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Die „Mtendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen :,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag w Uhr. Inserate werden mit so Pf. für die Spaltzetle berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 99. Freitag, den 19. August 1904. 3. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Bkrilla, ,8. August 190^. Auch in Dresden ist seit dem 16. August der Preis für Milch erhöht worden. Tie außerordentliche Trockenheit und der dadurch Hervorgei ufcne Futtermangel (das Heu ist bereits auf 5 bis 6 Mark für den Zentner gestiegen) hat die Erzeugungskosten für Milch so verteuert, daß der Preisaufschlag unver meidlich war. Ein, wenn auch nur schwacher Trost für unsere Hausfrauen ist die Tatsache daß von allen Großstädten in Dresden die Milch am wohlfeilsten ist und daß sie infolge ihres Nährwertes und ihrer leichten Verdaulichkeit trotzt des erhöhten Preises im Vergleich zu allen anderen Nahrungsmitteln immer noch zu den billigen gehört. — Die Elbe sinkt noch immer. Je weiter man nach Pirna-Herrnskretschen zu kommt, desto trübseliger ist das Bild der Elbe. Jetzt ist auch auf den beiden Nebenflüssen Iser und Eger ebenfalls ein beachtenswerter Rückgang zu verzeichnen. Tie Iser fick 10 und die Eger 7 Centimeter, sodaß also auch für die Etb° noch weiterer Fall unausbleiblich erscheint. Unter solchen Verhältnissen und schlechten Ausblicken ist es leicht verständlich, wenn die Elbanwohner schon die Möglichkeit besprechen ob in diesem Jahre überhaupt wieder an eine Neueröffnung der Schiffahrt gedacht werden könne. Die Stimmung ist wenig hoffnungö- freudig. Wer die langgestreckten, von den Sonnenstrahlen auSgesogenen Sandheger im Strombett, die öden Ausbuchtungen und das zutage getretene Cteingeröll sieht, der kann sich der Meinung nicht verschließen, daß ungeheure Wassernungen dazu gehören, um die Elbe wieder zu einem schiffbaren Strom nuszugestalten. — Ueber die geplante Regelung des Automobilvcrkehrs wird bekannt, daß ein Bundesratsbeschluh herbeigeführt werden soll, auf Grund dessen dann Landespolizeiver ordnungen zu erlassen wären. Der Bundes rat dürfte seine Entscheidung schon in naher Zeit treffen. — Am Technikum in Achaffeu- burg in Bayern wird die erste öffentliche Schule errichtet, die es sich zur Aufgabe machen will, tüchtige und zuverlässige Lenker von Kraftfahrzeugen auszubilden. Eine solche Schule entspricht wirklich einem dringenden Bedürfnis. Hoffentlich wird sie fleißig besucht werden. Dresden. Am Montag vormittag ereignete sich auf dem Neubau der Königlichen technisch-n Hochschule ein schwerer Unglücksfall dadurch, daß drei mit dem Bau eines Schorn steins beschäftigte Maurer infolge Verschiebens eines Trägers mit den oben befindlichen Ziegeln und Fässern aus einer Höhe von 16 w in das Innere des Schornsteins stürzten. Man zog sie alsbald unter dem Schutte und den sonstigen Trümmern hervor, wobei sich ergab, daß die Maurer Wondra und Brichta schwere Ver letzungen erlitten haben, weshalb sie sogleich Mit dem Unfallwagen in das Friedrichstadter Krankenhaus gebracht werden mußten, während ein Mauer mit Beulen am Kopfe davonkam und sich selbst in die nahe Kinderheilanstatt zum Verbinden begeben konnte. Ueber die Schuld frage schweben die Erörterungen. Postelwitz. Ein bedeutender Waldbrand entstand im S aatsforstrevier zwischen Postel- Witz und Schöna. Es wird darüber gemeldet; Montag nachmittag gegen r/,2 Uhr, nachdem der D-Zug Nr. 66 die Strecke, die den Postelwitzcr San steinbrüchen gegenüber liegt, Passiert hatte, bemerkte der unterhalb Schöna stationierte