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Nr. SS Donnerstag, den 5. März 1938 88. Jahrgang Erste Probefahrt des „LZ 129" Ansprache Dr. Eckeners Friedrichshafen, 4. März. Das Luftschiff „LZ. 129" hat am Mittwoch bei bedecktem Himmel feine erste Probefahrt unternommen. Wie ein Lauffeuer eilte am Mittwochnachmittag die Kunde von dem beabsichtigten ersten Start des neuen Zep- prlinluftschiffes „LZ. 129" durch die Stadt. Im Nu eilten Tausende zum Werstgelände, um Zeugen dieses großen Er eignisses zu sein. Bald hatte sich rings um das Gelände eine riesige ZuschaueMenge angesammelt. In majestätischer Ruhe lag das Schm'noch in der -alle, von den Werftmann schaften mit sicherer -and zur Ausfahrt gehalten. Verhei ßungsvoll und symbolisch leuchteten die zu beiden Seiten des Lustschiffkörpers angebrachten fünf Olympia-Ringe. Dr. Eckener, mit dem Oberstleutnant Breithaupt vom Reichsluftfahrtministerium und sämtliche acht Luftschiffkapi täne in der Führergondel Platz genommen hatten, richtete an seine Arbeitskameraden eine Ansprache, in der er auf die Bedeutung dieses Augenblickes hinwies. Das Schiff, an dem vier Jahre gebaut worden fei, liege klar zur ersten Ausfahrt. Nicht nur das ganze deutsche Volk, auch die übrige Welt erhoffe von diesem Schiff eine erhebliche Weiterentwicklung der gesamten Luftschisfahrt. Es sei dos Veste hergegeben worden, um das stolze Schiff so gut wie möglich zu bauen. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen dankte Dr. Eckener allen seinen Mitarbeitern vom letzten Arbeiter bis zum ersten Konstrukteur und sprach die -ofsnung aus, daß der gleiche Glücksstern, der dem „Graf Zeppelin" beschieden r»ar, auch über dem neuen „LZ. 129" leuchten möge. Nachdem das Luftschiff noch ein letztes Mal ausgewo gen worden war, ertönte hell das Kommando: „Luftschiff marsch Langsam wird das Schiff aus der -alle gezogen, begleitet von den Wünschen all der Tausende, die diese erhebende Stunde erleben dürfen. Auf dem Werftgelände wirkt es noch gigantischer als in der -alle. Laut erteilt Dr. Eckener die letzten Befehle; das Schiff wird gegen den Wind gelegt. Das Helle Leuchten in den Augen der Haltemannschaften spricht mehr als alle Worte für ihre innige Schicksalsver bundenheit mit dem Werk, an dessen Schaffung sie Mitwir ken konnten. Punkt 15.19 Uhr erhebt sich das stolze Schiff in die Luft, begleitet von den Heilrufen der begeisterten Menge. Erst in etwa 100 Meter Höhe springen die Motoren an. Dröhnend singen sie ihr ehernes Lied und entführen das glückhafte Schiff den Blicken. Nach kurzem Kreuzen über dem Werftgelände nimmt „LZ. 129" Kurs in westlicher Richtung. Dreistündige Werkstättenfahrt Das neue Luftschiff kreuzte über drei Stunden über dem Derftgelände, über dem Bodensee und über dem Bodensee- Hinterland, den Tausenden von begeisterten Volksgenossen in seiner ruhigen, fast geräuschlosen Fahrt ein einzigartiges Schauspiel bietend. Das Wetter war während der ganzen Zeit ziemlich diesig, und die Dämmerung brach bereits nach 18 Uhr ziemlich rasch herein. Um so eindrucksvoller war dann der Augenblick, als das Schiff im Schein seiner Lichter zur Landung anfuhr und nach den üblichen Manövern um 18.21 Uhr zur Landung ansetzte. Die Taue wurden abge- Dorfen, Wasserballast abgegeben, und die -altemannschaft, die durch Arbeitsdienstmänner verstärkt worden war, zog das Schiff auf den Boden. Um 18.25 Uhr war bie Lan dung glatt vollzogen. Der erfolgreiche Probestug Vas Luftschiff bewährte sich so gut, daß diese erste Probe fahrt genügte Ueber den Fahrtverlauf und die Ergebnisse der Werk- stättenfahrt äußerte sich der Direktor der Zeppelin-Reederei, Kapitän Lehmann, der in begeisterten Worten feststellte, ?aß die auf das Große und Ganze abgestellte Versuchsfahrt über die eigenen Erwartungen der Werft hin aus hervorragend ausgefallen sei. Zunächst seien die Steuereigenschaften detz Schiffes durchgeprüft wor den. Man