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Ottendorfer Zeitung. Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »an Inseraten bis »ermittag j« Uhr. Inserate werden mit Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach br- sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 110. Sonntag» den 13. September 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Dkrilla, j2. September 1903. —* Das Erntedankfest wird morgen Sonntag in unserem Orte sowie in der Um gegend kirchlich begangen. Der Landmann unserer Gegend kann sich in diesem Jahre mit be sonders innigem Danke zu Gott für den reichen Erntesegen, der die Scheuern füllte, zum Be gehen des Erntedankfestes rüsten. Die Ernte ist gut ausgefallen und der fleißige Landmann darf mit dem Ergebnisse wohl allenchalbcn zu frieden sein, wenn sich schließlich auch nicht alle Hoffnungen ersüllien. Wer daran denkt, wic- vul Sonnenschein, Wind und Regen dazu ge hört, damit die Garben reifen können, wie manche schwere Sorge und rastlose Arbeit ihr Entstehen und Wachsen begleitet hat, der wird auch dankbar sein für die Mühe des Landmanns und frohen Herzens mit ihm das Erntefest be gehen. —* Langfinger statteten in der Nacht zum Freilag einem hiesigen Einwohner einen Besuch ab. Demselben wurde ein auf das Fenstersims gestelltes halbes Pfund Speck nebst zwei Tellern gestohlen. Ein ebenfalls dort stehendes Kasserol hatten die Spitzbuben des Mitnehmens nicht für wert gehalten. — * Recht ungemütlich war es gestern auf den Straßen, wie überhaupt im Freien Heftiger Wind hatte sich erhoben, der pfeifend und heulend große Staubwolken aufwirbelte und vor sich hcrtrieb. Herbstlich sieht es schon draußen aus, mit gefallenen Blättern treibt der Wind sein Spiel. Wir stehen an der Schwelle des Herbstes, das wurde der Mensch heit gestern deutlich zu Gemüt geführt. Die so schönen Sommertage — ach sie sind dahin, dahin I — Bald streift in geheimer Klage — schon der Wind das letzte Grün! — Tie zur Vorbereitung der Einschätzung zur Staatseinkommensteuer dienenden Haus- listen werden dieses Jahr zum ersten Male die Frage aufweisen: „Welche Familienglieder (Ruf- und Familienname, Geburtstag und Jahr), die das sechste, aber noch nicht das 14. Lebens jahr vollendet haben, werden vom Haushaltungs vorstand unterhalten?" Diese Frage muß ganz genau beantwortet werden, da hiervon die An wendung der neuen § 12, Absatz 3, des Ein kommensteuergesetzes abhängt. Nach Inhalt dieser Bestimmung ist für jedes nicht besonders zu veranlagende Familienmitglied, das zur Zeit der Einschätzung da« sechste, aber noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet hatte, von dem steuerpflichtigen Einkommen des Familienhauptes, da« es unterhält, sofern dieses Einkommen 3100 M. nicht übersteigt, der Betrag von 50 Mark in Abzug zu bringen, mit der Maßgabe, Laß beim Vorhandensein von drei oder mehr Familiengliedern dieser Art mindestens eine Ermäßigung der Steuer um eine Klasse statt findet. Der Vergünstigung teilhaftig sind nur Familienhäupter, das heißt Vorstände selbst ständiger Familienhaushaltungen. In der Ehe kommt die Stellung des Familienhauptes dem Manne zu, und zwar auch dann, wenn er er werbslos ist. Leben Ehegatten von einander dauernd getrennt, so kann auch die Ehefrau Vorstand eines selbständigen Familienhaushaltes sein, zum Bei>piel wenn sich die Kinder sämtlich oder zum Teil bei der Frau befinden. Ebenso können unverheiratete Personen, insbesondere Witwer und Witwen, die Stellung von Fa milienhäuptern im Sinne des Gesetzes besitzen. Mütter unehelicher Kinder, die keinen eigenen Hausstand haben, kommen dagegen als Familien häupter nicht in betracht. Als Familienglieder im Sinne des Gesetzes sind nur solche Ange hörige