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Die „VttenLorfcc Zeitung" erscheint Dcenstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich ; Mark. Durch die j)ost bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla nm Aloritzdorf und Amgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Kandel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag so Uhr. Inserate werden mit 40 Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Taris. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 48. Freilag, den 22. April 1904. 3. Jahrgang. Vertlickes und Sächsisches. DUendors-Vkrilla. 2s. April 1W4. — Die Zweite Kammer des sächsischen Landtags trat am Montag mittags 12 Uhr zur 85. öffentlichen Sitzung zusammen. Der Landtag beschloß in der die Großenhainer, Radeburger und Königsbrücker Gegend besonders interessierende Eisenbahn - Petition „Riesa- Großenhain-Königsbrück-Kamenz-Radibor" und Radeburgs Anschluß an die vorbezeichnete so genannte Nordostbahnstrecke zur K nntniönahmc an die Regierung zu überweisen. Die Nord ostbahn wurde schon vom Landtage 1901 „zur Erwägung des Baues" gegeben. Sie harr! aber immer noch der Vorlage durch Königl. Dekret. Zur Förderung ihrer Ausführung kann nur empfohlen werden „ein möglichst opferwilliges Entgegenkommen der Anwohner erbetener Linien, sowie aller dabei beteiligten Interessenten." Jedoch wird man hierbei nicht so weit gehen können, von jetzt ab durchgehends eine freie Hergabe des zu Bahnbauten er forderlichen Areals zur Bedingung machen zu wollen. Hierdurch würden große Ungleicl heiten, ja Ungerechtigkeiten gegenüber früherer Ge pflogenheit entstehen. — Ueber das Vermögen der Iva Auguste verehel. Hausold geb. Lieber, Inhaberin eines Schnittwaren- und Konfektionsgeschäftes in Lausa wurde am Dienstag das Konkurs verfahren eröffnet. Der Lokalrichtcr Pau! Müller in Radeberg wurde zum Konkurs verwalter ernannt und sind Konkursforderungen bis zum 31. Mai 1904 bei dem Gerichte an zumelden. — Die Hirsch-Dunkerschen Geweckvereine werden ihren 15. ordentlichen Verbandstag zu Pfingsten in Hannover Malten. Auf der Tagesordnung stehen Referate über Einführung von Arbeitskammern, Arbeiterschutz in der Heimarbeit, Tarifverträge, Koalitionsfreiheit und Beschlüsse über Gründung einer Tageszeitung als Zentralorgan der Hirsch-Dunkerschen Ge werkvereine an Stelle des jetzt wöchentlich er scheinenden „Gewerkverein". Gegen das ge plante ZeitungSuntsrnehmen macht sich in vielen Zweigvereinen lebhafte Opposition be merkbar. — Selbstmord und Lebensve-sicherung. Durch dm in endgiltiger Vorbereitung begriffenen Gesetzentwurf über den Versicherungsvertrag wird bezüglich des Selbstmordes für die Lebensversicherung ein neuer RechtLzustand ge schaffen, aber nur insoweit, als cs sich um die Unstatthaftigkeit der Gleichstellung des Selbst mordes bei Zurechnungsfähigkeit mit dem b i Unzurechnungsfähigkeit hand-lt. Die Ver sicherungsgesellschaften können nicht mehr be stimmen, daß ihre Leistungspfsichi im Falle des Selbstmordes unter allen Umständen fortfalle; ungeachtet dieser Klausel winde bei dem Selbst mord bei Unzurechnungsfähigen die Lcistungs- pflichl gleichwohl vorhanden sein. — Beschäftigung von Ausländern bei Bahn bauarbeiten. In der Oeffentlichkeit ist mehr fach die Frage aufgetaucht, warum an eisenbahn- fiskalischen Neubauten ausländische Arbeiter verwendet werden, obschon noch vielfach in ländische Arbeitskräfte beschästignngslos sind. Hierzu schreibt mail: „Die mit Ausführung größerer Bauarbeiten im Eisenbahnbereiche be trauten Unternehmer sind vertragsmäßig ver pflichtet, soweit als nur möglich Inländer zu beschäftigen und geeignete Arbeiter, die ihnen von der Verwaltung zugewiesen werden, bei Bedarf in