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Belehrung und Unterhaltung. Nr. 92. Dresden, den zo. November igis. Stephan Pilarik. Nnter den verstorbenen Sächsischen Predigern gicbt es sv manchen merkwürdigen Mann, dessen Verdienste und Schicksale dem grössern Publikum rast ganz unbekannt und doch von grossem Interesse sind. Wir werden gele- genllich einen und den andern solcher merkwürdigen geist lichen Hirten aus der unverdienten Dunkelheit hervor iichcn / und machen den Anfang mit Stephan Pilarik, Predigern zu Neusalza bei Bischofswerda, gestorben den 8. Febr. 169z. Pilarik, eines Predigers Sohn, geb. iu On'chvva in Ungarn a6iz., hatte in der Jugend schon wunderbare Schicksale. Einst las er die dürren Reiser einer alt-n Eiche zusammen und — ward fast von einem Bar zerrissen, der in dem hohlen Stamme Quartier gc- nemmen hatte. — Als Knabe von 15 Jahren verlor er in der Schule, mitten im'Unterricht, die Sprache und blieb 9 Monate stumm. — In derselben Schule — zu Baufeld in Ungarn -- büßte er einst beim Ausfuhren ei ner Komödie, die 7 Söhne der Maccabäer be titelt , durch einen 'Pistolenschuß fast das Leben ein, (wie letzterer in die Gesellschaft der Maccabäer kam, ist freilich nicht wohl abzusehcn,) und im i8- Jahre starb er, noch Schüler, fast am hitzigen Fieber. — Kaum 20 Jahre alt ward Pilarik schon Predi- qcr zu Illawa an der Trentfchin, im 21. Jahre Awtsgehülfe seines VaterS zu Otschova, im 22. Iabre Gatte, im azsten Vater, doch nur auf kurze Zeit, denn sein Erstgeborner starb schon am dritten Tage. Don bis 1652. bekleidete er das Amt eines Predi gers bei verschiedenen Ungarschen Gemeinen, musste aber, der Religion wegen, manchen harten Kamps bestehen. Schon als er das Amt bei seinem Vater antreten wollte, wurde ihm von dem eifrig katholischen Grafen Ladislav Czacky die Kanzel, seinem Vater aber so gar, durch des Grafen Hofrichter, einige Jahre nachher Kanzel und Orc verboten- Dafür soll denn aber auch der Hofrichter, wie protestantische Zeloten behaupteten, bei seinem Ende „wie ein Ochse gebrüllt haben und le bendig verfault scyn^' — si ksdula Vers! Daß Pckarik selbst zu den protestantischen Zeloten gehörte, bewies er alS Prediger der Gemeine zu Bez- kow, wohin man ihn 1652. berufen hatte. Denn hier sprach er, kurz nach Antritt seines Amtes, in einer Lei chenrede so spitzig und hitzig von dem evangelischen Feg feuer, daß ihn drei Frauen durch einen gedunge nen Meuchelmörder, bei Beerdigung eines Mädchens, erschießen lassen wollten, welches aber der Mundschenke des Grafen Illyeshazy verhinderte. Ein andermal O656.) drohte ihm ein Rechtsgelchr- ter, Diaboli, mit dem er sich auf einem Hochzeit gelage in Streit über die guten Werke eingelassen hatte, bei der nächsten Gelegenheit den Tod — stürzte aber da für (wie wieder zelotische Protestanten erzählten) auf der Heimkehr vom Presburger Landtage mit dem Pferde und brach den Hals. 1660. wurde Pilarik seines Amtes durch den Gra fen NadaSdi entsetzt, der ihm sogar Priestcrrock und Bücher verbrennen ließ, ja ibn gern selbst auch dem Feuer übergeben hätte, wäre Pilarik nicht durch einige Bedienten des Grafen Nie. Thököly gewarnt worden.