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' Ottendorfer Zeitung. >nert. II . a«. n, bepataik alle SiD' vn, keW be, bitte berücksichtig ert en zahltti^ !8iKV8, VII Sl. irn. mi. nst und mst. >ng- : Chor, ollekte fla t. trn. uni. ItcSdienst >rf. ^Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Annahme von Inseraten bi, vormittag m Uhr. Inserate werden mit io Pf. für die Spaltzetle berechnet Tabellarischer Satz nach be- sonderrm Tarif. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode" Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 71. Mittwoch» den 14. Juni 1905. 4. Jahrgang. Wiesengras-Uersteigerung auf Okrillarr Staatsforstrevier. Äe» IV. 1SVS Dammwiese Heidewiese Aemxerwiese Vorm. 8 Uhr » V29 „ 11 V2 U „ Die Königliche Forstrevierverwaltung. Orrtliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, ;z. Huni igos. — Die in vollem Gange befindliche Heu- ernte ist durch die fast aller Orten auf- lstlroffenen starken Gewitterregen in ihrem Fortschreiten beeinträchtigt und nur zum kleinen Teile bisher unter Dach und Fach gebracht worden. Mit dem Ertrage werden die Land wirte zufrieden sein können, denn das Futter hat einen guten Stand. Auch die Feldsrüchte sind gut entwickelt und die letzten Nieder schläge sind den Hackfrüchten und den Garten gemüsen vortrefflich zu statten gekommen- Bon den letzteren sind die Zufuhren in die Markthallen außerordentlich reich, so daß zum Beispiel der Blättersalat zu ungewöhnlich billigen Preisen verkauft wird. — Was dem Jäger der t. Oktober ist, daß ist der 10. Juni dem Angler. An diesem Tage läuft die allgemeine Schonzeit der Fische ab und der Fischfang ist frei. Mit Sehnsucht erwartet der passionierte Angler diesen Tag. Schon längst sind die Ruten auf ihre Brauchbarkeit geprüft, das Angelzeug in den Stand gesetzt und der Köder bereit gehalten. Wie der Jäger nach der ersten Schußgelegenheit zittert, so spannt der Angler nach dem erst maligen Zucken an dem schwimmenden Gänse kiel, daß ikm das Anbeißen der ersten Beute onkündtgt. Gar bald zappelt dann das bumme Fischlein an der Angel und wandert in die Gefangenschaft, um wenige Stunden später als leckere Bereicherung des Mittags tisches zu dienen. — Wie mitgeteilt worden ist, wird in Zukunft bei Ausstellungen, die im Königreich Sachsen stattfinden, eine Frachtvergünstigung für die sächsischen Eisenbahnstrecken nur dann gewährt, wenn die Veranstalter der Aus stellung eine Bescheinigung der zuständigen Verwaltungsbehörde beibringen, worin die Frachtvergünstigung ausdrücklich befürwortet Wird. Eine solche Bescheinigung gibt indessen noch keinen Anspruch auf die erbetene Fracht- Vergünstigung, die Entschließung über deren Bewilligung bleibt vielmehr unter allen Um ständen dem Ermessen der Eisenbahnverwaltung Vorbehalten. Die Veranstalter von Aus stellungen werden daher gut tun, den an die Königliche Generaldirektion der Sächsischen EtaatSeisenbahncn zu richtenden Anträgen auf Gewährung einer Frachtvergünstigung sogleich eine derartige Bescheinigung beizufügen. — Die Vogelwelt, welche jetzt die erste Brut aus dem Neste lockt und ins Freie führ bedarf unseres besonderen Schutzes Katzen "reisen spähend und suchend durch Gärten und Felder und plündern die Nester, vertilgen Alt Und Jung und zerstören damit die Aussicht °vs eine fröhliche, sangeslustige Nach kommenschaft. Marder, Iltisse und Wiesel gehen ebenfalls auf Raub aus, sodaß Vogel- sreunde und -Liebhaber alle Ursache haben, biesen Räubern in der