erster Linie einzustellcn. Es sind aber die inländischen Arbeiter für gewisse Aus sührung nicht oder weniger geeignet, beispie's- wcise für schwere Erd- und Felsenarbciten, oder inländische Maurer nicht ohne weiteres für die besondere Uebung und Fertigkeit erfordernden Bruchsteinmaurer-Arbeiten usw., so daß In länder ost selbst die Verwendung zu derartigen Arbeiten ablehnen. Es läßt sich daher die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte bei Ausführung gedachter Art nicht umgehen und zwar uni so weniger dann, wenn sie umfänglich herzustellen sind. Die Eisenbahnverwaltung wacht aberun ausgesetzt darüber, daß die Zahl der bei ihren Bauten beschäftigten Ausländer stets unter der Zahl der inländischen Arbeits kräfte sich hält und diese nicht benachteiligt werden." — Es ist zwar noch zwei Wochen bald hin bis zum Mai, aber das tut nichts, unsere Jugend singt doch schon: „Der Mai ist ge kommen, die Bäume schlagen aus!" Und wie sie draußen singt, springt und jubiliert, sich von den jungen Schulsorgen die Köpfe nicht allzusehr bedrücken läßt, jedenfalls nicht mehr als notwendig, da haben wir alle unsere Freude dran. Im Frühling werden ja auch die Alten wieder vergnügt, in all dem Hellen Licht, dem frischen Maiengrün, der ganzen Lenzwonne gehen die Herzen auf und der Mund über. Immer ist's schön im Fiühling, aber am schönsten an einem Sonntage, wie dem letzten, wenn alle Welt ins Freie strömt, die neuen Reize zu genießen, ewig einfach, ewig erhaben, da ist's eine Lust zu leben. — Die herrlichen Frühlingstage haben die Vegetation mächtig gefördert und an ver schiedenen Bäumen und Sträuchern bereits die Blüte hervorgcbracht. Möchten nur nich: Unwetter und Fröste die Blüten und jungen Früchte vernichten! Am 19. April vorigen Jahres herrschte ein eisiger, orkanartiger Sturm, der damals erheblichen Schaden verursachte. — Wenn nicht jähe Naturereignisse einen Strick durch die Rechnung machen, werden wir dieses Jahr ein fruchtbares zu verzeichnen haben. Seine Durchschnitts-Singnatur wird warm und feucht sein, es wird also den Charakter eines Gewitterjahres haben, die stets als gut gelten, wenn nicht elementare Aus brüche verwüstend auftresin. Die Gewitter haben in diesem Jahre schon vor Ostern ein gesetzt. — Tie Zeit des Keimens der alten Kar toffeln tritt jetzt wieder ein. Es sei deshalb erneut auf die Gefahren der Vergiftung, die durch Unvorsichtigkeiten bei der Zubereitung der gekeimten Kartoffeln hervorgcrufen werd.n können, hingewiesin. Kartoffelfeime enthalten das sogenannte Nachtscha'.tengift, und aus diesem Grunde ist besonders darauf zu achten, daß Personen, welche mit dem Abkeimen der Kartoffeln beschäftigt werden, an den Händen keine Verwundung haben, wodurch leicht eine Blutvergiftung hervorgerufen werden rann. — Eine alte Mahnung wird angesichts der eingetretenen wärmeren Frühlingstage wieder recht dringlich: „Hütet Eure Kinder vor dem frühzeitigen Sitzen auf der kalten Erde!" Viele, denen die Wartung und Pflege von Säug lingen oder kaum des Sitzens oder Gehens fähigen Kinder obliegt, glauben den Klein n eine Freude zu bereiten und sehen cs a<ö eine Abhärtung des Körpers an, wenn sie die Kinder auf dem an öffentlichen Wegen auf- gcfahrenm Sand oder auf Wiesen und in Garten umhersitzen lassen. Dies ist ein ge fährliches Wagnis, da die bis in den Juni hinein währende Feuchtigkeit der sich nur all- mählig erwärmenden Erde ungemein schädlich auf den zarten Bau der Kinder wirken muß. Radeburg. Der Spar- und Kreditverein c. G. m. u. H. hatte in seinem 43. Geschäfts jahre (1903) 559 947,24 Mk. Einnahmen und 554 091,28 Mk. Ausgaben. Der Kassen bestand am 31. Dez. 1903 betrug 5255,96 Mk., der Gesamtumsatz !903 1076617,66 Mk. — Mittwoch, den 