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Die „VttenLorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen p20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag t» Uhr. Inserate werden mit zo Pf. sfür die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 136. Freitag, den 13. November 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Dttsndorf-Dkrilla, <2. November 1903. — Von geschätzter Seite erhielten wir folgende Mitteilung: Der Schreiber der vor einigen Wochen an einzelne Gemeindevorstände gerichteten Postkarten ist kein Sektierer, wie viele wohl gedacht haben, sondern lediglich ein Kranker, der an Hallucinationen mit Störung des Sehnervs leidet- Infolgedessen sieht er „Lichter", die er für besondere Gottesoffenbar ungen hält. Seit zwei Jahren glaubt er auch von Gott berufen zu sein, in aller Welt für das Reich Gottes in großem Maßstabe zu wirken und vor dem Abfall zu warnen. Deshalb schreibt er zahllose Postkarten in alle möglichen Gegenden des In- und Auslandes. Auch an verschiedene Konsistorien und andere Behörden hat er schon geschrieben. Dem Ortspfarrer hat er schon viel Not gemacht. Aber weil er nicht gemeingefährlich ist, bringt ihn die Gemeinde nicht in einer Anstalt unter. Dresden. Gestern wurde mitgeteilt, daß am Totensonntag (22. d. M.) in den evangelisch lutherischen Kirchen Sachsens, wie in den Vor jahren, eine Kollekte für die kirchliche Versorgung der evangelischen Deutschen im Auslande ge sammelt werden soll. Das entspricht insofern nicht den Tatsachen, als durch Konsistorialver- ordnung vom 20. Oktober 1903 (Verordnungs blatt Nr. 8) eine allgemeine Kirchenlollekte für den Kirchenbau in Niederwürschnitz bei Stoll berg im Erzgebirge stattfindet. — Der Verein der Blinden veranstaltet am 24. November abends 7^/, Uhr im Festsaale der Vereinigten Logen, Ostra-Allee 15, ein Konzert, zu dem namhafte Künstler, die Damen Konzertsängerin Fräulein Catarina Hiller, Königliche Hofschauspielerin Fräul. Alice Politz, die Herren Professor Bertram Roth, Königlichen Kammermusiker Phil. Wunderlich und Otto Wunderlich. Mitglieder der Königlichen Kapelle, sowie Herr Organist Klemens Braun, der die Begleitung gütigst übernommen hat, ihre Mit wirkung in selbstloser Weise zugesagt haben. Der Ertrag des Konzertes soll dem Fonds für das Blindenheim zufließen. Ihre Majestäten König Georg und Königin Carola, sowie Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und Prinzessin Johann Georg förderten das Unter nehmen huldvollst durch Entnahme von Ein trittskarten. Möge auch die Bevölkerung dem Unternehmen ihre Teilnahme zuwenden. Der Kartenverkauf ist bei H. Bock, Königliche Hof musikalienhandlung, Prager Straße 9, von 9—1 und 3—6 Uhr zum Preise von 4, 3, 2 und 1 Mark. — Fünf Millionen gemünztes Gold kamen am Montag abend hier in einem Güterzuge via Bremen aus London an. Die Londoner Bank ließ diese Riesensumme über Triest nach Alexandrien, wo sie zu kommerziellen Zahlungen verwendet werden soll, gehen. Das Gold war in 60 Kisten ä 100000 Mark verpackt und wog 2300 kx. Bis Bremen hatte die Be förderung die Dampfschiffahrtsgesellschaft Argo übernommen. Unterwegs hätte der Dampfer beinahe Havarie gehabt. Bewacht wurde der Goldschatz, der lomal die Summe des „großen L.ses" unserer Landeslotterie ausmacht, von drei Angestellten der genannten Gesellschaft. Sie befanden sich mit in dem Packwagen, der bis Triest durchfährt. — „Prinz Max von Sachsen, der bereits bei der letzten Bischofswahl in Mainz au der Kandidatenliste stand, aber abgelehnt worden war, wird, wie bestimmt verlautet, auch dies mal aufgestellt werden." — So wird dem „Leipz. Tgbl." gemeldet; das Blatt bemerk dazu: Bei der übereifrigen