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Die „Vtten-orfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »»n Inseraten bis vormittag za Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 75. Mittwoch» den 24. Juni 1903. 2. Jahrgang. Keichstagswahl Ü6272 stimmberechtigten Wählern Stimmen für Herrn 28379 17911 398 388 104 zersplittert Auf Grund von § 27 des Wahlreglements wird hiermit bekannt gemacht, daß bei der Wahl eines Reichstagsabgeordneten für den 4. Wahlkreis des Königreichs Sachsen von Zigarrcnfabrikant August Kaden in Gohlis bei Dresden. Amtsrichter lll- Eduard Magner in Kadeberg, Justizrat ßt, Feld Korsch in Kreslau, Fabrikbesitzer Arthur Strohbach in Sebnitz, in Sa- 47180 als gültige Stimmen abgegeben. 486 Stimmzettel aber für ungültig erklärt worden sind. Zigarrenfabrikant Anglist Kaden in Gohlis b. Dresden ist somit nach Z 12 des Reichstags wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 gewählt. Dresden, den 20. Juni 1903. Der Maklkommiksar kür cken 4. Maklkreis. von Craushaar, Amtshauptmann. Oertliches und Sächsisches. Bttendorf-Vkrilla, 2z. Juni 1903. -c» Am heutigen Dienstag begeht das Karl Claus'sche Ehepaar in Moritzdorf sein 25jähr. Ehejubiläum. Verwandte und Freunde über raschten das Jubelpaar mit Geschenken und Gratulationen. — Die im Grundbuche für Boden Blatt 2, 3, 4, 27 und in demjenigen für Groß dittmannsdorf Blatt 120 auf den Namen des Heinrich Max Folder in Boden einge tragenen landwirtschaftlichen und zum Schncide- und Lohnmühlenbetriebe eingerichteten Grund stücke, wozu eine hinreichende Wasserkrast vor handen ist, sollen am 10. August 1903, vor mittags 10 Uhr an der Gerichisstelle im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden. — Am vergangenen Sonntag hatten wir die Sommersonnenwende und damit den längsten Tag und die kürzeste Nacht. Das Licht hat wieder einmal gesiegt über Finsternis; zugleich aber besinnen wir uns darauf, daß es jetzt wieder bergab geht, langsam, indessen sicher. Die Freude über den Sieg des Lichts ist des halb keine ganz ungetrübte. Die Sonne hat ihren höchsten Sland erreicht; sie tritt nun in das Zeichen des Krebses, womit der Sommer seinen Anfang nimmt- Jetzt ist die Mittags zeit des Jahres angebrochen. Der Tag der Sommersonnenwende, das Mittsommerfest, wurde einst sehr gefeiert; heute leuchten ja auch noch Feuer auf, aber so festlich wie unsere Alt vorderen, begehen wir den Tag nicht mehr. Eine Ausnahme machen höchstens noch die skandinavischen Völker, die an dem alten Brauch mit Zähigkeit festgehalten haben. Was im Frühling zarte Blüte war, reift nunmehr zur Frucht; aber viel Sonnenstrahlen verlangen die Pflanzen. Küßt die liebe Sonne sie, dann sprießen sie üppig, zur Freude der Menschheit, die auch bei lachendem Sonnenschein eine andere ist, als wenn der Himmel ein grießgrämlichcs Aussehen zeigt. In finniger Weise hat die deutsche Studentenschaft den Sommersonnen wendtag für die Einwethungsfeier der Bismarck- säule in FriedrichSruh im Sachsenwalde be stimmt. Die Säule steht auf ragender Höhe^ sie ist ein kraftvoller, einfacher Bau, den das Wappen des eisernen Kanzlers schmückt. Nach der Kranzniederlegung in dem Mausoleum, wo der Alte schlummert, marschiert die goldene Jugend auf den Hamberg. Die Einweihung findet statt, ein mächtiges Feuer wird angezündel und während die Flammen emporlodern, feiern die Studenten bei Sang und Becherklang das Gedächtnis des Altreichskanzlers und die Sonnen wende. — Arg in Nölen befindet sich gegenwärtig