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AÄsrker WseherMM. - ! 7"^ —— MLtthei tu ngen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bri WcstcUung von der Post 16 Gr. Sachs., bei Beziehung de« Blattes durch Botengelegenheit 12 Gr. Sachs. Erscheint jeden Donnerstag. 16 1840. Betrachtungen über Nationalität ). Der Begriff der Nationalität ist ein solcher, welcher in ganz verschiedenen Gebieten der Forschung und Wissenschaft vorkommt, in welchem die mannig faltigsten Interessen sich berühren und begegnen. Ihn findet der Geograph, der vergleichende Physiolog und Anthropolog aus seinem Wege; er ist wichtig dem Grammatiker u,nd Sprachforscher, er verlangt unabweis- llch die Äeachwng ^^Literarhistoriker^ und ÄeMKkers" «r beschäftigt die Moralisten und Religionsphilosophen und spielt eine wichtige Rolle bei dem Historiker und Politiker. Gerade die Vielseitigkeit dieses Begriffs viel leicht ist der Grund, daß man sich über denselben nicht verständigt, weil der Eine diese, der Andere jene Seite und Bedeutung der Nationalität im Auge hat, und neben der wirklichen Verschiedenheit der Ansichten die Ungleichheit des Standpunkts der Versöhnung der Mei nungen entgegentritt. Die Nationalität oder die Eigenthümlichkeit der Na tionen, vermöge welcher sie sich vor andern Völkern un terscheiden, ist ein gegebenes, unläugbares Faktum, aber darüber ist große Uneinigkeit, wie man dieses Factum vom sittlichen und politischen Standpunkte aus betrach ten, wie man sich im Handeln dazu verhalten solle? Ueber Probleme der Metaphysik wird man nie sich ver einigen; eher sollte man glauben, könnte in Problemen von praktischer Bedeutung eine gewisse Einhelligkeit ge- *) Fragmente aus „Braga, vaterländische Blätter für Kunst und Wissenschaft." Wonnen werden, — aber wie unendlich weit stehen die Ansichten z. B- über Nationalität und die damit zu sammenhängenden Fragen von einander ab. Die Na tionalität, sagen die Einen, ist ein blos natürlicher Un terschied, eine beschränkte Unvollkommenheit des Geistes, welche überwunden und ausgezogen werden muß; An dere dagegen erwarten gerade von der Pflege der Natio nalität die vollsten und herrlichsten Früchte. Es ist un verkennbar, daß die Vertheidiger der entgegengesetzten Ansichten zum- ausweichen und an ein ¬ ander vorbeigehen, daß Jene mehr das physiologische Moment der Nationalität im Auge haben, Diese aber ein sittliches Element darin anerkennen und dieß aus gebildet wissen wollen; so lange man aber verschmäht, den Gegner zu verstehen, so lange wird man ihn auch nicht überwinden und überzeugen. Die Nationalität hat ein natürliches und ein geisti ges Element, aber diese beiden Elemente lassen sich nicht streng und scharf auseinanderhalten, sie sind in einander wie Seele und Leib. Das natürliche Element tritt am reinsten hervor in der Anhänglichkeit an den Grund und Boden, wo man geboren worden, wo man ausgewachsen ist und lange gelebt und sich ange wöhnt hat. Bei dieser instinktmäßigen Anhänglichkeit aber sür sich bleibt es nicht; es gesellen sich nothwendig sogleich andere Momente dazu: die Anhänglichkeit an Personen, mit welchen ein engerer oder weiterer Verkehr angeknüpft worden ist, oder auch an die Stätte, wo die Todten der Familie begraben sind. So verlangte der sterbende Jacob von seinem Sohne Joseph das Ver sprechen, daß er ihn aus Aegypten führen, und im Be-