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Ottendorfer Zeitung. Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag nnd Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag fv Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 95. Sonntag, den 9. August 1903. 2. Jahrgang. Bekanntmachung. Aus Anlaß der Sonntag, äen y. Jugust stattfindenden MilitärvereinS-Fahnenweihe ist der Verkauf in Geschäftsläden von früh 7—8 Uhr und von vormittags U—8 Uhr abends ausschließlich des Nachmittagsgottesdienstes gestattet. GroßVkrilla, den 8. August 1903. Der Grmeindevorstand. Kühn. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Gkrilla, 8. August 1903. —* Heute Sonnabend abend findet im Gast hof „zum Hirsch" zur Feier des Geburtstages Sr. Mas. des Königs Georg ein Kommers statt. —* Zu einem schönen Feste dürfte sich, den getroffenen Vorbereitungen nach, die morgen stattfindende Fahnenweihe des Königl. Sachs. Militärvereins Ottendorf-Okrilla gestalten. Die Anmeldung zur Beteiligung seitens auswärtigen Vereinen ist, wie auch zu erwarten war, eine zahlreiche gewesen. Noch in den letzten Tagen Meldeten sich mehrere Vereine zur Beteiligung an, und werden voraussichtlich 21 Fahnen im Festzuge vertreten sein. Noch einmal sei die geehrte Einwohnerschaft um Schmückung und Beflaggen der Häuser gebeten. Zum guten Gelingen des Festes wäre aber vor allem schönes Wetter zu wünschen. — Aus Anlaß des Geburtstages Sr. Maj. des Königs sind eine große Anzahl von Orden, Titeln und Ehrenzeichen verliehen worden. Unter anderem wurden dem Superintendent Kaiser in Radeberg das Ritterkreuz 1. Klaffe vom Verdienstorden, dem Bahnhofsinspektor 1. Klaffe Hübner in Arnsdorf das Ritterkreuz 2. Klaffe vom AlbrechtSorden, sowie dem Förster May in Laußnitz das Albrechtskreuz verliehen. — Ein Komet ist fetzt am Abendhimmel zu sehen. Er bewegt sich durch das Sternbild des Großen Bären oder des Großen Himmels wagen«. — Viele Ob st zücht er sind der irrigen An sicht, daß sie berechtigt seien, eine sofortige Pfändung (Geldstrafe) beim Betreffen der Ent wendung von Obst verhängen zu können. Dies ist jedoch gesetzlich unzulässig, vielmehr muß Anzeige zur Bestrafung bei der zuständigen Behörde gestellt werden. — Schreibung von Ortsnamen. In der Frage, ob die neue Rechtschreibung auch auf Schreibweise von Ortsnamen auszudehnen ist, hüt laut Nat.-Ztg. das Reichspostamt gemein sam mit der preußischen Eisenbahnbehörde da hin entschieden, daß grundsätzlich diejenige Schreibweise angewendet wird, welche die maß gebende politische Behörde für die Ortsnamen festgesetzt hat. Es wird somit zum Beispiel an der Schreibweise Klingenthal solange festge halten, bis etwa die Behörden eine veränderte Schreibweise bestimmen. — Den Bahnhofswirten der Sächsischen Staatsbahnen ist es künftig nicht mehr ge stattet, Waren-Automaten dritter Personen in den erpachteten Wirtschaften aufstellen zu lassen. Nur ihnen selbst gehörige Automaten mit Gegenständen, die zu ihrem Wirlschaftsbetriebe gehören (einschließlich Ansichtspostkarten) dürfen aufgestellt werden. — Mit Rücksicht auf den wahrnehmbaren besseren Geschäftsgang auf unseren StaalS- bohnen werden, wie der „Vogtl. Anz." hört, daselbst Erwägungen gepflogen, ob man die s. Zt. herabgesetzten Arbeirerlöhne für Neu- Snzunehmende nicht wieder erhöhen kann. Klotzsche-Känigsw ald. Morgen Sonntag findet bei günstiger Witterung an Stelle des Gottesdienstes im Gotteshaus« ein „Wald gottesdienst" in dem neugeschaffenen Parke statt. Er beginnt früh 9 Uhr. Dresden. Wie der Aufsichtsrat