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Ottendorfer Zeitung. Die „Bttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Annahme von Inseraten bi» vormittag ;o Uhr. Inserate werden mit ;o Pf. für die Spaltzril» berechnet Tabellarischer Satz nach be> sonderen» Tarif. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode" Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 103. Sonntag, den 27. August 1905. 4. Jahrgang. Oertlichrs und Sächsisches. Dttendorf-Dkrilla, Ls. August iqos. — Zur Warnung I Jetzt ist wieder die Zeit, wo verschiedene gefährliche Giftpflanzen, zum Beispiel Bilsenkraut. Nachtschatten, Stech apfel, Eisenhut, gemeine Tollkirsche, Fiugerhut, gefleckter Schierling, Wasserschierling, die rot- beerige Zaunrübe, die Hundüpetersilie usw. reifen. Da Kinder die Samenkapseln und Beeren dieser Pflanzen, besonders die glänzenden schwarzen Beeren der Nachtschattengewächse, gern zu ihren Spielen verwenden, so kann leicht Unglück entstehen. Die Eltern sollten ihnen daher auf das strengste einschärfen, nichts zu genießen, als was ihnen von Erwachsenen gereicht wird. Schon eine Beere dieser Gift gewächse kann den Tod des Kindes herbei führen. — Das „Dr. Journ." schreibt: Seit einiger Zeit wird seitens einer Gesellschaft der „Sanden Electric Belt Compagnie", Rue de la Paix 15, Paria, eine lebhafte Reklame für einen als Universalmittel gegen Krankheiten, wie Rheumatismus, Dispepsie, Melancholie, Gallcnsucht, Verstopfung, Nieren- und Blasen krankheiten, Schlagflüsse, Frauenleiden und Namentlich auch gegen sexuelle Krankheils zustände, Pollutionen, Impotenz usw. an gepriesenen elektrischen Gürtel „Herkules" be trieben.' Die Preise für diesen Apparat sind je nach seiner Stärke 40 bis 400 Mark. Untersuchungen haben ergeben, daß derartige elektrische Gürlel nur äußerst schwache und inkonstante galvanische Ströme zu erzeugen vermögen, die für Heilzwecke wertlos sind. Es ist daher vor dem Ankäufe des elektrischen Gürtels „Herkules" zu warnen. — Im Reichsverstcherungsamt ist auch in diesem Jahre eine Statistik über Heilbehandlung von an tuberkulösen und anderen Leiden er krankten Versicherten auSgcarbeitet worden. Dit Statistik umfaßt alles, was die Ver sicherungsanstalten usw. sei es allein, sei es in Verbindung mit den Krankenkassen Und Berufs genossenschaften in den Jahren 1900 bis 1904 in Bezug auf die Heilbehandlung von Ver sicherten geleistet haben und gibt auch lehrreiche Ausschlüsse über die hierbei in Betracht kommenden Rechtsverhältnisse, die einmaligen und dauernden Aufwendungen für Heilstälten, Temeindepflege rc. sowie über die Arten, die Orte und die Erfolge der Heilbehandlung. Da hierdurch die Bearbeitung für weitere Kreise, insbesondere auch für Krankenhäuser, Heilstätten, beamtete Aerzte rc. vieles Wert volle bsetet, so wird beabsichtigt, die Statisti zu veröffentlichen. — Nach dem amtlichen Bericht der König!. Kommission für das Veterinärwesen über die am 15. August 1905 im Königreiche Sachsen herrschenden ansteckenden Tierkrankheiten kamen zur Anzeige: Milzbrand 3 mal, Rauschbrand 1mal, Tollwut 19 mal, Bläschenausschlag 2 mal, Rotlauf der Schweine 6 mal, Schweine seuche einschl. Schweinepest 4 mal, Geflügel cholera 12 mal, Brustseuche der Pferde einma und Gehirnrückenmarksentzündung der Pferde 14 mal. — Zurückziehung von Postsendungen und nachträgliche Aenderung von Aufschriften. Unrichttgerweise werden noch häufig Anträg auf Rücksendung von Postsendungen oder au Abänderung der Aufschrift vom Absender un Mittelbar bei der Bestimmungspostanstalt gestellt Diese ist aber nach der Postordnung, der Vollzugsordnung zum Weltpostvertrage usw. nicht befugt, derartigen