der Haushaltung zu verstehen, die durch Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit dem Haushaltungsvorstande verbunden oder von ihm an Kindes Statt oder als Pflegekinder ange nommen sind. Die Zugehörigkeit zur Haus haltung geht nicht schon dadurch verloren, daß das Kind zum Zwecke seiner Erziehung oder Ausbildung außer dem Hause untergebracht ist. — Gastwirte Achtungl möchte man an gesichts der Vorschläge, welche die preußische Staatsregierung zur Bekämpfung des Alkohol- genusses in einer -dem Bundesrate vorgelegten Novelle zur Gewerbeordnung macht, erneut und immer eindringlicher zurufen. Wie mitgeteilt, enthält der Entwurf eine Reihe wichtiger Be- timmungen, zum Beispiel die obligatorische Bcdürfnisfrage für Wirtschaften, Vorschriften zur Förderung alkoholfreier Getränke, Ausschluß weiblicher Bedienung. Verbot des Borgs, härtere Strafbestimmungen, gegebenenfalls Verlust der Konzession. Die „Berliner Volkszeitung" schreibt hierzu: Einzelne dieser Bestimmungen sind so ungeheuerlich, daß man sich vergebens fragt, wie sie von den Mitgliedern der Kommission ür durchführbar gehalten werden können. Andere Bestimmungen wieder sind so überflüssig und unmotiviert, daß man staunen muß, wie man auf sie verfallen konnte. Zum Beispiel sollen alkoholische Getränke nicht mehr durch weibliche Personen verabfolgt werden. Es cheint, den Herren von der Kommission haben dabei lediglich die berüchtigten Kneipen mit Damenbedienung vorgeschwebt, denen man auf diese Weise das Lebenslicht auSzublasen gedenkt. Man vergißt aber dabei, daß in vielen Tausen den von Gasthöfen, Gastwirtschaften usw. die Frauen und Töchter des Hauses und höchst ehrenwerte und anständige Mädchen Wein, Bier und andere Getränke verabreichen, ohne daß sich daraus auch nur entfernt bedenkliche Momente ergeben. Will man diese Tausende von ehrlichen, ihren anständigen Beruf sittlich durchaus einwandfrei ausübenden Frauen und Mädchen aus ihrem redlichen Gewerbe Heraus reißen? Wenn das die Wege sind, die zur Bekämpfung des Mißbrauchs des Alkoholgenusies — denn nur dieser soll bekämpft werden — eingeschlagen werden sollen, dann wird der Sache, der man dienen will, mehr geschadet als genützt. Einstweilen ist es Sache der Gast wirte, zu den gegen sie geplanten Unmöglich keiten Stellung zu nehmen. Medingen. Der am gestrigen Tage herrschende Sturm hat hier verschiedentlich Ver heerungen angerichtet, unter anderem entwurzelte der Sturm eine im Brauereihofe stehende Linde und riß einen Teil des Daches ab, auch an dem neuen Pfarrhause deckte der Sturm einige Ziegel ab und brach den Gartenzaun um. Langebrück. Die Zweigkonferenz Lausa- Klotzsche des Bezirksvereins Dresden-Land hielt am Mittwoch eine Versammlung in der hiesigen Schule ab, der Herr Schulrat Dr. Lange, Königlicher Bezirksschulinspektor für Dresden 3, beiwohnte. Nachdem Herr Lehrer Martin mit den Kindern des 7. Schuljahres eine Geometrie lektion, in der er neuere Bestrebungen auf diesem Gebiete zeigte, gehalten hatte, fand Kritik und Erledigung geschäftlicher Punkte in Hennigs Bahnrestaurant statt. Dresden. Auf einem im Ostragehege vor Anker liegenden Dampfer verunglückte am Sonntag ein Heizer dadurch, daß er beim In betriebsetzen der Dampfpumpe der Walze zu nahe kam und von dieser erfaßt wurde. Er erlitt einen Unterarmbruch, eine Verrenkung des Ellbogengelenks und eine Kopfverletzung Dresden. Im benachbarten Leutewitz sind gestern vormittag der Klempnermeist r Freising, der Gemeindediener Hille und dessen Bruder, die in den zum Leutewitzer Wasserwerk ge hörigen Brunnen gestiegen waren, um Arbeiten auszuführen, infolge Einatmens von Gasen er stickt. Alle drei standen im besten Mannesalter und waren verheiratet. — Dem gestern herrschenden