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Lokal-Anzeiger für Ottendorf-Okrilla und Umgegend Die .Ottendorfer Zeitung' erscheint Diens tag, Donnerstag und Sonnabend. Bezugs-Preis: Vierteljährlich 1,80 Mark, bei Zustellung durch die Boten 2,— Mark. Hm Falle höherer Gewalt (Krieg od. sonst, irgendwelcher Störungen des Betriebes der Zeitung, der Lieferanten od. d. Beförderungs- Einrichtungen) hat der Bezieher keinen Än- wruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung od.aufRückzahlungd.Bezugspreises. WtkhMM M MiZMtt Anzeigen - Preis : Die kleingespaltene Zeile oder deren Raum wird mit 25 Pfg., auf der ersten Seite mit 50 Pfg. berechnet. Anzeigen werden an den Erscheinungstagen bis spätestens vormittags 10 Uhr in die Geschäftsstelle erbeten. Jeder Anspruch auf Nachlaß erlischt, wenn der Anzeigen-Betrag durch Klage eingezogen werdeu muß oder wenn der Auftraggeber in Konkurs gerät. Hernsprech-Anschluß: Amt Hermsdorf b. Dr. Nr. 3s. Postscheck-Aonto: Leipzig Nr. 29fH8. Schriftleitung, Druck und Verlag: Hermann Rühle, Groß-Gkrilla Nummer 5^ Donne'stag, den 1. Mai 1919 18. Jahrgang Neuestes vom Tage. — Bei den gestrigen Beratungen im Aeltestenausschuß erklärte der Vizepräsident des Reichsministeriums, Reichs- Minister Dernburg, namens der Regierung, daß während der Friedensoerhandlungen ein enges Zusammenarbeiten der Regierung, des Parlaments und der Fraktionen unbedingt erforderlich sei. Die Regierung wüste während der Friedens- Verhandlungen in Berlin sein. Infolgedessen müsse auch die Nationalversammlung nach Berlin verlegt werden. Es soll daher alles versucht werden, um eine möglichst schleuni. e Wersiedlung der Nationalversammlung nach der Reichs- hauptstadt durchzuführen. Der Aeltestenausschuß hat schließ lich auch den Zeitpunkt für die nächste Sitzung der National versammlung festgelegt und den kommenden Dienstag, 6. Mai, als ersten SitzungStag nach der Osterpause bestimmt. London. Der Text des Völkerbundvertrages wurde heute nachmittag bekanntgegeben. Viele der darin enthaltenen Bestimmungen sind bereits halbamtlich veröffentlich worden. Neben den 32 ursprünglichen Mitgliedern werden noch weitere 13 Staaten, darunter die Niederlande, ausgefordert, dem Völkerbunde beizutreten. Der Hauptpunkt des Völker bundvertrages ist der, daß eine Nation, die unter Mißachtung des Vertrages ihre Zuflucht zum Kriege nimmt, als eine Nation angesehen wird die eine Kriegshandlung gegen alle Mitglieder begangen hat. — Wie dem „Züricher Tagesanzeiger" von besonderer Seite aus Konstanz berichtet wird, organisieren Ingenieure, Unternehmer und leitende Persönlichkeiten aus Arbeiterkreisen ganzen Ruhrgebiet eine Bewegung zur Maffenaus- wanderung nach Südamerika, besonders nach Brasilien und Argentinien. — Die Lage in Oberschlesien hat sich weiter verschärft Die Kommunisten und Unabhängigen verbreiten F ugblätter, in denen sie zum Generalstreik auffordern, dessen eigentlicher Beginn 30. April sein soll. Der Zweck des Generalstreiks ist, der gegenwärtigen Regierung den Todesstoß zu versetzen. Im Industrie-Gebiet an sich herrscht Ruhe, irgendwelche nennenswerte Ausschreitungen haben bisher nicht stattgefunden. Die Komunisten beharren, obwohl unentwegt Verhandlungen stattfinden, mit aller Entschiedenheit auf Erfüllung ihrer Politischen Forderungen. Abends liegt Oberschlesien im Dunkeln bis auf die Stadt Königshütte, die zum Teil von den Hüttenwerken aus Privatstromquellen Licht erhält. Amsterdam. In der gestrigen Nachmittagssitzung ber Internationalen