Anträgen stattzugeben dazu ist nur die Aufgabepostanstalt berechtigt An diese ist die voi geschriebene Gebühr zu entrichten, bei brieflicher Uebermiltelung für einen einfachen Einschreibbrief bei telegraphischer für das Telegramm. Außerdem ist ein Doppe des Briefumschlags, bei Sendungen gegen Einlieferungsschein auch der Einlieferungsschein vorzulegen. Unmittelbar bei der Bestimmungü- anstalt gestellte Anträge gehen zunächst nach »er Aufgabepostanstalt zur ordnungsmäßigen Behandlung zurück und erleiden dadurch regel mäßig erhebliche Verzögerungen. — Ueber die Fahrgeldrückerstattung für nicht uSgenützte Fahrausweise herrscht vielfach die Meinung, daß es genügt, bei Nichtausnützung on Fahrkarten, Fahrscheinheften usw, diese mit Reklamation an die Eisenbahnbehörden ein- usenden. Diese Anschauung ist unrichtig. Eine Rückvergütung von Fahrgeld kann nämlich bestimmungsgemäß nur dann Platz greifen, wenn der Nachweis der tatsächlichen Vchtausnützung der Karte erbracht ist. Der Itangel der Durchlochung oder der Vermerk „Fahr' unterbrochen" kann als solcher Nachweis sicht gelten. Vielmehr muß die Nichtausnützung »es Fahrtausweises innerhalb besten Giltigkeits lauer in der Regel durch eine auf dem Aus weise selbst oder in sonstiger Weise erteilte Zescheinigung der Station, von der aus der Fahrtausweis nicht mehr weiter benutzt wurde, nachgewiesen werden. Klotzschc-Königswald. In der Nacht zum Donnerstag sind hier aus verschiedenen Grundstücken an der Königsbrücker Straße, Querallee, Goethestraße und Richard Wagner- Straße allerlei Gegenstände, namentlich Wäschestücke, Genußmittel und zum Teil auch Silbersachen gestohlen worden. In allen Fällen haben die Diebe die Umzäunungen der Grundstücke übersteigen müssen; die Wäsche jaden sie dann von Rasenplätzen, wo sie zum Trocknen und Bleichen gelegen hat, weg genommen, während sie zur Erlangung anderer Gegenstände auch in offene Veranden und von da in andere HauSräume eingestiegen sind. Die Gendarmerie ist eifrig mit Ermittelung der Täter beschädigt. Dresden. Das Königlich sächsische Ober verwaltungsgericht — erster Senat — hat die Verfügung der Polizeidirektion, in der des öffentliche Ausstellen von Bildern der Gräfin Montignoso in Schaufenstern oder Schaukästen und das öffentliche Ankündigen überhaupt untersagt wurde, sowie die das Verbot be stätigende Entscheidung der Kreishauptmannschas. Dresden aufgehoben. — Eine Dresdner Versicherungsgesellschaft sandte am Freitag einen Wertbrief, der 6900 Mark enthalten sollte, nach OelSnitz i. V. Bei Oeffnung deö Brieses fand sich Zeitungs papier darin. Die Untersuchung ist eingeleitet worden. — Die sächsische Industrie hat einen ihrer hervorragendsten Männer verloren; Kommerzien rat Otto Rüger, der Seniorchef der gleichnamigen bekannten Dresdner Schokoladenfabrik, ist am Sonntag morgen im Alter von 7S Jahren ge storben. Ausgestattet mit seltener Energie und Intelligenz hat der Verstorbeue in rastloser Tätigkeit als Begründer seiner Firma diese von kleinen Anfängen heraus zu einer der ersten in der deutschen Schokoladen- und Zuckeuvarenindustrie entwickelt. Aber das Wirken des Verstorbenen war nicht allein au die Leitung seines Unternehmens beschränkt Hervor.agendes hat er besonders auch in den ehrenamtlichen Stellungen geleistet, zu denen ihn das Vertrauen seiner Kollegen berief. Bis zum letzten Augenblick tätig, ereilte ihn durch einen Schlaganfall der Tod. Alt-Naußlitz. Von rohen Burschen über fallen, durch fünf Messerstiche am Kopfe ge fährlich verletzt und seiner Barschaft beraub wurde in der Nacht zum Sonntag in der Nähe der Küchlerschen Ziegelei zu Alt-Naußlitz der Arbeiter John aus G. Der angegriffene