Sturme ist auch der Ballon „Bussard Brillant" in dem Ver gnügungspark der Deutschen Städteauöstellung zum Opfer gefallen. Die Mannschaft dei Herrn Direktor Engel, an ihrer Spitze der Kapitän selbst, boten alles was möglich war, auf, um den Ballon durch Seile am Erdboden festzuhalten und zu verankern. Die Anker ver mochten aber dem gewaltigen Druck, der auf die Oberfläche des Ballons durch den Sturm ausgeübt wurde, nicht zu widerstehen. So wurde chließlich der ganze Ballon nach einer Seite jedrückt und der Stoff riß mitten entzwei, so >aß das Gas, womit der Ballon gefüllt war, chnell entwich und der Luft der ganzen Um- zebung seinen scharfen, unangenehmen Geruch mitteilte. Nur wenige Minuten dauerte es und anstatt der stolzen Kugel, mit der leuchtenden Umschrift „Bussard Brillant", die die Bäume des AuSstellungsparkes hoch überragte und so oft 500 Meter hoch über der Stadt Dresden, das Stadtbild verschönernd, geschwebt hatte, lag die seidene Hülle mit ihrem Netzwerk, ihren Tauen und Seilen eingefallen am Boden. Die Beschädigungen des Ballons sollen so bedeutend ein, daß eine Reparatur kaum möglich ist. — Gestern nachmittag wurde eine Frau, die auf der Landungsbrücke wartete, um das Dampf- chiff zu besteigen, vom Sturme in die Elbe geworfen. Dem Umstande, daß sie ein ihr zu- cworfenes Seil festhielt, und der schnellen )ilfe von Paffagieren und Mannschaften des Schiffes war es zu danken, daß die Frau vom Ertrinken gerettet wurde. — Entgegen einem umlaufenden Gerüchte, das von der Erhebung einer Anklage gegen den Geheimen Kommerzienrat Hahn abgesehen werden würde, kann der „Dr. Anz." Mitteilen, daß das Verfahren gegen die Inhaber des Bankhauses Ed. Rocksch Nachfolger seinen ungestörten Ver lauf nimmt. — Vielfach erregen gegenwärtig auf der Elbe hier talwärts durchpassierende Fahrzeuge Aufmerksamkeit, da diese fast den Unterseeboten gleichen, nämlich wie diese nur mit dem Ober leck über Wasser ragen. Es handelt sich um auf der Werst der „Kette" (Übigau) erbaute „Tankschiffe", welche die Gesellschaft David Fanto L Komp, in Wien auf der Elbe ver ehren läßt und die Petroleum aus den Balkan ändern in Deutschland einführen. Die Um ladung von Bahn zu Schiff erfolgt in Pardubitz. Ein solches, die ungarische Handelsflagge führen des Fahrzeug bringt 528 Tonnen Petroleum nach Berlin. Königsbrück. Einem hiesigen Geschäfts mann verfolgte am Mittwoch abend auf dem Perron des Neustädter Bahnhofs in Dresden herbes Mißgeschick- Er stellte sein Handgepäck auf eine daselbst aufgestellte Bank- Kaum daß er den Rücken gewandt hatte, war es ver schwunden und konnte auch trotz sofort aufge nommener Recherchen nicht wieder erlangt werden. Das Packet hatte einen Wert von 80—90 Mark. ES beweist dieser Fall wieder holt, daß man mit seinen Habseligkeiten an solchen verkehrsreichen Orten nicht vorsichtig ge nug sein kann. Moritzburg. Von den hiesigen Teichen werden in diesem Herbst der Nieder-Waldteich am 17. September, der Frauenteich am 7. und 8. Oktober, der Dippelsdorfer Teich am 21. und 22. Oktober und der Schloßteich am 4. und 5. November gefischt, vorausgesetzt, daß diese Termine nicht durch eintretende Hinder nisse verlegt werden müssen. Röderau. Wie das „ Nies. Tgbl." erfährt, ist am 2. September einem Herrn aus Buch holz auf dem hiesigen Bahnhof eine goldne Remontoiruhr mit Kette im Werte von 465 Mark gestohlen worden. Die Uhr trägt die Nummer 10 706. Oschatz. Die gestrige Meldung über die Schlägerei in Lonnewitz ist dahin richtig zu stellen, daß sich die Mitteilung vom Ableben des schwer verletzten Gutsbesitzers Schroth zum Glück nicht bestätigt. Sie beruht auf einem Mißverständnisse beziehungsweise auf einer Ver wechslung mit einem anderen, aus natürlicher Ursache erfolgten