27. April d. I. findet hier Noß- und Viehmarkt statt. Hilbersdorf. Ein größerer Heidebraud entstand Sonntag am Abhang der Dresdner Dyaamitfabrik. Das Feuer fand hinreichend Nahrung. Den herbcigeeilten Feuerweh-en gelang es aber, den Brand auf seinen Herd zu beschränken. Döbeln. Ein Opfer seines Berufs wurde der hiesige Stadtkrankenhausvsrwalter Stephan. Durch Verpflegung der aus der Stadt und der Umgebung vereinzelt im Stadtkrankenhause auf genommenen Typhuskranken wurde er von der Seuche selbst angesteckt. Während fast alle Typhnskranken als geheilt wieder entlassen werden konnten, ist der Krankenhausverwalter, ein Mann in den rüstigsten Jahren, der Seuche erlegen. Meißen. Vermißt wird der Weinhändler Max Wetzig aus Brockwitz, der am Montag abend mit dem Rade nach Sörnewitz fuhr, um dort Geschäfte zu machen. Sein Rad wurde am Dienstag an einem Baume und daneben seine Mütze gefunden. Verschiedene Merkmale lasten darauf schließen, daß er den Tod in der Elbe gesucht hat. Oschatz. Ein hiesiger Knabe, etwa zehn Jahre alt, wurde am Sonnabend in den Morgenstunden auf einem Sandsteinlagerplatze in Riesa von einem Herrn schlafend aufgefunden. Der Junge soll schon seit einigen Tagen in Riesa aufhältlich gewesen und in der Nacht zum Sonnabend auf dem bezeichneten Platze genächtigt haken. Er ist vorgestern seinen Eltern wieder zugeführt worden, jedoch seit gestern früh, als er eine Besorgung ausführen sollte, abermals verschwunden. Wurzen. Am Sonnabend gegen 8 Uhr abends brach in der hiesigen Drahtseilwaren fabrik von A. W. Kaniß ein Großfeuer aus, das sämtliche Fabrikgebäude einäscherte. Der Brand fand an den großen Vorräten von Hanf, Baumwolle, Teer und dergleichen reiche Nahrung. Das Feuer dauerte bis zum Morgen. Weiter brannte in Wurzen die zu dem Hause der Wildhändlerin Werner gehörige Scheune nieder. Leipzig. Die von der Kreishauptmann schaft an die Ortskrankenkaste erlassene Ver ordnung, die Zahl der Aerzte (von 71) auf 98 zu erhöhen, ist durch die große Anzahl von Beschwerden der Kastenmitglieder über unzu reichende ärztliche Versorgung veranlaßt. Namentlich fehlt es in empfindlicher Weise an Spezialen ztrn. Diese Verfügung der Kreis- hauptmannschafl, die selbstverständlich im Ein vernehmen mit der sächsischen Negierung erlösten worden ist, beweist, daß die von feiten der Kast »Mitglieder erhob neu Beschwerden doch nicht, wie vielfach behauptet, unbegründet und von früheren Kassenärzten ausgeuangen sein können; in diesem Falle würde die Kreishaupt- mannschaft, die bisher stets die Sache der Kaste vertreten hat, sich nicht zu einem so ein schneidenden Vorgehen entschlossen haben. Vermag nun die Kaste binnen einer Woche 27 neue Aerzte nicht zu beschaffen, so muß damit ge rechnet werden, daß die Aufsichtsbehörde aus eigener Machtvollkommenheit so viel der bis herigen Kassenärzte zu den zwischen ihr und den Aerzten vereinbarten Bedingungen engagiert, als sie für nötig erachtet. Es dürfte der Kasse schw rlich gelingen, in so kurzer Zeit der An ordnung der Kreishauptmannschaft zu entsprechen. In diesem Falle wäre di: schließliche Nieder rage der Kaste unabwendbar. O b e r h o h n S d or f. In einem hiesigen Schachte wurde der verheiratete Aufbereitungs arbeiter Bruno Anton Spitzner aus Reinsdorf Kei Zwickau von der Transmission der Kohlen wäsche ersaßt und einigemal um die Welle ge schleudert. (Dem Unglücklichen wurden alle Knochen gebrochen und dis Fleischteile zerrissen Der Tod war sofort eingetreten. Der Vw- unglückte ist 31 Jahre alt. Eibenstock. Vom Bahnhofe wird nach der hiesigen Stadt eine uormalspurige Neben eisenbahn erbaut werden. Die Ausführung der Tief- und Oberbauarbeiten wurde der Firma F. W. Philipp in Löban und Dresden übertragen