Volltext Seite (XML)
Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Druck und Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »»n Inseraten bi» »srmittag „ Uhr. Inserate werden mit 40 Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be> sonderem Tarif. Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Nr. 122. Sonntag, den 11. Oktober 1903. 2. Jahrgang. Bekanntmachung. Wegen Neinigung cker ZlmtslokaUtäten bleibt das Gemeindeamt Montag, den 12. Oktober d. I. geschlossen. Ottendorf-Moritzdorf, am 6. Oktober 1903. Der Gemeindevorstand. Lincke. Oertliches und Sächsisches. Ottendorf-Okrilla, p. Oktober 1903. — Der Bezirksausschuß der Königlichen Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt hielt gestern unter dem Vorsitze des Herrn Amts hauptmanns Geheimer Regierungörat v. Craus- haar eine Sitzung ab. In dieser wurde das Gesuch Hausdorfs in Ottendorf um Er laubnis zum Bier- und Bcanntwsinschank, so wie zum Beherbergen im Grundstücke Kataster nummer I „Gasthof zum Teichhaus" genehmigt worden. — Nachdem die zur Kavallerie eingezogencn Rekruten Muttern bereits verlassen haben werden sich nun auch in den nächsten Tagen die zu den anderen Truppengattungen ausge hobenen Rekruten verabschieden. Die ängstliche Mutter braucht diesen Abschied nicht zu ernst nehmen, denn Tausende befinden sich beim Militär ganz wohl, sie sehen frisch, gesund und heiter aus! Vor allen Dingen ist die Militär zeit eine ausgezeichnete praktische Schule für die ganze Lebenszeit. Mancher geht bloß als halber Mensch in die Kaserne und kommt als ganzer wieder heraus. Er wird so für manche Lebensstellung befähigt, die ihm früher ver schlossen gewesen wäre. Das Auftreten eines Militärs ist in jeder Beziehung ein sicheres und gewandteres, als das eines Mannes, der bei seiner Stellung als dauernd dienstuntauglich befunden ward. Mancher Vater, der Soldat gewesen ist, sagt mit Recht! Ich wünsche, daß Mein Sohn diene. — Die Übergangszeiten zum Sommer wie zum Winter bilden infolge ihres unbe ständigen Wetters und der wechselnden Tempera turen die gefürchtetsten Krankheitsperioden des Jahres. Das Frühjahr ist in dieser Beziehung noch schlimmer als der Herbst; aber auch dieser gibt ost genug recht unerfreuliche Proben seiner Leistungsfähigkeit. Im besonderen sind es die allen äußeren Einflüssen leichter zugänglichen Kinder, die sich in den Wochen der Übergangs periode Erkrankungen aller möglichen Art zu- ziehcn. Außer den kaum zu verhütenden katarrhalischen Leiden sind es die Infektions krankheiten, wie Masern, Scharlach, Diphtherie. Da erscheint es vor allem nötig, den Aufent halt der Kinder im Freien in verständiger Weise zu regulieren. Der feuchten Abendluft sollten die Kinder so wenig wie möglich ausgesetzt werden, Ganz Unrecht ist es, sie zu Vergnüg ungen mitzunehmen, die bis in die Nacht hinein dauern. Die Kinder brauchen die Sonne und sollten nur, während diese am Himmel steht, im Freien sein. Hüten muß man sie vor den kalten Ostwinden, den Erbpächtern des großen Bazillenheeres, dem Keime aller In fektionskrankheiten. Es muß auch verhindert werden, daß die vom Spiel erhitzten Kinder sich draußen hinsetzen oder dem Zuge ausge setzte Orte aufsuchen. Eine Erkältung im Herbst disponiert den kindlichen Körper zu gar zu vielen schweren Erkrankungen, als daß man sie nicht mit größtem Fleiß zu verhüten suchen müßte. — Die Herbstzeitlose ist wieder er standen. Während im übrigen in der Natur sich alles auf den Winterschlaf vorbereitet, sprießt