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Ador^rr Woche-MM. Mittheilnngen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 16 Gr. Sachs., bei Beziehung des Blattes durch Botengelegenheit 12 Gr. Sachs. Erscheint jeden Donnerstag. 29. 1840. Die Branntweinpest. Bor einiger Zeit wurde auch in diesen Blattern einmal die Stimme eines Menschenfreundes über das Verderbliche des Branntweintrinkens laut, obgleich der Bersafser des betreffenden Aussatzes („Nur keine Mäßig- keitsvereine!" *) ein Gesicht machte, wie wenn er das Branntweintrinken begünstige oder gar selbst betreibe, und dabei that, als ob die Sache sehr lächerlich sei. -S in -d:r Thal nicht ^>i Sachen, die rrtE- gen Folgen der Trunksucht in der Nähe zu sehen! Er laube mir daher der geneigte Leser, auch in einer an deren Redeweise über das angeregte Kapitel Einiges vortragen zu dürfen, obgleich ich meiner Seits dem Verfasser des obenerwähnten Aufsatzes wegen seiner Art, das Branntweintrinken zu besprechen, keinen Vorwurf machen will, da ich, wie gesagt, aus seinen Worten abnehmen zu müssen glaube, daß er es gut meint. Die Trunksucht ist bekanntlich die urälteste Untugend des teutschen Volkes, und wenn unsere Vorfahren, im einer Hinsicht sich keinen besonderen Dank bei uns verdient haben, so ist es gewiß die, daß sie uns das Beispiel der Völlerei und Unmäßigkeit hinterlassen haben. Zndeß ist dieses Laster freilich nicht allein im lieben teutschen Vaterlande zu Hause, man kann vielmehr be haupten, daß es in manchen andern Ländern noch in einem weit größeren Umfange sich eingebürgert hat. Heber das Branntweintrinken insonderheit giebt es bedauerliche statistische Beweise. Der Leser wird es nicht überflüssig finden, wenn ich, unter Benutzung *) Siehe in Nr. 7 dies. Bl. »on 1839. D. Red. «der Materialien, die ich gesammelt habe, auch darüber ^Einiges hier einschalte. Von der Schweiz liegen mir Nachrichten vom I. 1832 vor. Damals kam z. B. im Stadtbezirk und der Landgemeinde Bern auf 155 Seelen eine Wirth- schäft, i:.r Amte Biel auf 157, im Amte Pruntrut auf 251. Am meisten zeichneten sich noch die Aemter Oberha Ne, wo nur 1073, und Schwarzenberg, wo nur l805 Bewohner auf eine Wirthschast kamen, aus.' Im Kanton »ern im Ganzen genommen ver hielt sich die Zahl der Einwohner zu der Zahl der Wirth- schaften wie 401 zu 1. In neuerer Zeit aber soll die Zahl der Wirthschasten noch um mehre Hundert sich ge steigert haben. Man sieht also, daß es mit den alten ehrwürdigen Sitten der Schweizerischen Republikaner auch nicht allzuweit mehr her ist. Von England giebt es der Nachrichten über die Trunksucht in den nieder» Ständen, insonderheit unter >den Fabrikarbeitern, in Menge. Wir begnügen uns, hier in der Kürze eine Notiz wiederzugeben, die Bul- wer in seinem Werke „England und die Engländer" benutzt hat. Derselbe führt nämlich an, Mr. Braidley, der Ortsvoigt von Manchester, habe die Personen ge zählt, die in 8 auf einander folgenden Sonnabenden während einer Zeit von 5 Minuten in ein Branntwein haus gegangen und das Resultat der Zählung hab» 112 Männer und 163 Weiber! oder zusammen 275 Personen in 40 Minuten gegeben, für die Stunde mit hin 412 Personen — 412 Personen für eine einzig« Branntweinschenke! Am ärgsten fast hatte die Branntweinseuche in Nord amerika um sich gegriffen. So z. B. bestanden noch