der Naturmensch Herr Kurzrock, der bekannt lich unlängst auch in sächsischen Ortschaften „gasttierl" hat. Die Behörden machen ihm und seinesgleichen ivegen des adamitischen Ge wandes allerlei Schwierigkeiten. Ärgerlich über diese „Scherereien", will Kurziock kurz ent schlossen der Sache em Ende machen, daß er als Freiwilliger bei der kaiserlichen Marine eintritt, und zwar als — Heizer; als solcher braucht er nur — eine Badehose zu tragen, kann also dort vollständig seinem Grundsätze als „Luftmensch strengster Ordnung" gemäß leben. Es lebe die Findigkeit! — Am 1. September treten neue Beding ungen über die regelmäßige Beförderung von Milch auf den Eisenbahnen in Kraft. Sie werden vom genannten Tage ab sowohl den neu zu behandelnden Anträgen auf regelmäßige Milcbbcfärderung, als auch den bereits be stehenden Verträgen zu gründe gelegt. Es haben daher auch diejenigen Milchversender, die bereits im PertragSverhältnis zur Eisenbahn- verwaltung stehen, die neuen Bedingungen durch ihre Unterschrift anzuerkennen. Ihrem Inhalte nach, insbesondere was die Art der Abfertigung und die Frachtberechnung anbetrisft, weichen die neuen Bedingungen nur wenig von den früheren ab. Wesentlich abgeändert worden sind teil weise die allgemeinen Bestimmungen und die die Haftpflicht der Eisenbahnen beireffenden Bestimmungen. Die bisherige Beschränkung, wonach die Bedingungen nur für die regelmäßige Beförderung von Milch nach größeren Städten oder Ortschaften anzuwenden waren, wird auf gehoben. Künftig wird lediglich das Bedürfnis maßgebend sein und nur dann wird eine Be schränkung eintreten, wenn erhebliche betriebliche Schwierigkeiten in frage kommen. Die Ent scheidung hierüber trifft die Betriebödirektion, in deren Bezirk die Versandtstation gelegen ist- Weiter ist eine Bestimmung über die Kenn zeichnung der Gefäße mit Olfarbenanstrich neu ausgenommen. Nm ist ferner die Bestimmung, daß die Empfänger bei der Entladung dann Beihilfe zu leisten haben, wenn das erforderliche Bahnpersonal nicht zur Verfügung steht. Auch über die Anerkennung des richtigen Empfanges durch Abnahme der Sendung, über die Liefer frist und über die Frist für die Bezahlung der Fracht sind neue Bestimmungen ausgenommen. Lausa Einer 6 in langen Boa constriktor (Riesenschlange) gelang es, am Donnerstag ihrem Herrn, einem Schaubudenbesitzer, aus dem Wagen zu entkommen und es sich in der Hundehütte einer benachbarten Villa bequem zu machen, zum nicht geringen Schrecken des ge setzlichen Bewohners dieser Hütte, den sie ver trieben und dem sie mit aufgesperrtem Rachen den Wiedereintritt verwehrte. Nur mit größter Anstrengung gelang es mehreren handfesten 'Männern und dem Schaubudenbesitzer, die Ent flohene einzufangen, wobei einer der Männer, vem sich die Schlange zweimal um den Leib legte, in Gefahr kam, erdrückt zu werden. Dresden. Derandem16 jährigen Maurer lehrling Schubarth verübte Raubmord erhält die Bewohnerschaft der südwestlichen Vororte in größter Aufregung. Die erste Entdeckung der Leiche im Wehrteiche an der Brauneschen Mühle ist durch vorübergehende Leute geschehen. Die Bergung der Leiche geschah im Beisein des hartgeprüften Vaters, des Herrn Turnlehrers Schubarth, und der Königlichen Staatsanwalt schaft. Um den Hals des armen Opfers war eine fast gänzlich neue Leine geschlungen. Drei große Bossiersteine hielten den Körper auf dem Grunde fest. Nach erfolgter photographischer Aufnahme der Leiche wurde die Fundstelle und ihre Umgebung besichtigt. In nächster Nähe des Wehres