und blüht sie, erhebt sie keck ihr Haupt. Sie kümmert sich nicht um die feuchten Herbst nebel, nicht um den Regen, für sie scheint auch der Sonnenschein kein trügerischer zu sein. Die letzten Sommerblumen hängen die Köpfchen, sie sehnen sich nach Schlaf, die Herbstzeitlose er hebt aber ihre zartgeformten, feingefärbten Blütenkelche über die von glitzernden Geweben behangenen kurzen Grashalme. Sie bildet den letzten reizenden wie eigenartigen Blumenschmuck der Wiesen. Die Herbstzeitlose ist allerdings giftig, nennenswerten Schaden richtet sie indessen wohl nicht an. Das Vieh meidet sie instinktiv, der Mensch aber kann sich ruhig ein Sträußchen Herbstzeitlose pflücken und in sein Zimmer stellen, ohne nachteilige Folgen für sich be fürchten zu müssen. In den Gärten erfreut uns noch die Aster, die in ihren Lebensbeding ungen äußerst bescheiden, deren Farbenpracht jedoch sehr reichhaltig und mannigfaltig ist. Zahlreich sind ihre Freunde und Freundinnen, wofür sie sich dankbar erweist durch emsiges Blühen. — Amerikanische Schuhe in Deutschland. In Newyork hat sich nach der „Staatsbg.-Ztg." ein Syndikat gebildet, um in Europa billiges amerikanisches Schuhwerk auf den Markt zu bringen. Das Syndikat wird große Schuh warenläden in Paris, Berlin, Frankfurt a. M-, Dresden, München, Stuttgart, Amsterdam usw. errichten. Das deutsche Publikum wird hoffent lich wissen, was es zu tun hat. Dresden. Am Dienstag nachmittag fiel ein 13jähriger Knabe, der mit anderen Kindern Haschens spielte, von der Landungsbrücke der Dampffähre in Pieschen in die Elbe und kämpfte mit dem Wasser. Auf das Hilfeschreien eines Spielgenossen eilte der in der Nähe weilende Stadtbezirksaufseher Böhm sogleich herbei und brachte ihn wieder an das Land. — Die Firma Moore Netlefold L Komp., Glaswerke in London, läßt von Zeit zu Zeit deutsche Glasarbeiter anwerben. Kürzlich sind zwei solche Agenten in der Umgegend von Dresden tätig gewesen. Die Angeworbenen er halten freie Fahrt bis zum Bestimmungsorte und einen Lohnvorschuß. Die Verhältnisse in den Betrieben der Firma sollen für die Ar beiter nicht günstig sein. Das Arbeitsverhältnis wird schon oft nach kurzer Dauer gelöst. Es scheint deshalb Vorsicht bei Vertragsabschlüssen mit den Agenten der Firma geboten. — Der am 9. September d. I. aus der Irrenanstalt zu Frankfurt a. M. entsprungene geisteskranke Mechaniker Tilger, der sich auch als Kunstgewerbeschüler Laßen oder als Graveur Braxmeier ausgeben dürfte und als ganz ge meingefährlicher Mansardendieb bekannt ist, scheint seit Ende September auch hier sein Ün- wesen zu treiben. Er ist etwa 20 Jahre alt, hat mageres Gesicht und kleinen Schnurrbart, trägt eine Telegraphen-Arbeitermütze, blaue Bluse und eine Rolle Leitungsdraht um den Hals. Durch diesen Anzug und sein Auftreten erweckt er den Anschein, mit Reparaturen an der Telephonleitung beauftragt zu sein, steigt durch offenstehende Dachwohnungsfenster ein und durchsucht in der Abwesenheit der Be wohner die Behältnisse nach Geld und Gold sachen. — Der am Dienstag nachmittag 3 Uhr 38 Minuten von Zittau nach Bischofswerda beziehungsweise hier abgelasiene Personenzug erlitt zwischen Wilthen und Oberneukirch einer Maschinendefekt, sodaß, wie das „Zittauer Amts blatt" meldet, der Zug beinahe eine Stunde auf freier Strecke liegen bleiben mußte. In folgedessen konnte der Anschluß nach Dresden in Bischofswerda nicht mehr erreicht werden, ödaß die nach Dresden fahrenden Paffagiere auf den abends 8 Uhr 54 Min. Bischofswerda