Anteilnahme, welche von vielen Seiten an der Laufbahn des Prinzen zur Schau getragen und betätigt wird, erlauben wir uns zwar kein Urteil über die Zuver lässigkeit dieser Meldung, aber dafür die Prophezeiung, daß der Prinz solange als Kandidat für jeden freiwerdenden Bischofsstuhl n Deutschland und Umgegend gemeldet werden wird, — bis er eines Tages wirklich Bischof geworden sein wird. — Von dem abends 7 Uhr 43 Min. in Falkenberg eintreffenden Personenzuge wurde der Bahnarbeiter August Rau aus Uebigau überfahren und sofort getötet. Rau wollte mit erwachsenem Sohn und Tochter Verwandten einen Kirmesbesuch abstatten und hatte die kurze Reise, die so schrecklich endete, in fröhlichster Stimmung angetreten. Bei Einfahrt des Zuges kürzte Nau, der als Erster aussteigen wollte, zwischen die Wagen und wurde von dem noch rollenden Zuge in der Mitte überfahren. Vor den Augen seiner aufs höchste erschreckten Kinder sand der Vater, der schon seit der Jugeud an der Bahn beschäftigt ist, einen plötzlichen Tod. Der Zug mußte auseinandergekoppelt werden, um den Verunglückten von dem Gleise aufheben zu können und den Toten den Blicken der ent setzten Pasiagiere zu entziehen. — Die Firma Moore Netlefold L Co., Glaswerke in London, läßt, wie kürzlich schon erwähnt, von Zeit zu Zeit deutsche Glasarbeiter anwerben. Zwei Agenten der Firma sollen, wie festgestellt worden ist, zu diesem Zwecke im Laufe dieser Woche abermals nach Dresden kommen. Die Angeworbenen erhalten freie Fahrt bis zum Bestimmungsorte und einen Lohnvorschuß. Von der Firma sind jedoch die mit deutschen Arbeitern abgeschlossenen Verträge vor der Zeit ohne erhebliche Gründe gekündigt worden und dadurch sind die Arbeiter, die sich mit ihren Familien im fremden Lande großer Not ausgesetzt sahen, veranlaßt worden, neue Arbeitsverträge mit ihr zu weit ungünstigeren Bedingungen abzuschließen. Schritte, die die entlassenen Arbeiter bei den englischen Gerichten unternommen haben, um ihre Ansprüche gegen die Firma durchzuführen, sind erfolglos geblieben. Es wird daher vor Eingehung eines Arbeits verhältnisses mit dieser Firma ausdrücklich gewarnt. Radeburg. Die Arbeiten zur Herstellung unseres Wasserwerkes sind in den letzten Wochen so rüstig vorgeschritten, daß das Legen des Hauptrohrnetzes in wenig Tagen seiner Vollendung entgegengehen wird; auch die Arbeiten am Hochbehälter an der Meißner Chaussee gehen flott vorwärts und in einigen Tagen wird mit dem Bau des Maschinenhauses begonnen werden, dessen Fertigstellung infolge seiner ein fachen Konstruktion nur wenig Zeit in Anspruch nehmen wird. Im Laufe der nächsten Woche wird mit den Verbindungen des Hauptrohrnetzes mit den Anschlußleitungen begonnen. Man hofft, wenn die Witterung günstig bleibt, die gesamte Anlage binnen kurzem fertig zu erhalten. Limbach. Bekanntlich hatten die hiesigen städtischen Kollegien kürzlich über den Weiter bestand des hiesigen Technikums zu beschließen. Der Rat hatte sich zunächst schlüssig gemacht, dem zukünftigen Leiter die Gebäude, Lehrmittel und Jnventargegenstände — im jährlichen Nutzungswerte von 4000 Mark — unentgelt lich zur Verfügung zu stellen, außerdem aber noch jährlich 4000 Mark baren Zuschuß zu gewähren. Direktor Siebold lehnte es jedoch ab, die Anstalt unter diesen Bedingungen fort zuführen. Darauf hatte sich Jngenier Haupt mann erboten, das Technikum zu diesen Be dingungen von Ostern 1904 ab zu übernehmen. Das Stadtverordnetenkollegium stimmte darauf nach längerer Aussprache dem Natsbeschlusie bei. Döbeln. Die vor vier Wochen hier in der Mulde tot aufgefundene, elegant bekleidet ge wesene Frauensperson ist nunmehr rekognosziert worden. An der Photographie der Leiche und den bei der Polizei aufbewahrten