wurdm Spuren von Kampfstellen in einem Kornfelde bemerkt. Dort fand man abgerissene Knöpfe, Nägel, ein Paket, das die 850 Mark Silbergeld enthalten hat, und den Hut des Ermordeten. Daß sich ein Kampf zwischen dem Raubmörder und seinem Opfer innerhalb des Kornfeldes abgespielt hat, erhellt ferner aus der Tatsache, daß eine Kornähre mit in den Halsstrick vom Mörder verwickelt worden war. Der junge Mann hatte noch ein Porte monnaie mit 31 Mark Silbergeld bei sich. Die Leiche wurde nach der Totenhalle des Plauenschen Friedhofes gebracht, wo sie geöffnet worden ist. Es wurde festgestellt, daß der Tod wahrscheinlich durch Erstickung eingetreten ist. Der der Tat verdächtige Kutscher Grellmann aus Coschütz, der von Leuten in Begleitung des jungen Schubarth beobachtet worden ist, wurde an die Leiche geführt und vom Staatsanwalt befragt, ob er der Mörder dieses Mannes sei oder um den Mord etwas wisse. Grellmann verneinte die Fragen. Auch schien er durch den Anblick der Leiche kaum etwas gerührt. Auf die fernere Frage, ob er denn keine Ge wissensbisse empfinde, antwortete er: „Wie? Ich verstehe sie nicht!" Der stark gefesselte Grell mann wurde darauf ins Gefängnis zurück- geführt. Der ermordete junge Mann galt als ein bescheidener und lernbegieriger Mensch. — Am Sonntag fand in der Rennbahn des Vereins für Radwettfahren ein interessantes Wettrennen zwischen dem Cowboy Texas Tex und dem Berufsfahrer Rohdenburg statt, ein fesselnder Kampf zwischen Reiter und Radfahrer. In vollster Karriere reitend, wechselte der kühne Cowboy seine vier Pferde nacheinander, er hatte aber zweimal Unglück. Bei der fünften Runde rutschte der Sattel, Texas Tex stürzte und das Rennen begann von neuem an der Stelle des Sturzes; in der drittletzten Runde brach das Pferd über die Barriere nach dem Jnnenraum aus und ehe Texas Tex die volle Gewalt über sein Pferd wieder bekam, hatte der Radfahrer einen großen Vorsprung gewonnen, doch gelang es dem Reiter, den Verlust bis auf 30 Meter wieder einzuholen. — Auch die Kammermusiker fangen an durch zugehen. Der königliche Kammermusiker Svedrosky hier ist verschwunden, wie die „Dr. Nachr." mitteilen, aus Gründen rein privater Natur. — Von einem Laternenwärter wurde in der Nacht zum Sonntag auf der Chemnitzer Straße im Restaurant zum Nossener Hof ein Einbrecher, der sich schon in die Wohnung eingeschlichen hatte, verscheucht. Der Einbrecher war mit Hilfe einer Leiter in die im Parterre befind liche Wohnung und zwar in das Zimmer des eben verreisten Inhabers des Restaurants, Herrn May, durch das offen stehende Fenster ein gestiegen. Der Laternenwärter holte einen Gendarmen herzu, aber inzwischen hatte sich der Einbrecher schleunigst aus dem Staube ge macht, ohne etwas mitzunehmen. Oberlößnitz. In Sachen des projektierten Baues einer Straßenbahnlinie Kötzschenbroda- Cossebaude-Dresden beschloß der hiesige Ge meinderat in seiner letzten Sitzung einstimmig, sich der diese Angelegenheit betreffenden Petition anzuschliejM. Niedersedlitz. Vermißt wird die Arbeiterin Hedwig S- von hier. Sie ist seit 10. d. M. nicht wieder in ihre Wohnung zurückgekehrt und hat sich wahrscheinlich aus Liebeskummer in der Elbe ertränkt. Die S. ist eine kleine, unter setzte Person, 26 Jahre alt und trug unter anderem blaue Bluse. Das letzte Lebenszeichen Hat sie durch einen am 11. Juni in Pirna aufgegebenen Brief von sich gegeben. Etwaige Wahrnehmungen können dem hiesigen Gemeinde amte angezeigl werden. Radeburg. Zum Besten der Errichtung eines