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WsrLer Woehemblati. MLttheilnngen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 16 Gr. Sachs., bei Beziehung des Blattes durch Botcngelegenheit 12 Gr. Sachs. MM 27. August 184V. Erscheint jeden Donnerstag. Die Jahrmärkte. Die letzte Nummer des Erzgebirgisch-Voigtländischen Kreisblattes (34) bringt unter den „telegraphischen" Nachrichten, wohin besonders auch alle Auszüge aus den verschiedenen Lokalblättern des Kreisdirekzionsbezirks gehören, eine Klage aus Annaberg über die Jahrmärkte, die auf nichts weniger, als auf die gänzliche Beseitigung dieser Letzteren gerichtet ist. Der „telegraphische" Be richterstatter aus Annaberg schließt daher seine Betrach tung mit folgendem Wunsche: „Möchte doch ein ge übterer Darsteller diese Schattenseiten alle ausstellen, um dadurch aus die allmälige Abschaffung dieser jetzt un zeitgemäßen Einrichtungen (nämlich der Jahrmärkte) hinzuwirken." Ich bin nun zwar weder ein geübter Darsteller, noch kann ich mit dem „Telegraphen" aus Annaberg oder Zwickau ohne Weiteres für die Aufhebung der Jahr märkte mich erklären, halte es aber doch aus der andern Seite auch nicht für ganz überflüssig und unverdienstlich, diesen Gegenstand einmal in Ihrem Blatte zur Sprache zu bringen, da die Presse, wie in vielen Fällen, so auch hier das einzige Mittel zu sein scheint, nach und nach — durch Anregung und mehrseitige Beleuchtung, durch Rede und Gegenrede — ein richtiges Urtheil über die Sache zu gewinnen, vielleicht auch aus den verschiedenen kundgegebenen Ansichten die wahre Volksmeinung her- auszusinden. Zuvörderst stimme ich dem Herrn Annaberger darin bei, daß die Jahrmärkte mannichfache Nachtheile in ihrem Gefolge haben; nicht einen derselben wage ich ernstlich abzuleugnen. Die Jahrmärkte erweisen sich allerdings in ein« vielfachen-Bfziehung sehr ost nach theilig 1) für die Verkäufer, 2) für die Käufer, 3) für die gewerbtreibenden Städte gegenüber den benachbarten Dörfern, endlich auch 4) für das gesammte Publikum in Beziehung auf Ehre, Anstand und Sittlichkeit. So ungefähr läßt sich auch der „Telegraph" ver nehmen. „Jahrmärkte," sagt er, „sind durchaus nicht mehr zeitgemäß. Es drängen sich aus denselben eine Menge Verkäufer zusammen, von welchen Jeder Geld lösen will und muß, um nur die unumgänglichen Kosten bestreiten zu können. Dies geschieht meistens mit sehr großen Opfern, wenn sich nicht irgend einmal ein gut- müthiges Schaf verirrt, welches den Schaden übertragen hilft. — Ein Handwerker geht mit seiner Waare oft Iv —12 Stunden weit zu Markte, löst im glücklichen Falle 6, 8, höchstens 15 bis 20 Thlr., an welchen er, wenn er glücklich ist, 1^ bis 2 Thlr. verdient, reißt seine Kleider ab, versäumt mindestens zwei Tage Arbeit, während es zu Hause auch vielleicht schläfrig geht; ver zehrt weit mehr als er im glücklichsten Falle verdienen kann, und geht nach wenig Jahren zu Grunde. Andere, welche von Markt zu Markt ziehen, haben kein besseres Loos. Durch Sonnenschein und Regen, durch Aus- und Einpacken wird deren Waare in Kurzem unschein bar und muß zu jedem Preis losgeschlagen werden, um nur Fracht und andere Kosten, sowie Zehrung bestreiten zu können. Auch diese treiben es in der Regel nicht lange, denn sie verzehren sich allmälig, selbst wenn sie sich mittelmäßiger Geschäfte erfreuen können. Den Be wohnern der Städte und Umgegend, wo Märkte gehalten werden, wird durch das Herabdrängen der Preise be deutender Nachtheil zugesügt, wenn auch die Käufer