Kleidungs stücken hat die Frau eines auf einem Nachbar dorfe wohnhaften Schafers erkannt, daß die Tote ihre Tochter gewesen ist. Das Mädchen war 22 Jahre alt und in einer Döbelner Konditorei als Küchenmamsell bedienstet gewesen. Obernaundorf. Der Anfang Juli wegen Meineidsverdachts verhaftete, jedoch nach kurzer Zeit wieder entlassene Gemeindevorstand Kästner hier ist, nachdem er seine Aemter niedergelegt hatte, vom Gemeinderat und dem Schulvorstande einstimmig wiedergewählt und von der Amts hauptmannschaft Dresden-Altstadt erneut in sein Amt eingewiesen worden. Großdobritz. Das fünfjährige (!) Töchter chen eines hiesigen Wirtschaftsbesitzers wollte in der Abwesenheit der Eltern im Ofen Feuer anzünden und hatte sich dabei der Petroleum flasche bedient. Im Nu hatten die Kleider Feuer gefangen, und da niemand im Hause war, um Hilfe zu bringen, hatte es sich in seiner Angst auf den Treppenflur geflüchtet, wo das arme Geschöpf tot und zum Teil ver kohlt aufgefunden wurde. Am Dienstag wurde es beerdigt. Niedersteina. Am Sonnabend Mittag er schien hier eine Gerichtskommission von Bautzen, um an Ort und Stelle — am Teiche, in welchem die ermordete Dienstmagd Schnelenska aufgefunden wurde — den Tatbestand aufzu nehmen. Der Mörder, der 18jährige Garten, war gefesselt zugegen und mußte zeigen, wie er die Tat ausgeführt. Darnach fanden im Erb gericht zu Niedersteina bis abends 7 Uhr Zeugenvernehmungen statt. Bautzen. Aufsehen erregt hier die Ver haftung des Buchhändlers Henkel. Wie ver lautet, hat er am Sonnabend abend ein acht jähriges Mädchen nach seinem in der Theatergaffe befindlichen neuen Laden gelockt und sich an dem Kinde unsittlich vergangen. Schandau. Seit Anfang dieses Monats hat auf dem Elbstrome die Ausfuhr frischen böhmischen Obstes nach Deutschland für dieses Jahr aufgehört. Die Gesamtzahl der vor Krippen zur Revision gelangten befrachteten Obstkähne, sogenannter Obstzillen, die sämtlich auf Kanalmaß gebaut sind, betrug insgesamt 62 Davon fuhren im August 11, im Septem ber 24, im Oktober 26 Stück nach Deutschland; fast alle waren für Berlin bestimmt. Die Obstzillen werden nach erfolgter Leerung von den Schiffern im Kanalgebiets immer gern gekauft. Chemnitz. Im Saale der „Börse" tagten am 8. d. M. nachmittags die Delegierten der „Freien Vereinigung evangelischer Arbeiter vereine im Königreich Sachsen." Die Ver sammlung leitete Herr Pastor Dr. Lötze-Chemnitz. Den ersten Vortrag hielt Herr Pastor Reich mann-Zerbst über die „Notwendigkeit der gewerkschaftlichen Solidarität", während der Korreferent, Buchdruckereibesitzer Seyler-Chemnitz über die „Lage der christlichen Arbeiter" sprach. Die Versammlung stimmte einer Resolution zu, nach welcher die einzelnen Vereine aufgefordert werden, Delegiertensitzungen abzuhalten, in welchen die Frage beraten werden soll, ob zur Gründung von christlichen Gewerkschaften in Sachsen geschritten oder die evangelischen Arbeiter vereine den Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinen angegliedert werden sollen. Meißen. Von dem Fischermeister Großgart hier wurde an der Elbterraffe der Leichnam eines Kanoniers vom 48. Artillerie - Regiment (Dresden) aus der Elbe gezogen. Der Tote, der eine Kopfwunde hatte, ist wahrscheinlich derjenige, der schon seit vierzehn Tagen bei seiner Truppe vermißt und steckbrieflich ver folgt wird. — Einverleibungsverhandlungen hat nun auch die Gemeinde Questenberg mit der Stadt Meißen angeknüpft. Questenberg grenzt auf eine längere Strecke an den Mühlweg, der mit der Talstraße parallel läuft, kann also seinen dortigen Bewohnern viele Annehmlichkeiten der Stadt bieten, ohne zu deren Lasten beitragen zu müssen. Indessen ist für jenen Questen berger Ortsteil