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Adorter Wochenblatt. M i t t h e i l n n a e n über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. 3 c h n t c r I a h l g a n g. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: l Tlialcr, bei Bestellung des Blattes durch Botcngelegenhritr 20 Neugroschen. .^^2. Erscheint gedrn Mittwoch. 8. Jan. 184^» Politische Halbheit. Dass unser politisches Leben in Tcutschland seit dem denkwürdigen Jahre 1830 mit raschen Schritten vorwärts gerükt ist, bedarf keines Nachweises. Küm merte sich bis dahin, mit mehr oder weniger örtlichen Ausnahmen, der gröscrc Theil des Volkes um die öffentlichen Angelegenheiten, um Wohl und Wehe des Staates und der Gemeinde fast gar nicht; so ist jezt das gerade Gegcntheil wahrzunehmen und der Freund des Fortschritts sicht, wenn er Umschau hält, mit Freuden, wie jezt männigüch, um cs bci dem rechten Namen zu neunen, aus dem langen Schlafe erwacht ist und an Ler Fortentwiklung dcü Staats- und Ge- meindelebcns Interesse, in der einen oder anderen Richtung dabei so gar Partei nimmt. Ist diese Umgestaltung der Verhältnisse in irgend einem Theile von Teulschland bemerkbar, so ist sie cs ganz besonders auch in unserem lieben Sachsen. Die ersten Keime einer gröscren Bewegung in Bezug auf das Staats- und Gemeindclcbcn finden sich aber bei uns eigentlich schon einige Zeit vor dem Jahre 1830, indem, wer sich an Vergangenes zurükerinncrn will und kann, zugeben wird, dass, schon ehe wir unseren grossen Aufschwung genommen Haden, einiges Leben sich zu regen begann, als die' fertige ,,Biene" ihren Sprechfaul für die gemeinsamen Angelegenheiten zu öffnen begann. Wie Alles gekommen sein würde, wenn dieses erste unserer DpposszionM dafern wir deren überhaupt Haben und gehabt haben, nicht eristirt hätte, will ich mir nicht zu entscheiden an- maasen. Auch kann man am Ende zugcben, dass die Sch.wingungcn der Julirevoluzion, die doch in der Hauptsache den veränderten Zustand der Dinge auch in Teulschland herbcigcfuhrt haben, uns Sachsen selbst ohne ,,Biene" nicht unberührt gelassen haben würden. Ohne Einfluss ist aber diese Zeitschrift auf die nach herige gröscrc Regsamkeit gewiss nicht gewesen, und wenn Niemand jezt ernstlich mehr in Zweifel ziehen mag, dass die vorgegangene Veränderung eine heil same gewesen ist, so hat der nachher vielfach ange» feindete und verfolgte, jezt fast vergessene Redaktor jener Zeitschrift, AI Richter von Zwikau, mag er auch politische und andere Fehler gemacht haben, gewiss das Verdienst, dass er diesen veränderten Zustand der Dinge vorbereiten und die schlummernde» Keime' unseres politischen Lebens wckcn half. Doch — wie Alles gekommen ist, was gekommen ist, soll nicht der Gegenstand dieser Erörterung sein. Genug,'Thatsache ist-es, dass das Volk in seiner Gc» sam-at<-eit jezt von der Ucbcrzcugung durchdrungen ist oder cs doch immer mehr zu werden beginnt, dass eS selbst mit leben, regen Antheil nehmen müsse an der Entwikclung und Gestaltung unseres politischen Le bens, wenn dieses wirklich gedeihen und Früchte tra«' gen solle. Wie debattirt nicht jezt alle Welt mit, wenn ein Landtag gehalten und dort über das Wohk und Wehe der einzelnen Staatsangehörigen in höch ster Instanz entschieden wird. Welche Theilnahmr^ gab sich nicht namentlich am vorigen Landtage kund, als in den Kammern jene denkwürdigen Verhandlun gen über die Umgestaltung unserer Strafrechtspflege Statt fanden. Wie schlagend ward nachher die mis nisteriellc Behauptung widerlegt, dass die Theilnahm^ des Volkes an der Frage der Oeffentlichkeit und' Mündlichkeit, ausgesprochen durch die vielen Address scn und Petitionen an die versammelten Volksvertre ter, nur eine scheinbare und erkünstelte sei, als das Projekt der Braun'schen Reise anftauchte. Denn ab gesehen davon, dass für dieses Rriseprojckl sich fast alle Theile des Landes und alle Kreise der Gesell- ' schäft intcressirten, sa mag man nicht vergessen, dass zur Verwirklichung jenes Projekts — Gcsd gehörte und Geldgcbe,n nicht Adcr.MWs Sache ist. Wie oft