Bahnwärter, daß im Staatforstrevier Feuer aufging. Er schlug sofort Alarm und kurz nach Ausbruch des Brandes rückte eine Bahnarbeiterkolonne von 20 Mann, mit Hacken Und Schaufeln ausgerüstet, nach dem Brand herde aus, ebenso trafen in kurzer Zeit dis Feuerwehren vor. Schanda, Postelw.tz, König stein und Schöna ein. Das Feuer breitete sich mit rasender Geschwindigkeit über den ganzen Hang aus. Dian begann sofort, den Humus boden abzugraben, in dem das Feuer rasch vordrang. Aber erst als gegen */z5 Uhr der Wind etwas nachließ, zeigte sich ein Erfolg der Rettungsarbciten, die von den Herren Oberförster Lingke-Reinhardtsdorf und Hahn- Postelwitz in umsichtiger Weise geleitet wurden. Der Bahnbettieb wurde durch den Brand nicht beeinträchtigt, da der Nordwestwind die Flammen von der Strecke abtrieb. Das ganze obere Elbthal war mit Rauch angefüllt, und schon gegen 3 Uhr wurde das Feuer infolgedessen in der Oberförstern Schandau be merkt. Durch den Brand sind etwa 20 Hektar Waldbestand vernichtet worden. Der an gerichtete Schaden wird auf 17 000 bis 20 000 M. geschätzt. Radeburg. Gestern Nachmittag gegen 4 Uhr wurde im nahen Bärwalde beim Gasthossbesitzer Otto Thieme die Scheune mit angrenzendem Schuppen durch Feuer zerstört wodurch die eingebrachtm Erntevorräte, ca. 35 Schock Roggen und Hafer, sowie mehrere Ackergeräte vernichtet wurden. Das Feuer wurde durch zwei vierjährige Knaben verursacht, welche mit Streichhölzchen gespielt hatten. Der Kalamitose hat versichert. Boderitz b. Kamenz. In der Nacht zum Sonntag sind dem Wirtschaftsbesitzer Heinrich Böhme gehörigen Gebäude, das Wohnhaus mit Kuhstall, Scheune, Holz- und Futterschuppen, niedergebrannt. Die ganze Ernte, Ackergeräte, Wagen, zwei Schweine und eine Anzahl Hühner wurden ein Raub der Flammen. Der Kalamitose hat nicht versichert. Großschönau. Der Gutsbesitzer Heinrich Wenzel, der am Freitag auf dem Felde infolge Durchgehens des Pferdes in den Schlepprechen stürzte und lebensgefährlich verletzt wurde, ist am Sonnabend in der Klinik von Dr. Drey- zehner in Zittau gestorben, ohne das Be wußtsein wiedererlangt zu haben. Zittau. Am Freitag Abend wurde auf den von Ostritz nach hier verkehrenden 9 Uhr- Zug ein Schuß abgegeben. Der Bubenstreich wurde auf Blumenberger Seite am dortigen Uebergange verübt. Die Kugel hatte die Scheibe eines Wagens vierter Klaffe fast glatt durchschlagen, ohne jemanden zu verletzen, doch bemächtigte sich der Insassen des Wagens große Aufregung. Die polizeiliche Untersuchung ist einaeleilct. Coswig. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich am Sonnabend früh in der hiesigen Schncllpressenfabrick. Der dort be schäftigte Sohn des Werkmeisters Pahlitzsch, der an einer Drehbank beschäftigt ist, geriet in das Getriebe, wobei dem Bedauernswerten der eine Arm zerquetscht wurde. Meißen. Beim Obstpflücken stürzte Montag in Sörnewitz der bejahrte Wirtschafts besitzer Beger aus Oberspaar so unglücklich von der Leiter, daß er einen Bruch der Wirbel säule erlitt und nach kurzer Zeit starb. Meißen. Am Sonnabend Abend entstand auf der Neugaffe vor dem „Alberthof" ein Krawall, der erst durch die Festnahme des Uhrhebers endete. Dieser hatte sich in der Stehbierhalle so ungebührlich benommen, daß »hm mehrmals das Lokal verboten werden mußte. Da er sich jedoch nicht fügte, wurde er an die Luft gesetzt. Darüber geriet er dermaßen in Wut, daß er mit der geballten Hand die Glasscheibe der Ladentür einschlug. Merkwürdigerweise gab es Leute, die für diesen Skandalmacher noch Partei nahmen. Den Wirt, der ihn zu fassen suchte, biß er in den Finger. Um weiteres Unglück zu verhüten