habe nicht ohne weiteres Voraussagen in dieser Richtung machen können, weil das neue Luftschiff ganz andere Ausmaße aufweise als der „Graf Zeppelin" und weil die Steuerung vollkommen anders gebaut sei. Trotz dem sei nicht nur die gleich gute Manövrierfähigkeit erreicht worden, sondern man habe den bestimmten Eindruck gewon nen, daß das neue Schiff noch besser zu steuern sei! Ganz auffallend sei, was man übrigens von unten ebenfalls mit Erstaunen bemerkte, die beinahevollkommene Ge räuschlosigkeit der Motors. Dies ist vor allem in der Führergondel außerordentlich angenehm, und zwar nicht nur für das Ohr sondern auch bezüglich der kaum mehr be merkbaren Vibration. Weiter wurden die Maschinen nach allen Richtungen und Arten hin durchgeprüft und Umsteue rungen vorgenommen. Die Motore seien, wie erwartet, ohne die geringste Störung gelaufen, wie denn überhaupt alles ohne jegliche Beschwerde geklappt habe. Besonders angenehm sei auch der Umstand, daß das neue Luftschiff einen viel kürzeren Bremsweg habe, was sich hauptsächlich bei den Landungen sehr vorteilhaft auswirke. Zusammen fassend betonte Kapitän Lehmann, daß von seiten der Werk leitung Probefahrten nicht mehr für nötig erachtet würden. Falls es die Wetterlage erlaubt, wird bereits am heutigen Donnerstagmorgen eine etwa achtstündige Fahrt mit Be». Hördenvertretern durchgesührt. Nach Abnahme des Schif fes durch die Zeppelinreederei soll die Deutschlandfahrt und gegen Ende des Monats März die große Taufe stattftnden. Das schnellste LuMAst Die Stockholmer Zeitung „Svenska Dagbladet" veröf fentlicht eine Unterredung mit Kapitän Lehmann. Daraus geht unter anderem hervor, daß sich während der einmona tigen Prüfungszeit, in der der neue Luftriese eine Probe- fluae unternehmen werde, auch die Gelegenheit ertzeben könnte, Skandinavien zu überfliegen. In diesem Fall würdL LZ 129, meinte Kapitän Lehmann, sicherlich auch Stockholm besuchen; alles hänge indessen von dem Wetter ab. Obgleich das neue Luftschiff für den Verkehr mit Südamerika bestimmt sei, würden am Anfang me Mög lichkeiten der Luftverbindung zwischen Europa und Nord amerika erprobt werden. Für die Strecke von der euro päischen bis zur amerikanischen Küste wurden funfundvier- ziq Stunden Flugzeit benötigt. Von Friedrichshafen bis Neuyork seien sechzig Stunden und zurück nur fünfzig Stun den Flugzeit errechnet. Vorerst aber gelte es, die Schnellig keit des Luftschiffes genauestens zu erproben Sicher l-doch sei daß der neue Zeppelin dank mehrerer Verbesserungen alle bisherigen Luftschiffe an Schnelligkeit übertreffen durfte. Entscheidende Schlacht Badoglio im Kampf mit Ras Jmru Nach der Vernichtung der Heeresgruppen der Ras Kassa und Seyoum richtet sich der italienische Vorstoß in Nord- i abessinien nun mit voller Wucht gegen die Abteilung des Ras ' Jmru, die den linken Flügel der abessinischen Nordarmee bildet. Der italienische Heeresbericht gibt hierzu folgende kurze Drahtmeldung des Marschalls Badoglio wieder: „Die am 29. Februar gegen die Truppen des Ras Jmru im Schire-Gebiel eingeleitete Schlacht ist in ihr entscheidendes Stadium getreten." Wie aus Addis Abeba gemeldet wird, ist die tele graphische und telephonische Verbindung zwischen Addis Abeba und dem Hauptquartier an der Nordfront, die seit zwei Tagen unterbrochen war, wiederhergestellt worden. Trotzdem treffen nur spärlich Nachrichten von den Kämpfen bei Makalle und am Amba Aladschi ein. Die Berichte be sagen, daß die Heeresgruppe Ras Mulugetas nur mit knapp einem Drittel an den Kämpfen beteiligt war und den ersten großen Stoß der Italiener aufzufangen hatte. Der Feind griff mit rund zwei Kolonialkorps an. Unter der Wucht des Ansturms mußte sich die Heeresgruppe Mulugetas unter für beide Teile verlustreichen Kämpfen zurückziehen. Das Gros der Armee Mulugetas, so wird betont, befand sich in Reserve und hat an den Kämpfen überhaupt nicht teilgenommen. Addis Abeba