die Beseitigung der Abwässer schwierig — den Mühlgraben will die Stadt nicht länger verunreinigen lassen —, und so ist e» wohl möglich, daß eine Vereinigung zustande kommt. Einen Bevölkerungszuwachs wie bei der Eingemeindung Cöllns im Jahre 1900 (über 10000) würde Meißen damit aber nicht erzielen; Questenburg hatte bei der jüngsten Volkszählung nur 845 Einwohner. Leisnig. Die hier „Ueberfallene", das Dienstmädchen Anna Frida Franke, aus Weida (Thür.) gebürtig, hat jetzt der Polizei gegen- iber eingestanden, daß sie sich die Verletzungen elbst beigebracht hat. — Ein Gasrohrbruch verursachte am Montag abend in der 7. Stunde eine größere Menschen ansammlung auf der Martinstraße. Das GaS entfloh in so großen Quantitäten, daß der Ge ruch schon von weitem Wahrzunehmen war. Ein Arbeiter der Gasanstalt, der infolge des starken Ausströmens des Gases nur abwechselnd arbeiten konnte, wurde besinnungslos und mußte in ein anliegendes Haus gebracht werden. Leipzig. Eine vielgesuchte Persönlichkeit ist am Sonnabend in der 29jährigen Arbeiterin Hoffmann aus Weimar verhaftet worden. Sie ;at sich dadurch bemerkbar gemacht, daß sie sich m verschiedenen Fällen bei Familien unter falschem Namen eingemietet und dann Geld beträge bis zu 340 und 400 Mk., auch Kleider gestohlen hat, wobei es ihr nicht darauf ankam, auch schwere Diebstähle zu begehen. In anderen Städten, auch in Dresden, Naumburg und Weimar, hat sie in gleicher Weise operiert. Die Festgenomme ist bereits wegen Rückfalldiebstahls vorbestraft. Crimmitschau. Gelegentlich des Streiks n der Paul'schen Eisengießerei hatten am Abend des 13. Juni zwei Eisenarbeiter einen Arbeits willigen schwer mißhandelt, wofür sie vom hiesigen Schöffengerichte zu je zwei Monaten Gefängnis und drei Tagen Haft verurteilt wurden. Die hiergegen eingelegte Berufung wurde gestern vom Zwickauer Landgericht ver worfen. Zwickau. Beim Sandausgraben auf der Eselswiese in der Lindenstraße hier wurden vor einiger Zeit mehrere hundert Münzen aus dem 15. Jahrhundert gefunden. Der Direktor des Königlichen Münzkabinetts zu Dresden hat diese Münzen begutachtet und sie sind Samm lungen überwiesen, zum Teil auch verkauft worden. Annaberg. Von dem nachmittags 3 Uhr 14 Minuten von Schönfeld nach Geyer ver kehrenden Personenzuge ist am Dienstag auf einem zwischen dem Haltepunkte und dem Bahn hofe Geyer gelegenen Straßenübergange ein Lastgeschirr überfahren und stark beschädigt worden. Glücklicherweise wurden Personen nicht verletzt. Auerbach i. V- Am Montag früh entstand vermutlich durch Brandstiftung im Hause deS Barbiers Dietze Feuer, das so schnell um sich griff, daß die das Haus bewohnenden drei Familien kaum das nackte Leben retten konnten und fast alle Habe verloren haben. Falkenstein. Auf dem Grabe seines Vaters erschoß sich hier ein junger Mann au» dem benachbarten Neustadt namens Kober. Was den Mann zu dem Schritte veranlaßt hat, ist noch unbekannt. — Zur Hebung der Stickerei-Industrie werden jetzt Waren, die teilweise in die Posa- menten-Jndustrie einschlagen, ebenfalls auf den Schiffchenstickmaschinen fabriziert. Ferner hat man seit kurzer Zeit Buntstickerei eingeführt, die durch geschickte Farbenzusammenstellung äußerst geschmackvoll ausfällt und sich gewiß bald Freunde erwerben wird. Plauen i. V. Aufsehen erregt inJndustrie- kreisen die Verhaftung des bei der Großfirma Wcindler L Co- angestellten Stickmeisters Buch hold, dessen Ehefrau und dessen Schwager, Stickmaschinenbefitzer Müller. Buchhold stahl seit etwa zwei Jahren Stickgarne, welche von dem Stickmaschinenbesitzer Müller verwendet wurden, dadurch kamen die Verhafteten zu großem Vermögen, was auffiel. Die Summe des ge stohlenen Garne» ist sehr bedeutend.