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Tharandt, Nassen, Mentehn nnd die Umgegenden. Jinlsblull für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags nnd Sonnabends. — Bezugschreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezöge« 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. LruU und Verlü» vo» Martin Berger m Wilsdruff. — VeraiUwvctlich für d:e Redaktion Martin Berger ta'eidff. No. 102 Smmabertd, dsn 29. August 1896. Meißen, am 26. August 1896. Königliche Amtshauptmannschaft. V»II Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Artikel II 8 6 der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Jnni 1887 — Reichsgesetzblatt Seite 245 fg. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktortes Meißeu im Monate Juli I. festgesetzte nnd um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden resp. Quartierwirthen innerhalb der Amtshauptmannfchaft im Monate August d. I. an Militärpferde znr Verabreichung gelangende Marschfouraqe beträgt 7 Mark 56 Pf. für 50 Kilo Hafer, 3 „ 36 „ „ 50 „ Heu, 2 „ 10 „ „ 50 „ Stroh. Wegen Reinigung -er Raths- nnd Kslizeiexpeditisn ist dieselbe Sonnabend, den 29. -s. Monats von Biittag ab geschlossen. Wilsdruff, den 28. August 1896. DerStadtrath I. V. Gserne. Bekanntmachung. In Nachgehung der Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern werden unter Hinweis auf das Gesetz, den Schutz der Walduugen gegen schädliche Insekten stressend, vom 17 Juli 1876 die hiesigen Waldbe-iger hiermit aufgefsrdert, ihre waldbestände behufs Entdeckung des Nsnnenfalters rechtzeitig einer genauen Durchsicht zu unterwerfen uud bis spätestens den 3. September ds. Js. Anzeige anher zn machen, ob sich Nonnenfalter gezeigt haben. Wilsdrnff, den 20. August 1896. Der Bürgermeister. I. V. Gserne. Die Krisis in der kretischen Frage. Der Sultan hat die Vorschläge der Großmächte zur Lösung der kretischen Frage angenommen, aber säst scheint cf, daß die Zugeständnisse des Sultans, wonach Kreta ci»cn christlichen Gouverneur nnd eine wirthschaftliche Selbst- "Mvaltnng erhalten soll, zu spät kämen, um die Kreter zu beruhigen, denn niit noch größerer Heftigkeit dauern die Kämpfe zwischen Christen und Türken auf Kreta fort, Aid himmelschreiende Metzeleien und Verheerungen haben j» mehr als 60 kretischen Ortschaften in den letzten Tagen iiattgefuuden. Die Konsuln der Großmächte Haven sich "uf Kreta alle mögliche Mühe gegeben, um die kämpfen- ben Parteien zum einstweiligen Waffenstillstände zu be rgen, aber alle Liebesmühe ist umsonst gewesen. So ^äre denn der Aufstand auf Kreta gleich einem unauf- Mtsamen Feuerbrande so weit vorgeschritten, daß er mit Michen Mitteln nicht mehr niederzuhalten ist. Oder be- kände der Hauptgrund des Aufstandes darin, daß die Kreter bcn türkischen Versprechungen nicht trauen? Bekannt ist die niederträchtige Art der türkischen Regierung, zuge- "Eigte Reformen zu verschleppen und einige englische Zeit- ^Seu haben gewiß Recht, wenn sie erklären, daß die ganzen Geständnisse des Sultans nicht den geringsten Werth be- Mu, wenn die Großmächte nicht gleichzeitig ganz besondere Mantiemaßregeln vom Sultan verlangten, umdie Reformen Kreta auch wirklich dnrchzusetzen. Daraus wird man er- Mi, daß die erzielte Verständigung der Großmächte und Türkei in der Lösung der kretischen Frage zunächst einen theoretischen Werth hat, der erst dann Bedeut- ""g erlangen würde, wenn sich die Aufständischen beruhigen. Ms angesichts der fortdauernden wüthenden Kämpfe anf ?Ma und der augenscheinlichen Fortschritte des Aufstandes oon Wiener Zeitungen berichtete nnd von Berliner Ottern nachgebeiete -Nachricht heißen soll, daß man jetzt ""gemein auf eiue baldige gütliche Beilegung der kretischen Mgc hoffe, da die Botschafter und die Türkei über die cewrmm einig wären, und die Aufständischen vertrauens- M ihr Schicksal in die Hände der Großmächte gelegt Men, kann inan der wirklichen Sachlage gegenüber nicht R?', Wie jetzt nun einmal die Dinge auf Kreta .-Wi nnd wonach nach den neuesten Nachrichten die auf- "uvgchcn Kreter die Oberhand über die Türken zn be- ün scheinen, giebt es doch gar keine friedliche Löfnng F. kretische Frage. Gewiß hätte vielleicht der Sultan d> Macht, mit 'Waffengewalt den Anfstand zu unter- Zu diesem Zwecke müßte er aber erst noch 20,000 die uud. zehu Kriegsschiffe nach Kreta schicken, um ^arf zu bewachen uud alle wichtigeren Punkte Hetzen. Aber abgesehen davon, daß der Geldmangel dem Sultan die Ausführung dieses Planes erschwert, würden wohl auch die Großmächte diese türkischen Trnppenmassen auf Kreta gar nicht landen lassen, denn diese Art der Be endigung des kretischen Aufstandes wäre gleichbedeutend mit der Abschlachtung sämmtlicher Kreter. Die wünschens- wertheste Lösung wäre schon die, daß die Türken von der