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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Die'. Leitung erschein, täglich mit Ausnahme de, gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis betrüg, bei Abholung wöchentlich 45 Nps., bei Lieferung frei Haus 50 Np,. Postbezug monatlich 2.3t) NM. Iw Falle Höherer Kemal, oder sonstiger Betriebsstörungen ha, der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Leitung oder Rückzahlung des Bezugspreises. - Anzeigenpreise und Nachlabsätze bei Wieder- Holungen nach Preisliste Nr. 3 (in unseren Geschäftsstellen erhältlich). Bei Konkurs und Zwangsoergleich wird ü-r für Aufträge etwa schon bewilligte Nachlaß hinfällig. Anzeigen lind an den Erscheinungstagen bis vormittags 10 zugeben. Perlaa: Mohr ö Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann und E. L. Försters Erben. Verantwortlich für Oertliches u. Sächsisches, Unterhaltungsteitz Sport u Anzeigenteil Karl Hoffmann, Pulsnitz, für Politik und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. D. A.XII.: 2250. Geschäftsstellen: Albertstr. 2 u. Adolf-Hitler-Str. -t. Fernruf 518 u. 550. Das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast und des Finanzamtes zu Kamenz des Stadlrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt 88. Jahrgang Nr. 9 Sonnabend, den 11. Januar 1936 Keine Lellperre notwendig? Die Genfer Sühnematznahmen angeblich ausreichend Neben den englisch-franzHischen Flottenbewegunqen im Mittelmeer spielt die Frage der Oelsperre nach wie vor eine große Rolle in der englischen Oeffentlichkeit. Aus den Mitteilungen der Londoner Presse geht hervor, daß sich die britische Regierung bis auf weiteres weder für noch gegen eine solche Verschärfung der Sühnemaßnahmen gegen Italien sestlegen wird. Die englische und die französische Regierung wollen zunächst die genaue Bedeutung feststellen, die der Rooseveltschen Neutralitätserklärung beizumessen ist. Die beiden Regierungen wünschten eine Aufklärung verschiedener Punkte, bevor ihre Außenminister am 20. Januar nach Senf gehen, wo die Frage der Oelsühnemaßnahmen mög licherweise erneut aufgeworfen wird. Der politische Berichterstatter des „Daily Expreß" glaubt l» wissen, daß England auf der Völkerbundratssihung nicht auf eine Oelsperre dringen werde. Man werde erklären, baß die Wirksamkeit der bestehenden Sühnemahnahmen aus reichend und daher eine neue Sanktion, die Kriegsgefahren »it sich bringe, unnötig sei. In London einlaufenden Be richten zufolge sind sowohl die innere Wirtschaftslage Ita liens als die militärische Lage in Abessinien ernst. Der Berichterstatter meint, daß innerhalb der nächsten drei Mo nate mit einem neuen Friedensvorschlag zu rechnen sei. Außenminister Eden wird am Freitag, dem 17. Ja nuar, auf der Jahresveranstaltung einer Ingenieur-Vereini gung seine erste Rede in seiner neuen Eigenschaft als Leiter des Außenamtes halten. In dieser Rede kurz vor seiner Abreise nach Genf wird der Außenminister die internationale Lage behandeln und sich über die Stellungnahme äußern, die er auf der Ratssitzung einnehmen wird. Scharfe Pressefehde London—Rom Inzwischen hat sich die Spannung zwischen England <md Italien wieder erheblich verschärft. Während die Mel dung über die englisch-französischen Flottenzusammen- tiehungen im Mittelmeer von der italienischen Oeffentlich keit äußerlich mit größter Ruhe ausgenommen worden ist, <>ot die englische Reutermeldung über angebliche Unruhen »eim Abtransport der Alpendivision aus Meran nach Ost- »frika einen Sturm der Entrüstung in der italienischen Presse hervorgerufen. Die „Agencia Stefani" beschuldigt die offi zielle englische Nachrichtenagentur einer „selbstentehrenden Lüge" und stellt fest, „daß die Alpini-Abteilungen in tadel loser Ordnung inmitten der Begeisterung der Bevölkerung" abgefahren sind. Weiter wendet sich die römische Presse sehr erregt gegen die englische Blättermeldung über Massen desertionen von italienischen Wehrpflichtigen. So berichtet beispielsweise der Korrespondent des „Daily Telegraph", daß nicht weniger als 2000 zum Heeresdienst ausgehobene italie nische Staatsangehörige aus dem Alpengebiet die jugosla wische Grenze überschritten hätten. Italienisches Abreden Von amtlicher italienischer Seite wird den Nachrichten über