passierenden Görlitzer Zug angewiesen waren und erst um 9 Uhr 50 Min-, also mit bei nahe drei Stunden Verspätung in Dresden eintrafen. Blasewitz. In einem Garten an der Residenzstraße wurden jetzt an einem Pflaumen baum, der bisher noch nie geblüht hat, Blüten efunden. Radeberg. Ein vermutlich in diebischer Absicht verübter Bubenstreich wurde dem Be- 'itzer des Rittergutes in der nahen Gemeinde Liegau dadurch zugefügt, daß der zu dieser Be- itzung gehörige Rehteich während der Nacht abgelassen wurde. Von dem Geschädigten werden 30 M. Belohnung für Ermittlung des Täters geboten. Großröhrsdorf. Mittwoch vormittag er eignete sich auf dem hiesigen Schulneubau ein bedauernswerter Unglücksfall. Durch den herrschenden, mitunter orkanartigen Sturmwind wurde beim Rüsten des dritten Stockwerkes der Zimmermann Bienert aus Bretnig (Bretmühle) mitsamt den Brettern, die er auf die bereit gestellten Böcke legen wollte, mit furchtbarer Gewalt über das Mauerwerk hinweg in den Keller geschleudert. Der Bedauernswerte, der sofort ins Krankenhaus überführt wurde, er hielt durch den Sturz eine schwere Verletzung am Becken. Heidenau b. Pirna. Die in Konkurs be findliche Papier- und Cellulose-Fabrik hier ge langte am 8. Oktober 1903 vorm Amtsgericht Pirna zur Zwangsversteigerung. Das Höchst gebot gab der Dresdner Bankverein ab. Der Zuschlag ist auf 8 Tage ausgesetzt worden. Aus dem oberen Elbtale. Auf der Elbstrecke Schandau-Niedergrund-Laube-Tetschen herrschte am Donnerstag ebenfalls tagsüber ein derartig heftiger Sturmwind, daß die Segel schiffahrt gänzlich unterbleiben mußte und nur Schlepp- und Personendampfer verkehrten. Letztere hatten an einzelnen Stationen beim Anlanden infolge dieses Sturmes mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, daher auch strom abwärts fahrende Dampfschiffe die Fahrzeit nicht genau einhalten konnten. Erst gegen Abend legte sich dieser orkanähnliche Sturm, der, nebenbei bemerkt, auch in den Elbgärten viel Schäden angerichtet hat. Mit Donnerstag ist man mit der Ausbaggerung des Postel- witzer Hafens und der Ausfüllung der Teiche hinter dem dortigen Elbdamme fertig geworden. Bis mit genanntem Tage abend sind in diesem Jahre 6852 befrachtete Schiffe und 1646 Flöße von Böhmen nach Deutschland eingefahren. Roßwein. Der letzte Sturm entwurzelte einen alten Baumriesen, eine Linde, vor dem Hause der Witwe Hiller, der beim Fallen die Dächer der Häuser der Witwen Hiller und Sülz durchschlug. Oschatz. Ein Opfer des dieser Tage herrschenden Sturmes wurde im Holzschlage Abteilung 16 des königlichen Forstreviers Reud nitz der 51 Jahre alte Waldarbeiter Ernst Kuke aus Bucha, den ein herabstürzender Baum wipfel traf und erschlug. Hainichen. Erheblichen Schaden hat eine nur Minuten andauernde Windhose angerichtet, welche dieser Tage in dem hiesigen Ortsteil Neubau an der Berthelsdorfer Grenze aufge treten ist. Der ebenso plötzlich als überaus heftig sich erhebende Wirbelwind, dessen Wirk ung sich übrigens auf einen verhältnismäßig kleinen Umkreis erstreckte, hob von einem Hause das ganze Dachwerk ab und warf es auf ein etwa 50 Schritte davon entferntes Haus, das selbe schwer beschädigend. Außerdem wurden von zehn anderen Häusern die Dächer mehr oder weniger abgedeckt, Fenster und Türen aus gehoben und beschädigt. Eschdorf b. Schönfeld. Eine Warnung für Radfahrer mag ein Vorfall sein, der sich hier zugetragen hat- Ein Schullwitzer Ein wohner wurde von einem hiesigen Radfahrer, der keine Laterne hatte, in der Dunkelheit