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Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »»n Inseraten bis ««rmtttag j« Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 101. Sonnlag, den 23. August 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, 22. August 1903. — Die Obstsaison steht bald wieder ein mal in voller Blüle. Das Obst ist dann ge radezu ein Volksernährungsmittel im weitesten Sinne. Freilich, mit dem Nährwert des bei uns heimischen Obstes ist es nicht weit her, denn die saftigen Früchte enthalten wenig Zell stoff. aber viel, sehr viel Wasser, dieses aller dings in der köstlichen, wohlschmeckendsten Form. Gerade der säuerliche, fein aromatische Ge schmack macht das Obst zu einem so allgemein beliebten Genußmittel, und daneben wirkt es — eben wegen seines starken Wassergehalts — in ganz hervorragendem Maße durststillend. Wer viel Obst ißt, braucht sicherlich weniger zu trinken. Darum wird auch das Obst von den Abstinenzlern als eine wichtige Waffe im Kampfe gegen den Alkohol geschätzt. Freilich, um be kömmlich zu wirken, muß das Obst reif, frisch und sauber sein. In dieser Hinsicht wird leider vielfach gesündigt. Unreife, minderwertige Ware kann leicht Gesundheitsstörungen nach sich ziehen. Gerade in der warmen Jahreszeit ist die Schleimhaut unserer Veidauungsorgane doppelt empfindlich. Deshalb sollte man es sich auch stets zum Grundsätze machen, die Früchte vor dem Genüsse zu waschen und zu reü.igen — wenn man es überhaupt nicht vorzieht, daö Obst gelocht, in Form von Kompott zu ge nießen, was jedenfalls bekömmlicher ist. Dem rohen Obste haftet stets Staub, Schmutz oder Erde an; dadurch und durch die Berührung mit unreinen Händen, durch Insekten usw. können leicht allerlei Krankheitskeime auf das Obst gelangen. Dresden. Wie jetzt bekannt wird, ist der Oratoriensänger Paul Hause, welcher auf der Strießener Straße eine große komfortable Wohnung inne halte, unter Hinterlassung ganz bedeutender Schulden verschwunden. Er wird jetzt von seinen Gläubigern gesucht. — Anläßlich der Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers hier findet am 1. September abends 8 Uhr im Königlichen Opernhause eine Vor stellung auf Allerhöchsten Befehl statt. Hierbei sind die Plätze des ersten Ranges, bis auf die der Stammsitzmhaber, vom Königlichen Ober hofmarschallamte für die Gaste des Königlichen Hoseö in Anspruch genommen. Die anderen Plätze werden zu den üblichen Kassenstunden an der Tageskasse verkauft. — Se. Moj. der König hat zur Linderung der Not der Hinterbliebenen der beim Eisen bahnunglück bei Rothenkirchen Getöteten und den Schwerverletzten 1500 M. überweisen lassen. Die Kreishauptmannschaft Zwickau ist mit der Verteilung des Geldes beauftragt worden- — Die Generaldirektion der sächsischen Staats bahnen hat an die Gemeinde Niederplanitz ein Beileidstelegramm gesandt, in dem sie ihr auf richtiges Bedauern ausspricht, daß durch das Nothenkuchener Eisenbahnunglück so zahlreiche Gemeindemitglieder schwer betroffen worden sind; die Generalvirektion spricht zugleich den Hinterbliebene» dec Verunglückten ihre Teil nahme aus. — In anbetracht der vorgerückten Jahres zeit gelangen die Promenaden-Konzert- fahrten der Sächsisch-Böhmischen Dampfschiff fahrts-Gesellschaft in diesem I hre nicht mehr zur Ausführung. — Das Zittauer Infanterieregiment Nr. 102 traf gestern hier ein. Zur Beförderung dienten zwei Sonderzüge, welche vormittags 11 Uhr 50 Minuten bezw. 12 Uhr 36 Minuten in Klotzsche anlangten. Von dort aus trat das Regiment Fußmarsch an. — Am Donnerstag vormittag ereignete sich auf dem Neustädter Rangierbahnhof ein Unfall, der leicht schwerere Folgen nach sich ziehen