Sozialistischen Konferenz wurde von Macdonald, Longuet und Haase eine Resolution eingebracht, in der über das Saargebiet erklärt wird, daß die offene aber verhüllte Annexion dieses Gebietes dem Mlsonschen Prinzip widerspricht und zurückgewiefen werden muß, daß aber der Ertrag der Bergwerke bis zur Wiederherstellung des ^gefügten Schadens Frankreich zugute kommen muß. Der Text der Resolution wird noch näher formulie t werden. — Starnberg wurde gestern vormittag von den württembergischen Truppen besetzt. Der Angriff erfolgte vom Süden und Wegen aus und fand wenig Widerstand, ber durch Artilleriefeuer bald gebrochen war. — Aus Paris wird gemeldet: Ein Kommunique der Negierung von Moskau meldet, daß die Bolschewisten Dheodosie erobert haben. — „Echo de Paris" meldet, daß Sewastopel am 28. April vollständig geräumt werden mußte, alles Kriegs material mußte etngeschiftt oder zerstört werden. Berlin. Der nationale Feiertag am 1. Mai wird vun doch im Zeichen der nahezu vollständigen Arbeitsein stellung stehen. Die Angestellten der großen Verkehrsgesell« Aasten haben entgültig beschlossen, an diesen Tagen keinen Dienst zu tun. Im Laufe des gestrigen Tages haben im GewerkschastShause zwischen der Generaikommission der Gewerkschaften Deutschlands, der Gastwirtsorganstationen Und den Angestelllenverbänden nochmals eingehende Be dungen über die Schliebung aller Gaststätten stattgesunden. Die Arbeitnehmer neigten der Ansicht zu, daß dieser Tag als Feiertag anzusehen sei und keine Arbeit verrichtet werden dürfe. Nach längerer Debatte, in der von den Arbeitgebern auch die Schattenseiten erner völligen Schließung hervorgehob n Mürben, wmde ern Kompromiß dahingehend geschlossen, - atz Me Gaststätten, die ohne Personal oder mtt Hilse v n Vei- atauoien den Betrieb ermöglichen, können geöffnA bieiben Msen. Dieser Beschlug gilt auch für die Spersewirischönen. Die sogenannten Loxuslokale bleiben aber vollständig ge- IchwsM, OertlicheS und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, 50. April Md — Der sächsische Nachtragselat, der, wie gemeldet, einen außerordentlich hohen Fehlbetrag — 233 Millionen Mk., — aufweist, läßt auch einen Einblick zu in die uns bevorstehenden erheblichen Steuererhöhungen. Die Besteuerung der Ein kommen bis 4000 Mark bleiben wie bisher. Von den Einkommen über 4000 Mark werden erhöhte Zuschläge ge- fordert. Sie betrugen bisher bei 4000 bis 12000 Mark Einkommen 15 Prozent, bei 12 000 bis 25000 Mark Einkommen 20 Prozent, bei 25000 bis 50000 Mark Einkommen 25 Prozent und bei mehr als 50000 Mark Einkommen 30 Prozent der tarifmäßigen Steuer. Diele Vorschläge werden für Einkommen von 4000 Mark an erhöht und je nach der Höhe des Einkommens progressiv gesteigert. Bei Einkommen von 6000 Mark beträgt die Steiaeiung etwas über 12 Prozent, bei Einkommen von 100 000 Mark erreicht sie mit 35 Prozent die Höchstgrenze. — Anmeldung und Verteilung von Kerzen. Die Amtshauptmannfchaft Dresden-Neuuadt beabsichtigt Mite Mai eine Kerzen-Verteilung auf Abschnitt IV^ der Be- teuchtungsmiltelkarten ^., L und L vorzunehmen. Eine Zuweisung von Leuchtöl kann nicht statlfinden. Die An meldung der Verbraucher hat in der Zeit vom 28. April bis 3. Mai dieses Js. bei einer zugelasienen Verkaufstelle zu erfolgen; dabei ist die BeleuchiungSmittelkarte vorzulegen. Es werden beliefert: rote Karte A mit etwa 165 Gramm Kerzen; blaue Karte B mit etwa 55—60 Gramm Kerzen; grüne Karte C mit etwa 155 Gramm Kerzen. Graue Karte D bleibt unbeliesert. Dre Zuführung der Kerzen an