Todesfälle. Das Befinden des Verwundeten giebt allerdings immer noch zu ernstesten Befürchtungen Anlaß. Über die ganze Angelegenheit, insbesondere darüber, wer den Streit begonnen hat, herrscht übrigens auch nach große Unklarheit, da die Beteiligten und verschiedene Augenzeugen mit Angaben sehr zurückhalten und die widersprechendsten Schilder ungen geben. Rochlitz. Im hiesigen Amtsgerichtsgefäng nis machte ein wegen Bettelns eingelieferter 61 Jahre alter Handwerksbursche H. Alesiu« einen Selbstmordversuch, indem er sich mit einem stumpfen Taschenmesser den Hals durch« chneiden wollte. Er brachte sich jedoch nur eine tiefe Wunde am Halse bei. Besinnungslos wurde er aufgefunden und in das dortige Krankenhaus überführt. Leipzig. Ein bedeutendes Schadenfeuer and nachmittags in der Dampfseifenfabrik von Z. C. Steinbach, Moritzstraße 19/21, statt. Der Brand entstand in der dritten Stunde in einem zweistöckigen Seitengebäude vermutlich durch Selbstentzündung der Umkleidung der SchmelzungSanlage. Das Feuer ward sofort entdeckt. Da es jedoch sehr schnell um sich griff, waren die Läschversuche des Personals vergeblich. Gegen »/i3 Uhr wurde die Feuer wehr durch die Meldung Großseuer herbei gerufen. Ihr gelang es, den Brand auf seinen Herd zu beschränken. Schöneck. Die Beerdigung des am Mon tag im nahen Walde tot aufgefundenen Steuer einnehmers Louis Penzel wurde verhindert, da man einen Raubmord vermutet. Im Beisein der Staatsanwaltschaft fand die Sektion der Leiche statt. Von der Leiche fehlen 100 M. in bar und ein goldener Klemmer. Stollberg. Eine völlig betrunkene Frauens person erregte kürzlich auf dem hiesigen Bahn hofe das Mißfallen aller dort Anwesenden, zu gleich aber auch deren Verwunderung, da sie bei 40 Grad Wintermantel und Winterhut trug. Sie wurde schließlich nach der Polizei wache gebracht, dort stellte sich heraus, daß sie außer etlichen Glas Lagerbier 25 Kognaks ge trunken hatte, im Winter in die Korrektions anstalt in Grünhain eingeliefert, jetzt von dort entlassen war und das dort verdiente Geld so fort in Alkohol umgesetzt hatte. Lengefelv i. Erzg. In der Papierfabrik von C. G. Hübler in Görsdorf entstand am Donnerstag vormittag 11 Uhr Feuer in der Kohlentransportanlage. Bei den Löscharbeiten erfolgte eine Explosion des Kohlenstaubes, wo durch leider drei Mann schwer und drei Mann leicht verletzt wurden. Der Betrieb der Fabrik erleidet keine Unterbrechung. Zwickau. Mittwoch abend wurde auf dem hiesigen Rangierbahnhofe bei der Einfahrt des Reichenbach-Dresdner Personenzuges der 30 Jahre alte Bremser Roßmann aus Hilbersdorf beim Überschreiten der Bahngleise überfahren, arg verstümmelt und sofort getötet. Plauen i. V. Der Postgehilfe Kroll, der bei dem Postamt in Damgarten angestellt und einen Wertbrief von 5253 M. 10 Pf. unter schlug und dann flüchtig wurde, hält sich zweifellos im Vogtlande auf. Vor einigen Tagen ist Kroll in einer hiesigen Wirtschaft, sowie auch in mehreren Lokalen in Ölsnitz ge sehen worden. In Ölsnitz nannte sich Kroll übrigens Bornstedt. Vielleicht wird die Be kanntgabe dieses Namenswechsels die Festnahme Krolls eher möglich machen. — Auch der Sächsische Lehrerverein „Gabelsberger" wird aus Anlaß der hier stattfindenden 13. Haupt versammlung des Sächsischen Lehrervereins seine erste Hauptversammlung hier am 28. September abhalten. Adorf. Die am Wege nach Gettengrün bei Adorf nahe der böhmischen Grenze liegende „LazaruSmühle", die in der Nacht zum Mon tag gänzlich niederbrannte (es konnten nur einige Stücke Vieh gerettet werden), fiel einem Brandstifter zum Öpfer. Der mit in der Mühle wohnende Fabrikarbeiter Lang soll da« Jäckelsche Besitztum aus Rachsucht angezündet haben. Er wurde am Montag nachmittag in Haft genommen.