mußten die Rollläden Herabgelaffen werden. Ein herbcigerufener Schutzmann verhaftete den Ruhestörer. — In der Eisenhandlung von Günzel hierselbst ist der Handlungslehrling Dölitzsch aus Riesa dadurch verunglück!, daß ein Draht, den D. abzufeilen hatte, aus dem Schraubstocke heraussprang, in dis Höhe schnellte und den Lehrling ein Brillenglas zerschlug, dessen Splitter seinen linken Augapfel verletzten, sodaß sich seine sofortige Unterbringung in der Augen klinik nötig machte. Polenz. Der vierzehnjährige einzige Sohn einer hiesigen Familie besuchte seinen Schul kameraden, um mit diesem den letzten Ferientag zu verleben. Bei dieser Gelegenheit setzte er sich auf die Gabel eines bespannten Schlepp- rechens, von dessen Sitz aus der Sohn des Gutsbesitzers das Pferd leitete. Bei einem Peitschenschlag schlug das sonst gute Tier aus und traf genannten Schüler mit dem Hufe an die Stirn, wodurch dieser schwer verletzt wurde. Der hinzugezogcne Arzt ordnete die sofortige Ueberführung nach dem Ländlichen Kranken hause an. Gröbern. Ein frecher Raubanfall wurde am letzten Donnerstag Abend zwischen Gröbern und Jessen ausgeführt. Ein Erntearbeiter, der mit seinem Erntelohn in der Tasche von Meißen kam, machte unterwegs die Bekanntschaft eines fremden Arbeiters. Da der Fremde merkte, daß sein Begleiter bei Kaffe war, wurde fleißig eingekehrt und gezecht. Auf dem Wege zwischen den genannten Ortschaften hat dann der Fremde den Erntearbeiter mit einem Stocke derartig über den Kopf geschlagen, daß er blutüberströmt zusammengebrochen und seiner Barschaft in ziemlicher Höhe beraubt worden ist. Die Recherchen sind insofern schwierig, weil der Beraubte betrunken gewesen und sehr wenig zur Sache avzugeben vermag. Die Gendarmerie fahndet eifrig nach dem Räuber, der ein Schlesier sein soll. Riesa. Ein gewaltiger Waldbrand wütete am vergangenen Freitag und Sonnabend in den an der Berlin—Dresdner Staatsbahn zwischen Bahnhof Burxdorf und Jakobsthal i. S. sich hinziehenden Kiefernwaldungen. Der Brand, welcher bei Wärterbude Nr. 54 entstand und wahrscheinlich durch Funkenauswurf einer Lokomotive verursacht worden ist, dehnte sich infolge der großen Dürre und ungünstigen Windrichtung mit unheimlicher Schnelligkeit aus, sodaß die Löscharbeiten außerordentlich erschwert waren. Durch den Brand sind etwa 150—200 Morgen teils jüngeren, teils mittleren und älteren Kiefernbestandes vernichtet worden. Die niedergebrannten Waldungen gehörten dem Geheimen Justizrat Winterfeldt auf Rittergut Güldenstern bei Mühlberg a./E., dem Gutsbesitzer Reuther in Borack u. a. Der Schaden ist ganz bedeutend. Zävertitz. Unter dem Verdachte, das Großfeuer verursacht zu haben, wurde am Sonnabend ein älterer Mann, augenscheinlich ein Fechtbruder, verhaftet und da die aufgeregte Einwohnerschaft in ziemlich stark durchgebläut hatte, mittels Schubkarre dem Amtsgerichts gefängnis in Mügeln zugeführt. Er soll in einem der beiden niedergebrannten Grundstücke genächtigt und dabei das Feuer verursacht haben- Waldheim. In Hoyersdorf brannte das dem Zimmermann Richard Teichmann gehörige Wohnhaus völlig nieder. Leipzig. Wie kürzlich vom ärztlichen Bezirksverein Leipzig-Stadt, so ist auch vom ärztlichen Bezirksverein Leipzig-Land die Neu regelung des Verhältnisses der früheren Bc- zirksärzte zur Ortskrankenkaffe anerkannt worden. Eine Versammlung des ärztlichen Bezirksvereins Leipzig-Land beschloß, gegen die neuen Verträge keine Einwendungen zu er heben, außerdem wurde beschlossen, gegen die sozialdemokratische „Leipziger Volkszeitung" wegen mehrfacher Beleidigung des ärztlichen Standes und Bezirksvereine klagbar