so unglücklich umgefahren, daß er einen ooppelten, gefährlichen Bruch des linken Armes davontrug. Leipzig. Das Reichsgericht verwarf die Revision des Direktors der Trebertrocknungs- Aktiengesellschaft Adolf Schmidt, der vom Schwurgericht Kassel am 8. Juli d. I. wegen Konkursverbrechens und Betrugs zu zwei Jahren und 8 Monaten Gefängnis und 3000 Mark Geldstrafe verurteilt worden ist. Leipzig. Ein Familiendrama trug sich am Donnerstag früh in dem Stadtteil Eutritzsch zu. Die Hausbewohner wurden in der sechsten Stunde durch Schüsse aufgeschreckt; wie sich herausstellte, war in der dritten Etage des Ge bäudes ein Doppelmord und ein Selbstmord begangen worden. Der Täter ist der bei seiner Mutter wohnhafte Lithograph Arthur Felix Seifert. Er erschoß seine Mutter, seine Schwester und dann sich selbst. Außerdem hat er auch auf einen herbeigeeilten Hausbewohner einen Schuß abgegeben, der zum Glück nicht traf. Der Mörder ist früher in einer Irren anstalt gewesen und hat sicher die grauenvolle Tat in einem erneuten Anfall von Geistes gestörtheit getan. Meerane. Durch ein größeres Schaden feuer wurden in der Steingasse hierselbst 4 Scheunen eingeäschert. Olbernhau. In besonderer Weise vom Blitzschlag heimgesucht wird die Familie Hau bold in Niederschöna. Vor etwa 20 Jahren brannte das Hauboldsche Gut infolge Blitz schlags völlig nieder. 1898 wurde die Scheune dieses Gutes durch Blitzschlag wieder einge äschert, 1901 schlug der Blitz wieder in das Wohnhaus, glücklicherweise ohne zu zünden und Anfang dieser Woche ging die Wirtschaft des Sohnes in Erlicht infolge Blitzschlages in Flammen auf, wobei Wohnhaus, Scheune und Seitengebäude mit viel Mobiliar und reichen Erntevorräten zu Grunde gingen. Eibenstock. Eine heftige Gasexplosion er eignete sich am Dienstag in der Seidenstickerei fabrik von Fiedler L Voß hier. In der in der ersten Etage gelegenen Stickstube und Kontor war ein Gasrohr explodiert, wodurch ver schiedene Waren verbrannt find. Der eine Chef, Herr Voß, trug bei den Rettungsarbeiten schwere Brandwunden am Arme davon. Der Luftdruck war so stark, daß nicht bloß in der Fabrik, sondern auch in dem gegenüberliegenden Hause des Herrn Buchbindermeisters Mehner einige Fenster zerdrückt wurden. Stollberg. Seit letzter Zeit werden hier zahlreiche Erkrankungen von Kindern und Er wachsenen an Scharlachfieber und DiphtheritiS wahrgcnommen. Leider haben diese gefährlichen und höchst ansteckenden Krankheiten bei Kindern schon wiederholt den Tod im Gefolge gehabt. In den Schulen hat man Sicherheitsmaßregeln getroffen. An der Bürgerschule sind bis mit 5. Oktober 6 Erkrankungen an Scharlach und ein Todesfall zu verzeichnen. Annaberg. Nach dem in Ehrenfrieders dorf erscheinenden „Amts- und Wochenblatt" grassiert seit einiger Zeit im benachbarten Schönfeld der Typhus, der vermutlich durch ungenießbares Trinkwaffer herbeigeführt worden ist. Von den 23 schwererkrankten Personen befinden sich wieder auf dem Wege der Besserung. .Auerbach. Eine wertvolle Verbesserung für Hand- und Schiffchenmaschinen zu erfinden, ist Herrn Heinrich Hubrich in Wernesgrün ge lungen. Es ist dies eine sinnreiche Vorrichtung, den Pantographen mittels eines kleinen Finger druckes sofort feststellen zu können. Der Appa rat läßt sich am Musterbrett jeder Maschine bequem anbringen und erweist sich als eine wesentliche Erleichterung in der Handhabung des Pantographen Diese praktische Verbesser ung dürfte sich in kurzer Zeit einer allgemeinen Einführung zu erfreuen haben.