der Aktien gesellschaft Kitsonlicht dem „Dresd. Anz." mit teilt, ist auf Beschluß der Staatsanwaltschaft Herr Direktor Wauer wieder auf freien Fuß gesetzt worden. — Mißgeschick verfolgt die gleislose Heide bahn Dresden-Klotzsche. Schon seit Mittwoch nachmittag ist der Betrieb wieder auf obrig- eitliche Verfügung eingestellt, da Klagen ein gegangen sind, insbesondere — sagt man — mit bezug auf die sogenannten Stromabnehmer. — Als am Dienstag abend gegen 8 Uhr der von Altstadt kommende, in der Richtung nach Arnsdorf verkehrende Zug in dem Neu- 'tädter Bahnhofe auf dem äußersten, rechts ge- egenen Gleise einfuhr, lief ungefähr 10 Schritte vor der noch in voller Fahrt befindlichen Ma- chine ein 5 bis 6 Jahre altes Mädchen vom Bahnsteig hinunter auf das Gleis. Da sprang der diensthabende Aufsichtsbeamte mit großer Geistesgegenwart hinunter, erfaßte das Kind und drängte es und sich selbst schnell auf die entgegengesetzte Seite, denn zum Zurückholen wären die wenigen Augenblicke viel zu kurz ge wesen. Auf jener Seite war durch die auf derselben befindliche Glaswand und die Eisen pfeiler kein Ausweg, sodaß der Zug anscheinend leide überfahren mußte. Deshalb befand sich das zahlreich versammelte Publikum in größter Aufregung. Der Zug sauste vorbei, die Ma- chine konnte erst 20 Schritte nachher zum Stillstand gebracht werden. Als nun aber der Zug hielt und der pflichtgetreue Beamte durch einen Wagen des Zuges das Kind unversehrt herüberbrachte, atmeten alle auf und mit lautem Bravo wurde der Beamte begrüßt. Die Rett ung war daS Werk eines Augenblicks gewesen und wären Retter und Kind unbedingt von dem Zuge zermalmt worden, wenn sich der Beamte nicht schnell mit dem Kinde nieder geworfen hätte, sodaß die seitlichen Trittbretter der Wagen über sie weggehen konnten. — In einer Gastwirtschaft, sowie in einer Zigarrenfabrik der Neustadt sind vor einiger Zeit von einem Betrüger mehrere minderwertige sogenannte Goldintaschenuhren mit doppeltem Gehäuse und Sprungdeckel unter der Vor spiegelung, daß eS goldene seien, an den Mann gebracht worden. Der Täter hat sich dann von hier nach Radeberg gewendet und dort gleiche Betrügereien ausgeführt. — Einem Roman gleicht das bisherige Leben des ehemaligen Volksschullehrers Max Hermann Dost aus Thum- Als Sohn einer ledigen Fabrikarbeiterin wurde es Dost durch Stipendium ermöglicht, das Seminar Annaberg zu absolvieren und erhielt derselbe in Mülbif bei Großenhain, später in Dresden, Anstellung als Lehrer. Er wollte nun den „Dr. phil." machen, knüpfte mit einer jungen Dresdner Dame ein Verhältnis an, versprach dieser die Ehe gegen die Gewährung der Mittel zum Studieren seitens der Eltern des Mädchens, die ihm auch 4500 M. gewährten. Dost stu dierte in Berlin, Heidelberg und Jena, löste aber das Verlöbnis, ging ein zweites ein mit einem Fräulein der Zwickauer Gegend, indem er auch diesem 2000 M. abnahm, brach nun auch dieses Verhältnis, wie sein Studium, ab, heiratete eine Kellnerin und wurde Weinwir in Dresden. Vor fast Jahresfrist erfolgte seine Verhaftung. Das Landgericht Zwickau ver urteilte Dost wegen Betrugs zu 1 Jahr 1 Monat Gefängnis und 3 Jahren Ehrenrechtsverlust, rechnete ihm aber 7 Monate Untersuchungs haft ab. Loschwitz. Der Gemeinderat bewilligte dem hiesigen Wachtmeister und einigen beteiligten Schutzleuten für die unter schwierigen Umständen in der Nacht vom 28. Februar zum 1. März d. I. erfolgte Festnahme der beiden Einbrecher Bießlich und Lehmann, die in einer Villa am Körnerwege eingebrochen und sich mit Waffen zur Wehr