italienische T r u p P e n z u s a m m e n z, e h u n g e n an der französischen Grenze als nicht Zutreffend widersprochen. Desgleichen wird die Richtigkeit der Mel dungen, wonach Marschall Badoglio weitere fünf Divisio nen angefordert haben soll, in Abrede gestellt. Keine englische Rückfrage in Washington In London wird amtlich bestritten, daß die britische Regierung in Washington Schritte unternommen habe, um eine genaue Auslegung der Neutralitätserklärung des Prä sidenten Roosevelt zu erhalten: eine solche Rückfrage ser weder erfolgt noch geplant. AusscheidenIapans aus der Flottenkonferenz? Mahnungen Reuters an Japan London, 10. Januar. Außenminister Eden gab am Freitag im Carlton-Hotel zu Ehren des amerikanischen Unter- staaissekretärs Philips ein Essen, an dem u. a. der ameri kanische Botschafter Bingham, der Führer der amerikanischen Flottenabordnung, Norman Davis, und der Erste Lord der Admiralität, Lord Monsell, teil-nahmen. Philips gehört bekanntlich der amerikanischen Flottenabordnung an. Das Ausscheiden Japans aas der Flottenkonferenz wird schon heute in London als sicher angesehen. Nach Reuter werde dieser Schritt höchstwahrscheinlich schon in den allernächsten Tagen vollzogen werden. Ein späterer Rewterbericht stellt eine Mahnung an Japan dar, vor seinem Austritt aus der Konferenz eine Reihe von Fragen sorgfältig zu überlegen. Reuter deutet hierbei drei Mög lichkeiten an, die das Ausscheiden Japans im Gefolge haben werde: 1. Eine Neuausrichtung der britischen Politik im fernen Olten: 2. «in engerer Zusammenschluß zwischen England und Amerika in fernöstlichen Fragen; 3- die Streichung der Bestimmung der Nichtbefestigung' aus dem Washingtoner Vertrag«. Obwohl, so sagt Reuter weiter, weder von der britischen noch von der japanischen Abordnung eine Bestätigung oder eine Leugnung zu haben sei, erhalte sich in Konferenzkrorsen hartnäckig das Gerücht, daß Außenminister Eden bei seinen gestrigen Besprechungen mit den Japanern diese politische Frage aufgeworfen hab«. Es wird hinzugefügt, daß ein Fallenlassen der Bestimmung des Washingtoner Vertrages, die di« Astlage neuer Befestigungen im Stillen Ozean verbietet» bedeutsame Rückwirkungen auf die Flottenpolitik sowohl Eng lands als auch Amerikas haben werde. England würde dadurch instandgesetzt, Hongkong zu befestigen, während Amerika einen Flottenstützpunkt auf den Philippinen errichten könne. Scheinangriff auf Alexandria Englisch-ägyptisches Militärbündnis? In der Umgebung von Alexandria fand ein großes Ma növer der englischen Flotte und der englischen Luftstreit kräfte statt. In den frühen Morgenstunden führte eine an genommene europäische Macht einen Scheinangriff sowohl von der Land- und Wasserseite her als auch aus der Luft auf Alexandria durch. In Kürze soll in der Stadt Alexan dria selbst ein großes Verdunkelungsmanöver durchgeführl werden. Gleichzeitig mit diesen praktischen Schutzmaßnahmen führen die britischen Behörden wichtige Verhandlungen mit Aegypten über den Ausbau der britischen Verteidigungs kräfte. In Besprechungen mit den Führern der ägyptischen Parteien betonte — so heißt es in einem Reuterbericht — der britische Oberkommissar, Sir Miles Lampson, die Be reikschaft Englands, den englisch-ägyptischen Vertrag von 1SZ0 zu bestätigen, jedoch sollen im Hinblick auf die inter nationale Lage die Militärklauseln überprüft werden. Der Vertragsentwurf von 1930 sah lediglich für di< Suezkanalzone eine britische Besatzung von 8000 Mann vor Englischerseits wird diese Stärke für unzureichend gehalten und man fragt, ob diese 8000 Mann im Falle eines plötz lichen Angriffes genügen würden, um zusammen mit dei ägyptischen Armee die westliche Grenze zu verteidigen, hin zu kommt das Problem des Luftangriffs, der eine vie! größere Gefahr darstellen würde als ein Landangrifs. Sl laiche Aegypten keine eigenen Luftstreitkräfte von angemesse ner Stärke besitzt, hält England die Unterhaltung einer bri tischen Luftstreitkraft zur Verteidigung der westlichen Grenz' für notwendig. Line ausreichende Verstärkung der ägyptischen Armee, so wird in dem Reuterbericht weiter ausgeführt, würde rund 15 Millionen Pfund Sterling kosten und eine lange Zeit in Anspruch nehmen. Für die Zwischenzeit muß daher die Frage gestellt werden, ob nicht ein