kadaverfleisch rotzkranker Pferde eingegangen zu sein. Das find Verluste, die in die Hunderttauscnde gehen. Dabei ist Sarrasani an Dresden gefesselt, an den Zirkusbau, der, nur al« Winterquartier gedacht, sich von allem Anfang an nicht rentierte und auch wohl unrentabel bleiben wird, weil Dresden für ein derartige« Objekt zu klein ist. Ab wechslungsvolle Programme, die große An ziehungskraft besitzen, sind schwer. Bei einer Wanderung von Stadt zu Stadl können die Programme Dagegen wiederholt werden. Auch kann der Zirkus infolge der Waffen- stillstandsbedingungen und des Mangels an Eisenbahnmaterial nicht wandern. Der Zirkus brauchte im Frieden mindestens zwei neunzigachsige Eisenbahn-Sonderzüge. Also muß die Direktion in Dresden ausharren und mit Sorgen unb Schmerzen zusehen, wie das großzügige, herrliche Unternehmen unter den Schicksal«schlägen dieser Zeit zu grunde geht. — Ueber die Bewegung im Bornaer Kohlenrevier wird berichtet: Der Arbeits minister Schwarz war vergangener Woche bereit« im Bornaer Kohlenrevier. Der be absichtigte Besuch der übrigen sächsischen Kohlenreviere mußte wegen Verhinderung des Ministers vorläufig unterbleiben. Die sächsische Regierung hat sich mit den ver schiedenen Stellen im Bornaer Revier in Verbindung gesetzt, und in den nächsten Tagen soll zwischen den Beteiligten und der sächsischen Regierung eine Besprechung statt finden. Bei der bedrohlichen Lage wird sich das Gesamtministerium mit der Angelegen heit beschäftigen. Denn unser Hausbrand in Briketten wird in der Hauptsache vom Bornaer Revier versorgt. An den Ver handlungen werden beteiligt sein: da« Arbeits - Ministerium, das Wirtschaft«- Ministerium, das Finanz-Ministerium, die Werkbesitzer, die Arbeitskommissionen und der A.- und S.-Rat von Borna. Roßwein Zwei Arbeiter wurden hier wegen einer Menge Diebstähle verhaftet. In ihrer Wohnung fand man den größten Teil eines Schweines, das sie kürzlich in Jahna bei Stauchitz gestohlen und auf einem ge stohlenen Handwagen heimgesahren hatten.