Volltext Seite (XML)
A-orter Wochenblatt. Mittheilunften über örtliü)e und vaterländische Angelegenheiten. Zehnter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von d-r Post: t Thaler, bei Bestellung de» Blatte- durch Botengelegenheit: SU Neugroschen. I — —L! t dl - -.0 ^§30. Erscheint jeden Mittwoch. 24. Juli 184Ä. Der letzte Wille eines Jesuiten. Am 20. Mai d. I. starb in Dresden der emeri- tirte Beichtvater des verstorbenen Königs Anton und des Prinzen Maximilian Pater Barholomäus Grachi. Er wurde zu Tvrno im Piemonlesischen den 10. No- vbr. 1776 geboren und gehörte als Mitglied dem Or den der Gesellschaft Jesu an. Die allgemeine Stim me bezeichnete den Verstorbenen als einen Mann von unermüdlicher Woblthätigkeitsliebe und voll christlicher Milde und Friedfertigkeit. Für die erstere Tugend sprechen unzählichc Beweise, obgleich seine Wohlthaten nicht immer den würdigsten und hülssbedürftigsten Ar men zu Theil wurden; was die letzteren Lugenden be trifft, so ist wenigstens nichts öffentlich bekannt, was das GegentheU beweisen könnte, obgleich er einen Fehler hatte, welchen er bis zu seinem Tode und ge rade da am treuesten blieb — er war Jesuit. Wir glauben zur Ehre des- Verstorbenen, dem die Erde leicht sein möge, daß, hätte der Orden der Je suiten nur solche Mitglieder aufzuweisen gehabt, als Bartholomäus Grachi, er vielleicht nie eine solche be rüchtigte und verderbliche Rolle in der Weltgeschichte' gespielt hätte, denn der Verstorbene Halle zwei Ei genschaften, die ein rechter Jesuil nicht haben darf, er war gutmüthig und -7 befangen. Aber er war Jesuit, und gekörte als solcher nicht sich, sondern dem Orden an, dessen willenloses Werkzeug jeder einzelne derselben ist. ,Wgs.auch im Manien der Gesellschaft Jesu und in deren Interesse von ihm verlangt wor den wäre, er.hätte e^. vollbringen müssen, denn jeder Jesuit erhält ipi ÄZosan^ ÄbsoVulion für das, was er >»uf Befehl des Orhen< für, denselben vollziehen muß, sei es auch das fülchser.lichste^ der Mensch bege hen kann. Das hinterlassene Testament des Verstor benen ist der überzeugendste Beweis, ,rvie unbedingt Abhängig er als einzelner Jesuit in Sachsen von dem wtzs, u, ..... ! In seinem letzten Willen sagt Grachi z. B., dass er alS Mitglied der Gesellschaft Jesu zwar nicht be fugt sei, ein Testament zu machen — indem AlleS, was ein Jesuit hinterläßt, nicht seinen Verwandten — sondern der Ordenscasse anheimfällt — allein er habe es auf die Weisung seines Vorgesetzten, des Hochwürdigen Provinzials zu Freiburg in der Schweiz, aus dessen Institut er selbst als Jesuit hervorging — nicdergclcgt, damit sein Nachlaß dem Drden der Ge sellschaft Jesu nicht entgehe. Dem zufolge erben die Mitglieder des Jesuitenor dens zu Köthen den Nachlaß des Verstorbenen, wel cher allerdings nicht als bedeutend betrachtet werden kann, jedoch manchen werlhvollen Gegenstand enthält. So spricht Grachi in seinem Testament den Wunsch aus, daß von hier aus den Jesuiten im Herzogthum Köthen die Nachricht seines Todes, sobald derselbe erfolgt sei, mitgetheilt werde, daß sodann ein solcher Ordensbruder hierher komme, den Nachlaß im Namen des Ordens in Empfang nehme und seine Beerdi,- gungskostcn bestreite. Sollten sich jedoch die Hoch- würdigen Köthenschen Brüder mit dieser Kommissiosi nicht befassen wollen, so sollte alles was sein, d. h. was dem Orden der Gesellschaft Jesu gehöre, verstei gert, von dem Erlös die Beerdigungskosten bestrittep und der Ueberrest den besagten Ordensmitglicderü überliefert werden. Diesen liegt dagegen die Pflich't ob, Grachi's Tod in Freiburg und Aom anzuzeigech damit die Anzahl Messen in den dortigen Kirchen füt ihn gelesen werden, auf welche ein Jesuit Anspruch machen kann. Alles Mobiliar, was zur Ausschmsi, ckung seiner Zimmer ihm vorn Hofe aus überlosselj worden ist, und sich durch die Bezeichnung des nigl. Wappens von seinem Eigenthuine unterscheide^ wird an das König!, Marschallamt zurückgegebeNs Alles übrige aber nehmen die Köthenschen Jesuiten H Beschlag, ohn§ dgA weder Grachi's in Prag lehta^f