konnte. Durch falsche Weichenstcllung geriet ein Rangierzug auf ein falsches Gleis und fuhr geg n einen Schuppen, dessen Wand er ein- drückle. Der Bremser rettete sich durch Ab springen. Sechs Wagen sind zum Teil zer trümmert. Glücklicherweise war in der Kan tine, die sich in dem fraglichen Schuppen be findet, niemand anwesend. — Zu dem bereits gemeldeten Verschwinden l>es Buchhalters Gustav Richard Uhlmann von der Firma Erbstößer L Haubert in Vorstadt Löbtau wird noch mitgeteilti Der seit zwei Jahren bei der Firma beschäftigte Kaufmann Uhlmann erhielt von seinem Chef den Auftrag, 2800 M. auf dem Löbtauer Postamte einzu zahlen; Dienstag nachmittag ^4 Uhr erschien er auch auf der Post, hat dem Schalterbeamten Postanweisung und Quittungsbuch überreicht, mit dem Gelde aber das Weite gesucht. Uhl mann scheint schon seit längerer Zeit Vorbe reitungen zur Flucht getroffen zu haben, denn seine in Mickten auf der Herbststraße wohnende Ehefrau, mit der er in Unfrieden lebte, giebt an, daß die Photographie ihres Mannes seit einigen Tagen aus dem Rahmen verschwunden ist- Der Flüchtige ist am 6. November 1876 in Schandau geboren. Es wird angenommen, daß er in Begleitung einer Frauensperson das Weite gesucht hat. Für die Ergreifung des ungetreuen Beamten hat die Firma Erbstößer L Haubert eine Belohnung ausgesetzt. — Ein Fall von Vergiftung ereignete sich vorige Woche in einer in Vorstadt Löbtau wohnenden Beamtenfamilie. Die Frau war eben mit ihren drei Kindern, einem Zwillings paar und einem jüngeren Knaben, gesund und munter aus der Sommerfrische heimgekehrt, als wenige Tage danach die Kinder aufs schwerste erkranklen. Sie waren am Freitag voriger Woche auf die hinter der Bürgerschule gelegenen Wiesen gelaufen, um Blumen zu pflücken. Hierbei mögen sie irgend eine Gift pflanze gegessen haben, denn in der darauf folgenden Nacht stellten sich heftige Leibschmerzen, Erbrechen und Durchfall ein, sodaß es den Eltern geboten erschien, schleunigst einen Arzt herbeizurufen. Dieser stellte Vergiftungssymptome fest und traf Gegenmaßregeln. Trotz der sorg fältigsten Pflege ist der eine von den Zwillings knaben im Alter von 7^ Jahren am folgen den Morgen verstorben. Die anderen Kinder befinden sich jetzt auf dem Wege der Besser ung und sollen gegenwärtig außer Lebensgefahr sein. Loschwitz. Der am vergangenen Sonntag bei der gefährlichen Landung hier durch den Sturm entführte Luftballon des Herrn Paul Spiegel in Chemnitz ist nach sechsstündiger Fahrt nachts 2 Uhr bei der Wiesenmühle zu Niecka unweit der sächsisch-preußischen Landes grenze niedergegangen. Der Wiesenmüller Herr Deywert bemerkte den Ballon um diese Zeit auf dem Dache eines seiner Stallgebäude. Der anscheinend unversehrte Ballon wurde vor mittags vom Dache entfernt und des Gasinhalts entleert. Hainsberg. Der Attentäter, der in der Sonntagnacht hier den Tod des Bierverlegers Gustav Gans verschuldete, ist noch in derselben Nacht auf dem hiesigen Bahnhofe ergriffen worden, als er mit dem Zuge flüchten wollte. Es ist ein 31j'ähriger italienischer Arbeiter, dessen Name bis jetzt noch nicht festgestellt werden konnte. Er hatte sich dadurch verdächtig gemacht, daß er eine Kellnerin im Gasthofe „Zum goldnen Anker" in Deuben um einen Hut bat, als Ersatz für den seinigen, der ihm auf der Flucht verloren gegangen war. Großenhain. Ein Unglück ereignete sich gestern in den zeitigsten Morgenstunden, indem die Schrankenwärterin Voigt bei Bude 166 der Elsterwerdaer Straße bei dem Schließen der Schranken vom Zuge 8757 lebensgefährlich verletzt wurde, sodaß ihre sofortige Aufnahme in dem Krankenhause erfolgen mußte. Dort mußte der rechte Arm, der besonders schwer verletzt war, amputiert