wehrte sich verzweifelt und konnte sich nur mit Mühe in seine Wohnung begeben, wo er bewußtlos zusammenbrach. Zum Glück scheint Lebensgefahr ausgeschlossen zu sein. Einige der Täter sollen erkannt sein. Königsbrück. Im Bodenräume des Grundstücks Poststraße 13 wurde nachmittags gegen 2 Uhr die 17jährige Johanne Christ- iebe F. von hier erhängt aufgefunden. Dem Vernehmen nach ist der Anlaß zur Tat in dem Beginn eines unheilbaren schweren Leiden u suchen. Cosel. In der Rächt auf Donnerstag früh n der vierten Stunde brach im Hintergebäude »es Muschter'schen Gasthofes hierselbst Schaden euer aus. Den vereinten Kräften der Coseler Or.Sfeuerlöschmannschaften und der mit großer Schnelligkeit herbeigeeilten Schwepnitzer Frei willigen Feuerwehr gelang es, das Feuer auf einen Herd zu beschränken. Mehrere in dem »rennenden Gebäude befindliche Pferde konnten gerettet werden; außer verschiedenen Inventar .st auch der Geflügelhandelswagen des Handels mannes Buder aus Laußnitz mit verbrannt. Der ziemlich umfangreiche Schaden ist durch Versicherung gedeckt. Es ist möglich, daß die Entstehungsursache auf Brandstiftung zurückzu- ühren ist Pulsnitz. Ein recht bedauerlicher Unglücks- all ereignete sich hier. Als ein Geschirr von Zichtenberg kommend, in der Nähe des Pulsnitzer Marktes anlangte, begegnete diesem ein Automobil. Dadurch scheute das Pferd »es Geschirrs und es wollte durchgehen. Um dies zu verhindern, sprang der zwölfjährige Sohn des Fuhrwerksbesitzers vom Bock um »en Pferd» in die Zügel zu greifen. In dem- emen Augenblicke sauste aber schon das Automobil vorüber und es überfuhr den armen Jungen derart, daß er schwer verletzt liegen »lieb. Nachdem ihm ein Notverband angelegt worden war, wurde er mit dem Zuge nach Dresden überführt. Kamenz. Am Mittwoch vormittag brannte )ie Scheune des Nahrungsbesitzers Peter Zschornack in Cunnewitz vollständig nieder. Sämtliche C.ntevorräte wurden ein Raub der Flammen. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt. Großenhain. Wie aus dem hiesigen Garnisonlazarett mitgeteilt wird, ist erfreulicher weise das Befinden des bei einem Nachtfelddienst zweier Schwadronen des Großenhainer Husaren regiments infolge Getroffenwerdens von einer Platzpatrone schwer verletzten Unteroffiziers Blümke ein andauernd befriedigendes, sodaß begründete Hoffnung auf Erhaltung seines Lebens besteht, wenn auch eine Gefahr dafür noch nicht als ausgeschloffen gelten kann. Bei der am Sonntag von Herrn Sanitätsrat Dr Batsch und dem Herrn Assistenzärzte hiesigen Husarenregiments Dr. König an dem im pflichtgetreuer Ausführung seines Dienstes als Patrouillenführer Verunglückten vor genommenen Operation wurden übrigens keine Geschoßsplitter, sondern ein Teil einer verletzten Rippe entfernt. Königstein. Mittwoch nachmittag entlud sich über unserer Gegend ein sehr schweres Gewitter, das von einem über eine Stunde anhaltenden wolkenbruchartigen Regen begleitet war. Die Waffermaffen konnten von den Schleusen nickt bewältigt werden, so daß unsere Straßen Bächen glichen. Das Gewitter scheint auch in der Gegend nach dem Schnee berg zu schwer aufgetreten zu sein, denn die Biela war nicht unbedeutend angeschwollen. Schandau. Am Donnerstag früh fuhr der Eildampfer „Leitmeritz" der Oesterreichischen Nordwest-Gesellschaft auf der Fah.r von Hamburg nach Tetschen-Laube beim Passieren der Carolabrücke auf einen Stein derartig auf, daß er ein Leck erhielt. Man ist zurzeit da mit beschäftigt, das eingedrungene Waffer aus dem Schiffskörper zu pumpen, um die Ladung zu bergen. Bautzen. Der Wirt des „Jägerhofes' wurde vom Schöffengericht zu 300 Mar Geldstrafe verurteilt, weil er seinen Gästen statt Rinderbraten