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Mittheil un gen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 16 Gr. Sachs., bei Beziehung des Blattes durch Botcngclegenhcit 12 Gr. Sächs. »3^ 39. Erscheint jeden Donnerstag. 24. Skpthl. 1840. Aussichten für Preußen. Bereits durch Verordnung vom 22. Mai 1815 wurde den Bewohnern des Königreichs Preußen eine „Reprä- sentazion des Volks" und darüber eine „schrift liche Urkunde, als Verfassung des Preus sischen Reichs" — wie wir und die meisten deutschen Staaten sie jetzt haben — versprochen. Die Er füllung dieser Zusage erfolgte aber nicht. Auch bemerkte man nicht eben, daß die Preußen ihre Regierung zurEr- theilung einer Konstituzion sehr drängten. Die Ursache dieses Schweigens war kein Geheimniß. Der verstorbene Monarch, von welchem die Verordnung vom 22. Mai 1815 erlassen worden ist, genoß bei seinen „Unterthanen" allenthalben so viel Liebe und Anhänglichkeit, daß man ihn in seinem vorgerückten Alter um so weniger zu so umfänglichen Neuerungen treiben wollte, als die Regie rung auch bei der absoluten Verfassung des Reichs in vielfacher Hinsicht sich liberal bewiesen und durch ein einsichtsvolles und aufgeklärtes Benehmen ihren guten Sinn hinlänglich zu erkennen gegeben hatte. Der Re gent war persönlich gut, es wurde daher von ihm er wartet, daß er auch ohne^itte urkundlich verbriefte Ver fassung mit Volksrepräsentazion sein Volk, wie es in der Sprache der Reskripte heißt, glücklich zu machen be müht sein werde. Daneben blieb ja noch immer Aus sicht und Hoffnung, daß mit seinem Tode, also bei dem nächsten Regierungswechsel, das Versprechen von 1815 noch werde nachgeholt werden. Viele meinten, der neue Regent werde ohne Weiteres seinem Volke mit einer Konstituzion entgegen kommen. Andere, die geschwiegen hatten, glaubten wenigstens den zu erwartenden Regie« rungswechsel zu Erinnerungen geeigneter, als die letzten Lebenstage des greisen Regenten. Der Greis starb, der männliche Sohn trat mit dem Szepter an seine Stelle. Die Fama berichtet viele gute Regenteneigenschasten von ihm; edle Thaten bezeichnen bereits seine Regierungs grundsätze. Wird er nun auch nach diesen Anfängen den Preußischen Staat mit einer Konstituzion beglücken? Provinzialstände hat Preußen in den einzelnen Theilen des Landes, sie haben aber, wie gewöhnlich, nur eine berathende Stimme, überhaupt nur einen beschränkten Wirkungskreis. Zuletzt, noch im Laufe des gegenwär tigen Monats, war versammelt der Provinziallandtag von Ostpreußen, Westpreußen und Litthauen, und zwar in hergebrachter Weise, um an der Huldigung des Kö nigs, welche zu Anfang dieses Monats zunächst in Königsberg Statt gefunden hat, durch Deputirte Theil zu nehmen und sonst daraus bezügliche Schlüsse zu fassen. Zu den Privilegien der Provinz Ostpreußen und Litthauen gehört unter andern auch die sogenannte Assekurazionsakte vor 1663, die zeither von sämmtlichen Königen zwar immer bestätigt, jedoch nicht gehandhabt worden ist, son dern im Grunde nur aus dem Papiere gestanden hat. Nach dieser Assekurazionsakte darf der König ohne die Bewilligung der ostpreußischen und litthauischen Stände — keine neuen Gesetze erlassen, keine Abgaben erheben, keinen Krieg anfangen im Betreff des Herzogthums Preußen als im äußersten Nothfalle (?), keinen Frieden schließen! u. s. w. Aus den Grund dieses papiernen