werden. Der linke Arm ist gebrochen. Frau Voigt ist außerdem am Kopfe schwer verletzt, doch besteht eine di rekte Lebensgefahr nicht. — Verwichene Nacht wurde in der Fabrik von Götz L Ko von unbekannter Seite ein Einbruch verübt. Sämtliche Pulte im Kontor wurden geöffnet. Der Einbrecher, der dem Geldschrank nichts anhaben konnte, hat sich mit 7 Mark gefundenen Zählgelds (Portikaffr) be gnügt und sonst noch Zigarren und Briefmarken mitgehen heißen. Der Einbruch fand von der Straßenseite aus durch Einschneiden der Glas scheibe eines Fensters statt. Merschwitz. In unserem Orte weilt seit einigen Tagen ein Händler, um hier und in den benachbarten Ortschaften 5000 Zentner Pflaumen für London aufzukaufen. Die Früchte werden in völlig unreifem Zustande gepflückt beziehentlich aufgelesen und mit 3 M. 75 Pf., der Zentner bezahlt. Welche Verwendung die noch unausgewachsenen und zum Teil ganz grünen Früchte finden sollten, war nicht zu er fahren. Riesa. Mittwoch nachmittag wurde im Ge hölz des Rittergutes Promnitz ein unbekannter Mann erhängt aufgefunden. Der Tote, welcher gut gekleidet ist, gehört anscheinend dem Mittel stände an, ist za. 35 Jahre alt und hatte einen neuen schwarzen Schirm bei sich. Leipzig. Auf dem Heimwege von der Schule stach ein neunjähriger Knabe dem gleich altrigen Sohne eines Schuhmachermeisters im Streit mit einem Messer in den Unterleib. Glücklicherweise hat der Bengel edlere Teile seines Opfers nicht verletzt, sodaß die Verwund ung nicht lebensgefährlich ist. — Ein Hotelschwindler, der angeblich 1872 in Buenos-Ayres als Sohn eines Rittmeisters geborene v. Platen-Reschke, hat hier verschiedene Prellereieu verübt, für welche ihm der Lohn in Gestalt von acht Wochen Gefängnis wurde. Die Behörden haben Grund zu der Annahme, daß er den angegebenen Namen nicht zu Recht führt. — „Fürsten Friedrich", der wegen Meineids und Urkundenfälschung verurteilte Millionär Friedrich, hat die gegen seine Verurteilung beim Reichsgericht angemelbete Revision zurückgezogen. Dieser Entschluß ist durchsichtig; denn der von Tausenden verwünschte Mann wird sich noch einmal vor dem Landgericht wegen Diebstahls (der Millionär stahl eine Tausend-Marknote vom Tische eines Rechtsanwalts, an welchen er eine Kaufsumme zu zahlen hatte), Betrugs und Urkundenfälschung zu verantworten haben und wird dann jedenfalls versuchen, das Gesamt urteil durch das Reichsgericht aufheben zu lasten. Crimmitschau. In der Lohnbewegung unserer Textilarbeiterschaft ist zu berichten, daß der Aufforderung am Dienstag des Spinner und Fabrikantenvereins an ihre Arbeiter, bis am Mittwoch mittag schriftlich und bis abends öffentlich zu erklären, daß sie die Arbeit unter den alten Bedingungen am Sonnabend früh fortsetzen wollen, niemand nachgekommen ist. Es ist dies ein Zeichen, wie tief die Verstimm ung über die erhaltene Kündigung sitzt. Ein am Mittwoch abend ausgegebenes Flugblatt widerlegt die Behauptungen des erwähnten Aufrufs des Fabrikanienvereins und fordert zum gemeinsamen Zusammenstehens in dem Kampfe auf. Am Mittwoch abend hielt der Fabrikantenverein eine Sitzung ab und für Donnerstag abend waren fünf Arbeiterversamm lungen anberaumt. Grimma. In das hiesige Amtsgerichts gefängnis wurde ein gewisser Hamann aus Naunhof eingeliesert, Hamann, angeblich preußi scher Pfarrer a. D. und anfangs der fünfziger Jahre stehend, mietete sich vor vier bis sechs Wochen in Naunhof eine Villa und verübte dann Kreditschwindeleien in größerer Zahl. Auch hiesige Geschäftsleute, bei denen er Waren zur Auswahl entnahm, sind von ihm heimge sucht worden. Hamann soll schon vorbestraft sein. Oberwiesenthal. Unter Leitung des Forstpersonals fand am Mittwoch auf dem