Vogelwelt unbarmherzic bas Handwerk zu legen. Radeburg. Bei dem- am Freitage hie stallgesundenen Viehmarkt war der Auftrie! von Rindern, Schweinen und Ferkeln ein seh schwacher. Die Preise waren aber ziemlic hoch. Dresden. Der Geheime Kommerzienrat Hahn, der seine vierjährige Strafe in Bautzen verbüßt, wurde am Donnerstag Nachmittag nach dem Landgerichte Dresden übergeführt, wo er einem Zivilprozesse beiwohnen mußte. — Eine Versammlung der Zigaretteu- arbeiterinnen verfiel Freitag abend der polizei- ichen Auflösung. Der Verbandsbeamte Uhlig satte bei Besprechung des Zigarettenarbeiter- Streiks und des Streikpostenstehens eine be eidigende Äußerung gebraucht, die erst zur Wortentziehung und schließlich, als die Ver- ammlung durch laute Kundgebungen dagegen remonstrierte, zur polizeilichen Auflösung ührte. — Eine außerordentlich starke Benutzung satte der von Berlin nach Schandau ab gelassene Sonderzug zu ermäßigten Preisen. Er verkehrte in drei Teilen und beförderte, wie im Vorjahre, etwa 2200 Personen. Von diesen blieben nahezu 1400 hier, während gegen 800 nach der Sächsischen Schweiz weilerfuhren. Der ebenfalls von hier nach Berlin—Hamburg abgefertigte Sonderzug war von etwa 400 Personen besetzt. — Am Freitag sind zwei hiesige Noh- produktenhändler festgenommen worden, die geständigermaßen einem hiesigen Rohprodukten großhändler zentnerweise Alteisen und Maschinen gußteile seit längerer Zeit gestohlen haben Nach den bisherigen Erörterungen ist mit ziemlicher Bestimmtheit anzunehmen, daß die beiden auch anderweit ähnliche Diebstähle aus- gesührt haben. Kamenz. Das Stadtverordneten-Kollegium genehmigte den Ankauf mehrerer Grundstücke an der Haberkorn- und Hensel-Straße seitens der Stadt, mit der Bestimmung, diese dem Königlichen Kultusministerium als Bauplatz für ein hier zu errichtendes Seminar anzubieten. Freiberg. Hier versuchte ein früherer ausländischer Student sich durch einen Stich in die Brust zu töten, erreichte indes seinen Zweck nicht. Der Verletzte wurde dem Freiberger Stadtkrankenhaus zugeführt. Leipzig. Das Reichsgericht verwarf die Revision des Grafen Baudissin und seines Verlegers Janke, welche durch den Roman „Erstklassige Menschen" das preußische Osstzier- korps beleidigt hatten und deshalb verurteilt worden waren. — Die Zustände im hiesigen Baugewerbe sind nach wie vor recht unleidliche; vor kurzem sind wieder zwei größere Bauunternehmer finanziell zusammengebrochen und die „Leid tragenden" sind, wie immer, leider mei Handwerker. — Zu dem Streite, ob der Fleischermeister Röser 38 seuchenverdächtige Schweine gekau und geschlachtet hat, nimmt jetzt auch d Fleischerinnung das Wort mit der Versicherung daß die von Röser bestrittene Tatsache von ihm nicht abzuleugnen sei; ja, die Innung be hauptet unter Angabe bestimmter Einzelheiten daß Röser Eber und minderwertiges Vie öfter mit angekaust habe. Der Richter wird voraussichtlich in dieser das Publikum sehr interessierenden Angelegenheit das letzte Wort sprechen. — Der Jungdeutsche Bund zu Leipzig be geht am Abend des 20. Juni auf dem Hüge des Völkerschlachtdenkmals eine Sonnwend ¬ eier. Am flammenden Holzstoße hält Dr. Friedrich Lange aus Berlin, der Herausgeber «er „Deutschen Zeitung", die Festrede. Schneeberg. Beim Spielen mit einer um Entzünden von Dynamitpatronen dienenden Sprengkapsel, die ihm von einem anderen Schulknaben geschenkt worden war, hat sich der elfjährige Schulknabe Friedrich in Lindenau bei Schneeberg schwere Verletzungen