die Verkaufsstellen und die Belieferung der Karten kann erst nach und nach erfolgen. Die Verkaufsstellen haben den Beginn der Belieferung durch Aushang in ihrem GeschäjtS- rauui bekanntzugeben. — Die Bauschule Rastede in Oldenburg wirbt zurzeir in den Zeitschriften der Kriegsbeschädlglen-Veieinigungen für den Besuch ihrer Meister- und Polierkurse. Es handelt sich um ein privates Unternehmen, dessen Besuch nicht empfohlen werden kann. — Zur Feier des 1. Mai teilt das Ministerium des Innern mit: Um den 1. Mai für recht weite Volkskreise zu einem Tage der Festfreude zu machen, haben die Ministerien des Innern und für Mrliiürwesen die Polizei- siunde für diesen Tag bis 1 Uhr nachts für das ganze Land verlängert. Zum gleichen Zwecke werden die OrtS- polizerbehölden durch die Ministerien ermächtigt, für den 1. Mai die Abhaltung öffentlicher .Tanzvergnügungen zu genehmigen, ohne daß diefe die den Tanzwirlen bewilligten Tanztage ungerechnet werden dürfen — Die Lage der Hochseefischerei ist infolge der Kohlen not außerordentlich trostlos geworden. Durch das Ausbleiben jeglicher Kohlenzufuhren sind rn Hamburg und Altona 35 Fifchdampser zum Auflegen gezwungen worden. In Geeste münde liegen augenblicklich 80 Hochjeefifchvampfer wegen Kohlenmangel auf. Die Kuxhavener Hocyseestschdampferftvite befindet sich augenblicklich noch in See, und die heim kehrenden Dampfer werden, sobald sie ihren Fang abgeliesert haben, aufgelegt, sodaß affo 26 Fischdampfer noch hmzu- kommen und rm ganzen 141 Fffchoampser infolge der Kohlennot ihrem Beruf nicht nachgeyen können. — Die Reichsbank hat so erhebliche Bestände an Zahlungsmitteln in Abschnitten von 1 Mark und darüber angesammelt, daß sie zur Einlösung der umlaufenden Ersatz- wertzerchen in diesen Größen auSrerchen. Erfatzwertzeicheir rn Stücken von 1 Mark und mehr find daher vom 1. Mar ab von den Postkasten nicht mehr in Zahlung zu nehmen oder umzutauschen. Die aus 50 Pfg. und weniger lautenden Stucke sollen dagegen bei dem forlbestehenden Mangel an entsprechenden Münzen auch weiterhin angenommen werden. Dresden. In der Nacht zum 29. April stahlen Diebe aus einer Zigarettenfabrik in der Ostra-Allee 49 500 Stück Zigaretten. — Gestohlen wurden aus einem unbewohnten Grund stück in Cossebaude in der Zeit vom 5. bis 27. April mittels Einbruchs Waren von hohem Werte. — In der Nacht zum 29. April wurde aus einem Seioenhaufe an der Kieuzkucye ein größerer Poften Serbe Ml Werre von 20000 Mark gestohlen. — Am Mottlag nachmittag sichren aus der Großen hainer Straße nahe dem Gastyos Wilder Mann zwei junge Manner eurem mir Holz beladenen Handwagen den steilen Wilden-Mann-Berg herab, verloren aber die Herrschaft über das Gefährt und wurden von ihm umgeriflen. Während der eine von ihnen zur Seite zu springen vermochte, gelang dies dem in der Rehfelder Straße wohnenden 16jährigen Erich Börnig nicht, da er ein Zuggurtband um die Brust trug. Der schwere Wagen rollte über seinen Körper hinweg und führte dessen augenblicklichen Tod herbei. — Die erste revolutionäre Herrlichkeit am Dresdner Schauspielhaus hat nicht lange gedauert. Nachdem man den Grafen Seebach beseitigt hatte — die eifrigsten dabei waren diejenigen, die einst am meisten vor ihm gekatzbuckelt hatten! —, schuf man ein Direktorialsystem mit Hans Fischer an der Spitze. Fischer hat nach vier Monaten genug ge habt und dankte ab. Darauf hat eine Vollversammlung des Gesamtpersonals beschlossen, das Direktorialsystem abzu schaffen und die künstlerische Leitung ausschließlich in die