Fichtelberge abermals eine Durchsuchung jenes Terrains statt, auf welchemmandenermordeten Hörder gefunden hatte. Hierbei wurde auch der Gewehrlauf zu dem am Sonnabend ge fundenen Gewehrkolben der Mordwaffe nebst dem zum Rucksacke gehörigen Achselriemen ver graben vorgefunden und an das Tageslicht be fördert. Zugleich wird dadurch das Gerücht widerlegt, daß der an den Kolben paffende Lauf bereits seinerzeit bei der Haussuchung bei dem verhafteten Fleischmanu gefunden worden sei. Nachdem nunmehr auch der am Sonn abend Verhaftete an die Königliche Staats anwaltschaft zu Chemnitz abgeliefert worden ist, befinden sich in der traurigen Mordsache dort- selbst verhaftet der Scharwerksmaurer Fleisch mann, der Maurer Häckel und der Vater des letzteren. Frankenberg. Das kürzlich von hier als vermißt gemeldete 13jährige Schulmädchen Woike, welches von einem Besuche in Chemnitz nicht wieder nach Frankenberg zurückgekehrt war, hat sich wieder eingestellt. Das Mädchen hatte sich inzwischen, ohne davon Nachricht zu geben, bei einer anderen Chemnitzer Familie, als beab sichtigt war, aufgehalten. Remtengrü n. Zu dem Brandunglück hier- selbst wird mitgeteilt: Der Gutsbesitzer Nendel hat Verbrennungen zweiten Grades an beiden Händen und Armen erlitten, welche jetzt als vollkommen geheilt gelten können. Der Mann kann von nächster Woche an sicher wieder ar beiten; bis dahin wird die junge Haut wider standsfähig genug geworden sein. An der rechten Hand hatte er außerdem eine leichte Schnittwunde beim Durchschlagen des Fenster» erlitten, welche schon nach vier Tagen geheilt war. Frau Nendel hat an beiden Händen Verbrennungen zweiten Grades erlitten; der linke Handrücken zeigt aber in großer Ausdehn ung Verbrennungen dritten Grades, zu deren Heilung noch mehrere Wochen erforderlich sein werden, während die rechte Hand mit Ende dieser Woche ebenfalls gebrauchsfähig sein wird. Einen bleibenden Nachteil wird auch Frau Nendel nicht haben. Werdau. In den letzten Tagen wurden bei hiesiger Polizeibehörde eine Anzahl in der naheliegenden Staatswaldung gefangener und getöteter Kreuzottern abgeliefert. Die Zahl der im Laufe dieses Jahres bei genannter Behörde abgelieferten derartigen Reptilien beträgt bis jetzt 46. Ehrenfriedersdorf. Während der letzten Sonntage wurden bei einigen Steinbruchbesitzern am Greifensteine schwere Einbrüche verübt. Die Täter sind jetzt in vier noch schulpflichtigen Kindern im Alter von 7 bis 13 Jahren in Thum ermittelt worden. Die gestohlenen Gegen stände hatten die hoffnungsvollen Bürschchen in Jahnsbach sowie im Walde bei den Greifen steinen vergraben. Sämtliche gestohlenen Gegen stände, darunter Dynamit, sind wieder herbei geschafft worden. Der älteste dieser jugendlichen Diebesbande, der 13 jährige Willy Graupner, wurde festgenommen und dem hiesigen Königl. Amtsgericht zugeführt. Meerane. Der nächste sächsische Feuer wehrtag findet im Jahre 1905, voraussichtlich im Juli, hier statt. Meerane. Vor zwei Tagen wurde hier der tollwütige Hund eines Restaurateurs er schossen, der dessen Ehefrau und zwei Söhne gebissen hatte. Die Verletzten mußten sich zur Impfung, bezw. Beobachtung ihres Zustandes nach Berlin in ein Heilinstitut begeben. Adorf. Nachdem Ende voriger Woche der im hiesigen Königlichen Gerichtsgefängniffe wegen Verdachts des Viehschmuggels in Haft gewesene Gastwirtssohn Ludwig aus Roßbach gegen Leist ung einer hohen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt worden war, sind am Montag und am Dienstag sowohl der Wirtschaftsgehilfe Scherzer, als auch der Gutsbesitzer Wunderlich, beide auS Bergen, wegen Verdachts des Viehschmuggels an das hiesige Königliche Amtsgericht einge liefert worden.