zugezogen. Das Geschoß explodierte. Der andere Schul knabe will das gefährliche Spielzeug auf dem Schranke seines Vaters gefunden haben. Zwickau. Der Bau der neuen Eisenbahn werkstätten Zwickau, der auf 5 Millionen Mark veranschlagt ist und zunächst 200000 gm Fläche umfaßt, schreitet lebhaft vorwärts. Die Erdarbeiten, Schleußenbauten, Waffer anlagen und dergleichen wurden im Herbst 1903 begonnen und werden bald beendet werden. Die Hochbauten, zum Beispiel Wagenreparatur werkstadt, Maschinenhaus usw. sind, schon wesentlich gefördert worden. Der erste Ausbau sieht überdachte Räume zur Reparatur von 60 Lokomotiven, 40 Personenwagen und 120 Güterwagen vor. Plauen. Zum Bau des neuen Rathauses steht der Stadt ein Areal von rund 7000 gm zur Verfügung. Auf dem Areal stehen zur Zeit noch bewohnte Gebäude, die später ab getragen werden müssen. Die Gebäude haben der Stadtgemeinde beim Ankauf 1^/2 Million Mark gekostet. Nus der Woche. Junges Eheglück ist in das alte Hohen- zollernhaus eingezogen, ein Thronerbe hat sich wieder wie vor Hundert Jahren eine Gattin aus Mecklenburg geholt und es ist der jungen Gattin zu wünschen, daß ihr Name dereinst im Gedenken des Volkes ebenso strahle, wie der «er Königin Luise, daß aber ihr Lebensschicksal sich freundlicher gestalte, als das jener edlen Dulderin. Die Hochzeitsfeierlichkeiten haben mit aller höfischen Pracbt stattgefunden, aber auch das Hofleben macht der Neuzeit um fassende Zugeständnisse. Die Wachskerzen sind aus den Prunksälen des alten Königs- schloffes verschwunden und haben den elektrischen Birnen ihren Platz überlasten müssen; die Minister treten nicht mehr wie bisher zum Fackeltanz an (Fürst Bismarck war seinerzeit „krank"), sondern überlasten dies den körperlich gewandteren Pagen und auch die hervor gegangene Einholung zeigt mehr als früher den militärischen Zuschnitt. Die vierzig Schlächter, die an der Spitze ritten, haben infolgedessen die Einholung, die sie selber mitgemacht hatten „nicht gesehen"' Denn „vorne sieht man nichts und als der Zug das alte Schloß erreicht hatte, durften sie zwar durch die hohen Portale einreiten, wurden dann aber schnurstracks nach der andern Seite wieder Hinausgelaffen und haben demnach die ihnen folgende Prinzessin in ihrem mit acht Pferden bespannten Gala wagen und die übrige Pracht nicht einmal ge sehen! Und das ärgert die Schlächter riesig Da haben es doch die andern Gewerke und die Zuschauer, die Spalier bildeten, viel beffe gehabt. Die konnten den ganzen Zug an sich vorübergehen sehen und gegenüber solch einem Schaugenuß kommen die 700 Ohnmachts anfälle und sonstigen kleinen Unannehmlichkeite die beim Einzuge passierten, wenig in Betracht Bei dem Festlichkeiten im Schlöffe ging alles streng nach dem Zeremoniell zu und das war gut. Wären die Veranstaltungen zwanglos wie eine bürgerliche Gesellschaft gewesen, dann wären wahrscheinlich der japanische Prin; und der russische Großfürst zusammengetroffen und beide hätten sich über die Seeschlacht be Tsuschima unterhalten müssen. Aus Anla dieser Schlacht haben aber nicht die beide Führer Togo und Roschdjestwensky Hoh preußische Orden ^erhalten, sondern diese Ehr ist jetzt dem japanischen Besuchsprinzen und zugleich dem russischen Großfürsten zu teil ge worden, so daß also die Neutralität Deutsch- ands aufs strengste innegehalten erscheint, die französische Sondergesandtschaft ist vom Kaiser ebenso freundlich empfangen worden, als andre Gäste. Es ist, als ob kein Gedanke