Volksbades in hiesiger Stadt veranstaltete am Sonntag nachmittag der hierselbst vor einigen Jahren gegründete Naturheilverein, der bereits Einrichtungen zum Gebrauche von Dampf bädern getroffen hat, auf dem Lindenberge am Schießhause ein Sommerfest. Radeberg. Eine Ehrung wurde in der jüngsten Sitzung des Stadtverordnetenkollegiums dem Vorsteher desselben, Justizrat Oertel, zu teil. Die städtischen Kollegien beschlossen, in Anerkennung seines über 30 Jahre langen, für die Stadt Radeberg ausgezeichneten Wirkens im Stadtverordnetenkollegium von dem ihm übergebenen Ehrenbürgerbriefe ein zweite« Stück anfertigen zu lassen und dieses Stück zum bleibenden Gedächtnis im Sitzungszimmer an zubringen. Stolpen. Sonnabend kurz nach 12 Uhr mittags entlud sich über unsere Gegend ein schweres Gewitter, das einen wolkenbruchartigen Regen niedersandte. Im nahen Langenwolms dorf schlug der Blitz in die Wehnersche Wirt schaft und zündete. Riesa. Im hiesigen Eisenwerk brannten am Freitag abend um 10 Uhr die Halle für den Brückenbau und angrenzende Schuppen völlig nieder. Die Feuerwehr und einige Pionierkompagnien waren zwar bald zur Stelle, doch konnte deren Tätigkeit sich nur auf das Schützen anderer Gebäude richten. Die Ent stehungsursache ist bis jetzt noch unbekannt. Roßwein. Die in der Mühlstraße gelegene Filzwarenfabrik von Albert Kunze L Co. wurde dieser Tage von einer Feuersbrunst heimgesucht. Das große dreistöckige Gebäude brannte aus, wodurch fast sämtliche Maschinen zerstört wurden. Der Betrieb der Fabrik war seit einigen Wochen eingestellt. Die Entstehung des Feuer» ist unbekannt. Aussig- Kürzlich hat sich in seinem Bureau der Direktor der Zuckerfabrik in Schönprtesen und Stadtrat von Aussig Josef Groß erschossen. Die Ursache des Selbstmordes war zerrüttete Gesundheit. Leipzig. Das Verbot des Ausrufens von Waren auf Straßen und Höfen wird vom Rat und vom Polizeiamt neuerdings dahin abge mildert, daß Händler, welche Nahrungsmittel oder sonstige Gegenstände des Wochenmarktes oder Hausyaltungsbedürfnisse von Haus zu Haus feilhalten, durch Anschlägen feststehender Signalglocken oder mittels einer kleinen Hand klingel oder kleiner, nicht übermäßig laut lönender Signalhupen auf ihre Annäherung aufmerksam machen dürfen. Es sind jedoch derartige Zeichen nur in größeren Pausen und nicht in solcher Weise zu geben, daß dadurch eine erhebliche Belästigung des auf der Straße verkehrenden Publikums oder der Anwohner herbeigeführt wird. Den Verteilern von Extra blättern hingegen ist der Gebrauch von Glocken, Klingeln und Signalhupen nicht gestattet. Zwickau. Gegen 4000 Methodisten aus Sachsen usw. waren am vergangenen Sonntag hier anwesend. Vormittags hielt der englische Bischof Dr. Vieroenz die Kestpredigt, die Pre diger Junker aus Berlin ins Deutsche übersetzte; um 2 Uhr fand geistliche Musikausführung, abends OrdinalionsgotteSdienst und Prediger- Liebesfest statt. — Eisenbahnassistent Krause hier hat das Albrechtskreuz verliehen erhalten. Klingenthal. Am Sonntag erschoß im nahen Schwaderbach bei einem Trinkgelage ein Mann namens Scheerbaum seinen Stiefsohn Fuchs. Die Kugeln durchbohrten Genick und Brust. Der Mörder ist flüchtig. Plauen i. V- Ein altes Kupferbergwerk ist bei den jüngst in Angriff genommenen Ar beiten zur Herstellung des rechtsseitigen Wider lagers zum Bau des neuen großen Syiatalvia- duktes entdeckt worden. Der Ein- und Ausgang des mindestens 400 Jahre alten Bergwerkes befand sich auf der Seite der Dobenaustraße, war aber verschüttet.