gesetzt hatten, eine Geldbelohnung von 80 Mark. Weinböhla. Vor einigen Tagen machte ich ein hiesiger älterer Privatus an einem in er Baumgartenstraße stehenden Tankwagen der )eutsch-Amerikanischen Petroleum-Vereinigung u schaffen und drehte aus Übermut oder Neu- fierde den Hahn auf. Da er aber das Schließen des Hahnes nicht verstand, so liefen 20 Liter Petroleum auf die Straße. Als der Geschirrführer zurückkam, wollte sich der Täter chleunigst entfernen, doch wurde er zurück gehalten und sein Name festgestellt. Radeburg. Seine Majestät der König hat allergnädigst geruht Herrn Dr. med. Richter hier den Titel und Rang als Sanitätsrat, so wie dem Gutsbesitzer Klingner in Bärwalde, erner den Straßenwärtern Roths in Steinbach und Schröter in Berbisdorf das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Diese Auszeich nungen wurden durch Herrn Amtshauptmann Dr. Uhlemann, und zwar dem Ersteren in Gegenwart des Herrn Stadtrat Döring, eröffnet bez. überreicht. Eisenberg-Moritzburg. Ein recht leb hafter Verkehr fand am Montag auf dem hie sigen Roßmarkt statt, es waren demselben 532 Pferde zugeführt worden. Dem Viehmarkt waren 114 Stück Rinder zugetrieben worden; man konnte auch hier schöne starke Tiere wahr nehmen, der Verkauf schien ebenfalls gut von statten zu gehen. Der Schweinemarkt wies 210 Stück Läufer und Ferkel auf, welche fast sämtlich verkauft wurden. Für einen Läufer wurden 28 bis 43 Mark und für ein paar Ferkel 23 bis 35 Mark gezahlt Der Kram markt wurde durch den eintretenden Regen et was beeinträchtigt, sodaß der Verkehr dadurch abgeschwächt war. Großenhain. Von einem tätlich ver laufenen Unfall wurde gestern früh die zirka 30 Jahre alte Ehefrau des im Reinhold Waltherschen Hause an der Berliner Straße wohnenden und beschäftigten Herrn Stellmachers Hürrig betroffen. Beim Kochen des Kaffees auf einem Spirituskocher hat aller Wahrschein lichkeit nach die Frau aus einer Flasche Spiri tus in den Kocher nachgegoffen, ehe die Flamme völlig erloschen gewesen ist- Die Flasche ist explodiert und der umhersprühende brennende Spiritus setzte die leichte Morgenkleidung der Frau Hürrig in Flammen. Die Unglückliche erlitt schwere Brandwunden am ganzen Körper. Vom Kopfe bis zum Fuße zeigten sich Wunden und die Unglückliche hatte große Schmerzen auszustehen. Auch der Ehemann, der zu Hilfe eilte und die Flammen löschen wollte, zog sich Brandwunden an der linken Hand zu. Die Verletzte mußte nach Anordnung des Arztes im Laufe des Vormittags dem hiesigen Kranken hause zugeführt werden. Doch war alle Hilfe vergebens; mittags ^12 Uhr ist sie ihren Ver letzungen erlegen. Großenhain. Scharfschießen der Feld artillerieregimenter Nr. 12 und 48 wird Diens tag und Mittwoch abgehalten in dem unweit Radeburg liegenden Gelände, das von Nieder rödern, Oberrödern, Freitelsdorf, Damm-Mühle, Thiendorf und Lötzschen begrenzt wird. Die Feuerstellung befindet sich westlich von Ober rödern. Das im Gefahrenbereich liegende Ge lände wird an beiden Tagen von früh 8 Uhr bis mittags 1 Uhr gesperrt nnd es darf in der gedachten Zeit sich niemand in dem abge sperrten Bezirke aufhalten. Zuwiderhandlungen werden bestraft. Ortrand. Gegenwärtig werden an der preußischen Grenze von einem Oberleutnant des sächsischen Generalstabes Aufnahmen über die Höhen der Wege und sonstige Zeichnungen ge macht. Herr Oberleutnant war zuletzt in Linz b. O- mit dieser militärischen Arbeit be schäftigt. — Bei dem am Montag abgehaltenen Wochenschweinemarkt hatten sich wieder viele Käufer aus der Umgegend eingefunden. DaS Paar