an den Marokko-Konflikt existiere und Frankreich ;at als Hochzeitsgeschenk just am Mittwoch noch seinen Delcasts über Bord geworfen, der >er Urheber des Konflikts war. Am selben Tage ist auch der Reichskanzler in den Fürsten- tand erhoben worden und der tote Bismarck jat ihm also in dieser Hinsicht nichts vorvus. Fürst Bülow hält es aber auch mit erprobten Zitaten und schafft keine neuen, wie „Nach Canossa gehen wir nicht" was nachher wider rufen werden mußte, oder „Wir Deutsche ürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt" Allerdings dankt das deutsche Volk seinem neuesten Fürsten - Kanzler die Prägung vom „Platz an der Sonne", aber solcher Platz ist manchmal heiß und unbequem, wie Kiautschou und Südafrika zeigen. — König Alfons hat das Paris, wo erfolglos eine Bombe gegen hn geschleudert wurde, verlassen und ihm wurde in England ein sehr warmer Empfang «ereilet. Das Gerücht weiß von seiner bevor- tehenden Verlobung mit der jungen Herzogin von Connaught zu meiden, was aber möglicher weise genau so unbegründet ist wie das andre von der Ermordung des Zaren, das am Mittwoch mittag an der Berliner Börse so erhebliche Kursschwankungen erzeugte. Der „Kurs der Ruffen" schwankt aber beständig, geht heute auf unbedingte Fortsetzung des Krieges, morgen auf schleunige Beendigung desselben — heute auf Reformen, morgen auf die „lange Bank", so daß man heutzutage auf die bekannte Frage: „Wie denken Sie über Rußland? tausend verschiedene Antworten er halten kann. — Gewissermaßen in gleichen Verhältnisten befinden sich Norwegen und Ungarn, jdie beide von der Vorherrschaft der Staaten loszukommen suchen, mit denen sie durch Personal-Union verknüpft sind. Kaiser Franz Joseph ist ein alter, zäher Mann, der seine Kronrechte nicht so leicht preisgibt, und trotz allen Muhens der Kostuth und Genoffen rückt der Stand der ungarischen Krisis nicht vom Flecke. Die Norweger dagegen haben in der ehrerbietigsten Weise ihren König Oskar für abgesetzt erklärt und ihre bisherige Ver bindung mit Schweden aufgehoben. Man kann auch nicht etwa sagen, daß dies auf die Intrigen einer Clipue zurückzuführen sei, denn das norwegische Storthing hat die betreffenden Beschlüsse einstimmig gefaßt. Der Vergleich mit den 1849 er Vorgängen in Ungarn liegt nahe. Da wurde Kaiser Franz und seine Dynastie auch „für ewige Zeit abgesetzt" er- erklärt. Dank dem unerbetenen Eingreifen Rußlands wurde dann aber die ungarische Ausstandsbewegung erstickt. Heute wäre Ruß land nicht in der Lage, in gleicher Weise wie damals Oesterreich, so jetzt den Schweden bei zuspringen. Denn wenn der Zar wirklich ent schlossen sein sollte, den Krieg in Ostasien bis zum äußersten fortzusetzen, das Volk durch neue Aushebungen für diesen unpopulären Kampf noch mehr zu erbittern und außerdem etwa noch ein Heer gegen Norwegen vorgehen zu lassen, dann würde die ganze russische Pastete mit einem Male vernichtet. In Moskau fand am Dienstag trotz Regierungsverbot in einem Privathause ein Kongreß des russischen Stadt rats und der Vertreter der Semstwos statt. Die Beratung dauerte den ganzen Tag und alle Redner stimmten darin überein, jetzt müsse die Volksstimme gehört werden. Das Volk müsse die Frage: ob Krieg, ob Frieden I ent scheiden und selbst zum Ausbau des Staates schreiten. Wenn das auch nicht so wörtlich zu nehmen ist, so zeigt es doch die Unmöglichkeit mit dem alten Schlendrian, der Beamten bestechlichkeit und den gesetzlosen Verwaltungs maßregeln, weiter zu kommen.