Insel vertrieben würden und dann Kreta entweder ganz frei würde oder wie Ostrumelien eine eigene Ver waltung bekäme, über welche der Sultan nur als Ober herr stände und einen kleinen Tribut empfinge, sonst aber gar keine Rechte in Kreta mehr besäße. Das Beste in der ganzen schwierigen Frage ist im Uebrigen die Einigkeit der Großmächte, wodurch eine europäische Gefahr abge wehrt wird. Tages-geschichte. Die Erklärung des „Reichsanzeigers", daß „es die Willensmeinung des Kaisers ist, demBundesrath wegen der Militärstrafprozeßordnung im Herbst dieses Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen zu laffen, welcher der von dem Reichskanzler am 18. Mai d. I. im Reichstage ab gegebenen Erklärung entspricht," hat überall einen günstigen Eindruck gemacht und die innere Läge anfgeklärt. Fürst Hohenlohe hatte in seiner Erklärung vom 18. Mai über die Reform des Militärstrafwesens gesagt, daß der Entwurf, den er den gesetzgebenden Körperschaften im Herbst vorzulegen zu können hoffe, „auf den Grundsätzen der modernen Rechtsanschauungen aufgebaut" sein würde. Diese Grundsätze sind: Ständigkeit und Unabhängigkeit der Ge richte; Mündlichkeit und Oeffentlichkeit des Verfahrens, die letztere mit den bekannten Einschränkungen, nnd Endgiltig keit der gerichtlichen Urtheile, vorbehaltlich des Begnadigungs rechts der Krone. Wenn mm auch in Bezug auf die An wendung dieser Rechtsgrundsätze für das Militärstrafprozeß wesen noch Meinungsverschiedenheiten bestehen, iso ist doch sicher der Weg und das Ziel zu der gewünschten Reform nunmehr festgestellt. In Bezug auf die Aufmerksamkeit, welche von Deutsch land den verwickelten orientalischen Angelegenheiten geschenkt wird, verdient die Thatsache Beachtung, daß Herr von Radowitz, der deutsche Bottchafter am Hofe zu Madrid, der bekanntlich nach einer überaus erfolgreichen Thätigkeit am Goldenen Horn nach Madrid versetzt wurde, vom Kaiser Wilhelm in Berlin mit großer Auszeichnung empfangen worden ist. Herr von Radowitz mußte dem Monarchen eingehende Auskunft über die Verhältnisse im Orient ertheilen. Die Nachricht, daß der König der Belgier demnächst unserem Kaiser einen Besuch abstatten werde, ist einst weilen mit Mißtrauen aufzunehmen. Die Verstimmung, die in den deutschen politischen Kreisen gegen die Regie rung des Kongostaates herrscht, ist eine so tiefgehende, daß schwer anzunehmen ist, daß darunter nicht eine Begegnung zweier Monarchen leiden müßte, die allerdings beide ein großes Interesse für den schwarzen Erdtheil haben, die aber in ihren Auffassungen über die persönliche Mitver antwortlichkeit der Träger der Krone außerordentlich weit auseinandergehen. In diplomatischen Kreisen will man wissen, der Czar hege den Wunsch, bei Gelegenheit seiner Anwesenheit auf deutschem Boden auch eine Begegnung mit dem Fürsten Bismarck zu haben; es sei aber zur Zeit noch fraglich, ,ob das Programm Raum bieteu werde für eine solche Zusammenkunft und ob das Befinden des Altreichskanzlers in den nächsten Wochen befriedigend genug sein dürfte, um dem greisen Staatsmann die Aufregungen einer solchen Entrevue ohne Gefahr zuzumuthen. Sozialdemokratisches. In einigen Zeitungen war überflüssigerweise erzählt, daß ein Führer der Sozial demokratie geäußert habe: „Wenn wir einmal an die Macht kommen, behalten wir Herrn Bronsart von Schellen dorff als Kriegsminister." Der „Vorwärts" hält es für angebracht, diese alberne Bemerkung zu dementiren; er schreibt, er könue ausdrücklich (!) erklären, daß die Sozial demokratie, wenn sie an die Macht gekommen sei, diesen Offizier nicht zum Kriegsmiuifter machen werde. Ja, braucht denn die Sozialdemokratie, die „friedenverbürgende", „völkerbefreiende", überhaupt eiueu Kriegsminister? Die Wichtigthuerei des „Vorwärts" ist in hohem Grade absurd; in London hat sich erst gezeigt, wie weit entfernt die rothe Internationale von dem Zeitpunkte ist, wo sie „an die Macht kommt." Wir unterschätzen die sozialdemokratische Agitation keinesfalls, sie untergräbt und ruinirt Alles, in dessen Bereich sie kommt. Sie wird es aber doch nur so lange treiben, bis einmal eine feste Hand zugreift und die Hetzer mitleidslos und frei von Gleichberechtigungsdusel an die Wand drückt. Dann wird der „Vorwärts" ganz andere Fragen zu erörtern haben als diese, welcher „Offizier" für einen sozialdemokratischen Kriegsminister ge eignet sei. Vom Schöffengericht in Herzogenaurach (Franken) ist, wie die „Fränk. Tagespost" meldet, der Kaplan Heck mann in Büchenbach zu sechs Tagen Gefängniß verur- theilt worden. Er soll eine Anzahl 15jähriger Sonntags schüler nach beendetem Gottesdienst in die Sakristei ge sperrt nnd sie dort mit einem 3 bis 4 Centimeter starken Glockenstrang geschlagen haben. Der Sohn des Privat klägers soll infolgedessen zwei Tage arbeitsunfähig gewesen