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Belehrung z u r und Unterhaltung. Nr. Dresden, den 4. Novbr. 1314. 49. So war cs, so ist eS, so wird cs scyn! ^/er Staatekörper ist dem menschlichen Körper nicht unvergleichbar. und eben so, wie Hufe» land in seiner Makrobiotik sehr richtig bemerkt, daß zu lange Gewöhnung an eine ganz geregelte, einförmige Lebensordnung Fäulniß der Safte er zeugt, eben so wird ein Staat krankhaft, wenn in langem Frieden er nur die Künste des Frie dens bildet, wahrend kriegslustige Nachbarn neue Krieqsfysteme erschaffen, und Feldherren bei ih nen erstehen, deren Thaten das staunende Aus land mehr dem Glück, als der Berechnung zu schreibt. Deutschland lag an dieser Fäulniß sehr krank darnieder, und der asthenisch gewordene Körper be durfte eines starken Reizmittels, um wieder neues Leben, neue Bewegung zu gewinnen. Wir reden in dieser Hinsicht von Deutschland als Deutsch land; denn die früher» Kriege der deutschen Mo narchen gegen die Neufranken vor i8"5. trugen nur dazu bei, den seit der Noßbacher Schlacht ver lachten, verspotteten Franzosen wieder militairi- schen Ruf zu geben, und Deutschland das Ueber- gewicht des militairischen Genie s kennen zu lehren und empfinden zu lassen. Ein nordischer Staat nach dem andern trat mit Frankreich in gewisse freundschaftliche Verhältnisse; ein Staat nach dem andern wurde bekriegt, besiegt, und die Nachbarn freuten sich dessen, ohne zu ahnden, daß eine glei ¬ che Demüthigung von dem verwegner gemachte« Eroberer bald sie selbst treffen und vernichte« werde. Bei Frankreichs anwachsender Macht waren den Deutschen die Sagen der Vorzeit und die Stamm baume der Fürstenhäuser das Palladium; ergraute Feldherren mit bewahrtem Ruhm der alten Zeit verhöhnten die neue Zeit ohne Prüfung; die alten Formen der veralteten Machthaber sollten bleiben gegen ein junges, neu erzeugtes Volk in einem blu tigen Kriege; und noch nicht genug gewarnt durch die Austerlttzer Schlacht, ließen die Fürsten Alles in der alten Form. Allein — wie gesagt — die Fäulniß der Safte, das blinde Vertrauen, der Schlendrian bewährt gefundener Jahrhunderte war so stark, daß erst die Jenaer Schlacht noch er folgen mußte, um — zu spät! — den Deut schen den Verlust ihrer Nationalfteiheit fühlbar zu machen. Wir sagten so eben: zu spät! — und das ist richtig. Denn von jetzt an herrschte Napoleon, seine Meinung, seine Helfershelfer in Germanien, welches durch den Uebcrreiz in aZone lag, und Herrmanns Eiche, mit dem Herzblut der Marsen, Friesen, Cherusker, Katten u. s. w. einstens ge düngt, verwelkte und cntstarb. Der Abschluß des Tilsiter Friedens bestimmt eine neue Penode — wir wollen sie Episode nen nen! — Deutschlands, und Trauer erfüllt die