Hände des Regiekollegiums zu legen, dessen Mitglieder die einzelnen Arbeitsgebiete unter sich verteilen. Zum Vorsitzenden des Regiekollegiums wurde Paul Mecke, zu seinem Stell vertreter Lothar Mehnert ernannt. Zugleich wurde ein Künstlerrat gebildet, der hauptsächlich die persönlichen und künstlerischen Interessen des darstellenden Personals zu wahren hat und in bestimmten Fällen dem Regiekollegium teils beratend, teils mitbeschließend zur Seite tritt. — Wir sind gespannt, wie lange diese „Neuorganisation,, vor hält. Bautzen. Wie bereits berichtet, hat das Kultus ministerium die von dem wendischen Arbeitsausschuß vorge brachten Wünsche nach Tunlichkeiten berücksichtigt. Nunmehr ist auch das Justizministerium der Frage der Anstellung der wendischen Sprache mächtigen Juristen bei den Amtsgerichten in Bautzen, Kamenz und Löbau nähergetreten. Hierbei hat sich ergeben, daß bei dem Amtsgericht in Löbau bereits ein solcher Assessor tätig ist, dagegen soll an das Bautzner Amtsgericht demnächst ein Amtsrichter versetzt werden, der sich in der wendischen Sprache verständlich machen kann, während dem Amtsgericht Kamenz später ein solcher Referendar beiaegeben werden kann. Eine weitere Umfrage des Justizministeriums hat ergeben, daß außerdem nur noch zwei der wendischen Sprache mächtige Amtsrichter in Sachsen vorhanden sind, die es indessen abgelehnt haben, in die Lausitz zu ziehen. Da nach dem Gesetz eine zwangs weise Versetzung der Richter nicht stattfinden kann, ist das Ministerium nicht in der Lage, den wendischen Wünschen in dieser Richtung weiter zu entsprechen. Dasselbe gilt von der Erfüllung des Wunsches des wendischen Arbeits ausschusses, daß auch bei den Amtshauptmannschaften Bautzen und Kamenz mindestens je ein des Wendischen mächtiger juristischer Verwaltungsbeamter eingestellt werden sollte, da derartige Beamte überhaupt nicht zur Verfügung stehen. Das Ministerium verspricht aber, daß es auch diesen Wünschen bei Eintritt günstigerer Verhältnisse Rechnung tragen will. — Aus Grund der Protestvcrsammlung der Wenden gegen die Maßnahmen der Staatsanwaltschaft gegen den wendischen Nationalausschuß ist der Fleischbeschauer Hitzke, der als wendischer Kurier an der Grenze festgenommen worden war, aus der Haft entlassen worden. Schönburg. Im benachbarten Bad Heilbrunn er schoß der Zigeuner Münz anläßlich eines Streites zwischen den dort untergebrachten Zigeuner-Gesellschaften seine Schwägerin. Hierauf entfloh der Täter und konnte noch nicht festgenommen werden. Chemnitz. Ein außerordentlich dreister Ueberfall wurde am Sonnabend abend gegen 9 Uhr auf die Be wohner des bekannten Gasthauses Sternmühle bei Klein- Olbersdorf ausgefuhrt. Um diese Zeit erschienen 8 Soldaten mit geschwärzten Gesichtern und forderten, da das Lokal bereits geschlossen war, Einlaß. Als der Sohn der Wirtin die Tür ausschloß, wurde ihm sofort ein Revolver vorge- halteu. Gleich darauf wurde er und seine beiden Schwestern geknebelt und gezwungen, sich in die Gaststube zurückzuziehen. Inzwischen raubte man das Gasthaus aus. Auch eine Anzahl Hühner mußten ihr Leben lassen. Von den Tätern hat man bisher noch keine Spur. Kirchberg. Aussehen erregte hier der Uebertritt des Schuldirektors Mayer zum Kommunismus, für den sich M. in einer öffentlichen Versammlung bekannt hat. Der ins städtische Lebensmittelamt berufene Stadtverordnete Becher bekannte sich ebenfalls als Spartakist. Pastor Starke, der während des Krieges hierher versetzt wurde, ist der sozial demokratischen Partei beigetreten.