Pferdefleisch verabreicht hatte. Es konnte ihm der Bezug von 5 Zentnern nachgewiesen werden. Großpostwitz. Verschwunden ist sei vorigen Donnerstag der angesehene Mühlen- Besitzer August Zieschang in Großpostwitz bei Jautzen unter Zurücklassung seiner Frau. Zahlungsschwierigkeiten sollen die Ursache sein, ne den sehr gewissenhaften und keineswegs verschwenderischen Mann zu diesem Schritt brachten. Chemnitz. Hier sprang eine 22 Jahre alle, von ihrem Manne getrennt lebende Packersehefrau mit ihrem zweijährigen Kinde n selbstmörderischer Absicht in den Schloßteich. Von einem dortigen Gondelbesitzer und einigen andern Personen wurden Mutter und Kind noch lebend dem nassen Element entrissen und nach dem Krankenhause überführt. Leipzig. Der Handlungslehrling Hellmuth Zschückner tst nach Unterschlagung von 1278 Mark flüchtig geworden. Der erst 16 Jahre alte Mensch hat an der linken Kopfseite einen kahlen Fleck, der vielleicht seine rasche Ergreifung sichert. — Ein eigenartiges Bild bot am Dienstag der große Schwurger'.chtssaal. Dort hatte sich »ie ganze Gilde der Zuhälter eingefunden, um der Verhandlung gegen fünf „Ludes" bei zuwohnen, die sich der Gefangenenbesreiung chuldig gemacht hatten. Junge Kerle mit verlebten Gesichtern und der charakteristischen Haarsrisur, d. h. glatt in der Mitte gescheitelt, o saßen sie zu Dutzenden im Saale; hoffentlich lst ihnen der Schrecken in die faulen Glieder gefohren, denn ihr „Freund", der Zuhälter Keller, ward als Hauptperson in dem Prozesse wegen verschiedener Delikte mit 3^ Jahren Gefängnis belegt. Die strengsten Strafen sind gegen diesen Auswurf am Platze. — ;Seit Ende Mai befindet sich der Fleischermeister Otto Walther in Böhlitz-Ehren berg bei Leipzig in Untersuchungshaft als Urheber der Fleischvergiftungen. Der jetzige Besitzer des Grundstücks fand kürzlich unter einem Haufen Sägespäne noch etwa 100 Knack würste, die jedenfalls versteckt worden sind, um sie der Untersuchung zu entziehen. Die Staatsanwaltschaft ließ die Würste beschlag nahmen. — Donnerstag nachmittag gegen »/«3 Uhr ist auf hiesigem Bayrischen Bahnhof der Streckenarbeiter Buchke von hier durch eine Rangiergrube überfahren worden. Er war sofort tot. Olbernhau. Der Lagerhalter Fischer von der Filiale des Olbernhauer Konsumvereins in Neuhausen ist, nachdem er aus der Ladenkaffe gegen 500 Mark entwendet hat, spurlos ver schwunden. Spremberg. Zum Eisenbahnunglück veröffentlichen mehrere Bürger von Teuplitz eine Art Ehrenerklärung für den in Haft be findlichen Stationsassistenten StullgyS aus Spremberg. Es heißt da: Gegenüber der Aussage, daß der Stationsassistent StullgyS am Sonntag abend und auch am Montag vormittag total betrunken gewesen sei, erklären wir, daß diese in die Welt gesetzten Bekannt- mackungen auf Verbreitung müßigen GeredeS zurückzusühren sind. StullgyS war in Koses Lokal vom Sonntag abend bis Montag mittag (!) anwesend und hat nicht im entferntesten soviel getrunken, daß er auch nur angetrunken sein konnte, Er ist vollständig vernünftig, wie jeder andere Mensch, zur Bahn gegangen, nachdem er drei bis vier Stunden vorher geschlafen hatte. Fr. Kose, Hotelbesitzer. R. Vrox, Fabrikbesitzer. Aug. Ottlinger, Glashütten besitzer, M. Weichert, Kaufmann. — Diese Erklärung ist nicht gerade geeignet ihren Zweck zu erfüllen und den Stationsassistenten zu entlasten. Wenn jemand von Sonntag abend bis Montag mittag, also 14 bis 16 Stunden hintereinander im Wirtshause zubringt; wird er selbst wenn er wirklich nicht betranken war und trotz einigen Stunden Schlafes, unter keinen Umständen mit ;rischen Sinnen ein so ver antwortungsvolles Amt, wie der Bahndienst es ist, versehen können.