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Adorter Wochenblatt. M i t t h e L l n n g e n über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Zehnter Jahrgang. Hrei« für Len Jahrgang bei Bestellung von der Post: I Thaler, bei Bestellung de« Blattes durch Boten.,elegenheit: SO Neugroschcn. ^-25. Erscheint Hetzen Mittwoch. 18. Juni 1 84Ä. Wirth s Kampf mit der Censur.«') Es ist vielleicht die Geschichte keines Mannes un serer Zeit so reich an gewissen Lehren, als die Wirth's. Auch wir haben jetzt Männer des Widerstandes, Männer, welche neue große Ideen zu vertreten und durchzusctzcn suchen. Aber sic sind wenig gegen ihn. Auch wir glauben, eine bedeutungsvolle Tagespreise zu haben, aber sic ist Kinderei gegen die damalige? Auch wir kämpfen mit der Reaction, aber cs ist ent weder der erlahmte Kampf der Pygmäen, oder der Wortstreit der gelehrten Doctorcn am Bette des Sterbenden, oder der Seufzer des geknickten Rohres. Wirth trat allerdings zu einer Zeit auf, welche Gro ßes versprach, wie früher keine. Er traute sich ihr an mit der Begeisterung des glühenden, reinen Jüng lings; aber sie täuschte ihn, wie eine Metze. Wäh rend Alles um ihn zu wanken, zu fürchten und zu zittern begann, blieb er fest und sich selbst getreu bis in's Gefängnis. Wirth war kein Revolutionär, wie man gemeinhin annimmt, aber ein Mann war er, der seiner Kraft und seinem Rechte vertraute und sich nicht mit dem Schein begnügte. Anfangs der begün stigte Parteigänger einer Regierung, welche sich frei sinnig nannte, verließ er rechtzeitig diese Stellung, allen Verlockungen trotzend wie Regulus, und kehrte zum Volke zurück, welches ihn fallen ließ. Daß er es mit der Regierung gut meinte, beweist sein Anfang, daß er es besser noch mit der Freiheit meinte, sein Ende, wie schwer sich Bciöes mitsammen verträgt, beweist das Ganze. Ohne'einer Regierung hier nahe treten zu wollen, ist rS'Mtürsich, daß sie, verbindet sie sich mit der OpposteM, stets fürchtet, zu weit ge- ' Das StadtrechnungSwesen soll 's» tanze, bi« es beendet t», allemal ein Blatt um das »adere forlgesep werden. .. ... , - L>. Red. führt zu werden, während die Opposition selbst der besten Regierung stets innerlich mißtrauen wird und mistrauen muß, soll sie nickt ihr Wesen des aufrich tigen und gesetzlichen Widerstandes aufgeben. Und gleichwohl müssen sich Negierung und Opposition ver tragen lernen, weil sie durch die Kette des Schicksals eben zusammengcschmiedet sind und so wenig ausein ander können, als zwei Todtfrinde auf den Galeeren. Möge es der Zukunft gelingen, diese Gegensätze nock vollständiger zu versöhnen, als dies in einzelnen Staaten, wie z. B. in Sachsen zum Theil schon ge lungen ist, möge wenigstens ganz Deutschland vor Extremen bewahrt bleiben, wie wir sie in der nach stehenden Geschichte finden. - . . Zur Zeit von Dreißig lebte Wirth als Rechtsge lehrter in Baireulh und erfreute sich eines immer steigenden Advocatcnrufes. Die Pariser Revolution, Blitze in Pulver für Leute von Wirth's Art, veran laßte ihn, seine immer gchäbigcr und freundlicher wer dende Stellung aufzugebcn, nach München zu gehen und sich dort in den Strudel des politischen LebenS- zu werfen. Damals, Anfangs 1831, schwankte gerade die baicrnsche Regierung in ihrem Sistem; die liberal« Fraktion im Cabinet siegte und man begann von Oben aus, sich in der Presse ein Mittel zur Einwirkung aufs Volk und zu dessen Beruhigung zu suchen. Das damalige baicrnsche Regierungs-Journal war das „Reichsblatt", welches officiell benutzt und unterstützt wurde. Dafür vertheidigte und that daZ Blatt, was die Regierung haben wollte, obschon es eigentlich in der Hand eines unabhängigen Privasmannfs war, der nur soweit mit der Regierung in siZerbindung stand. Das richtet sich so cm; man weiß schon wie? Dieses Rcichsblalt also sollte das Organ der Neuen freisinnigen Regicrungspolitik werden. Bei der Um schau nach einem fähigen Redacleur siel man auf Wirth, der sich durch mehrere Artikel in verschiedenen