Ferkel kostete 25—28 Mark. Nach Läuferschweinen war wenig Nachfrage. Trebanitz. Auf einem hiesigen Gute ist etzt ein Riesenochse gezüchtet worden, der das ungewöhnliche Gewicht von 25 Zentnern hat. Der Bulle ist Oldenburger Raffe. Döbeln. Großes Herzeleid hat ein 15 Jahre alter Wirtschaftsgehilfe aus Mutzschwitz seinen Eltern dadurch bereitet, daß er, nachdem er einen Koffer erbrochen und aus demselben 600 Mark entwendet hatte, mit seinem Zweirad aus der elterlichen Wohnung flüchtig wurde. Der wkümmerte Vater setzte von dem Vorfall die Polizei in Kenntnis und dieser gelang es sehr bald des jugendlichen Ausreißers habhaft zu werden. Für das Geld hatte sich der Bursche ein Motorzweirad gekauft. Leipzig. Dem 17 Jahre alten Privat- chüler Hermann Ronneberger graute vor Ab- egung des Einjährig-Freiwilligen-Examen, zu dem er sich angemeldet hatte, und er zog seine Anmeldung deshalb zurück. Um ober seine Eltern zu täuschen, wollte er sich die erforder lichen Zeugnisse selbst Herstellen, er bestellte des halb bei einem Drucker Formulare für die be- tandene Prüfung, bei einem Graveur einen Stempel der Kgl. Prüfungskommission und ulschte mehrmals in seinen Briefen die Namen )er Beamten der Kgl. Kreishauptmannschaft. Dem Stempelschneider kam die Sache ver dächtig vor und auf seine Anzeige hin erfolgte die Verhaftung des Leichtsinnigen, welcher mit 5 Wochen Gefängnis belegt wurde. Bad Oppelsdorf. Der Pächter des „CaföS Stahlquelle" hierselbst, Brückner mit Namen, ist, wie die „Reichen. Nachr." melden, mit Fa milie unter Mitnahme seiner Habseligkeiten plötzlich verschwunden, ohne seine zahlreichen Gläubiger zu befriedigen. Das Cafö ist seit Montag früh geschloffen. Eibenstock. Am Montag abend wurde in Carlsfeld durch Blitzschlag das Poch- und Stampswerk der Glashüttenwerke daselbst zer stört. Durch das überspringende Feuer wurden auch die Glasschleiferei und einige Anbauten vernichtet. In den übrigen Teilen des Glas hüttenwerkes ist der Betrieb ungestört. Plauen. Der Syratal-Viadukt hier, der mit seinem einzigen Bogen in einer Spann weite von 90 Metern das erste derartige Kunst bauwerk der Erde wird, wird dadurch um 13000 Mark teurer, daß man auf Bergwerks schächte am südlichen Widerlager der Brücke gestoßen ist, die sorgfältig ausgemauert werden müssen. Gegen die Haltbarkeit und Sicherheit der Brücke waren übrigens Bedenken laut ge worden, sie sind jedoch durch ein Gutachten des königl. Baurats Professor LucaS von der tech nischen Hochschule in Dresden für völlig unbe gründet erklärt worden. Plauen i. V. Der „Vogtl. Anz." meldet: Donnerstag früh hat ein Großfeuer einen Teil der vierstöckigen Geipelschen Papierfabrik hier vernichtet. Der Schaden ist beträchtlich, der Betrieb jedoch nicht gestört. Tiefenbrunn i. V- In der an der bay rischen Grenze bei Spielberg befindlichen Kies grube verunglückte vor einigen Tagen der Gutsbesitzer Johann Richter, welcher mit seiner Frau dort arbeitete, während das 4 jährige Söhnchen in der Nähe des Arbeitsplatzes mit Steinen spielte. Plötzlich brach eine stark unter höhlte Kieswand herein und verschüttete alle drei Personen. Die Frau und der kleine Knabe waren sofort tot; Richter starb zwei Tage nach dem Unfälle. Bodenbach. In der letzten Freitag statt gefundenen Sitzung teilte der Vorsitzende Herr Bürgermeister Ferd. Dittrich unter anderem mit, daß die Regierung zum Wiederaufbau der im Jahre 1797 durch Hockwaffer weggerissenen Landungsstelle der sächsisch-böhmischen Dampf schiffahrtsgesellschaft einen Beitrug von 10 000 Kronen bewilligt hat.