englisch-ägyptisches Militärbündnis für den Schutz Aegyptens selbst wünschens wert ist. Aegyptischer Protest an Italien Wie aus Kairo gemeldet wird, hat die ägyptische Re gierung wegen des Bombenabwurfs auf eine ägyptische Sa nitätsabteilung bei Dagabur einen förmlichen Protest an die italienische Regierung gerichtet. Abessinischer Erfolg an der Güdfront? Addi» Abeba, 11. Januar. Nach bisher unbestätigten abessinischen Meldungen von der Südfront, gelang es den Truppen des Dedjasmatsch Bayene Marert starke italienische Abteilungen zu überra schen. Nach einem blutigen Gefecht zogen sich die Italiener zurück. Dabei ließen sie, wie es in der abessinischen Mel dung heißt, einen hohen Offizier der Heimatarmee und ei nige hundert Somali-Askaris tot auf dem Kampfplatz zu rück. Die abessinischen Truppen sollen ferner sechs Tanks, neun Maschinengewehre und eine Radiostation erbeutet haben. Amtliche Zahlen über die italienischen Verluste Rom, 10. Januar. Die vor einigen Tagen bekannt ge gebene italienische Verlustliste wird nunmehr durch amtlich« Angaben über die Zah-l der Verwundeten und der heim beförderten Kranken ergänzt. Danack sind seit Beginn des italienischen Feldzuges in Ostafrika 58 Soldaten der Heimatarm«« und 519 Angehörige der Eingsborenen-truppen verwundet worden. Ferner wird erklärt, daß entgegen anderslautenden Meldungen in den beiden Monaten November und Dezember nur drei Dampfet mit Krankentransporten in Italien eingelroffen seien. Will diesen drei Transporten wurden insgesamt 1252 Kranke, da runter ein einziger Verwundeter, aus Heer, Miliz und Ar- beitersckaft in die Heimat zurückgebracht. Auf Heer, Marine und Luftflotte entfallen davon 348, auf die Milizverbände 302, auf die Arbeiter 601 Kranke < Wie schließlich noch mitgeteilt wird, haben sich unter den 11338 ini abgelaufenen Jahre heimbeförderten Arbeitern nur insgesamt 1269 Kranke aus Eritrea und 76 aus Somali land befunden. Doppelzüngigkeit -er Sowjets Scharfer Anariff der „Times" aeaen Moskau. Die Moskauer Beschwerde in Gens gegen den Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch Uruguay gibt der „Times" Gelegenheit, mit der Doppelzüngigkeit der Sowjet regierung in schärfster Form abzurechnen. Das führende englische Blatt erklärt, daß die Behauptung der Räteregie rung, sie habe mit der Kommunistischen Internationale nichts zu tun, ein Meisterstück der Vortäuschungskunst oder aber der Unverschämtheit sei. Die ewig gleichbleibende Antwort auf alle Klagen über die ausländische Betätigung der „Agentur für Weltrev^ lution" sei genau so, wie wenn man sagen würde, daß Sta lin, der Leiter der Räteregierung, keinerlei Verantwortung für die Handlungen Stalins, des führenden Mitgliedes des Vollzugsausschusses der Komintern, übernehmen könne. Die kommunistische Bewegung sei in ihrer Organisation ein Ein ziges und Unteilbares, ihr führender Mittelpunkt sei so eng mit der Räteregierung verbunden, daß ein Mißklang zwi schen den beiden die Zersetzung des Kommunismus' mit sich bringen würde. Der russische Vorwand täusche niemanden, er sei aber eine Belästigung oder noch etwas Schlimmeres für die Beziehungen Sowjetrußlands mit anderen Ländern. Als die Räteregierung in den Völkerbund eingetreten sei, habe sie sich einer internationalen Gemeinschaft angeschlossen, deren Gesetz diesen „ungereimten Dualismus" nicht dulde. „Zwei Geschäfte unter verschiedenen Ramen durchzu führen, das eine offen und in einer Völkerbundsversamm lung, das andere heimlich und unterirdisch, um die Regie rungen anderer Staaten zu unterwühlen und ihre Ordnung umzuformen, ist mit der Freundschaft oder Ehrenhaftigkeit unvereinbar. Die Folge internationalen Ränkespiels kann kaum etwas anderes sein als internationales Mißtrauen. In Gens liebäugelt Rußland mit der Sache des Frieden» zwischen den Rationen. Aber Friede und gute Ordnung innerhalb der Rationen ist kein weniger erstrebenswerte» Ziel. Das Verbrechen des Bürgerkrieges zu planen und sich gleichzeitig zu dem Grundsatz internationalen Frieden» zu bekennen, ist ein kommunistischer Widerspruch. Staaten, die diese Regel befolgen, werden es schwierig finden, ihren Rachbarn die Treue zu halten. Und noch schwieriger, ihr Vertrauen zu finden. Sie errichten eine Schranke der Ver dächtigung gegen sich selbst."