Annaberg. Schwer verunglückt ist in einer hiesigen Mühle der Obermüller. Er kam in die Maschine, wobei ihm beide Hände und der linke Unteram völlig zerquetscht wurden. Besinnungslos wurde der Aermste auf dem Boden liegend aufgefunden. Flöha. Der als vermißt gemeldete Hand arbeiter und Invalid Gründig aus Marbach bei Leubsdorf ist am 18. April erhängt auf. gefunden worden. Olbernhau. Der Gutsbesitzer Tanne berg r in Dittmannsdorf fand beim Aufbrechen eines alten steinigen Rains einen irdenen Topf mit 290 Silbermünzen. Die Münzen, die un gefähr so groß wie ein Zweimarkstück aber kaum halb so stark als ein Markstück sind, zeigen auf der einen Seite einen aufrechtstehen den Löwen mit Wappenschild und die Inschrift: Oro8vu8 Marosi. Nisnonsis, auf der anderen Seite ein verziertes gleicharmiges Kreuz und öle Inschrift: Ik. M. Ooi draoia Durmn. IEA. Es sind also Meißner Groschen, die vermutlich aus dem 14. oder 15. Jahrhundert stammen. Reichen brau d. Auf eigentümliche Weise ist dieser Tage der 72jährige Knecht Gimpel tödlich verunglückt- Er fuhr auf einem Schieb karren eine Egge aufs Feld, während vor ihm von einem Jungen ein Pferd geführt wurde. Plötzlich scheute das Pferd vor einer nieder gehenden Bahnbarriere, schlug aus und traf dabei die Egge, die den Knecht so unglücklich an den Leib traf, daß er nach wenigen Tagen verstarb. Crimmitschau. In dem vor dem Landgericht Zwickau schwebenden Verfahren wegen der Boykotterklärung der Mummertschen Brauerei hat das Landgericht die einstweiligen Verfügungen des Amtsgerichts Crimmitschau und Zwickau, durch die dem Gewerkschaftskartell und dem „Sächsischen Volksblatt" weiters Schritte in der Boykottierung untersagt worden waren, aufgehoben. Gegen diese Entscheidung wird jedenfalls Berufung eingelegt werden, um den fortwährenden Berufserklärungen der So zialdemokraten ein Ende zu bereiten. Durch grellrote Plakate wird seitens des Kartells der hiesigen Einwohnerschaft die gerichtliche Ent scheidung als Sieg angezeigt. Plauen i. V. Mit Besorgnis sehen die Bewohner Plauens den kommenden Sommer entgegen, da sich schon jetzt ein recht empfind licher Wassermangel bemerkbar macht. Der Stadtrat hat sich bereits veranlaßt gesehen, in einer öffentlichen Bekanntmachung die Ver wendung von Wasser aus den städtischen Leitungen zum Besprengen der Gärten, Betrieb von Springbrunnen und dergleichen bis ans weiteres zu verbieten und im übrigen die ge samte Einwohnerschaft zu sparsamem Verbrauche des Wassers zu ermahnen. Außerdem hat der Stadtrat die Versorgung der vom Wasser mangel betroffenen Straßen durch Quellwasser- Zuführungswagen ungeordnet. Namentlich die hochgelegenen Stadteile werden von dem Wassermangel hart betroffen, hier versagt die Wasserleitung zeitweise vollständig. Werdau. Einen Protest gegen die Heran ziehung ausländischer Arbeitskräfte für die hiesige Textilindustrie beschloß eine hier ab gehaltene Volksversammlung. Buchholz. Die Erbauung des Bahn hofes zur Kopfslation macht Verhandlungen mit den Anliegern wegen Gru.dstücks.rwerbungen nölig. W nn einige Private von ihren hohen Forderungen nicht zurückgehcn wird zum Not mittel der Zwangsenteignung gegriffen werden müssen. Die Stadt hat das von ihrem Grund besitz notwendige Areal unentgeltlich zur Ver fügung gestellt- Für den Bahnhofsbau sind drei Jahre in Aussicht genommen. Meeran e. In kaum unglaublicher Weise hat sich hier der Handarbeiter Bruno Hammer an einem seiner vier Kinder, einem 11 Jahre alten Mädchen vergangen. Der entmenschte Vater hat dem armen Kinde derart Gewalt angetan, daß es schwer erkrankt ist und am Sonnabend ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Hammer, der verhaftet wurde, ist 32 Jahre alt, verwitwetund wegen Betrugs vorbestr