zu werden. — In der Nacht vom 13. zum 14. d. M. sprang in selbstmörderischer Absicht ein in Borxdorf wohnhaftes, 18 Jahre altes Mädchen aus dem Fenster ihrer Wohnung heraus und erlitt hierbei mehrere Knochenbrüche, sodaß es ins hiesige Stadtkrankenhaus übergeführt werden mußte. Markranstädt. Eine ruchlose Mt verübte ein junger Mensch, der erst vor sechs Tagen eine längere Strafe abgebüßt hatte, in Wittgensdocf. Er ging von Gut zu Gut und fragte die Kinder ob ihr Vater zu Hause sei. Im bejahenden Falle ging er weiter. Vor dem einen Gehöft erhielt er die Antwort, der Vater sei auf dem Felde. In dieses Haus drang nun der Bursche vom Garten aus ein. Die Frau, die tatsächlich allein zu Hause war, wurde von ihm mit den Worten: „Geld oder Leben!" erfaßt und gewürgt. Da die Frau an zu schreien ver suchte, schleppte er sie aus dem Hofe in die Hausflur. Hier warf er sie zu Boden, und zerschlug Bierflaschen mit solcher Wucht auf ihrem Kopfe, daß die Scherben im Kopfe stecken blieben. Der verzweifelnden Frau gelang es, einen lauten Hilfeschrei auSzustoßen, worauf sofort ihr Nachbar erschien. Der Bursche entwischte durch ein Stubenfenster nachdem er erst noch einige Kästen nach Geld durchsucht hatte. Nacheilende Radfahrer trieben in von der Straße queifeldein. Der Ruchlose wäre vielleicht entwischt, wenn nicht zufällig ein Milchmann gekommen wäre, der ihm zu Pferde nacheilte und ihn auch einholte. An dem Auskommen der armen Frau wird gezweifelt. Der Verbrecher erhielt zunächst von den Orts« einwohnern eine gewaltige Tracht Prügel und wurde alsdann durch einen Gendarm dem Amtsgericht Lützen zugeführt. Frankenberg. Beim Baden ertrunken ist am Sonntag im Wehrteich der Mühle zu Lichtenwalde ein so jähriger unbekannter Mann. In den am Ufer vorgefundenen Kleidern befand sich ein Notitzbuch, welche« unter anderem den Namen „Oswald Naumann aus Falkenstein" enthielt. Auerwalde. Aus Eifersucht brachte in der Nacht zum Montag der 19 jährige Maurer Menzel aus Ebersdorf drei jungen Burschen durch Messerstiche zum Teil erhebliche Ver letzungen bei. Der Messerheld wurde ver haftet. Lichtenstein. Durch Mordversuch und Selbstmord machte der KaufmannSgehilfe Plattke einer hier schon vielbesprochenen Liebestragödie ein Ende. Pl. stand zu einer Fleichermeisters - Ehefrau von hier in Be ziehungen. Als diele in Begleitung ihre« Gatten und einer Freundin am Sonntag einen Spaziergang unternommen hatte, stürzte plötzlich Plattke aus einem Gebüsch auf sie zu, um schlang ihre Taille und schoß einen Revolver auf sie ab. Da das Korsett der Frau die Wirkung der Kugel abschwächte, wurde die Getroffene nur leicht verletzt. Einige Augen blicke nach dem versuchten Attentat setzte Plattke durch einen Schuß in die Schläfe seinen Leben ein Ziel. Plauen i. Vogtlande. Die Ferien am hiesigen Königlichen Lehrerseminar mußten wegen Wassermangels vorläufig bis Donnerstag verändert worden! Der Wassermangel wird hier immer größer. Der Stadtrat hat nunmehr da bei der anhaltenden Trockenheit eine weitere Verminderung des Wasserzuflusses hin die städtischen Leitungen zu befürchten ist, auch die Bsnutzuug von Leitungswasser zum Wäschebleichen verboten. Der Stadtrat ordnete gegen den unnötigen Wasserverbrauch außerdem scharfe Bestimmungen an. Bei Zuwider handlungen gegen die Anordnungen wird, ab gesehen von der Bestrafung, während der Dauer des Wassermangels das Wasser für die betreffenden Grundstücke abgesperrt. Weihwasser. Die gesamte Halde der Grube „Theodor" ist Montag ausgebrannt. Obwohl 1o Spritzen nebst Löschmannschaften zur Stelle waren, wurde der Tagbau ebenfalls von den Flammen ergriffen.