meldet 3000 Tote Die abessinische Regierung veröffentlicht ferner eine Mit teilung, in der es heißt, daß die Armee des Ras Kassa völlig intakt sei. Die Verluste dieser Armee in den Kämpfen im Tembien-Gebiet seien gering. Die Gesamtverluste der Abessi nier in Tembien, bei Makalle und am Amba Aladschi betrü gen nicht einmal 3000 Tote. Die italienischen Siegesmel dungen seien aus politischen Gründen übertrieben, wohl im Hinblick auf die bevorstebenden Völkerbundsverhandlungen. Die Verluste der italienischen Eingeborenen-Armee, abgesehen von den Heimattruppen und Askaris, betrügen über 1000 Mann. Die Italiener hätten außerdem durch Abschuß vom Boden aus zwei Flugzeuge verloren, die einen Angriff durch Bombenwürfe unterstützen wollten. Beim Absturz seien die Flugzeuge durch Explosion völlig zerstört worden. Ihre Be satzungen — insgesamt 14 Mann — seien getötet worden. InKairo laufen Gerüchte um, die von der Festnahme einer italienischen Militärpatrouille durch ägyptische Solda ten an der libyschen Grenze wissen wollen. Cs handele sich, so schreiben die Blätter, um eine motorisierte Patrouille^, und - - ....... .. r!; zwar um emen umerofstzter mit orel Mann uno einem Zwii- oeamten. Zusammenbruch -er Aordfroni Ras Imrus Truppen von den Italienern überrannt. Rom, 5. März. Das Propagandaministerium veröffentlicht den Heeres bericht Nr. 146. Marschall Badoglio telegraphiert: „Die Tembienschlacht war in vollem Gange, als am 29. Fe bruar in der Morgendämmerung das 2. und 4. Armeekorps in das Schire-Gebiet zum Angriff gegen die Kräfte des Ras Jmru, der einzigen feindlichen Armee, die noch an der Eritrea-Front intakt geblieben war, vorrückte. Am 29. Februar und am 2. März haben sehr lebhafte Kämpfe stattgefunöen. Der Feind, der von Norden vom 4. Armeekorps und im Osten vom 2. Armeekorps bedrängt wurde, ist nach erbitter tem Widerstand, bei dem er wirklich außergewöhnliche Ver luste erlitt, dem alles überrennenden Ansturm des 2. Armee- korps gewichen. Die in der Richtung auf die Takazze-Ueber- gänge sich bewegenden Flüchtlinge werden von der Luftwaffe bombardiert und unter Waschinengewehrfeuer genommen. Wit dem Sieg von Schire ist der Zusammenbruch der ganzen abessinischen Nordfront vollständig. Von den vier Armeen, die der Negus in der ehrgeizigen Illusion, die militärischen Kräfte Italiens zu schlagen und den Weg der Zivilisation zu versperren, in bedrohlicher Weise mobilisiert hatte, bleiben nur noch klägliche, nach Süden fliehende Ueberreste übrig." 3S 000 tote und verwundete Abessinier Im Hauptquartier der Nordfront empfing Marschall Badoglio 182 Vertreter der Presse. Als abschließendes Ergebnis der drei Schlachten von Enderta, Tembien und Schire ist die Zertrümmerung der abessinischen Nordfront festzustellen. Von italienischer Seite werden die abessinischen Verluste mit ungefähr 35 000 Toten und Verwundeten angegeben. F er wurden 1500 Gefangene gemacht. Die italienischen Verluste sollen etwas über 2000 Tote und Verwundete be tragen. Die Kriegsbeute ist sehr groß. Man schätzt die Stärke der regulären abessinischen Trup- pen, die m drei Armeen gegliedert an der Nordfront standen, ihre letzten Vorstöße unternahmen, auf rund 120 000 Mann. - Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohoni Vas zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen ^er AmLshauptmannfchaft und des Finanzamtes zu KamoW des Etaö-trates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt Diese Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis beträgt bei Abholung wöchentlich 45 Rpf., bei Lieferung frei Hau» äV Rpf.. Postbezug monatlich 2.M NM. Im Falle höherer Gewalt oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung der Zeitung odrr Rückzahlung deS Bezugspreise«. - Anzeigenpreise und Nachlatzsätze bei Wieder- tzslnngen nach Preisliste Nr. » (in unseren Geschäftsstellen erhältlich). 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